Datum: 31.05.2015 NZZ am Sonntag 8021 Zürich 044/ 258 11 11 www.nzz.ch/sonntag Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 135'805 Erscheinungsweise: wöchentlich Themen-Nr.: 172.003 Abo-Nr.: 1096342 Seite: 12 Fläche: 50'797 mm² Sprachbarrieren gefährden die Gesundheit Die Nachfrage nach interkulturellen Dolmetschern für Migranten in der Schweiz ist stark gestiegen Unsere Geste für Trinken werde in Syrien falsch verstanden, sagt der kurdische Dolmetscher und Jurist Kawa Abdeh. (29. April 2015) Einsätze von interkulturellen Dolmetschern haben in den letzten vier Jahren um fast 70 Prozent zugenommen. Vor allem Spitäler arbeiten vermehrt mit Übersetzern. Katharina Bracher Misstrauisch wird die Gynäkologin, weil die noch junge Patientin keinerlei emotionale Reaktion messungsingenieurin aus Bagdad Einsatzstunden hat gemäss Interund heute interkulturelle Dol- pret, der Interessengemeinschaft metscherin mit Fachausweis, für interkulturelles Dolmetschen, klärt die Patientin ein paar Tage in den letzten vier Jahren um später auf. Das Verständigungs- 67 Prozent zugenommen. Am problem war nicht sprachlicher, häufigsten werden Übersetzer für sondern kultureller Natur. Näfendie Sprache Tigrinya (Eritrea) geAlujaily, die 1997 aus dem Irak in bucht, es folgen Albanisch und die Schweiz geflüchtet war, teilt Arabisch. Ein interkultureller der Frau schonend mit, was der Dolmetscher hat jedoch nicht dieSohn aufgrund eines kulturellen selbe Ausbildung wie ein norma- zeigt auf die Ankündigung, dass Tabus verschwiegen hatte: Die ihr die Gebärmutter operativ ent- Gebärmutter entfernen heisst, ler Übersetzer. Seine Übersetzungsleistung geht weit über die fernt werden müsse. Sie bietet unfruchtbar zu werden. sprachliche Dimension hinaus. Er der Frau einen zweiten Termin muss in der Lage sein, den an, diesmal soll anstelle des halb- Mehr als Übersetzen wüchsigen Sohnes eine interkul- Näfen-Alujaily ist eine von über Migranten das Schweizer Schulturelle Dolmetscherin mit speziellen Kenntnissen der irakischen Kultur dabei sein. Faliha Näfen-Alujaily, 47-jährige Ver- interkulturellen system, Vorgänge bei Behörden und kulturelle Besonderheiten in Dolmetschern. Ihre Einsätze fühseiner Sprache zu erklären. Im ren sie in Spitäler, Schulbehörden Falle von medizinischen Fragen, und Sozialdienste. Die Zahl der bei denen es manchmal um Lezweitausend Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 58011268 Ausschnitt Seite: 1/2 Datum: 31.05.2015 NZZ am Sonntag 8021 Zürich 044/ 258 11 11 www.nzz.ch/sonntag Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 135'805 Erscheinungsweise: wöchentlich Themen-Nr.: 172.003 Abo-Nr.: 1096342 Seite: 12 Fläche: 50'797 mm² ben und Tod geht, muss er mit tet. Interkulturelle Dolmetscher Sensibilität für die Kultur des Mi- fügen nie ohne Erlaubnis der Ge- granten dolmetschen, ohne den sprächsleitung etwas zur ÜberInformationsauftrag des Arztes setzung hinzu. Sie kommentieren oder des Spitals zu untergraben. nichts und zeigen keinerlei Reak- Gerade Spitäler haben in den tion. «Es ist, als ob ich nicht da letzten Jahren vermehrt auf die wäre», erklärt Hrvatin. Dienste von interkulturellen Dol- metschern gesetzt. «So können Trinken oder Schlägerei? wir Mehrfach-Konsultationen Wenn sie einen serbischen Klienwegen Verständigungsproblemen ten vor sich hat, übernimmt die vermeiden», sagt Nadia Di Ber- Kroatin automatisch seinen Dianardo von den Solothurner Spitä- lekt und passt ihre Wortwahl an. lern. Die meisten Ärzte würden Sie gibt seine Aussagen in direksich zu sehr auf die Angehörigen ter Rede an die Gesprächsleitung verlassen bei der Übersetzung. Das überfordere die Familie in den meisten Fällen. Die Sprache der Mediziner zu verstehen, sei oft schon in der Muttersprache einigermassen schwierig. Und weiter, und diese spricht auf der Übersetzung der kulturelle Die meisten interkulturellen Schweizerdeutsch mit Blickkontakt zum Klienten. Als bei der Er- Dolmetschen per Skype ist billiger Die Kosten für Übersetzer trägt in der Regel das Spital oder vereinzelt der Kanton. Seit Einführung der Fallpauschalen wird die Finanzierung zunehmend schwieriger, weil Dolmetscherleistungen nicht in den Pauschalen abgegolten sind. Um Kosten zu sparen, wollen etwa die Solothurner Spitäler Dolmetscher per Skype zuschalten. (brk.) nährungspyramide verschiedene Lebensmittel zur Sprache kommen, versucht Hrvatin, vergleichwenn es um Entscheidungen von bare Milchprodukte aus dem Balgrosser Tragweite gehe, sei es kan zu finden. «Wenn ich beim besser, eine aussenstehende Per- Gericht arbeite, muss ich die interkulturelle Übersetzung ganz son als Übersetzer zu haben. Natürlich sind nicht alle Fälle weglassen. Ich übersetze Wort für so drastisch wie der eingangs ge- Wort, um die Aussagen nicht zu schilderte Fall. Wie wichtig bei beeinflussen», erklärt Hrvatin. Kontext ist, zeigt sich auch bei ei- Dolmetscher haben bei ihrer nem einfachen Gespräch mit der Ankunft in der Schweiz selbst Ernährungsberaterin. Das Ziel ist, Sprachbarrieren erlebt. So etwa dass der serbische Patient, bei der Rechtsanwalt Kawa Abdeh, dem soeben Diabetes diagnosti- ein aus Syrien geflüchteter Kurde. ziert wurde, auf Insulinspritzen Bei seiner Ankunft 2008 konnte verzichten kann. Dafür muss er er kein Wort Deutsch. Heute ist er seine Ernährung umstellen. «Darf interkultureller Dolmetscher und ich das genauer erklären?», fragt kennt auch die Fallen der nonverDjurdijica Hrvatin, gebürtige balen, interkulturellen KommuKroatin, die seit Jahrzehnten in nikation: «Die Geste, mit der ich der Schweiz lebt. Die Frage ist an Trinken signalisiere, wird in Sydie Ernährungsberaterin gerich- rien als Aufforderung zur Prügelei verstanden.» Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 58011268 Ausschnitt Seite: 2/2
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