teekampagne ja hre CHEMIE IM TEE In der Vergangenheit haben wir wiederholt große Einkaufsmengen von Darjeeling-Tee zurückgewiesen, da diese Tees unseren Qualitätsstandards nicht entsprachen. Oft waren hohe Pestizidrückstände (Tetradifon, Dicofol, Quinalphos ...) der Grund. Der Einsatz von Pestiziden, Herbiziden und Fungiziden hat uns veranlasst, ein engmaschiges Netz an Kontrollen und Analysen in unserer Qualitätssicherung zu installieren, das ständig weiterentwickelt und modifiziert wird. rotz all unserer erfolgreichen Anstrengungen in den letzten 30 Jahren und der Tatsache, dass die Teekampagne einen erheblichen Anteil daran hat, dass die meisten Teegärten in Darjeeling mittlerweile zertifizierten Biotee produzieren, wird uns das Thema „Chemie“ und Kontaminanten im Tee auch in der Zukunft weiterhin begleiten und eine der großen Herausforderungen sein. Denn je besser die technischen Möglichkeiten sind, je weiter die für uns tätigen Lebensmittellabore auch in kleinste Bereiche „hinunter messen“ können, desto mehr erkennen wir, dass es kleinste Rückstände – oft nur wenige Milligramm T pro Kilogramm Trockenmasse Tee – gibt, die noch vor kurzem nicht aufspürbar waren. Aktuelles Beispiel ist die Diskussion um die Rückstände von „Anthrachinon", einem Stoff, der noch bis vor wenigen Jahren als „unbedenklich" galt, der nur schwer wasserlöslich ist und den wir in unseren Teeaufgüssen, also in der Teetasse, nicht nachweisen konnten. Nach aktuellem Erkenntnisstand entsteht Anthrachinon wohl im Produktionsprozess und steht im Zusammenhang mit dem Trocknungsverfahren des Tees. Doch noch dauern die Untersuchungen an und wir stehen in engem Austausch mit unseren Produzenten und den einschlägigen Laboren. In diesem Jahr führten unsere Rückstandsanalysen dazu, dass wir deutlich weniger FirstFlush-Tees eingekauft haben. us dem Kundenkreis der Teekampagne erhalten wir immer wieder wertvolle Hinweise, dass die modernen Analysetechniken auch ein tieferes Verständnis des komplexen Immunsystems der Pflanzen, auch der Teepflanzen, erkennen lassen. Wie wir Menschen besitzen auch Pflanzen A TEEKAMPAGNE eine Immunabwehr als Teil eines komplexen Stressnetzwerks. Die Erforschung der Dynamik der dahinter stehenden Stoffwechselwege ist längst noch nicht abgeschlossen. Was man jedoch weiß: viele Pflanzen sind in der Lage, von einem „Schutzstoff“ in Stress-Situationen das bis zu 1000fache produzieren zu können! Stress kann für Pflanzen sowohl extreme Hitze, Dürre, aber auch Frost oder der Befall mit Fressfeinden bedeuten. Zahlenmäßig am bedeutsamsten sind als Pflanzeninhaltsstoffe die Alkaloide. Sie halten der Pflanze viele Fressfeinde vom Leib und übernehmen eine wichtige Rolle bei Entsorgung und Speicherung von überschüssigem Stickstoff. Alkaloidhaltige Pflanzenextrakte zählen zu den ältesten Drogen der Menschheit. Einige dieser giftigen Substanzen, wie z.B. Strichnin und Kokain kennen wir eher aus Krimis. Andere dienen in der richtigen Dosierung als Heilmittel (Morphin, Chinin) oder werden aufgrund ihrer anregenden Wirkung (Coffein, Theophyllin, Theobromin) geschätzt. Überraschend für uns, das Alkaloid Nikotin findet 7 sich nicht nur – wie zu erwarten in der Tabakpflanze, sondern in vielen Kulturpflanzen, z.B.: Kartoffeln, Paprika, Aubergine, Steinpilzen und Tee. Die Mengen sind natürlich verschwindend gering und ihrer Wirkung nicht vergleichbar mit der Nikotinaufnahme durch Zigarettenkonsum. Aber spannend ist schon, warum in einer seit Jahrzehnten intensiv untersuchten und analysierten Kulturpflanze wie Tee Spuren von Nikotin entdeckt werden. War dieses Alkaloid schon immer in der Pflanze, kann es erst heute aufgrund feinerer Messmethoden aufgespürt werden? Bildet die Pflanze diesen Stoff erst aus, wenn teekampagne ANTHRACHINON chemische Pestizide ausbleiben und sie sich selbst schützen muss? Ist es eine Reaktion auf extreme Wetterbedingungen? Noch gibt es keinen schlüssigen wissenschaftlichen Nachweis. Uns erscheint es aber ziemlich plausibel, dass eine Pflanze in den Jahren, in denen diverse Pflanzenschutzmittel quasi „ohne Rücksicht auf Verluste“ eingesetzt wurden, schlichtweg „vergisst“ sich selbst gegen Schadinsekten zu wehren. Wenn jetzt Pestizide äußerst sparsam oder gar nicht mehr eingesetzt werden, „erinnert“ sich die Pflanze an ihre ursprüngliche Fähigkeit und reaktiviert ihr natürliches Potenzial, Alkaloide zu bilden. Über den weiteren Verlauf dieser spannenden Entdeckungen halten wir Sie selbstverständlich auf dem Laufenden. – ein Stoff, der Rätsel aufgibt M it der Novemberausgabe 2014 ihres Magazins hat die Stiftung Warentest viele Teetrinker, uns eingeschlossen, überrascht, weil sie in Analysen Rückstände von Anthrachinon im Tee gefunden hat. Unerwartet waren diese Ergebnisse insbesondere deshalb, weil seit Juni 2013 das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Anthrachinon als Rohstoff zur Herstellung für Papier mit Lebensmittelkontakt aus der BfR-Empfehlung gestrichen hatte und wir durch Analysen wussten, dass in der Herstellung unserer Verpackung kein Anthrachinon zum Einsatz kommt. Grund, uns an Prof. Dr. Karl Speer von der Technischen Universität Dresden zu wenden, einen ausgewiesenen Experten für Lebensmittelchemie und Lebensmittelproduktion. 30 Jahre Teekampagne und 30 Jahre Rückstandskontrollen sind kein Grund für uns, sich auf den Erfolgen der Vergangenheit „auszuruhen". Ganz im Gegenteil. Wir leben in einer Welt, in der die Chemie eine immer stärkere Rolle spielt, und Chemierückstände in Lebensmitteln werden wohl eines der Themen des nächsten Jahrzehnts sein. Wir werden diese Herausforderungen annehmen, die Ursachen aufspüren und nach Lösungen suchen – schonungslos und transparent, ganz im Stil der Teekampagne. Wie ist Anthrachinon in den Tee gekommen? Sofern ein Eintrag durch Verpackungsmaterialien ausgeschlossen werden kann, wird davon ausgegangen, dass Trocknungsprozesse hierfür verantwortlich sind. Die frischen Teeblätter werden vor weiterführenden Verarbeitungsprozessen zunächst angetrocknet. Hierfür werden 8 Trocknungsgase über die frisch geernteten Blätter geleitet. Zu ihrer Erzeugung wird Kohle, Erdöl oder Erdgas verbrannt, so dass die Trocknungsgase Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und damit Anthracen sowie Anthrachinon enthalten können, die dann im Tee nachweisbar sind. Nach weiteren Verarbeitungsschritten (Schwarztee: Welken, Rollen, Fermentieren; Grüntee: Dämpfen, Rollen) werden sowohl der Grüntee als auch der Schwarztee anschließend noch einmal mit Trocknungsgasen behandelt, um den Tee lagerfähig zu machen. Dazu wird der Wassergehalt auf unter 4 % gesenkt. Gibt es Anthrachinon auch in anderen Lebensmitteln (im Vergleich zum Tee)? Anthrachinon wurde über viele Jahre zur Gewinnung von Zellulosefasern eingesetzt. Sind diese dann Bestandteil von Verpackungsmaterialien, kann das Anthrachinon durch Migration in Lebensmittel gelangen, sofern diese mit dem Verpackungsmaterial in Kontakt treten. Nachdem dieser Kontaminationsweg erkannt worden war, hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR Berlin) nicht zuletzt auch aufgrund von Stellungnahmen der europäischen
© Copyright 2024 ExpyDoc