Erfahrungsbericht 6 September 2015 Wasner

Erfahrungsbericht vom 6. September 2015, Anita Wasner
Liebe KollegInnen! Liebe SpenderInnen!
Vorerst einmal HERZLICHEN DANK an ALLE, die für unsere Hilfgüter-Fahrt nach Traiskirchen
gesammelt und gespendet haben. Nur durch euch konnten wir diese sinnvolle Fahrt durchführen!
DANKE!!
Ich berichte euch nun über einen äußerst intensiven Samstag mit Fahrt nach Nickelsdorf und
Traiskirchen!
Wir waren ab 8h früh zu dritt mit einem Transporter der Chance B unterwegs – prall gefüllt mit
Hilfsgütern. Wir hatten zum Glück im Vorfeld schon alles thematisch sortiert und in Kisten abgefüllt –
Männerschuhe, warme Jacken, Regenbekleidung und -schirme, Decken, Reisetaschen, Handtücher,
Hygieneartikel, Windeln, Kinderstrumpfhosen und –socken,
Farbstifte, Schulhefte und haltbare Lebensmittel.
Kurzer Hand entschieden Johanna Adam, mein Mann
Gerhard und ich, dass wir zuerst Richtung Nickelsdorf
fahren, wo in der Nacht und in der Früh tausende
Flüchtlinge aus Ungarn mit dem Bussen angekommen sind.
Vorher machten wir noch einen Abstecher nach Nestelbach
bei Ilz, wo unsere Biobäurin Irmi Bloder kistenweise
Hilfsgüter und auch Geld mit ihren KundInnen für die
Flüchtlinge gesammelt hatte.
In Nickelsdorf angekommen, wurden wir zu
einer Lagerhalle geschickt. Die Hilfskräfte vor
Ort waren voll im Einsatz – die
Zivilbevölkerung auch. Viele Menschen aus
Nickelsdorf und Umgebung, Wien kamen hin
mit Säcken voll Decken, Gewand, Schuhen,
Lebensmittel usw. Diese Berge türmten sich in
einer Lagerhall und wurden von anderen
Helfern vor Ort in Kisten sortiert und
beschriftet. Eine extreme Anforderung für die
freiwilligen Helfer!
Wir konnten zum Glück schon alles, weil es sortiert war, in einer
anderen Halle abgeben. Von dort verteilte die örtliche Feuerwehr
und das Rote Kreuz die Hilfsgüter zum Bahnhof Nickelsdorf und zur
Novarock-Halle, wo die vielen tausenden Flüchtlingen vorübergehend untergebracht waren.
Anschließend fuhren wir mit Kisten voll Lebensmittel weiter zum Erstaufnahmezentrum Traiskirchen.
Dort erwartete uns im Regen das triste Bild von nassen Menschen, teilweise geschützt mit
Müllsäcken, weil sie keine Regenbekleidung oder Schirme besitzen. Vor allem junge Männer
scharrten sich in Trauben um Privatautos herum, die Hilfgüter brachten. Kaum waren Frauen und
Kinder vor den Mauern und Toren des Erstaufnahmezentrums.
Am Straßenrand blieben wir stehen und
öffneten den Transporter. So schnell
konnte wir gar nicht schauen als eine
Gruppe von Flüchtlingen den Bus
stürmten und die Lebensmittel an sich
rissen. Nach ein paar Minuten mussten wir
abbrechen, da wir die Menge nicht mehr
unter Kontrolle hatten – außerdem stand
observierend die Polizei neben uns und
schickte uns weiter.
Daraufhin beschlossen wir die Lebensmittel in die Fahrerkabine zu geben und rund um das
Erstaufnahmezentrum zu fahren und vom Fenster aus die Lebensmittel auszugeben, damit mehr
Flüchtlinge was bekommen und nicht nur die Schnellsten.
Hier gab es berührende Momente z.B. wie eine Frau
es gar nicht glauben konnte, dass wir ihr Oliven,
Fladenbrot und Feta-Käse überreichten. Kinder, die
sich immens über Kekse und eine Tafel Schoko
freuten und junge Männer, die winkend und dankend
die von uns gebrachten Nüsse und Trockenfrüchte
hochhielten.
Aus unserer Sicht soll und muss die Unterstützung weiter gehen. Vor allem in Traiskirchen, wo
Menschen und Familien schon Wochen, Monate verharren und die „Lagersituation“ wirklich
erbärmlich und schlecht erscheint. Wir konnten von einer Seitentür in der Mauer sehen, dass sehr
wohl noch Flüchtlinge in Zelten untergebracht sind!!
Am Samstag hat es geregnet und es war nass-kalt. Viele Flüchtlinge, auch die Kinder, waren dürftig
bekleidet. Viele hatten nur Flip-Flops an. Auf die Frage „What do you need?“ kamen
SCHUHE!!
LEBENSMITTEL !!
Außerdem brauchen die Menschen dringend:
JACKEN – warm und wetterfest
REGENBEKLEIDUNG
HYGIENEARTIKEL
Es müssen die Artikel in Kisten sortiert sein, damit man sie konkret ausgeben kann. Für die Ausgabe
von Lebensmittel haben wir erkannt, dass die NOT so groß ist, dass die Menschen zu sehr „geiern“
und sich wie wild auf uns bzw. die Lebensmittel gestürzt haben. Darum fänden wir „Lunchpakete“
als sinnvoll, die versch. Lebensmittel enthalten. So könnte man diese gezielt den Menschen
ausgeben.
Und: jede Hilfe zählt! Auch wenn es „nur“ ein paar Artikeln oder Lebensmittel sind. Wenn du „nur“
einem Menschen, einer Familie hilfst, ist schon Großes vollbracht!
Wir würden auf keinen Fall mit einem voll geräumten
Lieferwagen mehr hinfahren, denn so kann man den
Ansturm und das daraus ergebende Chaos nicht abwehren.
Besser ist es mit z.B. PKWs zu fahren und vom Autofenster
aus Sachen an die Menschen in der Straße auszugeben.
Wir sahen z.B. eine Wiener Familie, die mit ihrem PKW kam
und warmes Essen ausgab. Oder ein Mann mit einem
erhöhten Bus – der stand oben und zeigte einzelne
Kleidungsstücke und gab sie gezielt an die jeweilige Person, die es haben wollte.
Fazit:
Die Unterstützung muss unbedingt weiter gehen – vor allem in Traiskirchen. Ein „Aufrütteln“ der
Bevölkerung ist notwendig, damit alle mitbekommen, dass die Flüchtlinge dort offensichtlich nicht
ausreichend versorgt werden – denn sie haben HUNGER!!! und haben zumeist keine der Witterung
angemessene Bekleidung.
Man braucht ein gutes System, um gezielt und effektiv den Menschen dort vor Ort zu helfen.
Vorsortiert ist wichtig, den Menschen direkt in die Hand drücken – ein Abstellen von Kleiderkisten
am Straßenrand ist keine Lösung, denn es liegt ganz viel Müll und Kleidung auf der Straße und
darüber ärgern sich die Bewohner von Traiskirchen zurecht!