Leseprobe Seite 76

CHRONIK UND FESTSCHRIFT DER FREIWILLIGEN FEUERWEHR SCHWANDORF
Großfeuer – Kunstmühle Stettner niedergebrannt
29.05.1933: Am Ostersonntag wurde bereits früh halb 4 Uhr oben im Mittelbau der Mühle ein von einem Brandstifter
gelegtes Feuer rechtzeitig beobachtet. Das Feuer konnte noch im Keim erstickt werden. Drei Wochen später beobachtete der Jourbursche einen Mann, der sich verdächtig herumtrieb, er lief in das Wohnhaus, doch bis man herbeikam, war der Mann verschwunden. Wieder drei Wochen später, das ist am vergangenen Montag, den 29. Mai, ist es
dem unseligen Menschen gelungen, sein Werk zu vollbringen.
Einige Leute der Nachbarschaft, die gewohnt sind, zwischen 4 und halb 5 Uhr aus den Federn zu sein, beobachteten
um diese Zeit noch nichts. Ein Krondorfer, der gleich nach einhalb 5 Uhr über die Brücke ging, sah plötzlich eine
mächtige Stichflamme aus dem Mittelbau der Mühle hochsteigen. Schon schrie auf dem Marktplatz der Dienstmann
Held: Feuer! Und schon rasselte die Motorspritze der Schwandorfer Feuerwehr an den Brandplatz. Diese Motorspritze hat eigentlich das rückliegende Viertel der Wohnhäuser gerettet. Sie wurde sofort am Sägewerk zur Aufstellung
gebracht und von da aus wurden die Wohnhäuser Buchner, Eichinger, Mayr usw. direkt unter Wasser gehalten. Mit
drei Schlauchleitungen wurde hier gewaltige Abwehrarbeit geleistet. Ein anderer Teil der Schwandorfer Feuerwehr
hatte indes auch in der Brauhausgasse am Hydranten angelegt, um von hier aus die Stettnerschen Wohnhäuser zu
schützen. Einige Nachbarsfeuerwehren wie Krondorf, Ettmannsdorf und Fronberg rückten in der ersten halben Stunde an. Mit der Fronberger Feuerwehr kam ein Zug Arbeitsdienst im Galopp angelaufen. Diese Leute griffen schneidig zu, teils an Handpumpen, teils in der Beschäftigung mit Aufräumungsarbeiten. Um 6 Uhr sah der Feuersbrand
gewaltig drohend her. Der Aschen- und Kohleregen wurde im weiten Umkreis auf die Nachbarsanwesen und in die
Nachbarshöfe gestreut und überall musste man gefasst sein auf ein Übergreifen des Feuers. Es kamen indes die
Feuerwehren Dachelhofen und Dachelhofen-Werk, Nabburg, Burglengenfeld, Regensburg und Amberg an. Letztere
brauchten nicht mehr eingreifen. Gegen halb 9 Uhr war das Feuer merklich lokalisiert. Man hatte aber die auswärtigen Feuerwehren um Hilfe gerufen, da für das ganze Viertel der Häuser Gefahr bestand. Nach 9 Uhr war jede Gefahr
beseitigt, die freiwillige Arbeitsdienstgruppe Fronberg marschierte gegen 10 Uhr in schneidigem Marschtempo nach
Fronberg zurück.
Die Stettnersche Kunstmühle war ein nach jeder Richtung modern ausgebautes Werk mit den mordernsten Maschinen und modernster Getreidelagerung in selbsttätigen Silos mit ungeheuren Getreide- und Mehlvorräten. Diese
Getreide- und Mehlvorräte gaben dem Feuer die gewaltige Wucht und die explosive Wirkung.
All das ist ein Opfer des Feuers geworden, eingesäumt von vier langen Mauern, aus deren ausgebrannten Fensterhöhlen das Grauen schaut. Der Kamin blieb ebenfalls stehen und es wurde gestern Mittag versucht, denselben zum
Einsturz zu bringen. Rechts des Anfuhrhofes der Stettnerschen Kunstmühle steht Richtung Fronberger Straße das
kurz vor dem Krieg neu erbaute Wohnhaus, in welchem die Mutter und Schwester des Herrn Stettner wohnen. Dieses Wohnhaus ist durch eine Feuermauer von der Mühle abgeschlossen. Es wurde aber trotzdem vom Feuer erfasst.
Der Dachstuhl dieses Hauses ist größtenteils ausgebrannt, die Stiege am obersten Boden des Hauses ist vollständig
weggebrannt, aber sonst ist in den Wohnungen der Mansarde kein Feuerschaden angerichtet, wohl aber sind alle
Möbel, alle Betten durch das Wasser fast zugrunde gerichtet. Nach vorne wohnt in der Mansarde der Schreinermeister Schmied. An dessen Möbeln ist das Furnier aufgestanden und alles ist zu 50 Prozent vernichtet.
Das dem Anfuhrhof zur linken Seite gelegene Altwohnhaus der Familie Stettner wurde vom Feuer verschont, doch
haben auch hier die eindringenden Wassermassen kleinere Schäden angerichtet. In Richtung des Sägewerkes ist das
der Mühle nächstgelegene Haus der Familie Buchner durch einen sogenannten engen Reiher von der Mühle getrennt.
Dass dieses Haus und die anschließenden nicht vom Feuer ergriffen wurden, ist dem disziplinierten Eingreifen der
Motorspritzenmannschaft zu danken. Der hochbetagte, erblindete Buchner wurde vom Sanitätsauto aus dem Hause
in das Krankenhaus transportiert. Es lässt sich denken, welch unsagbarer Schrecken in diesen Nachbarshäusern, wie
in den Wohnhäusern der Familie Stettner Platz griff. Überall, wo man Gefahr witterte, machte man sich fluchtbereit,
Möbel wurden zusammengestellt und was in Sicherheit zu bringen war, in Sicherheit gebracht.
Der an der Kunstmühle Stettner und am Wohnhaus entstandene Schaden dürfte an 250.000,-- RM hingehen. Das
Brandobjekt ist zwar durch Versicherung gedeckt, doch bleibt dieses Unglück ein schwerer Schicksalsschlag für die
Familie Stettner, die auf lange Zeit den großen Schaden des Verdienstentganges hat, die aber auch über die Versicherungsgelder hinaus noch große Mittel benötigt, um das Werk wieder in dem Maße herzustellen, wie es war.
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