30-Millionen-Villa steht zum Verkauf, Tagesanzeiger online, 8

30-Millionen-Villa steht zum Verkauf - News Zürich: Stadt Zürich - ta...
http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/30MillionenVilla-steht-zum...
Um das Anwesen an de
Hände im Spiel hatte au
Richterswil tickt bei Wahlen ziemlich genau
gleich wie der Kanton Zürich. Der Statistiker
Peter Moser sucht mit uns vor Ort nach
Gründen, weshalb das so ist. Mehr...
Die Richter der Fifa-Ethikkammer tagen seit
Montag in Zürich. Entscheide könnten noch
diese Woche fallen. Mehr...
Es ist ein Anwesen aus einer anderen Welt: Nicht nur zeitlich, auch von der
Ausstattung her ist es himmelweit vom Zürcher Alltag entfernt. In den 1920erJahren erbaut, blieb die 500-Quadratmeter-Villa an der Susenbergstrasse 123 bis
heute nahezu im Originalzustand. Seit 50 Jahren ist daran kaum mehr etwas
verändert worden. Es gibt hier noch Marmorlavabos und Glocken, um Bedienstete zu
rufen. Um die Villa herum erstreckt sich ein 6000 Quadratmeter grosser Garten mit
schönen alten Bäumen. Geschätzter Wert: 30 Millionen Franken.
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Jetzt steht das Anwesen zum Verkauf. «Ein Liebhaber historischer Bauten mit den
passenden finanziellen Ressourcen wird der Villa mit ihrem fabelhaften
Gestaltungsspielraum den alten Glanz zurückgeben», wirbt die Immobilienfirma
Ginesta aus Küsnacht. Und weiter: «Direkt neben und unterhalb der Liegenschaft
stehen drei grossartige Baulandparzellen zum Kauf. Kluge Investoren mit Sinn für
beste Lagen werden hier nicht lange überlegen.»
Zwei Testamente
Das stösst nicht überall auf Gegenliebe. Ein Nachbar schrieb dem TA, nun werde der
Garten mit drei riesigen Häusern samt Tiefgarage überbaut: «Das ist wirklich nicht
im Sinn der alten Dame!» Die alte Dame, das ist Henrietta Moser*, Tochter eines
Textilindustriellen und einer Künstlerin. Sie starb 2009 im Alter von 91 Jahren. Der
erwähnte Nachbar hatte Moser noch gekannt.
Die unverheiratete, kinderlose Dame hatte sehr an ihrem Wohnsitz und dem Park, in
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dem sie früher zu reiten pflegte, gehangen. In ihren letzten Lebensjahren liebäugelte
sie damit, Haus und Umschwung dem ehemaligen Präsidenten des Zürcher
Heimatschutzes, Bruno Kläusli, zu überschreiben. Kläusli verfügte sogar über ein
entsprechendes Testament. Er ist bis heute überzeugt, Henrietta Moser habe das
Anwesen retten wollen. Nun hatte Henrietta Moser allerdings auch ein Flair für die
schönen Künste. Und so entschied sie sich in ihrem allerletzten Testament, das
gesamte Anwesen einer neu zu gründenden Stiftung zu vermachen. Deren Präsident
sollte der Banker sein, der das Vermögen der Frau verwaltet hatte.
Die verschiedenen Testamente waren Ursache für einen bizarren Erbstreit: Auf der
einen Seite stand Kläusli, der darauf beharrte, Henrietta Moser habe Villa und Park
ihm beziehungsweise dem Heimatschutz vermachen wollen. Auf der anderen Seite
der Banker, der ebenso überzeugt war, mit der Stiftung den letzten Willen der alten
Frau zu vertreten. Die beiden Parteien schenkten sich nichts; es gab nicht nur ein
Gerichtsverfahren ums rechtmässige Erbe, sondern auch gegenseitige Klagen unter
anderem wegen Ehrverletzung, angeblichen Diebstahls und Hehlerei.
Schliesslich entschieden die Gerichte: Der Banker beziehungsweise die Stiftung sei
rechtmässige Erbin.
«Eine gute Sache»
Inzwischen ist die Stiftung gegründet, sie soll laut dem sehr weit gefassten
Stiftungszweck unter anderem Anlässe wie Ausstellungen durchführen, aber auch
junge Künstlerinnen und Künstler fördern und bestehende Institutionen
unterstützen. Ihre Arbeit hat die Stiftung noch nicht aufgenommen. Dazu muss
zuerst die Villa verkauft werden.
Doch entspricht das wirklich dem Willen der alten Dame? Ja, ist der Anwalt der
Stiftung überzeugt: «So können wir das gesamte Nachlassvermögen der Dame für die
Öffentlichkeit retten.» Deshalb könne die Stiftung das Haus auch nicht einfach für
einen geringen Preis an einen Liebhaber verkaufen: «Das wäre mit dem
Stiftungszweck nicht vereinbar.» Die Villa selbst als Künstlerwohnraum oder gar
Konzertstätte zu erhalten, sei nicht realistisch. Der Anwalt ist sicher, dass die
Stiftung «eine gute Sache» werde.
Klar ist aber auch: Ein allfälliger Käufer erwirbt kein einfaches Objekt. Das ganze
Anwesen ist im Inventar der schützenswerten Bauten aufgeführt, die Villa selbst
steht zum Teil unter Schutz. Bis dort die Bagger auffahren – wenn sie es denn
überhaupt je tun –, werden noch Jahre vergehen.
*Name geändert. (Tages-Anzeiger)
(Erstellt: 07.10.2015, 21:32 Uhr)
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