Markt Sonntag, 28. Juni 2015 / Nr. 26 Zentralschweiz am Sonntag 12 Der Retter übergibt an den Junior ZUG Gregor Furrer rettete Völkl vor dem Aus, jetzt übergibt er seine Holding an Sohn Reto. Im Interview sprechen beide offen über die Nachfolgeregelung und die Zukunft des Schweizer Skimarktes. INTERVIEW BERNARD MARKS [email protected] Gregor Furrer, Sie sind über ein halbes Jahrhundert im Skigeschäft tätig gewesen. Mit 77 Jahren ziehen Sie sich jetzt aus dem aktiven Berufsleben zurück. Gregor Furrer: Ja, es ist Zeit dafür. Gesundheitlich geht es mir zum Glück noch gut. Ich bin einer der wenigen, die am Ende des Jahres von der Krankenversicherung eine Rückvergütung bekommen. (lacht) Wie halten Sie sich so fit? Gregor Furrer: Im Winter fahre ich viel Ski, im Sommer spiele ich gerne Golf mit meiner Frau. Haben Sie persönlich ein gutes Handicap? Gregor Furrer: (schmunzelt) ... unter 20. Wo spielen Sie am liebsten Golf? Gregor Furrer: Wir sind hier in Küssnacht im Club. Aber die Riederalp im Wallis auf 2000 Metern ist unser Lieblingsplatz. Da muss man nur auf die Spitze des Matterhorns zielen, dann klappt es auch mit dem Einlochen. (lacht) Reto Furrer (46, links) übernimmt neu das Präsidium der Gregor Furrer & Partner Holding AG von seinem Vater Gregor Furrer (77). Bild Werner Schelbert Seit 2004 haben Sie sukzessive die Gesellschaften der Holding an Ihren Sohn übertragen. Jetzt kommt die Übergabe des Präsidiums der Holding. Gregor Furrer: Es ist sinnvoll, die Nachfolge früh zu regeln. Ich habe in meinem Geschäftsleben viele Unternehmen gesehen, die das nicht zeitig angegangen sind – und wie sie daran zu Grunde gegangen sind. Ich habe mir vorgenommen, dass mir das nicht passiert. Wenn man das Glück hat, eine familieninterne Nachfolge zu haben, muss man froh darüber sein und es so regeln, dass derjenige, der die Leitung übernimmt, eine Zukunft für sich sieht und vor allem Spass an der Aufgabe hat. Kommt es zwischen Vater und Sohn nicht oft zu Meinungsverschiedenheiten? Reto Furrer: So ein Nachfolgeprozess funktioniert oder nicht. Wir kommen sehr gut miteinander aus. Wir denken privat und geschäftlich ähnlich. Aber wenn der Vater schlecht übergeben kann, kann der Sohn oft schlecht akzeptieren, dass übergeben werden muss. Gregor hat nie Einfluss genommen auf meine Entscheidungen. Das hat es für mich einfach gemacht. Gregor Furrer: Wenn man jemandem das Geschäft überträgt, muss man konsequent sein. Wir haben ein Prinzip: Wenn Reto etwas fragen will, kommt er zu mir. Reto hat eine hervorragende Vorbildung. Nach seiner Banklehre und dem Studium konnte er in den USA, in der Romandie und in Italien viel lernen. Dann ging er in die Snowboard-Branche. Später leitete er das Marketing bei Völkl International und war dort Salesmanager. Er kam also mit einem guten Rucksack in unser Unternehmen. Da muss man als Vater froh sein. Wie sieht es mit den übrigen Familienmitgliedern aus? Gregor Furrer: Wir haben mit Retos Schwester Karin früh einvernehmlich entschieden, dass die Leitung des Unternehmens bei Reto liegt. Karin besitzt gleich viele Anteile am Unternehmen, hat aber keine operativen Funktionen. Karin ist dafür im Verwaltungsrat der familieneigenen Immobiliengesellschaft. Reto Furrer, wie gross ist heute der Einfluss des Vaters auf Ihr Handeln? Reto Furrer: Man vergisst in unserer schnelllebigen Zeit schnell grundlegende Dinge. Ich habe einen grossen Respekt Gefahrene Skitage 30 Die Holding in der Schweiz in Millionen 28,7 28,3 29,3 27,3 25,9 25 20 24,8 24,2 05/ 06 06/ 07 25,4 23,9 22,7 07/ 08 08/ 09 09/ 10 10/ 11 11/ 12 12/ 13 13/ 14 14/ 15 FAKTEN bm. Die Gregor Furrer & Partner Holding AG wurde im Jahr 1980 in Zug gegründet. Unter ihrem Dach sind die Firmen Völkl Schweiz AG, Uvex Schweiz, Hi Trade AG, Chervo und die Gregor Furrer & Partner Dienstleistungs AG angesiedelt. Die Holding erwirtschaftet mit zirka 50 Mitarbeitern einen jährlichen Umsatz von rund 35 Millionen Franken. Neu ist Reto Furrer Präsident des Verwaltungsrates, in dem sich auch bekannte Persönlichkeiten wie alt Bundesrat Adolf Ogi und die mehrfache Olympiasiegerin Hanni Weirather-Wenzel befinden. Der Grossist vertreibt unter anderem die Marken Völkl, Uvex, Marker, Descente, Chervo, Dalbello und Vaude. Quelle: Seilbahnen Schweiz / Grafik: Janina Noser vor der unternehmerischen Leistung mei- Gregor Furrer: Als grösster Vertragspartner nes Vater. Von seiner Erfahrung konnte von Völkl mussten wir 1992 das Unterich immer profitieren. Die wichtigste Bot- nehmen übernehmen. Ermöglicht hat das schaft, die ich von ihm gelernt habe, meine Partnerschaft mit Dieter Cleven. lautet: «Unser grösstes Kapital sind unse- Wir haben 1999 im deutschen Straubingen re Beziehungen zu eine der modernsten unseren Kunden. Ein Skifabriken weltweit Computer kann einen gebaut. Nach 12 Jah«Die angebliche Krise ren haben wir das Menschen nicht ersetzen.» Das ist wichtig in Unternehmen wieim Skigeschäft wird der verkauft. Wir guten wie in schlechten herbeigeredet.» wollten nie langfrisZeiten und wird auch R E TO F U R R E R in Zukunft gelten. Trotztig ein Skihersteller P R ÄS I D E N T G R E G O R F U R R E R & dem ist die Branche sein. Es war ein grosPA RT N E R H O L D I N G AG heute völlig anders als ses Risikogeschäft, und fast niemand hat vor 25 Jahren. uns zugetraut, dass Haben Sie nie davon geträumt, etwas wir das schaffen werden. Aber es war auch anderes zu machen? sehr anstrengend. Ich bin überrascht, dass Reto Furrer: (schmunzelt) Gute Frage. Ich ich nach alldem heute noch so gut beibin mit dem Wintersport aufgewachsen. einander bin. Heute gehört Völkl InterPirmin Zurbriggen war bei uns zu Hause national der Jarden Corporation. Völkl in den Ferien, Sportgrössen wie Maria zählt zu den Top-3-Skiherstellern der Welt. Walliser gingen bei uns ein und aus. Als Heute steckt der Schweizer Skimarkt Kind war das prägend. Es ist eine spannende Branche, die international gar nicht in der Krise. Der starke Franken, weso gross ist. Das hat mich immer fasziniert. niger Skifahrer (siehe Grafik). Viele mieten sich Ski, statt sie zu kaufen. Gregor Furrer, in den 90er-Jahren ging Reto Furrer: Diese angebliche Krise im es Völkl nicht gut. Damals haben Sie Skigeschäft wird meiner Meinung nach Völkl gerettet. herbeigeredet. Für uns ist die Miete ein gutes Geschäft. Denn viele Skifahrer, die aus dem Ausland zu uns kommen, mieten heute ihren Ski in der Schweiz. Früher wäre das Geschäft nicht möglich gewesen, weil die Deutschen oder Holländer sich ihre Ausrüstung zu Hause gekauft haben. Hinzu kommt: Wir bringen dank der Vermietung die Innovationen auf die Piste. Die Leute erwarten, dass sie heute immer das Neuste mieten können. Früher hatten wir lange Produktzyklen, da hat es bis zu sieben Jahren gedauert, bis man den Ski gewechselt hat. Heute geht das schneller. Und der starke Franken? Reto Furrer: Die Frankenstärke ist sicher ein Problem – nicht nur für den Tourismus, sondern auch für den Sportfachhandel. Wir mussten die Preise massiv senken, dadurch geht uns Umsatz verloren. Einen viel grösseren Einfluss als die Währungssituation hat das Wetter auf unser Geschäft. Gregor Furrer: Ein Rennski hat vor vier Jahren noch 1450 Franken gekostet. Im nächsten Jahr kostet das weiterentwickelte gleiche Modell 1090 Franken. Wir geben den Währungsvorteil weiter, sonst sind wir nicht mehr konkurrenzfähig. Reto Furrer: Einen viel grösseren Einfluss als die Währungssituation hat das Wetter auf unser Geschäft. Und wie steht es um die Nachfrage der Schweizer Kunden? Immer weniger Kinder gehen zum Beispiel ins Skilager. Reto Furrer: Meiner Meinung nach gibt es derzeit ein regelrechtes Bashing auf die Skilager – das ist ungerecht. Jeder der Kinder hat, weiss, dass Kinder gerne Ski fahren. Man geht aber heute eher mit der Familie zum Skifahren. Es ist meiner Meinung nach ein Problem des Angebots. Viele Lehrer wollen heute nicht mehr die Verantwortung für ein Lager übernehmen. Auch die Eltern haben enorme Ansprüche. Die Schneesportinitiative des Bundes sollte das verbessern. Es braucht einen breiteren Schulterschluss mit allen Beteiligten. Was macht Sie so zuversichtlich, dass es dadurch besser wird? Reto Furrer: Die Nachfrage ist da. Die Zahl der Skifahrer hat in der Schweiz in den letzten sechs Jahren um 8 Prozent zugenommen – am meisten bei den jungen Leuten. Abgenommen hat einzig die Häufigkeit, mit der sie fahren gehen. Woran liegt das? Reto Furrer: Man sucht sich die Zeit zum Skifahren heute besser aus. Heute schauen die Leute auf ihre Wetter-App und gehen dann Ski fahren, wenn das Wetter gut ist. Viele sehnen sich nach erfolgreicheren Zeiten im Schweizer Skisport. Wie steht es mit Ihnen, immerhin ist Völkl Ausrüster der Schweizer Ski-Nationalmannschaft? Reto Furrer: Man vergleicht vielleicht zu oft die heutige Zeit mit jener, in der Bernhard Russi seine Erfolge feierte. Die TVBilder von damals wollen die Leute wieder sehen. Weil das nicht so ist, empfindet man den Schneesport als nicht mehr in. Heute findet aber ein riesiger Hype auf Youtube statt. Zum Beispiel bei den Freeskiern – da herrscht eine grosse Begeisterung für den Sport. Die Zeiten haben sich eben geändert. Gregor Furrer: Wir haben in der Schweiz 2,5 Millionen Schneesportler. Wenn man die richtig angeht und fördert, dann gibt es dort ein grosses Potenzial.
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