Mit ganzem Herzen

FILMFESTSPIELE BIBERACH
Ausgewählte Filme 2015
Spielfilme
Happy Hour Regie: Franz Müller (D)
Mit: Simon Leicht, Mehdi Nebbou, Alexander Hörbe
Vanessa Regie: Marion Mitterhammer, Hans-Günther
Bücking (A) Mit: Marion Mitterhammer, Thomas Oláh,
Helmut Bohatsch, Werner Prinz
Hit the road Gunnar
Regie: Nicolas Ehret (D/S)
Mit: Julien Eduard Lickert, Odine Johne
Die Abmachung Regie: Peter Bösenberg (D)
Mit: Stine Stengade, Alex Brendemühl, Antonia
Lingemann, Caroline Peters
Ma folie Regie: Andrina Mracnikar (A)
Mit: Alice Dwyer, Sabin Tambrea
Chucks Regie: Sabine Hiebler, Gerhard Ertl (A) Mit: Anna
Posch, Markus Subramaniam
Sibylle Regie: Michael Krummenacher (D)Mit: Anne
Ratte-Polle, Thomas Loibl
God of Happiness Regie: Dito Tsintsadze (D)
Mit: Nadeshda Brennicke, Lasha Bakradze
Das Deckelbad – Die Geschichte der Katharina Walser
Regie: Kuno Bont (CH) Mit: Simona Specker, Gian Rupf,
Hans-Peter Ulli, Kevin Oeler
Debütspielfilme
Vor.Seit.Schluss!
Regie: Alexander Peter Lercher (A)
Mit: Heinz Trixner, Christian Futterknecht, Uschi Glas,
Vivien Wulf, Otto Retzer
Wanja Regie: Caroline Hellsgard (D)
Mit: Anne Ratte-Polle, Nele Trebs
Bach in Brazil Regie: Ansgar Ahlers (D/Bra)
Mit: Edgar Selge, Franziska Walser,
Peter Lohmeyer
Im Spinnwebhaus
Regie: Mara Eibl-Eibesfeldt (D)
Mit: Ludwig Trepte, Sylvie Testud,
Mathias Koeberlin
Das richtige Leben Regie: Robert Heber (D)
Mit: Vincent Redetzki, Lou Strenger
Die Maßnahme Regie: Alexander Costea (D)
Mit: Max Wagner, Anna Griesbach, Aljoscha Stadelmann
„37“ Regie: Chris Brügge (D)
Mit: Alexander Milo, Mette Lysdahl
Sin & Illy still alive Regie: Maria Hengge (D)
Mit: Ceci Chuh, Cosima Ciupek, Ulrich Faßnacht, Burak Yigit
Fernsehfilme
Emma nach Mitternacht - Der Wolf und die 7 Geiseln
Regie: Torsten C. Fischer (D) Mit: Katja Riemann, Ben
Becker, Andreas Schmidt, Floriane Daniel
Wenn du wüsstest, wie schön es hier ist Regie: Andreas
Prochaska (A) Mit: Gerhard Liebmann, Simon Hatzl
Ellas Entscheidung
Regie: Brigitte Bertele (D)
Mit: Petra Schmidt-Schaller, Anna Schudt, Thomas Huber,
Christian Erdmann
Matthiesens Töchter Regie: Titus Selge (D)
Mit: Matthias Habich, Julia Jäger, Ulrike C.Tscharre, Anja
Antoniwicz, Martin Brambach
Tatort: Rebecca Regie: Umut Dag (D)
Mit: Eva Mattes, Sebastian Bezzel
Der Bankraub Regie: Urs Egger (D)
Mit: Franz Dinda, Joachim Kròl, Justus von Dohnányi,
Herbert Knaup, Hanns Zischler, Godehard Giese
Nacht der Angst Regie: Gabriela Zerhau (D)
Mit: Nina Kunzendorf, Friederike Becht,
Marcus Mittermeier, Johann von Bülow
Vorstadtrocker Regie: Martina Plura (D)
Mit: Fabian Busch, Lisa Wagner, Aljoscha Stadelmann
Das Programm Regie: Till Endemann (D)Mit: Nina
Kunzendorf, Benjamin Sadler, Alwara Höfels, Carlo
Ljubek, Kai Scheve, Stephanie Japp, Paula Kalenberg
Der verlorene Bruder Regie: Matti Geschonneck (D)
Frauen Regie: Jan Ruzicka (D) Mit: Katja Riemann,
Nicolette Kebitz, Sophie von Kessel, Ben Becker
Dokumentarfilme
Die Unsichtbaren
Regie: Benjamin Kahlmeyer (D)
My Name is Salt Regie: Farida Pacha (CH)
In der Hand Gottes
Regie: Peter Woditsch (D/BE)
A Global Joy Regie: Bruno Fritzsche
Herr von Bohlen privat
Regie: André Schäfer Mit: Arnd Klawitter
Die wilde Schönheit der Gefahr – Die literarische
Westfront in Ernst Jüngers Stahlgewittern Regie: Tobias
Becker (A)
A Man can make a difference Regie: Ullabritt Horn (D)
Democracy – Im Rausch der Daten
Regie: David Bernet (D/Be/F/I)
Wild Woman – Gentle Beasts Regie: Anka Schmid
Vier werden Eltern Regie: Eva Maschke
Über den Tag hinaus Regie: Martin Enlen (D) Mit: Horst
Sachtleben, Katja Studt
Mephisto Regie: István Szabó (D/HU/A) Mit: Klaus Maria
Brandauer, Krystina Janda, Rolf Hoppe
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R o l a n d
R e c k
Mit ganzem Herzen
BIBERACH. Es ist wieder so weit! Am 4. November beginnen die alljährlichen Biberacher Filmfestspiele. Die cineastische Fieberkurve
steigt und mit ihr das Lampenfieber bei den Machern, die ehrenamtlich diese Großveranstaltung stemmen. Intendant Adrian Kutter gibt
BLIX Auskunft über den letzten Stand, bevor es heißt: Film ab!
Herr Kutter, welche besonderen Herausforderungen stellen sich noch kurz vor Beginn der
37. Biberacher Filmfestspiele?
Die Filmauswahl ist abgeschlossen. Das
Programm für die fünf Wettbewerbe zusammengestellt und die Termine der einzelnen Filme
auf die fünf Festivaltage und die vier Kinosäle im
„Traumpalast“ festgelegt. Jetzt gilt es für mich
nur noch mit den von mir eingeladenen Gäste
(Regisseure, Schauspieler, Produzenten, Autoren,
Kameraleute…) ihre Reisen zu besprechen und
Flüge und Bahnreisen zu buchen. Das geschieht
per Mails oder per Telefon. Eine sehr aufwendige
Sache bei rund 150 Gästen, aber durch den direkten Kontakt ebenso reizvoll.
Sind Sie mit dem Spektrum und der Qualität der
ausgewählten Filme zufrieden?
Die ausgewählten Filme dürfen vor dem Festival
noch keinen allgemeinen Kinostart oder eine
Fernsehausstrahlung haben. Das engt schon mal
die Auswahl ein. Und dann bin ich dabei auch
ganz eng an das Angebot der auf dem Markt
befindlichen, also fertiggestellten Filme angewiesen. So bestimmt sich die Qualität schon
von selbst. Dieses Jahr ist, so meine ich, ein Jahr
mit sehr guter Qualität, mit interessanten und
vielschichtigen Themen, dank guter Drehbücher,
und sehr guten inszenatorischen und schauspielerischen Leistungen.
Filmfestspiele sind eine Art ‚cineastische
Leistungsschau‘. Wo steht der deutschsprachige
Film in diesem Jahr?
Die wirtschaftliche Seite des deutschen Films
hört sich sehr gut an. Wir steuern dieses Jahr auf
eine Rekordmarke von wahrscheinlich 30 Prozent
Marktanteil zu. Dass dieses stolze Ergebnis nur
durch ein paar Filme in der Masse erzielt wurde,
darf man dabei nicht verschweigen. BesucherStand: 4. Oktober seit 1. Januar 2015: „Honig
im Kopf“ (6,5 Mio), „Fack Ju Göthe 2“ (6 Mio),
„Traumfrauen“ (1,7 Mio), „Der Nanny“ (1,6 Mio),
„Ostwind 2“ ( 1,2 Mio), „Frau Müller muss weg“ (1
Mio), „Bibi und Tina - Voll verhext“ (1 Mio), „Fünf
Freunde 4“ (1 Mio)…. Bei einer Jahresproduktion
Wir fördern die Biberacher Filmfestspiele:
von fast 200 Filmen
kommen maximal
80 ins Kino, der
Rest bekommt keinen Verleih, kommt
zum Teil nicht mal
ins TV. Und von
den 80 Filmen im
Kino
bekommen
nur etwa 20 bis 30
Filme nennenswerte
Zahlen, der Rest zum
Teil vernichtende
Zahlen. Es wird dank
den Förderungen
der Länder viel zu
viel produziert. Die
Arthouse- Kinos,
die den Löwenanteil
dieser Filme spielen
müssen, jammern,
dass sie gar keinen
Platz dafür haben Kennen sich schon sehr
und schon gar nicht lange und gut: Adrian
die Filme ordentlich Kutter, Intendant der
auswerten können. Biberacher Filmfestspiele,
Immerhin:
ein (links) und Klaus Maria
erheblicher Teil der Brandauer, der in diesem
Filme hat TV-Gelder Jahr den Ehrenbiber erhält.
und kommen somit Foto: Kliebhan
dann irgendwann in
der Nachtschiene im TV darunter sehr viele
Dokumentationen.
Welche Besonderheiten & Trends konnten Sie bei
den eingereichten Filmen erkennen?
Eine neue Generation Filmemacher ist jetzt am
Zug, im Kino, wie im TV. Man schaue nur auf die
unzähligen ‚Tatorte‘ quer durchs Land. Da tauchen viele neue Namen auf und die alten haben
ausgedient. Der Konstanzer Tatort: Rebecca in
unserem Programm von Umut Dag! Der Regisseur
von Fack Ju Göthe 2… Bei den Arthouse- Filmen
– und diese bestimmen ja unser und auch viele
andere Festivals - sind fast ausschließlich neue
und junge Regisseure am Werk, viele Debütanten.
FILMFESTSPIELE BIBERACH
Das merkt man an den Themen, weniger an
der Machart. Die haben ihr Handwerk auf den
Filmhochschulen gelernt - Regie, Drehbuch,
Montage, Kamera… und die Qualität ist meistens
ganz gut, aber mit nur wenigen Ausnahmen
wenig innovativ und künstlerisch wagemutig. Da
waren die 68er sehr viel experimentierfreudiger,
politischer und gesellschaftskritischer. Es gibt
keine neue Ästhetik, wenn „Fack Ju Göthe“ neue
Ästhetik sein soll und „Honig im Kopf“ zwar verdienstvoll, aber sehr bieder gestaltet ist.
Gibt es ein Leitthema oder zumindest ein häufiger behandeltes Thema?
Das ergibt sich jedes Jahr von allein, denn ich
suche die Filme
nicht nach einem
bestimmten Thema
aus! In diesem Jahr
stehen ganz eindeutig Frauen im
Mittelpunkt der
Filme, die auch
von
erstaunlich
vielen
weiblichen Regisseuren,
Autoren
und
Kamerafrauen
bestimmt werden.
Auffallend viele
Frauennamen finden sich schon im
Filmtitel. Frauen als
Kommissarinnen, als
Hebammen, als verlassene oder betrogene Ehefrauen, als
Frauen auf der späten Suche nach Identität oder
Erfüllung, als Frauen mit großer Vergangenheit
und Kampf mit dem eigenen Alter, Frauen
mit herausragenden Berufen und besonderen
Stellungen in der Gesellschaft, Frauen mit dem
unstillbarem Wunsch nach Kindern, junge Frauen
mit Problemen, im Leben Fuß zu fassen. Aber
keine Sorge, das männliche Geschlecht kommt
auch dieses Mal nicht zu kurz.
Diese Frage habe ich schon beantwortet. Und:
Publikumsmagnete sind meiner Meinung nach
alle von mir ausgewählten Filme, je nach dem
ganz persönlichen Geschmack bzw. Interesse
des einzelnen Besuchers. Und da findet mit
Bestimmtheit jeder ‚seinen‘ Film oder sogar
mehrere. Und ein weiterer ‚Magnet‘ sind die
anwesenden Filmgäste, so viel wie noch nie
und eine Fülle sehr bekannter Namen darunter.
Und: Unser Festival bekommt ja sein besonderes
Interesse durch die Publikumsgespräche mit den
Filmschaffenden nach jeder Vorstellung. In dieser
Quantität und Qualität sind wir einmalig und
unverwechselbar.
Das
gesellschaftspolitische
Großthema
‚Flüchtlinge‘ ist mit zwei Dokumentarfilmen vertreten. Gibt es dazu nicht mehr oder wollten Sie
das Thema nicht ausführlicher spielen?
Es ist ein Langfilm („Die Unsichtbaren“) und ein
Kurzspielfilm („Dr. Illegal“) im Programm. Diese
beiden Filme decken das gesamte Thema in allen
Bereichen exemplarisch ab. Das Problem bei
jedem Film und auch besonders bei geplanten
Dokumentationen ist der zeitliche Vorlauf. Keiner
dieser Filme kann auf Produktionsförderung verzichten. Dazu bedarf es der Hilfe manchmal
mehrere Länderförderungen, manchmal auch
des Bundes oder der Filmförderungsanstalt. Bis
alle Gremien durch sind und endlich mit einer
geschlossenen Finanzierung gedreht werden kann,
vergehen oft ein bis zwei Jahre. Eingereichte Filme
also, welche diesen zeitlichen Vorlauf hatten, sind
zum heutigen Stand des Themas ‚Flucht und Asyl‘
hoffnungslos überholt. Warum sollte ich diese
zeigen, wenn die Medien jeden Tag dominant und
auf die Stunde aktuell dieses Thema behandeln
und behandeln müssen.
Den Ehrenbiber erhält in diesem Jahr Klaus Maria
Brandauer. Wie kam es zu der Entscheidung?
Das war meine Entscheidung, die auch der
Filmfest-Verein gerne mitgetragen hat. Klaus
Maria Brandauer war eigentlich längst ‚fällig‘.
Biberach und seine Filmfestspiele würdigen mit
Klaus Maria Brandauer eine Persönlichkeit, die
im Film und auf der Theaterbühne weltweit mit
Ruhm und Auszeichnungen überschüttet wurde.
Mit seiner ersten eigenen Film–Regiearbeit,
„Georg Elser - Einer aus Deutschland“, bei der
er auch die Titelrolle spielte, war Klaus Maria
Brandauer bei den 11. Biberacher Filmfestspielen
im Jahre 1989 persönlich anwesend und gewann
mit seinem Film schließlich auch den Preis für
den besten Film unseres Festivals. Seither war
Klaus Maria Brandauer immer wieder zu Gast in
Biberach mit eigenen Filmen oder auch nur, um
unser Festival zu unterstützen. Wir freuen uns
mit ganzem Herzen auf diesen Großen von Film
und Theater!
Gibt es den ‚Frauenfilm‘ und, wenn ja, wodurch
zeichnet er sich aus? Machen Frauen andere und
anders Filme?
Nein, es gibt keinen typischen Frauenfilm, wie
zur Zeit der großen Emanzipationswelle und
vor allem seitens der 68er–Filmemacher- und
macherinnen. Die Zahl der Fachfrauen in allen
Bereichen der Produktion steigt ständig und
Inszenierungskraft, handwerkliche Perfektion
und Themen decken sich mit der Produktion der
männlichen Kollegen.
Trügt der Eindruck, dass ‚der Publikumsmagnet‘
und ‚das Thema‘ in diesem Jahr fehlt?
Festivalfeeling pur. Das Publikum spielt bei den Biberacher Filmfestspielen eine Hauptrolle.
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