Apologetik und christliche Beurteilung des Staates Die Apologien sind eine spezifische Literaturgattung zum Zweck des Nachweises der Wahrheit der christlichen Religion. Ihre allgemeine Intention war, für Toleranz gegenüber der Kirche zu plädieren. Zwei unterschiedliche Typen: 1. generelle Bejahung der staatlichen Ordnungsmacht im Rahmen der Schöpfung Gottes (Röm 13). 2. pauschale Verurteilung der staatlichen Macht als widergöttlicher Instanz (Apk 13). Bestimmte Schriften zielen auf ein heidnisches Publikum. Diese setzten sich ausführlich mit dem römischhellenistischen Götterkult sowie mit den populären Vorwürfen gegen das Christentum auseinander und entfalteten die christlichen Lehren im Gegenüber zur zeitgenössischen Philosophie. Die bedeutendsten Apologien verfaßten im 2.Jh. Justin, Tatian, Athenagoras, Theophilus und Tertullian. • Apologia des Quadratus: 125/6 oder 132 in Athen dem Kaiser Hadrian übergeben. • Apologie des Aristides (um 140?): an Kaiser Antonius Pius adressiert. zwei charakteristische Elemente: 1. ausführliche Polemik gegen den Polytheismus. 2. Behauptung der alleinigen Wahrheit der christlichen Gotteslehre. • Justin führte eine religionsphilosophische Auseinandersetzung mit eingehender Darstellung der christlichen Grundlehren und des kirchlichen Lebens. Er suchte eine Synthese von Hellenismus und Christentum auf der Basis eines vom biblischen Offenbarungsglauben her geformten Mittleren Platonismus. • Tatian, ein Schüler Justins, betonte mehr die Antithese zwischen der christlichen Offenbarungswahrheit und der römisch-hellenistischen Kultur. • Athenagoras nahm die Philosophie positiv auf und widerlegte in seiner „Bittschrift für die Christen“ (176-180) die verbreiteten Anklagen wegen Atheismus, Verweigerung des Opferkultes, thyesteischer Mahlzeiten und ödipodeischer Vermischungen. • Theophilus, Bischof von Antiochia, verteidigte in drei Büchern „An Autolykos“ die Wahrheit der Bibel und der christlichen Glaubenslehren sowie die moralische Lebensweise der Christen. • Tertullian hielt nichts von einer theologisch-philosophischen Synthese. In seinem „Apologeticum“ von 197 konzentrierte er sich auf die Entkräftung der politischen Beschuldigungen, entlarvte die Nichtigkeit des polytheistischen Götterglaubens und hob den Gegensatz zwischen der christlichen und der römischen Religion hervor. • Etliche Apologien des 2.Jh.s sind verloren (Miltiades, Apollinaris von Hierapolis, Meliton von Sardes). Während die Spottschrift des Hermias die Philosophie abfertigte, brachten der „Brief an Diognet“ und der „Octavius“ des Minucius Felix eine durchreflektierte Verteidigung des Christentums. • Die apologetische Literatur fand ihren Höhepunkt im Werk des Clemens von Alexandria und des Origenes, ihren krönenden Abschluß dann in dem monumentalen „Gottesstaat“ des Augustinus. Die grundsätzliche Loyalität kam in der seit Ende des 1.Jh.s bezeugten gottesdienstlichen Fürbitte für die Obrigkeit zum Ausdruck. Erstmals bei Meliton von Sardes um 175 findet sich eine Theorie der heilsgeschichtlichen Parallelität von Entstehung der Kirche und Blüte des Reiches seit Augustus. Irenäus von Lyon ordnete um 180/190 die Funktion des Staates in die auf den Sündenfall reagierende Heilsgeschichte ein. Eine generelle Ablehnung des Staates als widergöttlicher Gewalt fand sich seltener, z.B. im 2.Jh. bei den Gnostikern als Konsequenz ihrer Fundamentalkritik an der Welt oder bei Hippolyt von Rom in Aufnahme der apokalyptischen Negierung des Satansreiches. Sehr kritisch beurteilte Tertullian das Imperium.
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