Bremerhaven, 02.10.2015 Gestern gab es zwei Veranstaltungen, über die wir hier berichten möchten. In beiden Veranstaltungen spielten Fragen des Anstandes eine große Rolle. 1. Personalrätekonferenz Am Vormittag tagten die Bremer Personalräte und wir waren als Gäste eingeladen. An der Konferenz nahm auch Bürgermeister Dr. Carsten Sieling teil. Während der Veranstaltung klingelte mein Handy. Das passiert mir sonst nie. Dafür muss ich mich entschuldigen, das gebietet der Anstand. Dr. Sieling, den im Übrigen – das fand ich interessant – in Bremen alle „Du Carsten“ nennen, begann vielversprechend. Der Staat habe kein Ausgaben- sondern ein Einnahmeproblem. Applaus, Applaus! Recht hat er! Mitbestimmung sei ein Kernelement seiner Politik. Applaus und wunder, wunder. Zu „wunder“ später mehr. Viele Möglichkeiten, den Haushalt zu sanieren, gäbe es nicht. Eigentlich gäbe es nur noch eine: Den Abbau von Doppelstrukturen. Man habe Bremerhaven ein Angebot gemacht und anstatt erst einmal darüber zu reden – was der Anstand ja eigentlich geboten hätte (findet der Verfasser) – hätten sich in Bremerhaven alle hinter dem „Deich versteckt“ und seien dann mit dem Bürgerbegehren gekommen, mit dem die Initiatoren der Stadt im Übrigen erheblichen Schaden zugefügt hätten. Damit hat Dr. Sieling auf einer ganzen Reihe von Ebenen gegen Regeln des Anstands verstoßen. Wir wollen hier nur auf einen Aspekt eingehen. Als die Bremer Koalitionsvereinbarungen veröffentlicht wurden, hat der GPR, in Person von Elisabeth Uzunoglu, sich zunächst persönlich im Büro von Dr. Sieling, dann per Mail und telefonisch mehrfach um einen Gesprächstermin bemüht. Das Bürgerbegehren gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Die Reihe der Peinlichkeiten, die sich an unseren Gesprächswunsch anschlossen, ersparen wir den geneigten Leserinnen und Lesern. Nur soviel: Warum der GPR Bremerhaven mit Dr. Sieling sprechen wolle, wurde unter anderem gefragt, sein Ansprechpartner sei doch der GPR Bremen. Kurzum, ein Gespräch kam von Seiten Dr. Sielings nicht zustande und spätestens jetzt wissen wir, dass es in Bremen also auch Deiche gibt. Auf Zuruf unsererseits erfuhren wir gestern, dass Dr. Sieling uns aber gar nicht meinte. Mit uns wollte er gar nicht sprechen und mit uns wird er – so haben wir ihn verstanden - auch nicht sprechen. Wir haben also auch erfahren, dass „Mitbestimmung als Kernelement“ seiner Politik offenbar nur in Bremen gilt. Darüber haben wir uns gewundert. Die Bremer Personalräte haben Dr. Sieling dann eindrucksvoll ihre Situation geschildert. Eigentlich haben sie völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass ihm der ganze Öffentliche Dienst nur deshalb noch nicht um die Ohren geflogen ist, weil „das da draußen Helden sind, hörst Du Carsten: Das sind Helden!“ Es wäre schön, wenn wir sagen könnten, dass Dr. Sieling sich in dieser Situation mit Anstand geschlagen hat. 2. Stadtverordnetenversammlung Auf der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung standen viele brisante Themen. Über das, was peinlich für die Stadt war, hat „buten und binnen“ gestern schon berichtet. Wir gehen hier nur auf das ein, worüber Radio Bremen nicht berichet hat. Die erste Beschlussvorlage galt „unserem“ Bürgerbegehren. „Bürger“ Jörg Schulz begründete als einer der drei Initiatoren den Bürgerantrag. Daraufhin folgten Wortbeiträge aller Fraktionen, Parteien und des Einzelabgeordneten Milchert. Alle haben sich Bürger Jörg Schulz angeschlossen, alle waren für den Erhalt der städtischen Polizei. Die Stadtverordnetenversammlung hat einstimmig beschlossen, dass Polizei und Lehrerinnen und Lehrer städtisch bleiben. Damit ist ein Bürgerentscheid nicht mehr notwendig. Weniger der Inhalt als vielmehr der Anstand gebietet es, auch den Wortbeitrag des stellvertretenden oder amtierenden oder „wie auch immer“-noch-Kämmerers Michael Teiser zu erwähnen. Denn, man höre und staune, Michael Teiser von der CDU hat sich berufen gefühlt, über Anstand zu referieren! Den – den Anstand - hat er den Initiatoren des Bürgerbegehrens dann gleich einmal abgesprochen, weil sie die Bürgerinnen und Bürger, die ihre Unterschrift geleistet haben, instrumentalisiert hätten. Die, die das Bürgerbegehren unterzeichnet hätten, seien – so sinngemäß - unzureichend informiert, wenn nicht gar getäuscht worden und hätten doch gar nicht gewusst, was sie da unterschreiben. Außerdem hätte man doch Strukturen der Polizei mit den Bremern verhandeln und festschreiben können. Jetzt müsse man die Gewerbesteuern erhöhen, und die Hundesteuern und die KitaGebühren, das hätte man den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern auch sagen müssen usw. usf. Letzteres muss klargestellt werden. Ja, die Koalitionäre müssen im Rahmen der Haushaltssanierung Einnahmen erhöhen und Steuern und Gebühren anheben. Das hat nur nichts, aber auch rein gar nichts mit dem Bestand der städtischen Polizei zu tun. Ob es vom gegenwärtigen Noch-Kämmerer anständig war, diese unzulässige Verknüpfung herzustellen, mag er für sich selbst beurteilen, denn in Bezug auf Anstand scheint er sich ja noch besser auszukennen, als in Bezug auf den Haushalt der Stadt, für den er jetzt auch lange genug zuständig war. Und noch eins gebietet der Anstand. In der Aussprache zum Bürgerbegehren wurde der Vorwurf geäußert, der Bremerhavener Parteivorsitzende Martin Güntner und Oberbürgermeister Melf Grantz hätten die Landespolizei als Gegenleistung für eine finanzielle „Strukturhilfe“ des Landes vorgeschlagen. Gewerkschaft der Polizei Landesbezirk Bremen - Kreisgruppe Bremerhaven Hinrich-Schmalfeldt-Straße 31 b 27576 Bremerhaven Fon: 0170 2836258 Fax: 0471 / 2 57 56 E-Mail: [email protected] Website: www.gdp-bremerhaven.de V. i. S. d. P.: Jörg Eilers, Vorsitzender, GdP, Tel. 2 57 66 Mobil: 0170 2836258 Was Melf Grantz anbelangt, ist das ebenso falsch, wie es falsch war, dem Oberbürgermeister Doppelzüngigkeit vorzuwerfen. Man mag Melf Grantz vorwerfen, dass er sich „politisch“ geäußert hat. Das war aber mit Blick auf eine Landespolizei sowohl öffentlich wie auch in wenigen persönlichen Gesprächen immer kritisch. Außerdem darf man nicht außer Acht lassen, dass Melf Grantz unter einem erheblichen Druck der Koalition in Bremen, der CDU in Bremerhaven und nicht zuletzt auch seiner eigenen Partei gestanden hat, oder erinnert sich jemand an eine öffentliche Stellungnahme der Bremerhavener SPD in dieser Frage, die uns entgangen ist? Der Oberbürgermeister muss sich gefallen lassen, dass er kritisiert wird. Aber der Anstand gebietet, dass man auch dabei immer bei der Wahrheit bleibt. Jetzt wird es um die wirklichen Probleme gehen, um die Haushaltskonsolidierung der Städte und des Landes. Das wird uns allen, auch uns Gewerkschaften und den Personalräten, vieles abverlangen. Mögen alle Beteiligten dem Appell von Michael Teiser folgen und dabei anständig bleiben und mögen alle den auf demokratischem Wege vorgetragenen Willen der Bremerhavenerinnen und Bremerhaven respektieren. Für den Vorstand Jörg Eilers
© Copyright 2024 ExpyDoc