Geocaching „Der Weg ist das Ziel“ von Anne Körner 16184 u24774 Hinter dieser Heimlichtuerei steckt eine moderne Sportart, ein Spiel, das sogenannte Geocaching. Das Wort setzt sich zusammen aus „geo“ (Erde) und „cache“, was soviel bedeutet wie „geheimes Lager“. Ziel des Spiels ist es, sogenannte Geocaches, das sind von anderen Spielern an interessanten Orsten versteckte, meist wasser- und luftdichte Dosen, mit Hilfe eines GPS-Empfängers zu finden. Die notwendigen Koordinaten erfährt man zum Beispiel auf der Seite www.geocaching.com, diese ist zwar die populärsten Geocaching-Webseite, jedoch bei Weitem nicht die einzige. Er klettert vorsichtig die Böschung neben der Brücke herunter, darauf achtend, keine Aufmerksamkeit zu erregen. Zielgerichtet gleitet sein Blick über die angehäuften Steine. Ein letzter prüfender Blick auf das Display seines Handys und wieder zurück zu den aufgetürmten Steinen. An welcher Stelle sind sie ungewöhnlich angehäuft? Nur Sekunden später hält er die Plastikbox in der Hand. Wer ist dieser junge Mann? Was hat es mit der weißen Plastikbox mit dem rosa Deckel auf sich und vor allem: Woher wusste er, wo sie versteckt war? In jedem Geocache befinden sich verschiedene Dinge, jedoch ist in jedem Fall ein Logbuch enthalten, in welches der Finder sich mit Datum, Uhrzeit und manchmal, je nach verfügbarem Platz, mit einem persönlichen Gruß eintragen darf. Der junge Mann, der übrigens Informatikstudent ist und Tilo heißt, öffnet vorsichtig die Dose. „Der Deckel schließt gar nicht mehr richtig. Der Owner sollte da mal was machen.“, gibt er zu bedenken. Später, wenn er seinen Fund im Internet offiziell bestätigt („loggt“), wird er neben seinen Erlebnissen bei der Suche nach diesem Cache auch eine kleine Notiz für den Cacher hinterlassen, der diesen Schatz versteckt hat. Geocaching ist eben ein Spiel, was durch seine große Community lebt. Tilo öffnet also die Cachebox. Zum Vorschein kommen zwei Logbücher, eines davon ist schon voll. Diese Dose ist allerdings groß genug, dass neben den Büchern noch andere Dinge hineinpassen. Zwei Modellautos, eine kleine Spielzeugfigur und einige weitere Gegenstände, die eigentlich nicht sehr wertvoll sind. Wozu dann das Ganze? Der Student lächelt. „Tja, der Weg ist das Ziel.“ Der Geocache, den Tilo heute gesucht und gefunden hat, war von der Größe her ein Small, eine Größe, die oft vorkommt. Andere Größen sind Micro (meist Filmdosen oder Flaschenrohlinge, sogenannt PETlinge), Regular (größere Dosen) und Large (etwa 20 Liter Volumen). Eine besondere Größe ist der Nano-Cache. In ihn passt nur ein zusammengerolltes Logbuch, da er nicht größer als eine Fingerkuppe ist. Dementsprechend schwer ist er zu finden. Caches unterscheiden sich aber nicht nur durch ihre Größe, sondern auch durch ihren Typ. Es gibt die Variante des Traditionellen Caches, wo man einfach zu den angegeben Koordinaten gehen und die Dose finden kann. Spannender sind schon Multis mit mehreren Stationen oder gar Mysteries, die es erfordern, im Vorfeld ein Rätsel zu lösen, um das Versteck zu erfahren. Informationen über die Größe und den Typ des Caches, die Schwierigkeit und das Gelände des Verstecks sowie natürlich die GPS-Koordinaten findet man auf der jeweiligen Webseite zum Cache. Oft findet man auch noch Hintergrundinformationen zum Ort, spezielle Tipps zum Finden des Caches oder so genannte Spoilerfotos. Ob man sich die Bilder anschaut beziehungsweise die Tipps ließt, hängt ganz davon ab, wie schwierig man es denn gern hätte. Nachdem er sich im Logbuch verewigt hat, verschließt Tilo die Dose wieder und versteckt sie am selben Ort, wo er sie gefunden hat – eine der Grundregeln des Geocaching. Der Nächste soll ja immerhin den selben Spaß haben. Eine weitere wichtige Regel ist, sich unauffällig zu verhalten, damit niemand, der nicht in dieses Spiel eingeweiht ist, die Dose mitnimmt, wegwirft oder beschädigt. Solche Leute werden in Cacherkreisen frei nach den Harry Potter Romanen als Muggel bezeichnet. Es kommt immer wieder vor, dass Cacher von Muggeln gestört werden. Im schlimmsten Fall sogar von der Polizei. „Meistens klärt sich die Sache dann aber recht schnell, wenn man den Beamten erklärt, was man dort tut. Bei normalen Menschen muss man sich aber manchmal wilde Ausreden einfallen lassen. Es soll schon Leute gegeben haben, die angeblich im Dreck ihre Kontaktlinsen gesucht haben.“ Was macht aber ein Geocacher nach dem erfolgreichen Finden eines Caches? Geocaching wäre kein Spiel, wenn es nicht ein gewisses Suchtpotential oder einen Erfolgsrausch gäbe. Tilo zückt erneut sein Handy, startet den eingebauten GPS-Empfänger und schaut nach, welcher Cache noch in der Nähe ist. „Etwa einen Kilometer nach Osten. Die anderen hier in der Nähe habe ich alle schon.“ Man ahnt es nicht, aber die Städte sind voller Caches und es kommen unaufhörlich neue hinzu. Wer weiß, wie oft man schon an einem Geocache-Versteck vorbeigegangen ist ohne es zu wissen? „Noch 800 Meter.“ An einer Straßenkreuzung bleibt Tilo stehen. Der GPS-Empfänger im Handy gibt nur die Richtung vor, brauchbare Wege muss der Cacher schon selbst finden. In der Stadt ist das ja meist kein Problem, aber selbst an abgelegenen Orten hat sich meist schon ein Trampelpfad gebildet, wenn viele Cacher dort immer wieder vor dem gleichen Problem standen. Tilo biegt in die Straße ein. Noch 700 Meter. Am Ende der Straße dann wohl. Und tatsächlich – dort steht ein alter Wasserturm, der interessante Ort in diesem Fall. 9 Bemüht kein Aufsehen zu erregen schleicht sich Tilo an den Turm an. Der gesuchte Cache ist ein Micro. „Da gibt’s ja nicht allzu viele Möglichkeiten...“ Mit einem gezielten Griff in einen Mauerschlitz hält er die Dose auch schon in der Hand. Mit der Zeit entwickle man eben ein Auge für die typischen Verstecke und müsse dann nicht mehr lange suchen. Das hätte natürlich den Vorteil, dass man schnell wieder verschwinden könne und möglichst wenig Muggel auf sich aufmerksam machen würde. Das Cacheversteck - eigentlich ziemlich offensichtlich und doch meist unentdeckt. Mit den heute gefunden Schätzen hat Tilo bereits über 120 Caches in dem knappen Jahr gefunden, in dem er schon in der Community angemeldet ist. Dies sei aber nicht viel, es gäbe durchaus Cacher, die mindestens doppelt so viele Caches pro Jahr fänden, versichert der Student. Es kommt eben darauf an, wie viel Zeit man zur Verfügung hat, wie sehr man herum kommt und natürlich auch wie sehr man sich dem Spiel hingibt. Die Webseite www.geocaching.com existiert seit 2000, feiert also in diesem Jahr bereits ihren 10. Geburtstag. Der Grundgedanke ist aber schon wesentlich älter. Geocaching lässt sich vom sogenannten Letterboxing ableiten, was bereits seit dem 18. Jahrhundert in Dartmoor verbreitet war. Damals konnte für die Schatzsuche natürlich noch nicht die GPS-Technik genutzt werden, man benutze Karte und Kompass. Fand man eine Letterbox, konnte man sich mit seinem eigenen Stempel im Logbuch verewigen und den sich in ihr befindlichen Stempel wiederum in sein eigenes Logbuch drücken. In den 1990er Jahren wurden zum ersten Mal Schnitzeljagden veranstaltet, bei denen die Teilnehmer sich die GPS-Technik zunutze machten, bis schließlich im Jahr 2000 im US-Bundesstaat Oregon der erste Geocache versteckt wurde. Conny hingegen hat dieses Spiel erst vor ein paar Tagen für sich entdeckt und dementsprechend noch nicht sehr viele Dosen gefunden. Anders als Tilo benutzt sie zum Empfang des GPS-Signals ein herkömmliches Navigationsgerät für das Auto. „Damit geht’s zwar auch, ist aber schon etwas schwieriger. Aber mal ehrlich – auf die letzten paar Meter braucht man eigentlich kaum noch die Technik, wenn man nur die Augen offen hält.“, so die 19-jährige Schülerin. ... nur noch wenige Meter... Gefunden! 18 Und schon hat sie das Versteck enttarnt. Ein präziser Griff und schon hält sie die Cachebox – in diesem Fall eine Filmdose – in den Händen. Nach dem Eintrag in das Logbuch wird die Dose wieder an der selben Stelle versteckt. Dabei achtet Conny darauf, das Ganze möglichst diskret zu tun. Der Cache soll ja noch eine Weile unbeobachtet in seinem Versteck bleiben können. Conny macht sich auf zur nächsten versteckten Dose. Manchmal muss man schon ein wenig kreativ sein, um den Cache loggen zu können. Bei diesem MysteryCache muss man zuerst ein Rätsel lösen ehe man die Koordinaten erfährt: „Finde das rote und das blaue Schaufelrad. Ganz in der Nähe findest du die Nord- und Ostkoordinaten...“ „... für den Final. Viel Spaß!“ Für Conny war diese Dose heute die letzte, aber nur für heute. Auf der ganzen Welt gibt es zur Zeit über 1.000.000 Geocaches und alleine im Umkreis in ihrer Stadt schon über 100 – doch mit dem Wachsen der Community wird auch die Anzahl der versteckten Schätze weiter wachsen.
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