Das behördliche Asyverfahren in Deutschland 17.11.2015 Cyrielle Fernández _ Amnesty International Zugang zum Asylverfahren Asylgesuch, § 13 Abs. 3 AsylG - Erste Meldung! Keine förmliche Antragstellung! = Äußerung des Asylbegehrens gegenüber zuständigen Behörden = „Schutzwunsch“ bei: Grenzbehörden, Ausländerbehörden, Polizei > Pflicht zur Weiterleitung an das BAMF (§§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 AsylG) > Pflicht zur Meldung beim BAMF (§ 20 AsylG) - „Unverzüglich“ - ABH und Polizei: erkennungsdienstliche Behandlung (§ 19 Abs. 2 AsylG) > Fingerabdrücke + Lichtbild (ab 14 Jahre) - Erteilung einer BÜMA (Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender _ §63a AsylG) Bei Weiterleitung sind alle Unterlagen in Verwahrung zu nehmen, die für das Asylverfahren von Bedeutung sind (§ 21 Abs. 1 AsylG) Die Registrierung und die EAE - EASY = Erstverteilung der Asylbegehrenden. > Königsteiner Schlüssel > Freie Kapazitäten, Herkunftsland, Aufnahmequoten… - Es besteht kein Anspruch darauf, in einem bestimmten Bundesland oder einer Stadt zu wohnen! Eine Umverteilung ist sehr schwierig (Ausnahmen: Kernfamilie, schwere gesundheitliche Probleme…) - Die Außenstellen des BAMF sind jeweils einer Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) bzw. einer Landesaufnahmeeinrichtung zugeordnet. - Die Registrierung findet in der EAE statt, die der zuständigen Außenstelle des BAMF zugeordnet ist. - Bis zu 6. Monate bzw. „unbefristet“ für Ausländer aus einem sicherem Herkunftstaat (§47 AsylG) Zuständigkeiten - Während des Aufenthalts in der EAE ist die Landesaufnahmebehörde (LAB) bzw. die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) für die Registrierung und Unterbringung zuständig. - Nach der Verteilung werden die Kommunen für die Unterbringung und Versorgung zuständig (Landesflüchtlingsaufnahmegesetz). - Nach der Verteilung werden die kommunalen Ausländerbehörden für die Verlängerung der Aufenthaltspapiere und auch dafür zuständig, die aus dem Asylverfahren resultierenden Rechtsfolgen umzusetzen. Asylantragstellung Welche Behörde ist für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig? § 14 AsylG = das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Mindestens eine Außenstelle des BAMF per Bundesland. Was ist einen Asylantrag? § 13 AsylG = das Begehren eines Ausländers, dass er im Bundesgebiet internationalen Schutz sucht schriftlich, mündlich oder auf andere Weise > Förmlicher Antrag > „Unverzüglich“ (§22 AsylG), „persönlich“ > Erkennungsdienstliche Behandlung (§16 AsylG) > Keine Fragen über die Fluchtgründe > Evtl.. 25 Fragen („Kleine“ Anhörung bzw. erster Teil der Anhörung) Inhatliche Prüfung des Asylantrags Was wird inhatlich überprüft? . Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) . Die Asylanerkennung (Art. 16 a GG) . Die Zuerkennung von subsidiärem Schutz (§ 4 AsylG, § 60 II AufenthG) . Das Bestehen von Abschiebungsverboten (§ 60 V, VII AufenthG) Die Prüfung erfolgt maßgeblich aufgrund der bei der persönlichen Anhörung! Zuständigkeit für den Asylantrag Bei jeder Asylantragstellung wird zunächst geprüft, ob Deutschland für die Durchführung des Verfahrens zuständig ist (= „Dublin-Verfahren“) Erst nach Feststellung der Zuständigkeit erfolgt die Anhörung zu den Fluchtgründen und die inhaltliche Prüfung des Asylantrags. § 27a AsylG: „Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.“ Hinweis: Das Dublin-Verfahren gilt für Asyl- und „Aufgriffsfälle“ = Aufgriff illegal aufhältiger Personen, die in Dt. (noch) keinen Asylantrag gestellt haben Fristen & Mitwirkungspflichten . „Unverzüglich“: (§§ 13, 20, 22, 23, 66 AsylG). Die schutzsuchende Person muss der gesetzlichen Verpflichtung zur Meldung ohne schuldhaftes Zögern nachkommen . Mögliche Folgen: Bearbeitung als Folgeantrag (§ 71 AsylG), offensichtlich unbegründete Ablehnung (§ 30 Abs. 3 AsylG) - Amtsermittlungsgrundsatz: § 24 AsylG > Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen und Beweiserhebung > Unterrichtung über den Ablauf des Asylverfahrens und die Rechte und Pflichten als Asylantragsteller > Pflicht zur persönlichen Anhörung und Aufklärung von Widersprüchen - Persönliche Anhörung: § 25 AsylG > Die Person muss selbst die Tatschen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung begründen und die erforderlichen Angaben machen > Sie hat auch alle Umstände anzugeben, die einer Abschiebung entgegenstehen Die Anhörung - Ablauf Die Anhörung - Der Termin zur persönlichen Anhörung wird schriftlich mitgeteilt. - Der WICHTIGSTE Teil des Asylverfahrens!! (One Chance only) - Nicht erschienen ohne genügende Entschuldigung: Entscheidung nach Aktenlage (§ 25 Abs. 4 S. 4 und § 25 Abs. 5 AsylG) - Verfahrensfähigkeit: ab 18 Jahre (§12 AsylG); unter 18 J. nur mit Vormund. - Prüfung der Glaubhaftigkeit + relevanten Tatsachen - Protokoll der Anhörung (§ 25 Abs. 7 AsylG) = „Niederschrift“ Rechten während der Anhörung - Recht auf Information - Recht auf eine/n bestimmte/n Entscheider/in? (ja nach Einzelfall, ja! Z.B. Anhörer/in des gleichen Geschlechts) - Recht auf Vertraulichkeit der Anhörung - Recht auf eine/n Dolmetscher/in (§ 17 AsylG) - Recht auf Teilnahme / Begleitung (§ 25 Abs. 6 AsylG) - Recht auf Rückübersetzung der Niederschrift der Anhörung (Protokoll) - Recht Niederschrift nicht zu unterzeichnen - Frau, die Opfer von geschlechtsspezifischer Verfolgung/sexueller Gewalt geworden sind, haben das Recht, von einer Frau angehört zu werden. - Es gibt beim BAMF auch Anhörer/innen mit Sonderaufgaben, die für die Befragung von Flüchtlingen mit besonderem Schutzbedürfnis geschult sind. Die Anhörung - Das BAMF wird seine Informationen mit denen von anderen Behörde (z.B. Polizei) vergleichen! - Das BAMF prüft sehr viel (25 Fragen zur Familie, Herkunft, Schule…) - Eheleute und Familienangehörige werden in der Regel getrennt angehört. - Beweise, Unterlagen… Recht auf eine Kopie! (§ 21 Abs. 4 AsylG) - Zeitlich unbegrenzt. - Rückübersetzung: direkt mitgeschrieben oder Diktiergerät. - Unterschrift des / der Antragstellers/in Protokoll Niederschrift Die Anhörung – Nachträgliches Vorbringen? - muss begründet werden - kann der Glaubhaftigkeit schaden (Widersprüche?) - keine Pflicht des BAMF, Informationen bei zeitlicher Verzögerung zu berücksichtigen (§ 25 Abs. 3 AsylG) - vor Entscheidung des BAMF alle Informationen unverzüglich mitteilen - Hinderungsgründe mitteilen Rolle der BeraterInnen - Erläuterung des Verfahrensablaufs und der Rechte und Pflichten - Vorbereitung auf die Anhörung - Aufarbeitung der Fluchtgeschichte - Zusammentragen aller Dokumente / Nachweise - Hinweis auf Bedeutung der Anhörung - Hinweis auf mögliche Wartezeiten, Ablauf, Inhalt, Fragetechnik, Rückübersetzung - Begleitung zur Anhörung - Besprechung/“Kontrolle“ der Niederschrift über die Anhörung - Zusammenarbeit mit dem Rechtsanwalt bzw. der Rechtsanwältin Rechtsstellung während des Asylverfahrens . Aufenthaltsrecht: - BÜMA (Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender): §63a AsylG - Aufenthaltsgestattung: §55 AsylG - Räumliche Beschränkung: §56 AsylG - Duldung (Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung): §60a AufenthG . Unterbringung: - EASY_ Erstverteilung von Asylbegehrenden auf die Länder - Erstaufnahmeeinrichtung (EAE), bis zu 6 Monate : §47 AsylG; bzw. bis zum Ende des Asylverfahrens: §47 Abs. 1a AsylG - Gemeinschaftsunterkunft (GU, „Heim“): §53 AsylG . Erwerbstätigkeit: - 3 bzw. 6 Monate „Wartepflicht“; Unbefristetes Arbeitsverbot für alle Staatsangehörigen aus sicheren Herkunftsstaaten: § 61 AsylG - Danach Vorrangprüfung bis zum 15. Monat Die Entscheidungsmöglichkeiten des BAMF Negativ: Positiv: (kummulativ möglich!) . Unzulässig . Anerkennung nach Art. 16a GG . Unbeachtlich . Zuerkennung der Flüchtlingseingenschaft, §60 Abs. 1 AufenthG, §3 ff. AsylG . Offensichtlich unbegründet . Einfach unbegründet . Zuerkennung von subsidiärem Schutz . Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten, §60 Abs. 2, 5 – 7 AufenthG Wichtige Informationsquellen Allgemeine Verfahrens- und Länderinformationen / Kontaktstellen: - www.bamf.de - AI Jahresberichte / www.amnesty.de/Laenderberichte / www.amnesty.eu / www.amnesty.org - www.unhcr.de / www.unhcr.org / www.refworld.org - www.ecoi.net - www.fluechtlingshilfe.ch - www.asyl.net (auch wichtige Rechtsprechungsdatenbank) - www.migrationsrecht.net - www.dublin-project.eu - www.proasyl.de - Europäischer Flüchtlingsrat: http://www.ecre.org/topics/elena/index.htmle.org Literaturhinweise: Asylmagazin - Leitfaden Flüchtlingsrecht von Kirsten Eichler - Recht für Flüchtlinge, Hubert Heinhold - Schrott-Mehrings, Tillmann: Asylverfahren und Dublin III für die Grenzpolizei, Lübecker Medien Verlag 2015 - Informationsverbund Asyl und Migration, Basisinformationen Nr. 1: „Das Asylverfahren“ Vielen Dank
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