FACHVERBAND DER BAYER. STANDESBEAMTINNEN UND STANDESBEAMTEN e.V. Postfach 15 07 26 ⋅ 80045 München Internet: www.standesbeamte-bayern.de Dienstbesprechung der Standesbeamten im Frühjahr 2016 Thema: Umgang mit ausländischen Flüchtlingen bei Personenstandsbeurkundungen Sachverhalt 1: Am 09.12.2015 spricht Herr Muhammed Omar Hussein bei der Zentralen Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Zirndorf vor und gibt dort an, aus dem Irak geflohen zu sein. Er sei, versteckt auf den Ladeflächen verschiedener LKW’s, durch mehrere andere europäische Länder nach Deutschland gereist und äußerte, hier einen Asylantrag stellen zu wollen. Bei der Aufnahme seiner Personalien gibt er diese wie folgt an: Muhammed Omar Hussein, geb. 15.01.1990 in Mossul, irakischer Staatsangehöriger, bisher noch nie verheiratet. Es sei ihm zudem aufgrund der überstürzten Flucht aus dem Irak nicht möglich gewesen, irgendwelche Personaldokumente mitzunehmen. Am 21.12.2015 stellt Herr Muhammed Omar Hussein dann beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen Asylantrag und erhält in diesem Zusammenhang eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens ausgestellt. In dieser ist vermerkt, dass die Personalien auf eigenen Angaben beruhen. Herr Muhammed Omar Hussein wird in einer Gemeinschaftsunterkunft in Ansbach untergebracht. Dort lernt er die deutsche Staatsangehörige Isabel Fröhlich kennen. Frau Fröhlich ist am 17.05.1989 in Ansbach geboren, ledig und ebenfalls in Ansbach wohnhaft. Am 05.02.2016 sprechen die beiden im Standesamt vor, um die Eheschließung anzumelden. Frage: Welche Prüfungsschritte sind bei der Anmeldung der Eheschließung einzuhalten und welche Auskünfte bzw. Hinweise geben Sie den Eheschließenden? -1- Sachverhalt 1 - Fortführung 1: Kurz nach der erstmaligen Vorsprache am Standesamt, nämlich am 08.02.2016, erhält Herr Muhammed Omar Hussein einen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 05.02.2016, mit dem ihm die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird. Der Bescheid ist mit dem Vermerk versehen, dass dieser bereits mit der Bekanntgabe der Entscheidung bestandskräftig wird. Am 01.03.2016 erhält Herr Muhammed Omar Hussein von der Ausländerbehörde der Stadt Ansbach einen Reiseausweis für Flüchtlinge ausgehändigt. Darin ist wiederum vermerkt, dass die Personendaten auf eigenen Angaben beruhen. Herr Muhammed Omar Hussein und Frau Fröhlich kommen am gleichen Tage erneut zum Standesamt Ansbach und wollen wiederum die Eheschließung anmelden. Fragen: 1. Wie ist der Sachverhalt hinsichtlich der Anmeldung der Eheschließung jetzt zu beurteilen? 2. Wie wäre der Sachverhalt zu beurteilen, wenn Herr Muhammed Omar Hussein in der Zwischenzeit eine irakische Staatsangehörigkeitsurkunde und einen irakischen Personalausweis, die jeweils auf die angegebenen Personalien ausgestellt wurden, von seinen Verwandten, die noch im Irak leben, auf dem Postweg erhalten hätte und der Vermerk im Reiseausweis, dass die Angaben zur Person auf eigenen Angaben beruhen, von der Ausländerbehörde gestrichen worden wäre? Sachverhalt 2: Am 10.10.2015 ist in der Erlanger Universitätsklinik ein Mädchen geboren worden. In der Geburtsanzeige sind als Eltern Frau Abir Sulaiman, geb. am 27.12.1990 in Damaskus, syrische Staatsangehörige und Herr Besim Berisha, geb. am 15.03.1993 in Pristina, kosovarischer Staatsangehöriger, eingetragen. Als Familienstand ist bei beiden "ledig" angegeben. Die Eltern wohnen derzeit in einer Flüchtlingsunterkunft im Landkreis. Das Krankenhaus hat bereits einen Hinweis angebracht, dass keine Urkunden und Ausweispapiere vorgelegt werden konnten und dass die Verständigung kaum möglich war. Das Kind soll den Vornamen Zuleika und den Familiennamen Berisha erhalten. Die Eltern sprechen 15.10.2015 mit Dolmetschern beim Standesamt Erlangen vor. Sie beantragen die Ausstellung eines mehrsprachigen Auszuges aus dem Geburtseintrag für ihre Tochter. Den Dolmetschern wurde vom Standesamt vorab mitgeteilt, welche Unterlagen zur Beurkundung der Geburt benötigt werden. Bei der Vorsprache im Amt erklären die Eltern auf Nachfrage, dass sie keine der geforderten Unterlagen (Reisepässe, Geburtsurkunden mit Übersetzungen) vorlegen können. Sämtliche Dokumente hätten sie bei der Flucht aus Syrien bzw. dem Kosovo verloren. Beim Kreisjugendamt Erlangen-Höchstadt haben sie bereits am 25.09.2015 sowohl die Vaterschaftsanerkennung mit Zustimmung der Mutter als auch die gemeinsame Sorgeerklärung beurkunden lassen. Das Paar kann sich lediglich mit der ihnen von der zuständigen Ausländerbehörde jeweils ausgestellten "Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens" ausweisen. Diese enthalten beide den Vermerk: "Die Angaben zur Person beruhen auf eigene Angaben der Inhaberin/des Inhabers". Ein Identifikationsnachweis durch Originaldokumente wurde nicht erbracht. Das Standesamt veranlasst einen Abgleich der Daten mit der Ausländerbehörde. Allerdings wurde mitgeteilt, dass dort teilweise abweichende Angaben zu den Namen und Geburtsdaten der Eltern gemacht wurden. Zudem wurde das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) um Mitteilung gebeten, ob dort Dokumente vorgelegt und eingezogen wurden. Dies war nicht der Fall. -2- Die Eltern wurden aufgefordert, sich um die Beschaffung der erforderlichen Unterlagen (siehe oben) zu bemühen. Die Beurkundung wurde vorerst zurückgestellt. Die Eltern erhielten eine Bescheinigung über die Zurückstellung der Beurkundung der Geburt zur Verwendung beim Ausländer- und Sozialamt. Nachdem die Eltern am 04.02.2016 erneut vorgesprochen haben und erklärten, dass sie keine Urkunden und Reisepässe erhalten können, soll die Beurkundung mit den vorhandenen Angaben aus den Aufenthaltsgestattungen erfolgen. Fragen: 1. 2. 3. Welche Besonderheiten ergeben sich bei der Beurkundung der Geburt angesichts der fehlenden Dokumente? Kann das Kind, wie von den Eltern gewünscht, den Familiennamen des Vaters "Berisha" als Geburtsnamen erhalten? Kann vorliegend ein mehrsprachiger Auszug aus dem Geburtseintrag ausgestellt werden? Sachverhalt 2 - Fortführung Im Mai 2016 legen die Eltern dem Standesamt Erlangen aktuelle Geburtsurkunden samt Übersetzungen sowie ihre neuen Reisepässe vor. Die Geburtsurkunde der Mutter ist mit einer Legalisation der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Beirut/Libanon versehen. Die kosovarische Geburtsurkunde des Vaters wurde auf Veranlassung der Ausländerbehörde bereits im Wege des Amtshilfeverfahrens mit positivem Ergebnis überprüft. Die Angaben aus den vorgelegten Geburtsurkunden und Reisepässen stimmen mit den Angaben im Geburtenregister nicht überein. Es ergeben sich Abweichungen zu den eingetragenen Namen sowie zum Geburtsdatum und -ort. Die Eltern beantragen die Berichtigung ihrer Namen, der Geburtsdaten und -orte. Der Name des Vaters lautet richtig: Mendin Berisha, Geburtsort: Rahovec, Geburtstag ist der 30.08.1989. Die Namen der Mutter lauten richtig: Fahrida Sulejman, Geburtsort: Aleppo, Geburtstag ist der 13.06.1991. Darüber hinaus verlangen sie die Streichung der im Geburtseintrag ihrer Tochter eingetragenen Zusätze bezüglich der nicht nachgewiesenen Identität der Eltern sowie der nicht nachgewiesenen Namensführung des Kindes. Zudem beantragen sie wiederum die Ausstellung eines mehrsprachigen Auszuges aus dem Geburtseintrag. Frage: Kann dem Wunsch der Eltern entsprochen werden? -3- Sachverhalt 3: Usman Alemu Tadesse ist angeblich äthiopischer Staatsangehöriger und am 16.01.1994 in Addis Abeba geboren. Er wurde am Mittwoch, 27.01.2016 zusammen mit dem vermutlich syrischen Staatsangehörigen Bashar Moussa, geboren am 17.02.1991 in Aleppo, im Regionalexpress auf Höhe Garmisch-Partenkirchen von der Bundespolizei kontrolliert. Beide wurden als illegale Einwanderer im Zuge des Aufnahmeverfahrens am Freitag, 29.01.2016 der Erstaufnahmeeinrichtung in 91785 Pleinfeld, Mackenmühle 27 A, zugeteilt. Eine Befragung mit Aufnahme der persönlichen Daten fand vor Ort am Nachmittag des 12.02.2016 statt. Beide Asylbewerber können jedoch weder Reisepässe noch Urkunden vorweisen und wollen zum Familienstand keine Angaben machen. Die Daten beruhen rein auf deren eigenen mündlichen Angaben. Sie geben beide an, ohne Familienangehörige in Deutschland zu sein. Am Samstag, 13.02.2016 wandern Usman Alemu Tadesse und Bashar Moussa mit einer Gruppe Asylbewerber auf der rechten Seite der Mühlstraße (Gemarkung Pleinfeld) nach Pleinfeld um dort einzukaufen. In Höhe von Straßenkilometer 0815 der Staatsstraße 2224 wird die Gruppe von einem Pkw erfasst. Usman Alemu Tadesse erliegt noch an der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen, Bashar Moussa stirbt wenig später im Kreiskrankenhaus Weißenburg i.Bay. Schriftliche Sterbefallanzeigen der Kriminalpolizei Ansbach sowie die Todesbescheinigungen liegen vor. Die Freigabe zur Bestattung durch die Staatsanwaltschaft Ansbach geht per Fax am 16.02.2016 ein. Ansonsten liegen nur die Angaben aus den beiden Fragebögen von der Erstaufnahme vor. Fragen: 1. 2. Beurkunden Sie als örtlich zuständiges Standesamt den jeweiligen Sterbefall! Welche Urkunden können ausgestellt werden und welche Mitteilungen sind zu fertigen? -4-
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