STATION 1 DER BAHNHOF 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Liebe kleine und große Bankerlbesucher! Herzlich Willkommen am Weizer Bankerlweg! Da haben Sie sich genau das richtige Bankerl ausgesucht! Setzen Sie sich einen Augenblick hin, nehmen Sie sich eine kleine Auszeit und erfahren Sie dabei Wissenswertes und Amüsantes über die Stadt und ihre Geschichte. Sie finden mich, das rote Bankerl, an 12 verschiedenen Orten hier in Weiz – und immer erzähle ich Ihnen etwas über die Stadt und über die Sehenswürdigkeiten, die Sie rund um mich sehen können. Der Weizer Wurli erklärt Der Weizer Wurli kennt sich in der Stadt bereits bestens aus. Für die kleinen Gäste hat sich unser Wurli nun in meiner Umgebung umgeschaut und erzählt hier von seinen Entdeckungen, die er bei seinen Erkundungen gemacht hat. Die Stadt und seine Originale Die Schöckl Everl hat zwar noch nie auf diesem Bankerl Platz genommen – vor über 100 Jahren hat es mich hier ja auch noch nicht gegeben. Dafür weiß die Everl aber allerhand erheiternde Geschichten über Weizer Originale, die Sie so bestimmt noch nie gehört haben. Lehnen Sie sich also nun zurück, machen Sie es sich gemütlich und lernen Sie Weiz von einer völlig neuen Seite kennen! Seite 2 Inhalt Der Weizer Bahnhof 4 Geschichte 5 Der Bummelzug 6 Geschichte der Feistritztalbahn 7 Weiz-Birkfeld, die Strecke 11 Der Bahnhof für kleine Entdecker 13 G´schichten der Schöckl Everl! 15 Als der erste Zug ankam 17 Dienstmann Nr. 1 vom Bahnhof Weiz 20 Die Birkfelderbahn 22 Wie der Trifter Sepp die Straßenbahn aufhob 24 Straßennamen und deren Bedeutung 26 Der Bahnhof 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Seite 3 STATION 1 • DER BAHNHOF Der Weizer Bahnhof Maßnahmen zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs sind angesichts des immer stärker werdenden Individualverkehrs von dringender Notwendigkeit. Mit dem Bau der Nahverkehrsdrehscheibe auf dem Bahnhofsplatz wurde ein sehr wesentlicher Schritt in diese Richtung getan. Bus und Bahn wurden zusammengeführt, Parkmöglichkeiten für Fahrgäste errichtet und die Erreichbarkeit der Haltestellen verbessert. Weiters wurde auch ein attraktiveres Umfeld geschaffen. Seite 4 STATION 1 • DER BAHNHOF Geschichte Der Bau der Weizklammstraße sowie der Bau der Eisenbahnstrecke von Gleisdorf nach Weiz waren sinnfälliger Ausdruck der aufsteigenden Bedeutung des Ortes. Der Tag der Eröffnung der Bahnlinie Gleisdorf-Weiz war ein Festtag für alle Orte, die an dieser Strecke lagen, aber wenn der Chronist dieses Festtages meinte, an diesem Tag wurde Weiz „in den großen Weltverkehr miteinbezogen“, hat er wohl ein bißchen über das Ziel geschossen. Die Feststellung hätte gewiß eher Berechtigung, wäre die ursprünglich erwogene Führung von Graz über St. Radegund unmittelbar nach Weiz und weiter nach Osten verwirklicht worden. Gerne aber wollen wir zustimmen, wenn es heißt: „Die Weizer Marktchronik wird gewiß den 28. Juli 1889 als einen für die künftige Gestaltung der gesamten Entwicklungs- und Verkehrsverhältnisse des schönen Marktes hochbedeutenden Tag ganz besonders verzeichnen.“ Nach langen Jahren der Planungs- und Bauarbeiten wurde am 15. Dezember 1911 der Betrieb der Schmalspurbahn Weiz-Birkfeld aufgenommen. Erst 19 Jahre später kam der Teil Birkfeld-Ratten dazu. Viele Geschichten ranken sich um die Feistritztalbahn, die im Volksmund „Birkfelderbahn“ hieß. Die Trassenführung war einmalig, die Baumeister, Techniker und Arbeiter leisteten für die damalige Zeit Außergewöhnliches. Seite 5 STATION 1 • DER BAHNHOF Der Bummelzug Viele, viele Jahre tat die Bahn ihren Dienst zur Zufriedenheit der Bevölkerung. Wenn morgens der Zug kam, wußte man, es ist neun Uhr und Jausenzeit. Mittags und abends war es das gleiche. Man brauchte nicht auf die Uhr zu sehen, so genau kam der Zug. Man hatte sich an die Pünktlichkeit so gewöhnt, dass man auf einen Fahrplan verzichten konnte. Zuerst war es nur ein Gerücht, dann später grausame Wirklichkeit. Die Strecke Birkfeld-Ratten wurde im Jahre 1975 stillgelegt. Vor einigen Jahren jedoch hat der Tourismus das Feistritztal und die Birkfelderbahn für sich entdeckt. Heute gibt es regelmäßige Bummelzug-Fahrten für Jung und Alt mit oder ohne anschließender Radtour nach Ratten auf der Strecke der ehemaligen Bahntrasse, vorbei an kleinen „Stauseen“ mit Picknickplätzen und grünen Wiesen zum Ballspielen. Es wurde auch ein neuer Bahnsteig und die für den Weiterbetrieb notwendige Signalanlage errichtet. Die 230 Parkplätze ermöglichen vielen Pendlern das Abstellen ihrer Fahrzeuge und für die Kunden und Besucher der Stadt ergibt sich die Möglichkeit, kostenlos zu parken. Seite 6 Geschichte der Feistritztalbahn Ideen, Pläne, Hirngespinste STATION 1 • DER BAHNHOF Es gibt wohl kaum eine Gegend in der gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts so intensiv über Eisenbahnprojekte diskutiert wurde. Diese Pläne waren teilweise fachmännisch fundiert, teilweise wirkliche Hirngespinste, wie z.B. der Plan eine normalspurige Flügelbahn von Fürstenfeld oder Feldbach über Ilz durch das Feistritztal nach Ratten zu bauen. Spväter gab es das Projekt einer Schmalspurbahn Weiz - Anger - Birkfeld - Ratten - Rettenegg - Steinhaus am Semmering mit einer Abzweigung Anger - Stubenberg - Kaindorf - Pöllau. Dameben existierte auch die Idee, die meterspurige elektrische Kleinbahn Graz - Maria Trost über Sankt Radegund - Weiz - Anger bis Hartberg zu führen. Bis zum Stadium einer Einreichung bei einer Eisenbahnbehörde kam aber nur das Projekt des Grazer Technikers Lichtenfels (am 11.10.1885), das eine meterspurige Lokalbahn Weiz - Rettenegg als Anschluß an das Projekt Gleisdorf - Weiz vorsah. Realisiert wurde aber zunächst nur der 15km lange Abschnitt Gleisdorf - Weiz in Normalspur. 1901 beschloß die private Lokalbahn Gleisdorf - Weiz, die Strecke über Anger nach Pöllau zu verlängern (Normalspur). Es gab auch Interessenten für einen Nebenflügel von Anger nach Birkfeld. Aber schnell stellte sich heraus, daß auf Grund der Geländeverhältnisse, der Aufwand für eine Normalspurige Strecke weit über dem vertretbarem Maß für eine Lokalbahn liegen würde, und so wurde dieser Plan 1904 wieder zurückgezogen. Weiz - Birkfeld Es blieb also den Verantwortlichen nur übrig, die Schmalspurpläne wieder aus der Schublade zu holen. Als Spurweite kam schließlich nur die 760mmSpur in Frage, um im Falle eines möglichen Kriegeinsatzes in Bosnien Fahrzeuge rekrutierenn zu können. Den Flügel Anger - Pöllau - Harberg ließ man fallen und nahm erst mal die Strecke Weiz - Birkfeld in Angriff. (Birkfeld - Ratten, eventuell Rettenegg sollten später folgen.) Die Konzessionsbewerber reichten ihr Ansuchen am 12.11.1907 beim Eisenbahnministerium ein und bekamen am 15.7.1909 den Baukonsens, dem unverzüglich die Aufnahme der Arbeiten folgte. Am 15.9.1910 erfolgte schließlich die entgültige Konzessionsverleihung mit der Zusage eines Baukostenzuschusses von 600.000 Kronen. Da die Bahn aber davon nie einen Heller bekam, ist die Feistritztalbahn vermutlich die einzige Österreichische Lokalbahn, die gänzlich ohne staatlichen Zuschuß errichtet wurde. Seite 7 STATION 1 • DER BAHNHOF Am 14.12.1911 war schließlich die Feierliche Eröffnung, und am Tag darauf begann der fahrplanmäßige Betrieb. Den Betrieb ließ die Lokalbahn-AG Weiz - Birkfeld durch die kkStB führen. Birkfeld - Ratten Der Weiterbau der Strecke nach Rattten begann kurioserweise mitten im ersten Weltkrieg. Als 1915 Italien den Mittelmächten den Krieg erklärte, wurden die italienischen Holzfirmen Ermolli in Ratten und Lazaris in Rettenegg unter militärische Verwaltung gestellt. Da die Militärbauleitung sich aber wegen der unzulänglichen Verkehrswege großen Schwierigkeiten gegenübersah, die dort lagernden Holzmengen abzutransportieren, beschloß man, in Zusammenarbeit mit den Zivilbehörden, die Bahn bis Rettenegg zu verlängern. Schnell war man sich einig und bereits am 19.12.1916 wurde ein Vertrag mit der Heeresleitung abgeschlossen, der die Modalitäten des Bauvorhabens regelte. Als jedoch im Frühjahr 1917 die Bauarbeiten begannen, zeichnete sich ein Debakel ab. Statt der zugesagten 1000 Bauarbeiter (Kriegsgefangene) konnte das Militär gerade mal 300 bereitstellen, deren Gesundheitszustand so schlecht war, daß sie zu schweren Arbeiten kaum fähig waren. Von einer Einhaltung des Bautermins konnte also keine Rede mehr sein, und so geschah es, daß im November 1918, als sich Altösterreich auflöste, keiner der vier Bauabschnitte fertig war. Anbetracht der schlechten wirtschaftlichen Lage schlugen zunächst alle Versuche, die Strecke weiterzubauen fehl. 1920 trat die neugegründete Feistritztaler Bergbau- und Industrie-AG auf den Plan. Zur Erschließung der Braunkohlevorkommen in Ratten und St. Kathrein brauchten sie die Bahn und kauften den Konzessionöären die halbfertige Bahn nebst den Baumaterialien für fünf Millionen Kronen ab. Sie verpflichtete sich, die Bahn bis Rettenegg als Industriebahn sofort zu erstellen, und binnen zehn Jahren auch einen Personenverkehr einzurichten. Der Bau (allerdings nur bis Ratten, wo die Gesellschaft ihre Gruben besaß) ging dann schnell voran, und bereits am 11.5.1922 wurde beim Verkehrsministerium um die Betriebsbewilligung angesucht. Dieser Antrag wurde jedoch wegen der wenig sorgfältigen Ausführung der Strecke und dem desolaten Zustand des eilends zusammengekauften Rollmaterials abgelehnt. Seite 8 STATION 1 • DER BAHNHOF Dies hinderte die Gesellschaft aber nicht, illegalerweise den Güterverkehr aufzunehmen. 1923 stellte die Gesellschaft den Antrag, sie von dem für sie uninteressanten Weiterbau der Strecke nach Rettenegg zu entbinden. Schon bald entwickelte sich auf der eh schon illegalen Strecke ein noch illegalerer Personenverkehr, war die Bahn doch die einzige Möglichkeit für die Bergleute, die Gruben zu erreichen. Dies führte 1925 auch zu heftigen Kontroversen zwischen dem Ministerium, das mit einer Betriebsstillegung drohte und streikenden Bergleuten, die um die Fahrmöglichkeit zu ihrer Arbeitsstätte bangten. Ein weiteres Problem dieser Zeit bestand darin, dass die Fahrzeuge der Industriebahn nicht auf die Strecke der Lokalbahn Weiz - Birkfeld übergehen durften und somit die Kohle in Birkfeld umgeladen werden musste. Weder passten die Kupplungen zusammen, noch besaßen die Wagen der Industriebahn die erforderlichen Vakuumbremsen. Es war also dringend geboten, die beiden Strecken technisch und organisatorisch zusammenfassen. Am 21.2.1921 ging die Strecke Birkfeld - Ratten (Rückwirkend zum 1. Jänner) an die Lokalbahn-AG Weiz - Birkfeld über. An einen Weiterbau der Strecke nach Rettenegg konnte auch die neue Eigentümerin nicht denken, galt es doch, die Strecke zu sanieren und die Vorraussetzung für eine Konzessionierung als öffentliche Bahnstrecke zu schaffen. Am 29.5.1930 fand schließlich die feierliche Eröffnung des Personenverkehrs statt, mit einer für die Abgeschidenheit des Tales einmaligen Politprominenz: Mit dem Bundespräsidenten, dem Handelminister und dem Nationalratspräsidenten war wirklich die allererste Garnitur des Staates erschienen. Die Strecke hatte nun die maximale Länge ihrer Geschichte, die Weiterführung nach Rettenegg wurde nie realisiert. Nach dem zweiten Weltkrieg 1942 ging die bis dato private Bahn in den Besitz des Landes Steiermark über. Als 1960 die Kohlegrube in Ratten geschlossen wurde, war dies ein schwerer Schlag für die Bahn. Schließlich war der Güterverkehr die Haupteinnahmequelle. Auch der Personenverkehr ging um diese Zeit wegen der Konkurrenz durch das Auto stark zurück, was zu dieser Zeit zu einer ratenweise Einstellung führte. Erschwerend für die Bahn war, dass, geologisch bedingt, die Strecke meist weitab von den örtlichen Ansiedlungen liegt, und nur der Bus die Möglichkeit hat, die Ortszentren direkt anzufahren. Auch die Errichtung eines modernen Portalkranes in Ratten und die Anschaffung moderner Dieselloks konnten die Entwicklung nicht aufhalten. Seite 9 Der Bummelzug STATION 1 • DER BAHNHOF Bereits 1971 wurden Bummelzüge eingerichtet, die auch für eine Rückkehr der Dampfloks sorgten und einen unerwarteten Aufschwung hatten. Regelmäßige Bummelzüge zwischen Weiz und Birkfeld, oder sogar bis nach Ratten, begeisterten in den siebzigern viele Gäste und erschlossen ihr ein völlig neues Verkehrsaufkommen. Gemäß dem Motto, der Weg ist das Ziel, fanden und finden immer mehr Gäste den Weg ins Feistritztal, nur um die bezaubernde Zeitreise in die Vergangenheit in rumpelnden Waggons auf harten Holzbänken zu erleben. Doch der Erfolg der Bummelzüge kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der wirtschaftliche Erfolg der Bahn auch vom Güterverkehr abhängt. Und da dieser bis auf eine Ausnahme stetig zurückging, wurde zunächst (so in den Achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts) der Betrieb nach Ratten eingestellt und die Strecke schließlich abgebaut. Die Trasse ist heute ein Radweg. In den nächsten Jahren zog sich die StLB erst bis Anger und dann schließlich bis Oberfeistritz zurück, wo der einzige noch verbliebene Güterverkehrskunde, das Talkumwerk ist. Kenner der Bahn werden sich sicher noch mit Schrecken an das Jahr 1995 zurückerinnern, als man versuchte auch die Bummelzüge auf das Reststück bis Anger herunterzufahren, ein Projekt, dass das sichere Aus für sie bedeutet hätte. Aber glücklicherweise setzte sich, sprichwörtlich fünf nach zwölf, aufgrund der damit massiv zurückgehenden Fahrgastzahlen die Einsicht durch, dass die Bahn ein wesentliches Zugpferd für den Tourismus ist. Und nach einem erstmal Probeweisen und dann wieder Dauerhaften Bummelzugbetrieb bis Birkfeld hat es die Bahn offensichtlich geschafft zu überleben. Nachdem sich die StLB zurückgezogen hatte, gründete sich unter Federführung der örtlichen Touristikverbände die Feistritztalbahn-Betriebs-GmbH, die den Bummelzugverkehr betreibt. Dank dem unermüdlichen Einsatz ihrer Freunde schafft die Bahn inzwischen so etwas wie eine schwarze Null in den Bilanzen und ist eine aus dem örtlichen Tourismus eigentlich nicht mehr wegzudenkende Attraktion. Der Zukauf neuer Fahrzeuge, als Krönung sogar einer neuen Dampflok, der 83.180 zeigt, dass die Bahn jung und dynamisch ist wie selten zuvor und lässt uns Eisenbahnfreunde zuversichtlich nach vorne blicken. Seite 10 STATION 1 • DER BAHNHOF Weiz-Birkfeld, die Strecke Besteigen Sie doch mit mir den Zug am Bahnhofsvorplatz in Weiz (km 0, 462m). Ein kurzer Ruck, und los gehts. Wir kreuzen die Bahnverbindung Weiz-Gleisdorf und dann geht es in einer weitgeschwungenen Linkskurve zur Haltestelle Büchl. Lautes Stampfen der Lok und die langsamer werdende Fahrt zeigen an, daß wir dabei sind die erste Hügelkette zu überqueren. Richtung Norden hat man einen wunderschönen Blick auf die Kirche Weizberg. Unmittelbar nach Büchl verschwindet der Zug erstmalig im Wald. Etliche Quellbäche der Ilz querend führt die Trasse entlang dem Abhang des Raasberges stetig bergauf, wobei Steigungen bis zu 25 Promille auftreten. Nach dem wir über den 59m langen Nöstl-Viadukt gefahren sind, erreichen wir schließlich die Haltestelle Peesen (km 4,9, 470m). Es folgen der Peesen(42m) und der Baz-Viadukt (59m). Bei den Brücken der Feistritztalbahn fällt auf, daß seinerzeit erstmalig die neue Bauform des Stahlbetongewölbes in großem Umfang angewendet wurde. Nach der Haltestelle Bachl (km 6,1, 483m) überqueren wir den Bachl-Viadukt (93m), der ausnahmsweise mal in traditioneller Bruchsteinbauweise errichtet wurde. Nun kommen wir bei km 7,8 zum absoluten Glanzstück der Strecke, dem 276m langen Grub-Viadukt, der mit seinen vier Hauptöffnungen aus Stahlbeton und neun weiteren Nebenöffnungen jeder Hauptbahn Ehre machen würde! Bald danach erreicht die Bahn bei der Haltestelle Hart-Puch (km 8,5, 510m)(Seit dem Ausbau der Bundesstraße nur noch als Abstellgleis erkennbar) den höchsten Punkt des ersten Abschnitts und und durchstößt die Kuppe der Hügelkette mittels des 223m langen Hart-Tunnel. Anschließend senkt sich die Trasse wieder hinab ins Feistritztal wo sie bei km 10,8 den Fluß mittels des 133m langen Feistritz-Viaduktes überquert. Kurz darauf wird der Endpunkt der Strecke der StLb erreicht, die Verladeanlage des Talkumwerkes. Moderne Güterwagen und eine weithin sichtbare Materialseilbahn zeigen, daß hier noch reger Güterverkehr herrscht. Seite 11 STATION 1 • DER BAHNHOF Hier endet die Strecke der Landesbahn. Der Zug hat einen kurzen Zwangsaufenthalt, weil die Schutzweiche umgestellt werden muss, die verhindert, dass ein Waggon versehentlich auf die Landesbahngleise rollt, geht es weiter auf der Clubstrecke. Kurz darauf erreicht der Zug Anger wo er zum ersten mal planmäßig stehenbleibt. Der romantische Bahnhof Anger begrüßt seine Gäste mit dem netten Spruch: „Kein weiter Weg, kein langer, statt Mallorca Anger“. In Anger wird erst mal Wasser gefaßt, und dann geht es steil bergan, an der Firma ADA vorbei weiter Richtung Birkfeld. Die Landschaft ändert jetzt schlagartig ihr Aussehen. Das Tal wird eng und die Bahn schlängelt sich zwischen Fels und Fluß durch das zunehmend enger werdende Tal. Der Zug passiert die Haltestelle Rosegg und durchschneidet bei km 18,8 den 93m langen Frondsberg-Tunnel. Und schon wieder ist ein Aufenthalt angesagt (Zumindest bei der Hinfahrt), der Zug nähert sich dem Bahnhof Koglhof. Heute dient er als Gasthaus, und wenn der Wirt mit der Steirischen auf den als Terrasse dienenden Bahnsteig kommt, um die Fahrgäste aus dem Zug zu locken, ist dies schon einen Aufenthalt wert! Bei der Weiterfahrt geht es bei km 20,9 durch den 106m langen KirchleitenTunnel und den 78m langen Höllersbach-Viadukt. (Nach einem Unwetter am 14.7.1918 stürzte der Mittelteil der Brücke in sich zusammen und wurde dann durch eine Stahlkostruktion ersetzt.) Der Zug überquert nun bei km 22,7 den 90m langen Birkfelder Viadukt und gleich darauf wird Birkfeld hoch oben auf dem Berg sichtbar. Wir haben das Ziel erreicht. Alle Aufenthalte mitgerechnet, liegen knapp zwei Stunden erlebnisreiche Fahrt hinter uns. (Rückwärts geht es schneller, da dauert die Fahrt (Leider) nur etwa 67 Minuten.) Die weitere Trasse von Birkfeld nach Ratten ist leider inzwischen Geschichte und nur noch mit dem Radl zu befahren. Seite 12 Der Bahnhof STATION 1 • DER BAHNHOF Weiz für kleine Entdecker H erzlich willkommen am Bahnhof Weiz der schon eine lange Tradition hat, den die Bahnlinie Weiz-Gleisdorf gibt es schon seit ca. 120 Jahren. Als der erste Zug in Weiz ankam – damals war es ja eine Dampflokomotive – in Weiz ankam, war dies ein besonderes Ereignis. Ganz Weiz hatte sich am Bahnhof versammelt und alle jubelten dem festlich geschmückten Zug zu. Alle Kinder gingen immer wieder zum Bahnhof, ob ein Zug fuhr oder nicht und zu dieser Zeit war der Traum jedes Buben Lokomotivführer zu werden. Heute fahren Schnellzüge mit einer Geschwindigkeit von 90 km in der Stunde nach Gleisdorf und weiter. W ir haben ja noch einen Dampfbummelzug, welcher in den Sommermonaten die Strecke nach Birkfeld fährt und für Groß und Klein ein besonderes Erlebnis ist. Vor ca. 90 Jahren fuhr der Zug das erste Mal und der Bau der Bahnstrecke war für damals etwas Außergewöhnliches. Wenn morgens die Bahn ankam und getutet hat, wussten alle Menschen dass es 9 Uhr ist, da brauchte keiner auf die Uhr zu sehen. Der Zug fährt durch Tunnel, über Viadukte und immer wieder stehen Menschen an der Bahnstrecke und winken. Nicht nur der Heizer auf der Dampflok hat ein schwarzes Gesicht, es kann schon passieren, dass du, wenn du in den Tunnels vor dem Waggon stehst, kleine „Ruspünkchen“ im Gesicht hast. Seite 13 STATION 1 • DER BAHNHOF E ine spannende und einzigartige Konstruktion ist die Solarbrücke. Viel Urlauber kommen hier her um diese einzigartige Brücke anzusehen, die wie eine riesige Libelle aussieht. Durch die Solarzellen auf der Brücke wird elektrischer Strom erzeugt. Die Hauptbrücke wiegt 38 Tonnen und wurde in nur 2 Teilen montiert und befestigt. Dafür waren ganz spezielle, riesige Kräne notwendig. Insgesamt wurden in die Brücke über 100 Tonnen Stahl gebaut. Die moderne Radfahrer- und Fußgängerbrücke verbindet zwei Stadteile miteinander. Am anderen Ende der Brücke steht das 1. Weizer Energie Innovations-Zentrum. In diesem Haus befindet sich keine Heizkörper und trotzdem ist, durch besondere Technik, immer die richtige Temperatur darin. Das Haus ist das ersten dieser Art im Mitteleuropa und der größte Holzskelettbau in Österreich Seite 14 STATION 1 • DER BAHNHOF Die Person Schöckl Everl stellt sich vor: Güaß Euch Gott, meine liabn Leut, i bin die Schöckl-Everl und i möchte euch hier a paar Gschichterln derzählen von Weizer Originale, de in der guaten alten Zeit da dahaom waren. Des meiste is mindestens 80 bis 100 Jahr her, manches a no länger. I hab die meisten von denere Leut ja no selber kennt, wie li hab ja a vor über 100 Jahr da in der Nähe glebt, i hab mei klane Keuschn am Fuaß vom Schöckl ghabt, in Graz drean, wo i meine Heilkräuteln an die Leut und a an die Apotheken verkauft hab, hab i zeitweis a mein Quartier ghabt Hallo Dienstmann! 1889 is die Bahnverbindung von Weiz nach Gleisdorf und damit in die weite Welt eröffnet wurden und 1911 is dann die Schmalspurbahn nach Birkfeld und ins Obere Feistritztal baut wurden, der obere Teil bis Ratten is 1975 stillglegt und wieder abbaut wurden, aber bis Birkfeld fahrt die Feistritztalbahn heut no. Da sulltets a amol mitfahrn, weil so a Bummelzugfahrt is urig schen. Bloß aufpassen müassts, wann a Fenster offen is, dass euch net so geht, wia ’n Franz und ’n Sepp, zwa Bauernburschen, de in die dreißger Johr schwarz mit gfohrn sein und bold a schwarz wurden warn! Weil der Bummelzug wird jo heut wie damals von aner echten Dampflok zogen und de raucht und pfaucht und spuckt a Feuer! Jo monchmol sands richtige Funken, de ausn Schornstein aussakemman und in die Tunnels druckts den Rauch und die Funken dann bei die offenen Fenster in die Waggon eini. Aber der Franz und der Sepp san damals jo net in an Waggon drin gesessn, sondern se san, wia der Zug in Birkfeld weggfohrn is, auf an halbvollen Güterwaggon aufgsprungen und habn sis auf der Ladefläche gemütlich gmocht. An Schnops habens a dabei ghobt und so warens recht lustig unterwegs, bis irgendwo bei Oberfeistritz, kurz nachdems ausn Tunnel bei Seite 15 STATION 1 • DER BAHNHOF Hart-Puch aussakummen worn, da Sepp ’n Franz gfrogt hot. „Tats du wos sogn, wann mei Mantel glousen tat?“ Der Franz überlegt a Zeitlang, dann moant er: „Na! I tat nix sogn!“ „Najo!“, sogt der Sepp drauf, „Daunn sog i a nix!“ Da hot ’ Franz sein Mantel schun ganz urdentlich glost! Jo, die Leut früher worn zu recht raue Gspaß aufglegt! Rauh zugangen is manchmol a bei der Arbeit vom Weizer Dienstmann Numero 1. Weil der Weizer Bahnhof doch recht weit weg war vom Zentrum, hat man acht Johr nach der Eröffnung an Dienstmann angstellt, wie man die Gepäckträger damals gnennt hat. Johann Kulmer war der Dienstmann Numero 1, der erste und anzige Dienstmann, den Weiz je ghobt hat, aber des war er 53 Johr lang und wia er 1950 in Pension gangen is, war er 85 Johr alt! Und z’helfen hat er si alleweil gwusst, a wenn die Arbeit net leicht war und die Straßn a oft recht miserabel beinand, wanns gregnet oder gschniebn hat. Viel los war ja immer zu die Kirtag, weil damals san jo die Marktfahrer a no alle mit der Bahn kumman und haben alle an Haufn zan schleppen ghobt, und wann dann aner ohne Zahlen obposcht is, war des schun wirkli a ausgmachte Gemeinheit. Weil der Dienstmann war ja niergends angstellt, sondern selbständig, a konzessionierter Unternehmer, der von dem, was die Leut fürs Koffertragen zahlt haben, sei Familie derhalten hat müassn. Und wia eam amoll so a notiger Marktfahrer zwamol ohne Zohln obposcht is, hat er beim nächsten Mal den sein größten Koffer bei da Gendarmerie untergstellt und wia er eam agangen is, hat der Kulmer Johann nur gmoant: „Wannst deine Schulden zohlst, wird i dir dein Koffer schun bringen, und sunst kannst’n selber bei der Gendarmerie ahuln!“ Najo, und mit die Schandi wullt so a Gauner jo nix z’tun haben, da hat er liaber zohlt. Seite 16 STATION 1 • DER BAHNHOF Als der erste Zug ankam Der Bau der Weizklammstraße wie der Bau der Eisenbahnstrecke von Gleisdorf nach Weiz waren sinnfälliger Ausdruck der aufsteigenden Bedeutung unseres Ortes. Nun wollen wir uns jenes Tages erinnern, an dem Bahnlinie Gleisdorf – Weiz eröffnet worden war. Das war fürwahr ein Festtag! Ob die Fuhrleite mit frohem Herzen mit dabei waren, sagt uns der Bericht freilich nicht. Sahen sie doch mit der Vollendung dieses Bahnbaues wieder mehr ihre goldene Zeit entschwinden, die Zeit, als schwerbeladene Fuhrwagen weite Frachtfahrten fuhren. Wenn der Chronist dieses Festtages meinte, an diesem Tage wurde Weiz „in den großen Weltverkehr miteinbezogen“, hat er wohl ein bisschen über das Ziel geschossen. Die Feststellung hätte gewiss eine Berechtigung, wäre die ursprünglich erwogene Führung von Graz unmittelbar über Weiz und weiter nach Osten verwirklicht worden. Gerne aber wollen wir zustimmen, wenn es heißt: „Die Weizer Marktchronik wird gewiss den 28. Juli 1889 als einen für die künftige Gestaltung der gesamten Entwicklungs- und Verkehrsverhältnisse des schönen Marktes hoch bedeutenden Tag ganz besonders verzeichnen. Und dessen war sich auch die ganze Bevölkerung der Gegend von Gleisdorf bis Weiz mit Freude bewusst. In gehobener Feststimmung erwarteten die Weizer das Eintreffen des Eröffnungszuges und mit ihr alle die von der Strecke berührten Ortschaften. Der Sonderwagen mit den hohen Gästen (Statthalter Freiherr von Kübeck, Graf F. Stürgkh, Baron von Berg, Reichsratsabgeordneter Dr. von Krauß, Oberbaurat von Hochenburger, Landtagsabgeordneter J. Sutter) verließ um 8.29 Uhr den Grazer Staatsbahnhof. Seite 17 STATION 1 • DER BAHNHOF In Gleisdorf stiegen die Festgäste in den geschmückten Eröffnungszug. Der Bürgermeister von Gleisdorf, Apotheker Mayer, der Obmann der Bezirksvertretung Josef Mosdorfer, Bürgermeisterstellvertreter Pichler aus Weiz und andere schlossen sich hier den Festgästen an, und um 09.30 Uhr dampfte nun die mit dem Weizer Wappen, mit Blumen und Grünschmuck gezierte Lokomotive mit dem ersten Zug an. In St. Ruprecht an der Raab gab es großartigen Empfang: Musik, „Hoch!“ rufende Menschen, an ihrer Spitze Bürgermeister Watzl. Fräulein Hermine Meixner begrüßte den Statthalter, überreichte ihm einen prachtvollen Rosenstrauß, Mädchen warfen den Gästen Blumen zu. Und dann kam der Festzug an seinem in froher Erwartung harrenden Ziele an. Alles, was Rang und Namen, Amt und Würden hatte, war auf dem Bahnhof in Weiz versammelt. Zwei Musikkapellen, die Weizer und die von Anger, spielten, der Weizer Singverein, ein „stimmkräftiger, wohlgeleiteter Sängerchor“, stimmte eine Festode an, eine Schar „anmutreicher, reisender junger Damen“ hatte im Halbrund Aufstellung genommen, und Josef Mosdorfers Töchterlein überreichte dem Statthalter einen großen Blumenstrauß als Willkommensgruß. Eine große Menschenmenge aus der engeren und weiteren Umgebung nahm an dem festlichen Ereignis freudig bewegten Anteil. Unter den Heimischen werden Bezirkshauptmann Dr. Külb, Bürgermeister Mosdorfer, Advokat Dr. Hans von Weiß, Bezirksrat Dr. Schuscha besonders genannt. Die Festode war nach einem Text Bartholomäus Hieblers, des Weizer Naturdichters, wie Peter Rosegger ihn des öfteren nannte, von Kapellmeister Julius Polzer vertont worden. Seite 18 STATION 1 • DER BAHNHOF Der Empfang auf dem Bahnhof war für Weiz der erhebende Beginn des Tages. Die Gäste fuhren in bereitgestellten Wagen durch die reichgeschmückten Straßen zu einer Festtafel in der „Goldenen Krone“. Währenddessen erwartete die Bevölkerung einen zweiten Zug, der mit zahlreichen Fahrgästen ankam. Und dann zog die festliche Menge durch den Markt zum Bürgerplatz, um den Ehrengästen neuerlich ihre Freude über das vollendete Werk zu zeigen. Aus der langen, langen Reihe der Trinksprüche, die bei der Festtafel in der „Goldenen Krone“ gewechselt worden waren, blieb der, den Gleisdorfs Bürgermeister auf das Zustandekommen der Bahn Weiz – Hartberg hielt, auch ein unerfüllter Wunsch. Der zwei Jahrzehnte später begonnene Bau der Bahnstrecke nach Birkfeld war für das landschaftlich reizvolle, wirtschaftlich benachteiligte Land nordöstlich von Weiz gewiß von großer Bedeutung. Eine weitsichtigere Planung aber wäre besonders für das Obere Feistritztal von ungleich größerem Wert gewesen. Am Nachmittag dieses denkwürdigen 28. Juli 1889 fuhren Statthalter und Festgäste in die Weizklamm. Beim „Jägerwirt“ (= Felsenkeller), so heißt es in dem Bericht, herrschte fröhliches volksfestliches Treiben. Im Markt gab es Konzerte, am Abend war Weiz festlich beleuchtet, ein Fackelzug durchzog die Straßen und Gassen, Musik und Tanz beschlossen diesen Festsonntag. „Schön, wie er begonnen, endete dieser Festtag…“ Leopold Farnleitner Aus: Weiz Geschichte und Geschichten Leopold Farnleitner, Franz Hauser und Hans Ritz Seite 19 Dienstmann Nr. 1 vom Bahnhof Weiz STATION 1 • DER BAHNHOF Der Bahnhof war immer ein Ort der Begegnung. Die Kinder gingen immer zum Bahnhof, ob ein Zug fuhr oder nicht. Es war immer etwas Faszinierendes, wenn ein Zug mit Reisenden ankam. Der Bahnhofsvorstand mit seiner roten Dienstmütze stand kerzengerade, als ob er den Zug begrüßen würde, vielleicht war es auch so, nur an seiner Miene konnte man dies nicht ablesen. Der Lokführer und sein Heizer schauten aus dem Fenster der Lokomotive. Sie freuten sich bestimmt, dass sie den Zug mit den Reisenden heil zu ihrem Bestimmungsort brachten. Die Reisenden wiederum hatten es eilig. Sie riefen „Dienstmann“ (heute Gepäckträger) und schon war er bereit, wie immer, den Reisenden die schweren Koffer abzunehmen und auf seinem Wagen zu verstauen. Die Bahnhöfe sind ja nicht immer mitten in der Stadt. Wenn Sie heute einen Buben fragen: „Was willst du einmal werden?“, werden Sie die lakonische Antwort bekommen: „Lokomotivführer“. Das war auch der Kindertraum von damals, der in späteren Jahren bei den wenigsten in Erfüllung ging, denn so viele Loks hätte es gar nicht gegeben. Was könnte so ein Dienstmann alles erzählen? Man hat es verabsäumt, ihn zu fragen, als er noch in Weiz tätig war. Wir können hier nur berichten, was andere Leute über ihn erzählt haben. Acht Jahre nach Eröffnung der Bahnlinie Gleisdorf – Weiz im Jahr 1889 bekam der Markt Weiz einen Dienstmann, der seinen Dienst im Jahr 1897 antrat. Er hieß Johann Kulmer, geboren 1865, verstorben 1952. 1937 feierte er sein 40-Jahr-Dienstjubiläum. 1950 ging er in den wohlverdienten Ruhestand. 53 Jahre versah er seinen Dienst zur Zufriedenheit aller Reisenden und Behörden. Er war der einzige Dienstmann, den Weiz je hatte und auf seiner Dienstmütze stand die Nr. 1 auf die er auch mit Recht stolz war. Seite 20 STATION 1 • DER BAHNHOF Der Dienstmann musste auch eine Konzession haben und er war der Sektion Fremdenverkehr und Gastwirtschaft zugeordnet. Dreimal täglich musste er die Strecke Bahnhof – Stadt zurücklegen. Ob bei Regen, Schnee, Kälte oder Wind, er war immer zur Stelle. Die Gepäckstücke lud er auf seinen zweirädrigen Karren oder auf einen Dragatsch. Er musste of harte Arbeit leisten, um seine Familie zu ernähren. Die Straßenverhältnisse von damals kamen ihm bei seiner schweren Arbeit auch nicht entgegen. Nun einige Geschichten, die er erlebte und anderen Leuten weitererzählt hatte: Ein Schwarzfahrer, der ständig von Gleisdorf nach St. Ruprecht fuhr, war dem Zugpersonal wohl bekannt, doch man erwischte ihn nicht. Einem Kondukteur (heute Schaffner) war es vorbehalten, den Schwarzfahrer zu stellen. Es war ein regnerischer, kalter Herbsttag und der letzte Zug nach Weiz fuhr. In St. Ruprecht wollte der Schwarzfahrer gerade aussteigen, als ihn der Kondukteur festhielt. Da half ihm kein Jammern, man möge ihn nicht anzeigen, der Kondukteur bestand darauf, er müsste mit zum Bahnhof Weiz. Der Schwarzfahrer ergab sich seinem Schicksal. Die Rache des Kondukteurs war eine ganz andere. Er ließ den Schwarzfahrer bei der Haltestelle in Preding aussteigen. So musste der Erwischte bei Regen und Kälte den Fußmarsch nach St. Ruprecht antreten. Bei den damaligen Verkehrsverhältnissen brauchte er nicht zu hoffen, dass ihn ein Auto mitnahm. Nie wieder soll der Schwarzfahrer ohne Fahrschein gefahren sein. Jedes mal zeigte er schon von weitem seine Fahrkarte. An den Kirtagen in Weiz hatte der Dienstmann immer Hochbetrieb. Die Marktfahrer hatten damals selten ein Auto und kamen fast alle mit der Bahn. Auf einen dieser Marktfahrer hatte er es besonders abgesehen, denn zweimal hatte dieser aufs Zahlen vergessen. Beim dritten Mal hatte der Marktfahrer keine Chance. Als der Dienstmann mit den Koffern abends zum Bahnhof fuhr, stellte er den größten Koffer bei der Gendarmerie ab. Als der Marktfahrer seinen großen Koffer nicht sah, fragte er, wo sein großer Koffer sei. Der Dienstmann erwiderte, wenn er die Schulden von ihm bekäme, hole er den Koffer denn er hätte ihn bei der Gendarmerie abgestellt. Da Züge bekanntlich nicht warten, blieb dem Marktfahrer nichts anderes übrig, als die alten Schulden zu bezahlen, sonst hätte er den Zug nach Gleisdorf versäumt. So unkompliziert war die Eintreibung von Schulden damals! Hans Ritz Aus: Weiz Geschichte und Geschichten Leopold Farnleitner, Franz Hauser und Hans Ritz Seite 21 STATION 1 • DER BAHNHOF Die Birkfelderbahn Nach langen Jahren der Planungs- und Bauarbeiten wurde am 15. Dezember 1911 der Betrieb der Schmalspurbahn Weiz – Birkfeld aufgenommen. Erst 19 Jahre später kam der Teil Birkfeld –Ratten dazu. Viele Geschichten ranken sich um die Feistritztalbahn. Die Kinder in Weiz sagen immer die Birkfelderbahn. Damals ahnte noch niemand, dass die Bahnlinie Birkfeld – Ratten wieder stillgelegt werden würde. Es war ein schwerer Schlag für das obere Feistritztal. Viele, viele Jahre tat die Bahn ihren Dienst zur Zufriedenheit der Bevölkerung. Wenn morgens der Zug kam, wusste man, es ist neun Uhr und Jausenzeit. Mittags und abends war es das gleiche. Man brauchte nicht auf die Uhr zu sehen, so genau dam der Zug. Man hatte sich an die Pünktlichkeit so gewöhnt, dass man auf einen Fahrplan verzichten konnte. Welch schwierige Bauten mussten errichtet werden. Die Trassenführung war einmalig, die Baumeister, Techniker und Arbeiter leisteten für die damalige Zeit Einmaliges. Da baute man die Straße entlang der Feistritz immer besser aus und verwendete viel Geld dafür. So ganz nebenbei vergaß man aber auf die Bahn. Zuerst war es nur ein Gerücht, dann später grausame Wirklichkeit. Die Strecke Birkfeld – Ratten wurde im Jahr 1975 stillgelegt. Wie viele Leute haben dadurch ihren Arbeitsplatz verloren. Seite 22 STATION 1 • DER BAHNHOF Als man in den Wirren der politischen dreißiger Jahre eine Kundgebung in der Landeshauptstadt abhielt, wollte man die Männer aus dem Feistritztal mit der Birkfelderbahn nach Weiz bringen, um dann weiter mit dem Zug nach Graz zu fahren. Man wartete vergeblich, denn der Zug aus Ratten hatte eineinhalb Stunden Verspätung. Was war passiert? Findige Burschen hatten die Geleise nach Oberfeistritz bis Hart-Puch mit Schmierseife präpariert. Einige Male versuchte es der Lokführer, es ging nicht. Die Räder rutschten durch und so kam die Verspätung zustande. Ob mit politischer Absicht oder ob es ein lustiger Streich sein sollte, konnte nicht genau eruiert werden. Als zwei schwarzfahrende Bauernburschen, die dem Alkohol zuviel zugesprochen hatten, auf einem offenen Waggon sitzend durch den Tunnel bei Hart-Puch durchfuhren, sagte, kurz vor Oberfeistritz, der Sepp zum Franz: „Würdest du etwas sagen, wenn mein Mantel glosen würde?“ Da dachte der Franz nach und sagte: „Nein, ich nicht.“ Worauf der Sepp sagte: „Dann sage ich auch nichts.“ Und das obwohl der Mantel von Franz schon ganz schön gloste. Nach der Ausnüchterung war der Franz einige Wochen auf Sepp böse. Noch viele Jahre lachten die beiden und mit ihnen die Rabenwalder Bauern. Hans Ritz Aus: Weiz Geschichte und Geschichten Leopold Farnleitner, Franz Hauser und Hans Ritz Seite 23 STATION 1 • DER BAHNHOF Wie der Trifter Sepp die Straßenbahn aufhob Eine Fahrt mit dem Zug in die Landeshauptstadt Graz in den dreißiger Jahren war für die Kinder ein einmaliges Erlebnis, was nur selten vorkam. Für einen Fußweg wäre normalerweise diese Strecke viel zu beschwerlich. Nicht für den Trifter Sepp. Er kam fast die ganze Oststeiermark ab und war auf seinen Wegen den meisten Bauern ein Begriff. Man gab ihm gerne Speis’ und Trank, damit dieser Hüne aus Weiz weiter zog. Man hatte Angst, dass er länger bleiben würde. Ein Bauer sagte: „Wenn der öfter kommt, frisst und trinkt er uns arm.“ Mit seiner Größe von 2 Metern und 5 Zentimetern, einem Gewicht von 185 Kilogramm und der Schuhnummer 54, sah er beinahe so aus, als käme dieser Kraftlackel von einem anderen Stern. Sein großer Hut und der Kaiserbart ließen ihn noch größer erscheinen. Die Leute, die ihn kannten wussten von seiner Gutmütigkeit und behandelten den Herkules mit dem nötigen Respekt. Als er einmal nach Fürstenfeld kam, quälte ihn der Durst ganz gewaltig. Er kehrte bei einem Schneidermeister, der am Rande der Stadt wohnte ein, der bei seinem Anblick auf einmal zu zittern begann. „Brauchst koa Angst hobn, i tua da nix“. Der Ruf als standfester Esser und Trinker war dem Sepp vorausgeeilt. „I hob an Durst, host sicher an Most im Keller, i brauch koa Glasl, nimm glei den Kruag.“ Der Schneider tat, wie der Sepp gesagt hatte. Wie oft er in den Keller musste, um den Durst des Sepp zu löschen, ist nicht bekannt. Der Sepp wurde immer gesprächiger, der Schneider immer ängstlicher. Hoffentlich habe ich genug Most im Keller, dachte sich der Schneider, damit ich diesen Lackel bei gutem Wind weiterbringe. Seite 24 STATION 1 • DER BAHNHOF Nun begann der Sepp zu erzählen: Er komme aus Graz, wo er beinahe in den Kotter gekommen wäre. Ein Wachebeamter, der auf der Murbrücke den Sepp zur Ausweisleitung aufgefordert hatte, wurde etwas zu grob zu ihm. Da wurde es dem Sepp zu bunt und er sagte, ob er denn nicht wisse, dass er der Kraftlackel aus Weiz sei und jeder in der Oststeiermark ihn kenne. Der Wachebeamte sagte, ob er, der Sepp den Gummiknüppel kenne, den er in der Hand habe, der hat noch jeden Strauchdieb zu Raison gebracht. Der Wachmann holte aus, doch der Sepp war schneller. Er entwand ihm den Knüppel, packte ihn beim Kragen und hielt ihn über das Brückengeländer: „Wüllst baden gehen?“ fragte der Sepp. „Wennst scho so stark bist, heb doch die Tram aus dem Gleis, die do drübn steht“ sagte der Wachebeamte. „I probiers“, sagte der Sepp. Es hatten sich schon einige Passanten als Zuschauer eingestellt. Von HoRuck-Rufen angefeuert, gelang es dem Sepp beim dritten Versuch die Tram auf die Seite zu stellen. In der Zwischenzeit hatte man die Feuerwehr verständigt. Sie sollte den Kraftlackel niederspritzen. Doch der Sepp hatte inzwischen schon das Weite gesucht. Beim Erzählen wurde es spät und der Most im Keller ging auch dem Ende zu. „Bei dir Schneider wors recht lustig“, sagte der Sepp, nahm seinen Hut und ging. Beim Hinausgehen sagte er noch: „Heut muaß i ma noch an Schlofplotz suachn“, dann verschwand er. Dem Schneider fiel ein Stein vom Herzen und das unbegründete Zittern hatte ein jähes Ende. Diese Geschichte erzählt der Schneidermeister 1947 in Kriegsgefangenschaft in Jugoslawien, in einer großen Holzbaracke, in der hundert Gefangene ihre Schlafstelle hatten. Alle Anwesenden sagten, dass dies ein Märchen sei. „Ich bin aus Weiz und kenne den Trifter Sepp und glaube dem Schneider“, sagte ich. 50 Jahre später bin ich erst dazugekommen, diese Geschichte, die uns der Schneidermeister aus Fürstenfeld erzählte, niederzuschreiben. Hans Ritz Weiz Geschichte und Geschichten Leopold Farnleitner, Franz Hauser und Hans Ritz Aus: Weiz Geschichte und Geschichten Leopold Farnleitner, Franz Hauser und Hans Ritz Seite 25 STATION 1 • DER BAHNHOF Straßennamen und deren Bedeutung: Franz-Pichler-Straße: Ing. Franz Pichler, Pionier der Elektrotechnik, 1866 – 1919. Der Begründer der Weizer Elektrizitätsgesellschaft Franz Pichler & Co., heutigen Elin Union. Bahnhofstraße: Die von der Gleisdorfer Straße zum Bahnhof führende und in die Schubertstraße mündende Straße. Karl-Schönherr-Gasse: Karl Schönherr, Tiroler Arzt und Dichter, 1867 – 1943. Wielandgasse: Christoph Martin Wieland, deutscher Dichter, 1733 – 1813. Ockeraugasse: Nach dem Flurnamen Ockerau. Die zur seinerzeitigen Dorfflur Radmannsdorf zählende Okra (so der richtige Flurname) weist auf eine slawische Siedlung hin. Schubergasse: Franz Schubert, Komponist, 1797 – 1828. Schöpfer des modernen Liedes; schuf etwa 2000 Lied- und Instrumentalwerke. Anton-Siuschegg-Gasse: Regimentstabour, 1875 - 1935, Der Weizer Bürger hat auf dem Gebiet des Militärswesen Hervorragendes geleistet. Als Komponist zahlreicher Märsche, Walzer, Lieder und Tänze hat er auch der Stadt Weiz im Jahre 1932 zur Stadterhebung einen Marsch „Hoch Weiz“ gewidmet. Seite 26
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