Vorwort Das vorliegende Falllösungsbuch zum Strafrecht erscheint in der 6. Auflage nicht nur im „neuen Kleid“, sondern nunmehr auch unter neuer Autorenschaft. Den Begründern dieses Casebooks, Prof. Dr. Marianne Johanna Hilf und em. o. Univ.-Prof. Dr. Peter J. Schick sei an dieser Stelle besonders gedankt dafür, dass sie uns die Überarbeitung und Neugestaltung dieses bei den Studierenden beliebten und bewährten Falllösungsbuches anvertraut haben! Bei Herrn Prof. Schick bedanken wir uns überdies für die immerwährende Diskussionsbereitschaft zu einzelnen strafrechtlichen Problemstellungen. Die Falllösung bildet einen zentralen Punkt im rechts wissenschaftlichen Studium, doch fällt sie den meisten Studierenden nicht immer leicht. Das Lösen von Fällen erfordert zum einen Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen sowie von Judikatur und Lehrmeinungen auf dem Gebiet des materiellen Strafrechts und zum anderen Geschick bei der schriftlichen Ausfertigung. Ist ersteres noch relativ leicht durch intensives Studium erlernbar, bedarf es für die Ausformulierung des Lösungsweges einiger praktischer Übung, um ein Gefühl für das Erkennen der relevanten Problemstellungen und damit verbunden das richtige Augenmaß bei der schriftlichen Auseinandersetzung mit diesen entwickeln zu können. Sehr hilfreich kann dabei die Orientierung an Fallschemata sein, die aus diesem Grunde für die Studierenden nicht nur im Anhang des Buches abgedruckt sind, sondern auch als Folder zum Herausnehmen dem Buch beiliegen. Wir waren bemüht, die Falllösungsschemata möglichst klar und einfach gestaltet vorzugeben, sind uns aber dabei bewusst, dass Klarheit nicht unbedingt „Starrheit“ in der Anwendung bedeuten muss. Was die Neugestaltung des Casebooks angeht, erfolgte diese die Form betreffend unter dem Blickwinkel der besseren ÜberV I-XIV, Luef Kölbl, Titelei.indd 5 18.11.15 19:21 Vorwort sichtlichkeit. Wir waren bemüht, vor allem die Lösungsvorschläge durch Hervorhebung der einzelnen Sachverhaltsabschnitte und optische Trennung der zu prüfenden Personen neu zu strukturieren. Wichtige Begrifflichkeiten innerhalb der Deliktsprüfung werden kursiv hervorgehoben. Schlagworte am Rand sollen zusätzlich auf die einzelnen Fallprüfungsebenen und relevanten Problemstellungen hinweisen. Auch inhaltlich wurden Fälle und Lösungsmuster einer eingehenden Überarbeitung unterzogen. Sachverhalte „modernisiert“ und teilweise neue Lösungswege beschritten. Die wesentlichsten Neuerungen ergeben sich dabei aufgrund der Änderungen durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2015 (BGBl I 112/2015) und hier vor allem die Körperverletzungsdelikte, das Delikt der Untreue und die Neuformulierung der Gewerbsmäßigkeit sowie die Unterscheidung der leichten und groben Fahrlässigkeit betreffend. In den bewusst sparsam verwendeten Zitaten wird vor allem mit Hilfe der gängigen Lehrbücher zum Strafrecht auf die in Österreich vertretenen Rechtsauffassungen zu einzelnen Problemstellungen verwiesen und nur ausnahmsweise auf Kommentarund andere Literatur zurückgegriffen. Bei der Fallauswahl wurde das Hauptaugenmerk auf weit gehende Stoffabdeckung im Bereich des materiellen Strafrechts (unter Auslassung des Sanktionenrechts und der Strafzumessung) gelegt. Im Allgemeinen Teil des StGB kommen alle strafbarkeitskonstituierenden und -ausschließenden Elemente des Verbrechensaufbaus vor; einschließlich der Erscheinungsformen des Verbrechens (Versuch, Beteiligung). Im Besonderen Teil des StGB beschränken wir uns auf forensisch auffällige Delikte und solche, deren Aufbau besondere dogmatische Schwierigkeiten aufweist. Dadurch soll eine optimale Stoffkonzentration durch die Fallgestaltung erreicht werden. Die dabei auftretenden Wiederholungen sind beabsichtigt. Sie betreffen Problemstellungen, mit denen Studierende erfahrungsgemäß größere Schwierigkeiten haben. Viele der ausgewählten Sachverhalte – die so oder in ähnlicher Form bereits fachprüfungsrelevant waren – beruhen auf bereits entschiedenen, rechtskräftigen Strafrechtsfällen; oft auf einfachere Strukturen reduziert, manchmal aber auch ausgeweitet, um für Problemstellungen Platz zu machen, die der Stoffabdeckung dienen. Darauf beruhend soll das Lösen von Fällen während des VI I-XIV, Luef Kölbl, Titelei.indd 6 18.11.15 19:21 Vorwort Studiums nicht nur das erlernte Wissen im Hinblick auf die bevorstehende Prüfungssituation verfestigen, sondern auch anwen dungsorientiertes Wissen unterstützen. Falllösung bedeutet Straf rechtsanwendung! In diesem Sinne hoffen wir, den Studierenden mit diesem Falllösungsbuch eine wesentliche Hilfestellung für die Prüfungsvorbereitung anzubieten, daneben aber auch einen Bezug zur Praxis vermitteln zu können. Graz, im Oktober 2015 Heidelinde Luef-Kölbl Florian Sprajc VII I-XIV, Luef Kölbl, Titelei.indd 7 18.11.15 19:21 Technik der Falllösung 1. Zum Aufbau der Fälle Jeder Fall besteht aus den folgenden Abschnitten: 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 Übersicht über die Problemstellungen Sachverhalt Zugang zum Sachverhalt Lösungsvorschlag Konkurrenzen und Ergebnis 1.1 Aus dem Inhaltsverzeichnis bzw der jedem Fall vorangestellten Übersicht sind die Problemstellungen zu ersehen, die im konkreten Fall schwerpunktmäßig behandelt werden. Diese Übersichten geben die Themenbereiche nach AT und BT getrennt an. Der folgende Ab schnitt legt den 1.2 Sachverhalt mit der anschließenden konkreten Fragestellung dar. 1.3 Ein – vor allem im Hinblick auf den späteren Eintritt in die Pra xis – wesentlicher Abschnitt ist jener des Zugangs zum Sachverhalt. In diesem sollen die Studierenden nicht nur auf die wesentlichen Pro blembereiche hingewiesen, sondern es soll ihnen anschaulich vermit telt werden, wie ein Sachverhalt zu lesen ist, um herauszufiltern, wel che die Bereiche sind, auf die es für die strafrechtliche Falllösung ankommt. Der Blick für das aus strafrechtlicher Sicht Relevante soll geschärft werden. 1 001-256, Luef-Kölbl, Fallsammlung StR.indd 1 18.11.15 19:43 Technik der Falllösung Es kann nicht oft genug betont werden, wie wesentlich das (unvorein genommene und den Sachverhalt, so wie er ist, akzeptierende) präzise Studieren und Verstehen des Sachverhalts ist. Zwei- bis dreimaliges Lesen ist notwendig, um die strafrechtlich relevanten Punkte heraus zufiltern. Sachverhaltsinterpretationen, die eine mögliche Problem umgehung zur Folge haben, sind dabei meist nicht angebracht. Im Anschluss daran sollte eine Gliederung des Sachverhalts vorge nommen werden, um den Aufbau der Lösung festzulegen (chrono logisch, nach handelnden Personen, nach Schwergewicht des Un rechts, nach unterschied lichen Beteiligungsformen). Entsprechend dem gewählten Aufbau sollte mittels einer ersten – vorläufigen – Sub sumtion eine Lösungsskizze erstellt werden, andernfalls die Gefahr des Verlustes wertvoller erster (noch verhältnismäßig freier) Gedan ken (zu) groß ist. Manche Problemstellungen erkennt man freilich erst nach eingehenderer systematischer (!) Prüfung. 1.4 Lösungsvorschlag: Anhand der oben genannten Lösungsskizze wird die Falllösung ausgearbeitet. Zur Unterstützung der eigenen so wie der Übersichtlichkeit für die Korrigierenden kann eine Gliede rung, uU auch Nummerierung, der einzelnen Sachverhalts- und De liktsabschnitte nicht schaden. Absätze und Unterstreichungen fördern die Übersichtlichkeit für gewöhnlich; ebenso übrigens das Vermeiden von Schachtelsätzen und missverständlichen Abkürzungen. Unbedingt notwendig ist die jeweilige Bezugnahme auf den behan delten Sachverhaltsabschnitt, die handelnde Person sowie die angezo genen Gesetzesstellen (genau zitieren!). Die von uns vorgeschlagenen Lösungen zeichnen sich durch einen be tont strengen Aufbau nach dem strafrechtlichen Falllösungsschema (Tatbestandsmäßigkeit – Rechtswidrigkeit – Schuld – weitere Straf barkeitsvoraussetzungen) aus. Siehe dazu gleich unter Punkt 2. Vorausgeschickt sei noch die Bemerkung, dass im Rahmen unserer Lösungsvorschläge häufig dort inhaltliche Auseinandersetzungen mit verschiedenen Auffassungen (Judikatur, Lehrmeinungen) erfolgen, wo es sich um umstrittene Bereiche handelt. Die Studierenden sollten freilich um die wesentlichen strittigen Fragen und deren Lösungsan sätze aus ihrem Studium des materiellen Strafrechts Bescheid wissen. Bei der Falllösung genügt jedoch die Begründung eines vertretbaren 2 001-256, Luef-Kölbl, Fallsammlung StR.indd 2 18.11.15 19:43
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