HOPE Austauschprogramm 2015
Neues kennenlernen und in der eigenen Institution anwenden
Im Fokus des diesjährigen HOPE-Programms standen innovative Projekte der Gastländer, die sich im Heimatland umsetzen lassen. Teilgenommen haben 130 Kaderleute aus
Europa darunter fünf aus der Schweiz. Sieben Teilnehmende waren in Schweizer Institutionen zu Gast. – Von Erika Schütz
Die Programme der Schweizer Gastgeberinstitutionen waren sehr um-fangreich und in kurzer
Zeit erhielten die Teilnehmenden Einblicke in Bereiche, die sie oft in ihren eigenen Institutionen
noch nie besucht haben. Teils waren die Teilnehmenden zu zweit in den Institutionen, was einerseits spannend, aber auch herausfordernd war. Doch schlussendlich wurde das gemeinsame Reflektieren des Erlebten sehr geschätzt.
Der Blick über die Grenzen – ein unschätzbarer Wert
Cindy Shaw Fletcher aus England fasst ihren Aufenthalt in der Schweiz wie folgt zusammen:
„Diese vier Wochen erlaubten mir, einen Schritt zu-rück zu machen und meinen Alltag beiseite
zu legen. Dadurch war eine viel breitere Annäherung möglich, mein Denken über das hiesige
sowie das englische Gesundheitswesen hat sich verändert und neue Perspektive erhalten. Ich
konnte ausserhalb meiner eigenen Organisation und des Heimatlandes sehen, was anderswo
„good practices“ ist und wie diese angewendet wird. Gespräche mit Spitalkaderleuten und Personal aus verschiedenen Berufen und Stufen vertieften die Eindrücke. Dies festigt das persönliche und berufliche Verständnis für die tägliche Arbeit in der eigenen Institution und erweitert
den Horizont. Ob und wie sich das Gesehene in den Heimatinstitutionen umsetzen lässt, wird
sich zeigen.“
Alle sind sich jedoch einig, andere Gesundheits-, Finanzierungs- und Versorgungssysteme bedeuten, dass es verschiedene Stärken und Vor-teile gibt, die je nach Finanzierung und Bevölkerungsdemographie unter-schiedlich gut funktionieren. Doch schlussendlich gilt es überall ähnliche Probleme zu lösen.
Die Schweizer HOPE-Teilnehmenden (v.l.n.r.):
PD Dr. med. B. Hug, Leitender Arzt Innere Medizin des Universitätsspital Basel, Madeleine Scheidegger, Leiterin Ausbildung
Pflege & Kompetenzzentren des Kantonsspitals Obwalden,
Arda Teunissen, Zentrumsmanagement der Spitex Zürich Limmat
AG, Franziska Oser Hefti, Klinikmanagerin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des UniversitätsSpital Zürich und
Jürgen Link, IT-Architekt und Projektmanager aus dem Kantonsspital Winterthur
Komfortables Schweizer Gesundheitswesen
Die europäischen Gäste in der Schweiz stellten vor allem folgende Punkte im Vergleich zum
eigenen Gesundheitswesen fest:
 In Holland wird der Kostenreduktion, der Verbesserung der Arbeitsprozesse, der Optimierung von Kapazitäten, dem Einsparen von Personal und Effizienz mehr Beachtung
geschenkt.
 Für die Holländer ist es wichtig, die Spitalkosten bezahlbar zu halten und dennoch die
Standards zu verbessern und die Qualität zu erhöhen. Zudem greifen lokale Autoritäten
nicht in die Spitalstruktur ein.
 In der Schweiz gibt es mehr Personal, auch solches in Ausbildung.
 Es scheint, dass in der Schweiz keinen Druck für die Kostensenkung gibt.
 Anpassungen benötigen in der Schweiz sehr viel Zeit.
 - Limitierte Finanzen könnten einen wesentlichen Faktor spielen bei der Findung von
kreativen Lösungen, ohne das Qualität oder Personal geopfert wird.
 Der Zusammenhang zwischen Gesundheitswesen, Gesundheitssystem, Ausbildung,
Schule, Soziales und Kulturelles ist auch in der Schweiz sehr gross.
 die elektronischen Systeme die Schweizer Gesundheitsinstitutionen haben noch grossen Nachholbedarf.
Viele Ideen für die eigene Weiterentwicklung
Madeleine Scheidegger aus dem Kantonsspital Obwalden und Arda Teunissen von der Spitex
Zürich Limmat AG konnten beide nach Finnland. Sie waren von der interdisziplinäre Versorgung in Finnland beeindruckt und hoffen, etwas davon in der eigenen Institutionen umsetzen zu
können, wie beispielsweise:
 verbesserte Patientenschulung
 Förderung der Mobilität der älteren Bevölkerung durch gezielte Therapien zu Hause, da
der Trend zu frühen Entlassungen aus den Spitälern anhält.
 präventive Besuche bei älteren Einwohnern
 mobile Zahnärzte, Arztpraxen mit Labor
 neue Aufgaben und Kompetenzen für ältere Ärzte und Pflegefachleute
Jürgen Link aus dem Kantonsspital Winterthur fand in Spanien prozess- und patientenorientierte IT Systeme sowie einheitlichen elektronischen Datenzugang für alle involvierten Fachleute,
wie Hausarzt, Spitalangestellt oder Apotheker. Er war erstaunt, dass durch vermehrte Standardfunktionen eine einfachere Datenauswertung und Qualitätssteigerung möglich waren. Beeindruckt hat ihn das Alzira-Modell: Die politische Ge-samtkontrolle einer Spitalregion obliegt der
„Gesundheitsdirektion“ der Provinz, aber die Bereitstellung und Führung des zuständigen Spitals und der assoziierten Gesundheitszentren wird einer privaten Trägerfirma übertragen. Die
Kosten konnten dadurch in den letzten 10 Jahren massiv gesenkt, die Wartelisten verkürzt, der
Zugang erleichtert und die Qualität der Behandlungen gesteigert werden. Für die Patienten ist
die Behandlung weiterhin gratis.
Franziska Oser Hefti vom Universitätsspital Zürich war in England aufgefallen, wie konsequent
der Mensch in den Mittelpunkt gestellt wird. Das beginnt mit der medizinischen Versorgung,
Fürsorge und Einbezug des Patienten, geht weiter mit der Ausbildung, Autorisierung und Betreuung der Mitarbeiter und den Angehörigen des Patienten und schliesst ab mit der Weiterga-
H+ Die Spitäler der Schweiz I Les Hôpitaux de Suisse I Gli Ospedali Svizzeri
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be von Informationen und Miteinbezug der Angehörigen, Fachverbände, freiwilligen Vereinigung
und Bevölkerung.
Auch für PD Dr. Balthasar L. Hug aus den Universitätsspital Basel war der Aufenthalt in Dänemark eine aussergewöhnliche Bereicherung. Das Voneinander lernen, neue Netzwerke, Einblicke in andere europäische Gesundheitssysteme sowie das Verständnis für andere europäische
Kulturen war für ihn ein Gewinn. Die Dauer von vier Wochen findet er aus-reichend, obwohl er
gerne noch vertiefter Einblicke in ihm naheliegende Bereiche gewünscht hätte.
Ohne Gastgeber kein HOPE Austausch
Herzlichen Dank an: Reha Rheinfelden, Universitätsspital Basel, Inselspital Bern, Kantonsspital
Winterthur, Schweizer-Paraplegiker-Zentrum Nottwil, Stadtspital Triemli Zürich, Kantonsspital
Uri und weitere Institutionen, die trotz der täglichen Arbeiten sich Zeit nahmen, den ausländischen HOPE-Gästen das Schweizer Gesundheitswesen vorstellten.
An der Abschlusskonferenz in Warschau fanden die 130 HOPE-Teilnehmenden nochmals zusammen, gaben in den Abschlusspräsentationen einen Überblick über europäische Innnovation
im Gesundheitswesen und vernetzten sich.
HOPE 2016
Das nächste Austauschprogramm findet vom 9. Mai – 8. Juni 2016 statt. Das Jahresthema lautet: „Innovation in hospitals and healthcare: the way forward“. Weitere Informationen unter:
www.hplus.ch  Agenda  Hope.
Innovationen im Zentrum
Im Fokus des diesjährigen HOPE-Austausches standen innovative Projekte der Gastgeberinstitutionen. Ein Beispiel für innovative Projekte ist das Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil
(SPZ).
Tim Shelton, Peer Counselor im SPZ und selber seit 27 Jahren Rollstuhlfahrer, leitete für die
ausländischen HOPE-Gäste eine bemerkenswerte Führung durchs Zentrum. Die Rolle eines
Peer Counselor ist, Patienten des SPZ praktische Tipps und so Zuversicht zu geben, da er
weiss, wovon er spricht. Denn viele Fragen der neuen Patienten kann nur jemand beantworten,
der selber ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Ziel des SPZ und für jeden Patienten ist es, ein
selbstbestimmtes unabhängiges Leben führen zu können. Dabei wird nicht nur berufliche Integration geschult, sondern Patienten können in verschiedenen Übungsumgebungen wie Küche, Wohnung und Auto den Alltag proben und für sich herausfinden, was für die eigenen Bedürfnisse am praktischsten ist.
Für die ausländischen HOPE-Gäste völlig unbekannt ist die Finanzierung des SPZ über Mitgliederbeiträge. So waren alle sehr erstaunt, dass jeder 4. Schweizer Einwohner Mitglied bei der
Paraplegiker-Stiftung ist, da die Mitgliedschaft für jeden erschwinglich, aber bei einer möglichen
Querschnittlähmung von unermesslichem Nutzen ist.
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