Marktausblick zur privaten Krankenversicherung 2015/2016

Marktausblick zur privaten
Krankenversicherung
2015/2016
Eine Untersuchung der
ASSEKURATA Assekuranz Rating-Agentur GmbH
Juni 2015
Wie im Vorjahresbranchenreport erwartet
musste die private Krankenversicherung (PKV)
auch 2014 einen Bestandsverlust bei den
Vollversicherten hinnehmen. Die Zahl sank
laut Angaben des Verbands der privaten
Krankenversicherung um 0,63 % beziehungsweise 55.700 auf 8,83 Millionen Personen.
Die Vollversicherung ist und bleibt damit das
Sorgenkind der Branche. Das weiterhin
positive Wachstum in der Zusatzversicherung
dürfte dabei nur ein schwacher Trost für die
Unternehmen sein, zumal auch hier die
Zugangszahlen sowohl absolut als auch relativ
gesehen zurückgehen.
Schwaches Wachstum
fördert die Ertragslage
Ergebnisentwicklung im Krankenversicherungsmarkt
%
16,00
14,00
13,72
13,75
13,06
13,97
13,40
11,78
12,00
10,00
10,67
10,16
10,31
8,00
6,00
4,77
5,11
4,83
4,75
2,00
0,00
2.778 Mio. €
3.114 Mio. €
3.037 Mio. €
1.751 Mio. €
2.317 Mio. €
2.201 Mio. €
2.306 Mio. €
2004
2005
2006
2007
2.818 Mio. €
4,26
2.803 Mio. €
647 Mio. €
2008
13,21
4,21
4,03
3,96
4.633 Mio. €
4.919 Mio. €
8,18
4,27
4,07
3.562 Mio. €
4.153 Mio. €
1.833 Mio. €
1.667 Mio. €
2.061 Mio. €
1.902 Mio. €
2010
2011
2012
2013
3,51
4,00
13,63
13,00
10,71
9,24
8,40
13,95
11,98
10,20
10,94
12,24
13,69
2.573 Mio. €
1.796 Mio. €
2009
Kapitalanlageergebnis (Überzins)
Versicherungsgeschäftliches Ergebnis
Nettoverzisnung
Versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote
2014*
Rohergebnisquote
Quelle: Assekurata; * = Schätzung
Auch wenn die derzeitige Wachstumsschwäche in der Vollversicherung aus Sicht
der Branche alles andere als wünschenswert
ist, bringt die Entwicklung im Hinblick auf die
Ertragslage auch entlastende Effekte für die
Unternehmen mit sich. Zum einen steigen
dadurch die Abschlusskostenergebnisse, weil
die Versicherer weniger Geld für Abschlussprovisionen ausgeben müssen als geplant. Die
sinkenden Abschlusskosten führen in Verbindung mit der aktuell günstigen Schadenentwicklung somit zu höheren versicherungsgeschäftlichen Ergebnissen, so dass die PKV
mit Blick auf die versicherungstechnische
Erfolgslage momentan besser dasteht als je
zuvor. 2013 lag die Quote branchenweit bei
durchschnittlich 13,63 %, was dem höchsten
Wert entspricht, welchen Assekurata seit ihrem
Bestehen gemessen hat. Zum anderen
müssen die Unternehmen bei geringerem
Wachstum auch weniger Geld am Kapitalmarkt
anlegen, ein Umstand, der in der aktuellen
Niedrigzinsphase
durchaus
entlastend
gewertet werden kann. Von 2005 bis 2013 ist
die Nettoverzinsung im Branchenschnitt
merklich von 5,11 % auf 4,03 % gesunken.
2012 hatte die Nettoverzinsung zwar trotz
Finanzmarktkrise und Niedrigzinsumfeld im
Schnitt höher gelegen als im Jahr davor,
allerdings wurde dies nur mit Hilfe außerordentlicher Effekte, wie zum Beispiel durch
Veräußerungsgewinne, erreicht. Nach Einschätzung von Assekurata dürften die
Nettorenditen 2014 erneut zurückgehen und
im Marktdurchschnitt aller Voraussicht nach
unter die 4 %-Marke rutschen; klammert man
die Krisenjahre 2002 und 2008 aus, wäre dies
das erste Mal in 20 Jahren. Bei der derzeitigen
Kapitalmarktsituation dürften allerdings wohl
künftig Nettorenditen unter 4 % marktweit
keine Seltenheit darstellen.
Mit dieser Größenordnung liegen die PKVUnternehmen aber immer noch deutlich über
2
schnittlich
3,10 %
aus,
um
die
Deckungsrückstellung mit dem tariflich kalkulierten Rechnungszins im erforderlichen
Umfang bedienen zu können. Somit können
die Unternehmen auch im aktuellen Niedrigzinsumfeld die Anforderung aus dem
Rechnungszins finanzieren und laufen nicht
Gefahr, auf Erträge aus dem versicherungsgeschäftlichen Ergebnis zurückgreifen zu
müssen. Das wirtschaftliche Risiko trägt dabei
ohnehin der Kunde in Form von Beitragsanpassungen. Anders als in der Lebensversicherung kann beziehungsweise muss der
Rechnungszins in der Krankenversicherung
bei Bedarf auch für den Bestand abgesenkt
werden.
dem, was sie ausschließlich zur Verzinsung
der Alterungsrückstellungen bräuchten. Dies
ist darauf zurückzuführen, dass der Kapitalanlagebestand eines Krankenversicherers im
Wesentlichen aufgrund des Eigenkapitals
sowie der Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) größer ist als das reine
Volumen der Alterungsrückstellung. Auf Eigenkapital und RfB müssen die Versicherer keinen
Rechnungszins erwirtschaften (so genannte
freie Zinsträger). Dies trifft auch auf den Teil
der Krankenversicherungsbeiträge zu, die
nach Art der Schadenversicherung und damit
ohne Alterungsrückstellungen kalkuliert sind.
Je nach Höhe der freien Zinsträger reichen
den Versicherern daher auch deutlich
niedrigere Verzinsungen von zuletzt durch-
Kapitalanlagrenditen und Zinsanforderungen im Krankenversicherungsmarkt
%
5,50
5,11
5,00
4,50
4,83
4,77
4,79
4,64
4,63
4,76
4,66
4,75
4,36
4,27
4,26
4,35
4,30
4,21
4,03
4,00
4,07
4,06
3,96
3,99
3,85
3,51
3,50
Rechnungszinsanforderung
3,00
2,50
2,00
2004
2005
2006
2007
2008
Rechnungszinsanforderung
2009
2010
Laufende Durchschnittsverzinsung
2011
2012
2013
2014*
Nominale Nettoverzinsung
Quelle: Assekurata; * = Schätzung
Kapitalanlage in der Krankenversicherung
zunehmend anspruchsvoller
Die
ausführlich
im
Marktausblick
zur
Lebensversicherung beschriebenen aktuellen
Herausforderungen auf den Kapitalmärkten
treffen dennoch auch auf die Krankenversicherer zu. Aufgrund des langlaufenden
Geschäftsmodells sollte nach Ansicht von
Assekurata die Kapitalanlage unabhängig von
den jeweils vorherrschenden Marktgegebenheiten konsequent an der Verpflichtungsstruktur der Passivseite sowie der dauerhaften
Erwirtschaftung
der
rechnungsmäßigen
Verzinsung ausgerichtet sein, was bei den
meisten gerateten Krankenversicherern auch
der Fall ist. Assekurata beobachtet allerdings,
dass die langfristige Finanzierbarkeit des
Rechnungszinses für die Krankenversicherer
im aktuellen Niedrigzinsumfeld zunehmend
herausfordernder wird.
Insgesamt betrachtet, hat sich die Asset
Allocation der Krankenversicherer im Vorjahresvergleich nur marginal verändert. Die
Unternehmen haben zum einen durch die
Finanzierung der rechnungsmäßigen Verzinsung nur geringe Spielräume, die Portfolio3
struktur zu verändern. Zum anderen erlauben
interne Risikotragfähigkeitskonzepte vor dem
Hintergrund von Solvency II keine wesentlichen Verschiebungen zwischen den Assetklassen. Folglich bilden festverzinsliche
Anlagen mit 92,19 % weiterhin den überwie-
genden Anteil der Kapitalanlage. Aufgrund des
gesunkenen Zinsniveaus und dem daraus
resultierenden Marktwertanstieg erhöht sich
deren Anteil relativ im Vergleich zum Vorjahr
und den übrigen abgebildeten Assetklassen.
Asset Allocation von Krankenversicherern (Marktwertbasis) per 31.12.2014
Festverzinsliche Anlagen
Aktien
4,03%
Immobilien
2,01%
0,65% 0,94%
0,17%
Alternative Investments
92,19%
Beteiligungen
Sonstiges
Quelle: Assekurata
Relative Veränderung der Asset Allocation zum Vorjahr
3,37%
Festverzinsliche
Anlagen
-1,17%
Aktien
-1,34%
Immobilien
-0,50%
-0,22%
-0,14%
Alternative
Investments
Beteiligungen
Sonstiges
Quelle: Assekurata
Um auch in der aktuell herausfordernden
Marktsituation
adäquate
Renditen
zu
erwirtschaften, ergreifen die Krankenversicherer ähnliche Maßnahmen wie die Lebensversicher, beispielsweise eine Erhöhung der
Kreditrisiken, stärkere Diversifikation des
Rentenbestands oder punktuelle Investitionen
in realwertorientierte Anlageformen. Eine
gleichförmige
Entwicklung
zu
den
Lebensversicherern lässt sich auch im Bereich
der Durationssteuerung feststellen. (siehe
Marktausblick zur Lebensversicherung 2015).
4
Aufteilung der festverzinslichen Anlagen nach Bonitäten (in %)
Rating
2011
2012
2013
2014
AAA
45,14
38,58
35,19
33,55
AA
19,52
22,82
22,98
26,10
A
23,36
21,67
21,89
23,39
BBB
4,65
10,30
12,10
11,01
High Yield
1,50
1,71
1,87
2,19
Non Rated
0,62
0,52
0,55
0,31
Hypotheken und Policendarlehen
3,36
3,50
3,54
2,89
Termingelder & Bareinlagen
1,84
0,90
1,88
0,56
100,00
100,00
100,00
100,00
Rentenportfolio gesamt
Quelle: Assekurata
Geratete Krankenversicherer - Duration nach Emittenten/Sektoren (in %, exkl. Liquidität)
Assetklasse
PBV L
Modifizierte Duration
2011
2012
2013
2014
Staats-, Länder- und Kommunanleihen
8,83
10,58
10,53
10,96
Pfandbriefe (i.w.S.)
6,57
6,75
6,68
6,76
Schuldverschreibungen von KI
8,47
7,55
8,19
7,92
Unternehmensanleihen
6,38
6,59
7,23
9,15
Asset Backed Securities (i.w.S.)
3,59
2,89
2,18
2,89
Hypotheken- und Policendarlehen
4,95
2,98
4,95
3,31
Rentenportfolio
7,67
7,72
8,04
8,36
Quelle: Assekurata
Geratete Krankenversicherer - Duration nach Bonitäten (in %, exkl. Liquidität)
Rating
PBV L
Modifizierte Duration
2011
2012
2013
2014
AAA
7,71
8,40
8,37
8,66
AA
7,51
8,66
9,41
9,90
A
8,13
6,94
7,32
7,52
BBB
6,99
6,76
6,94
7,49
High Yield
9,90
5,98
6,99
5,53
Non Rated
6,79
5,17
5,69
6,94
Hypotheken und Policendarlehen
4,95
2,98
4,95
3,31
Rentenportfolio
7,67
7,72
8,04
8,36
Quelle: Assekurata
Zinsentwicklung als Preistreiber in den
nächsten Jahren
Auch
wenn
den
bislang
steigenden
versicherungsgeschäftlichen Ergebnissen tendenziell sinkende Kapitalanlagerenditen entgegenstehen, die in Form geringer werdender
Überzinsergebnisse
den
Rohüberschuss
schmälern, ist die Gesamtertragslage der
Branche so gut wie seit dem Ausbruch der
Finanzmarktkrise im Jahr 2008 nicht mehr. Mit
einer Rohergebnisquote von 13,97 % fuhr die
PKV 2012 sogar den höchsten Gewinn seit
zwölf Jahren ein und konnte das Niveau im
Geschäftsjahr 2013 annähernd halten. Auch
wenn sich für den Gesamtmarkt nach
vorläufigen Erkenntnissen von Assekurata
wieder ein leichter Anstieg abzeichnet, dürfte
die Rohergebnisquote bei den meisten
Unternehmen zurückgehen, denn für 2014
rechnet Assekurata erstmals wieder mit einem
Absinken der versicherungsgeschäftlichen
Ergebnisquote. Schließlich haben die Unternehmen die Beiträge zu 2014 nur in geringem
Umfang erhöht. Je früher die PKV-Unternehmen
in
der
Lage
sind,
ihren
Rechnungszins im Bestand anzupassen, desto
früher kann – je nach Zinsentwicklung – wieder
mit steigenden oder stabilen Überzinsergebnissen gerechnet werden. Ein höherer
Überzins wirkt sich grundsätzlich positiv auf
die Höhe des Rohüberschusses eines
Krankenversicherers aus. Die Zerlegung des
Rohergebnisses der deutschen Krankenversicherer in seine Gewinnquellen offenbart,
5
dass das Kapitalanlageergebnis – genauer gesagt der Überzins – nach dem in die Prämien
einkalkulierten Sicherheitszuschlag, der für
unvorhergesehene Kostensteigerungen dient,
den zweitgrößten Ergebnisträger für die PKV
darstellt. So stammt im Durchschnitt der Jahre
2006 bis 2013 etwas mehr als ein Drittel des
Rohergebnisses nach Steuern aus der Kapitalanlage. Die steigenden Risikoergebnisse
verdeutlichen die derzeit günstige Schadenentwicklung und den damit verbundenen geringen
Anpassungsbedarf bei den Unternehmen. Die
zunehmenden Kostenergebnisse spiegeln die
Wachstumsschwäche wider.
18%
4.744 Mio. €
4.816 Mio. €
2.984 Mio. €
Anteile am Rohüberschuss (%)
13%
6,38%
6,42%
3%
-2%
4,53%
1,82%
8%
5,46%
5.149 Mio. €
5,46%
5,73%
1,62%
1,22%
1,41%
1,34%
-1,67%
-1,50%
-1,35%
2006
2007
2008
6.124 Mio. €
6.056 Mio. €
4,70%
4,28%
3,96%
4,71%
5,99%
2,37%
Quelle: Assekurata
3.895 Mio. €
4.762 Mio. €
Rohüberschuss (Mio. €)
Rohüberschuss (in Mio. €) und Zerlegung nach Ergebnisträger (in %) im Krankenversicherungsmarkt
5,94%
5,97%
5,91%
5,72%
1,29%
0,86%
2,27%
2,78%
3,13%
1,46%
-0,38%
-1,30%
1,68%
1,69%
1,97%
2,08%
-1,64%
-1,68%
-1,43%
-1,83%
2009
2010
2011
2012
2013
Kostenergebnis
Sicherheitszuschlag inkl. Beitrags- und Schadenausgleich
Sonstiges Ergebnis
In Anbetracht sinkender Nettoverzinsungen
und drohender Rechnungszinsabsenkungen
ist es für die Gesellschaften daher umso
wichtiger, ihre Ausgaben zu senken und durch
mehr Effizienz die Überschüsse aus der
Kostenkalkulation weiter zu erhöhen. Die
Provisionsdeckelung und vielmehr noch das
nachlassende Neugeschäft haben zur Folge,
dass die Abschlusskosten der Krankenversicherer
zurückgehen.
Besonders
für
Vertriebe, die überwiegend Krankversicherungsgeschäft vermittel(te)n, verringern sich
dadurch tendenziell die Verdienstmöglichkeiten.
Neben der Abschluss- zeigt auch die
Verwaltungskostenquote eine rückläufige Tendenz, wenngleich bei letzterer aufgrund des
vielfach negativen Beitragswachstums von
einem leichten Anstieg für das Geschäftsjahr
2014 auszugehen ist. Gleiches dürfte auf die
Schadenregulierungskostenquote
zutreffen,
die bereits seit 2009 eine leicht steigende
Entwicklung offenbart. Zusammen betrachtet
ist die Betriebskostenquote der Branche seit
Risikoergebnis inkl. erfolgsunabh. Beitragsrückerstattung
Kapitalanlageergebnis (Überzins)
dem Höchststand zur Jahrtausendwende mit
knapp 17 % spürbar auf mittlerweile 12,87 %
gesunken, wenn auch zum Teil unfreiwillig.
Dieser Trend dürfte sich nach Einschätzung
von Assekurata weiter fortsetzen, da in
Anbetracht der Wachstumssituation in der
Vollversicherung auch für das abgelaufene
Geschäftsjahr 2014 und für das laufende Jahr
von sinkenden Abschlussaufwendungen auszugehen ist. So hat das geringe Neugeschäft
zumindest für die Versicherten den Vorteil,
dass dadurch die Gewinne der Unternehmen
steigen, an denen die Versicherungsnehmer
zu mindestens 80 % über die RfB beteiligt
werden müssen. Damit steht den Gesellschaften mehr Geld zur Abmilderung von
Beitragsanpassungen zur Verfügung, wovon
die Kunden im Bedarfsfall profitieren. Eins
steht jedoch fest: Durch Kosteneinsparungen
lässt sich die Zinsentwicklung nicht vollends
auffangen. Insofern dürften Rechnungszinsabsenkungen nach Ansicht von Assekurata in
den nächsten Jahren Preiserhöhungen mitbestimmen.
6
Kostenentwicklung im Krankenversicherungsmarkt
%
10,00
9,00
8,63
8,52
8,43
8,16
8,34
8,49
7,98
7,98
8,00
7,29
6,75
7,00
5,96
6,00
5,00
4,00
3,00
3,72
2,87
3,91
3,78
3,74
3,72
3,62
3,64
3,69
3,75
3,77
3,80
2,86
2,77
2,66
2,61
2,55
2,46
2,46
2,47
2,35
2,37
2,00
1,00
753 Mio. €
987 Mio. €
779 Mio. €
1.073 Mio. €
783 Mio. €
1.080 Mio. €
779 Mio. €
1.104 Mio. €
788 Mio. €
1.129 Mio. €
800 Mio. €
1.139 Mio. €
815 Mio. €
1.210 Mio. €
849 Mio. €
1.278 Mio. €
879 Mio. €
1.334 Mio. €
843 Mio. €
1.354 Mio. €
2.286 Mio. €
2.319 Mio. €
2.379 Mio. €
2.384 Mio. €
2.525 Mio. €
2.667 Mio. €
2.649 Mio. €
2.756 Mio. €
2.588 Mio. €
2.416 Mio. €
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
0,00
Abschlussaufwendungen
Schadenregulierungssaufwendungen
Verwaltungsaufwendungen
Abschlusskostenquote
Schadenregulierungskostenquote
Verwaltungskostenquote
2014*
Quelle: Assekurata, * = Schätzung
Die Ruhe vor dem Sturm?
Beitragsexplosionen blieben aber bislang
zumindest aus. Dies liegt auch daran, dass die
Schadenentwicklung bei den Unternehmen
derzeit relativ stabil verläuft und von dieser
Seite wenig Anpassungsdruck besteht. 2014
sind die Leistungsausgaben nach Angaben
des PKV-Verbands branchenweit lediglich um
knapp 1,8 % gestiegen, was dem niedrigsten
Wert der vergangenen fünf Jahre entspricht.
Insofern wären Rechungszinsabsenkungen
zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich zielführend,
da die Beitragssteigerungen in dieser Phase
weniger gravierend ausfallen dürften. Da die
Beiträge laut Kalkulationsverordnung jedoch
erst angepasst werden können, wenn bei den
Leistungsausgaben ein bestimmter Schwellenwert, der in der Regel zwischen 5 % und 10 %
beträgt, überschritten wird, sind den Unternehmen an dieser Stelle die Hände gebunden.
Das bedeutet, dass die wirtschaftlich fälligen
Nachkalkulationen aufgrund der Zinsentwicklung mitunter erst zeitverzögert umgesetzt
werden können und sich der Anpassungsbedarf während dieser Zeit jährlich summiert.
Nach Meinung von Assekurata wäre eine
jährliche Aktualisierung der Rechnungsgrundlagen aus Sicht des Kunden zielführend, um
überdimensionale Spitzen im Rahmen von
Beitragsanpassungen, wie sie im Einzelfall in
bestimmten Jahren durchaus vorkommen
können, zu vermeiden. Finanzmathematisch
ist es im Rahmen einer Barwertbetrachtung für
den Kunden zwar vorteilhafter, wenn Beitragsanpassungen möglichst spät erfolgen, allerdings führen hohe prozentuale Beitragssteigerungen oft zu Verständnisproblemen
beziehungsweise Beschwerden.
Über das mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) abgestimmte,
jährlich durchzuführende Verfahren des
aktuariellen
Unternehmenszinses
(AUZ)
existieren Regelungen, unter welchen Umständen ein Krankenversicherer den Rechnungszins für den Bestand absenken muss. Liegt der
ermittelte AUZ-Wert unter 3,5 %, so muss der
Rechnungszins bei der nächsten möglichen
Beitragsanpassung mindestens auf den AUZWert abgesenkt werden. Im Frühjahr 2013
hatten laut BaFin-Angaben 18 von 45 PKVUnternehmen den erforderlichen AUZ von
3,5 % nicht mehr erreicht. Im abgelaufenen
Geschäftsjahr blieb es rund um das Thema
AUZ dagegen auffällig ruhig. Von Seiten der
BaFin gab es bislang keine Verlautbarungen
dazu, wie viele PKV-Unternehmen 2014 den
AUZ als Prognose für das Geschäftsjahr 2015
verfehlt haben. Dies legt den Schluss nahe,
dass ein Unterschreiten des AUZ von 3,5 %
inzwischen eher die Regel und nicht mehr die
7
Ausnahme darstellt. Nach den Erkenntnissen
von Assekurata haben 2014 nur noch sehr
wenige Krankenversicherer einen AUZ über
3,5 % erreicht, wobei kurzfristig auch bei
diesen Häusern mit einer Absenkung des
Rechnungszinses im Bestand zu rechnen ist.
Für das diesjährige AUZ-Verfahren zeigen die
ersten
Ergebnisse
mehrheitlich
ein
nochmaliges deutliches Absinken der Werte.
Von 2011 bis 2015 sind die AUZ-Werte bei
den von Assekurata gerateten Krankenversicherern von durchschnittlich 3,8 % auf 3,1 %
gesunken. Assekurata schätzt, dass in diesem
Jahr bei vielen PKV-Unternehmen beim AUZ
bereits eine zwei vor dem Komma steht. Da
der
Rechnungszins
einzelner
Tarife
inzwischen variiert, wurde die Definition der
versicherungsgeschäftlichen
Ergebnisquote
sowie der Schadenquote entsprechend
angepasst. Wie hoch der unternehmensindividuelle
durchschnittliche
Rechnungszins
(duRz) bei den einzelnen Gesellschaften ist,
lässt sich ab diesem Jahr in aller Regel aus
dem Anhang in den Geschäftsberichten der
Krankenversicherer
entnehmen.
Insofern
herrscht künftig mehr Transparenz darüber,
welche
Unternehmen
bereits
ihren
Rechnungszins im Bestand angepasst haben
und wie stark die Absenkung ausfiel. Bei den
Assekurata bislang vorliegenden Geschäftsberichten schwankt der duRz zwischen 3,38 %
und 3,50 %. Allerdings geben nach ersten
Erkenntnissen nicht alle Versicherer die exakte
Höhe des duRz im Geschäftsbericht an.
Stattdessen werden beispielsweise lediglich
Aussagen über die Spannbreite „von 2,75 %
bis 3,50 %“ getätigt oder Formulierungen
gewählt, wie die, dass der „aktuell gültige
aktuarielle Unternehmenszins (AUZ) über dem
verwendeten Rechnungszins liegt“.
Eine gängige Faustformel besagt, dass bei
Personen mittleren Alters eine Absenkung des
Rechnungszinses um 0,1 Prozentpunkte für
Vollversicherungen
eine
durchschnittliche
Anpassung von etwa 1 % und für Pflegeversicherungen von circa 5 % nach sich zieht,
was mit dem geringeren Durchschnittsbeitrag
zusammenhängt.
Auch wenn eine Rechnungszinsabsenkung
aktuell zu Beitragserhöhungen führt, erachtet
Assekurata diese Maßnahme im Sinne des
Kunden als zielführenden und wichtigen
Schritt, weil die dadurch steigenden Überzinsergebnisse zur Stabilisierung der Beiträge im
Alter dienen. Die Versicherten sind der Zinsentwicklung zudem nicht vollumfänglich
ausgeliefert. Durch den Einsatz von Mitteln
aus der RfB können die entstehenden
Beitragserhöhungen abgemildert oder mitunter
sogar gänzlich ausfinanziert werden. Der
Versicherte bekommt dann wenig bis gar
nichts von der Anpassung mit. Hierfür konnte
die Branche aufgrund der positiven Erfolgslage
gepaart mit den geringen Anpassungsnotwendigkeiten von 2010 bis 2013 die Mittel
deutlich aufbauen. So erhöhte sich die RfBQuote im Marktdurchschnitt spürbar von
26,2 % auf 37,0 %. Für 2014 geht Assekurata
nach ersten Erkenntnissen von einem weiteren
Anstieg der RfB-Ausstattung auf knapp 43 %
aus. Dies würde den höchsten Wert darstellen,
der von Assekurata je gemessen wurde. Damit
besäße die Branche in der Summe
umfangreiche Potenziale zur Beitragsstabilisierung.
8
RfB-Entwicklung Krankenversicherungsmarkt
%
45,00
42,65
40,00
36,98
30,02
30,00
25,00
33,37
33,27
35,00
29,22
26,77
29,13
28,50
26,18
24,39
20,00
1.495 Mio. €
1.503 Mio. €
15,00
10,00
5,00
0,00
1.724 Mio. €
5.468 Mio. €
2004
1.622 Mio. €
1.946 Mio. €
2.439 Mio. €
6.606 Mio. €
7.446 Mio. €
8.259 Mio. €
2005
2006
2007
1.879 Mio. €
2.196 Mio. €
1.721 Mio. €
1.527 Mio. €
7.813 Mio. €
7.559 Mio. €
7.757 Mio. €
2008
2009
2010
erfolgsabhängige RfB
erfolgsunhabhängige RfB
8.956 Mio. €
2011
10.991 Mio. €
2012
12.428 Mio. €
2013
2014*
RfB-Quote lt. PKV-Verbandsdefinition
Quelle: Assekurata; * = Schätzung
Immer mehr Versicherer mit
Bestandsabrieb in der Vollversicherung
Der
Vertrauensverlust
in
die
PKV,
hervorgerufen durch die kritische Berichterstattung in den Medien zum Thema
Beitragsentwicklung zu Beginn des Jahres
2012, wirkt nach Ansicht von Assekurata
weiter nach. In Verbindung mit den höheren
Neugeschäftsbeiträgen
der
Unisextarife
herrscht weiterhin Kaufzurückhaltung auf
Seiten potenzieller Neukunden. Auch die
Tatsache, dass der allgemeine Beitragssatz in
der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
zum Jahreswechsel von 15,5 % auf 14,6 %
gesunken und der Zusatzbeitrag vieler Kassen
im ersten Schritt geringer als 0,9 % ausgefallen ist, hat die Wettbewerbsposition der PKV
gegenüber der GKV nicht verbessert.
Infolgedessen geht das Bruttoneugeschäft bei
den meisten PKV-Unternehmen deutlich
zurück und die Schere zwischen Gewinnern
und Verlierern immer weiter auseinander.
Konnten 2012 immerhin noch 19 von 34
Gesellschaften einen Nettobestandszuwachs
in der Vollversicherung verzeichnen, waren es
2013 nur zwölf. Für das Geschäftsjahr 2014
dürfte die Zahl nach Einschätzung von
Assekurata im einstelligen Bereich liegen.
Berücksichtigt man, dass ein nicht unwesent1
licher Teil des Neugeschäfts auch aus
Geburten
beziehungsweise
der
Kindernachversicherung resultiert, ließe sich
die Zahl der Unternehmen mit realem
Bestandszuwachs vermutlich sogar an einer
Hand abzählen. Eine Untersuchung des
wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP) für
den Zeitraum 2000 bis 2010 hat gezeigt, dass
es pro Jahr durchschnittlich ca. 70.000
Neugeborene in der PKV gibt.1 Zieht man
diese Zahl vom jährlichen Brutto- beziehungsweise Nettozugang in der Vollversicherung ab,
relativiert dies die Vertriebsleistung nochmals.
Was den Verkauf von Vollkostentarifen angeht,
hat sich die Stimmung nach den vorliegenden
Erkenntnissen
zu
Beginn
2015
nicht
verbessert. In einer im März 2015 von
unserem Tochterunternehmen ASSEKURATA
Solutions GmbH durchgeführten Befragung
unter knapp 160 Maklern zum Thema „Trends
im Versicherungsmarkt“ beurteilten 58,6 % der
Befragten die aktuelle Geschäftslage in der
Vollversicherung als schlecht. Darüber hinaus
gingen 43,5 % davon aus, dass sich ihre
Geschäftsentwicklung in den nächsten zwölf
Monaten noch weiter verschlechtern wird,
keine erfolgsversprechenden Wachstumsperspektiven also für die Vertriebe und die
Unternehmen.
Vgl. Dr. Niehaus, Frank (2012); Geburten- und Kinderzahl im PKV-GKV-Vergleich – Eine Analyse der
Entwicklung von 2000 bis 2010; Köln 2012;
http://www.wip-pkv.de/uploads/tx_nppresscenter/Vergleich_Kinderzahlen_GKV_PKV.pdf
9
Entwicklung des Bruttoneugeschäfts in der Vollversicherung von 2012 auf 2013 in %
-46,6
-47,5
-49,6
-63,7
% -65,00
-60,00
-55,00
-50,00
-41,3
-42,1
-43,9
-45,00
-38,2
-40,00
Mannheimer
Inter
Debeka
Continentale
-10,0
LVM
-11,0
Signal
-12,3
Barmenia
-14,4
Concordia
-14,6
HUK-COBURG
-16,5
Münchener Verein
-19,7
Markt laut PKV-Verband
-23,4
PAX-FAM.FÜRS.
-25,6
ALTE OLDENBURGER
-26,6
Provinzial
-26,9
Süddeutsche
-28,3
Landeskrankenhilfe
-28,3
R+V
-34,2
Württembergische
-34,7
Central
Nürnberger
Allianz Private
Deutscher Ring
HanseMerkur
Mecklenburgische
Hallesche
DEVK
o. Angabe ARAG, AXA, Bay. Beamten, DKV, Gothaer, UKV, uniVersa
-35,00
-30,00
-25,00
-20,00
-15,00
-10,00
-5,00
4,6
-0,1
-1,1
0,00
5,00
Quelle: Zeitschrift für Versicherungswesen 19/14, Berechnung durch Assekurata
In diesem zunehmend schwieriger werdenden
Marktumfeld zählen Versicherer, wie die AXADBV, Debeka oder HUK-COBURG, deren
erklärte Hauptzielgruppe die Klientel der
Beihilfeberechtigten darstellt, weiterhin zu den
Wachstumsgewinnern der Branche. Seit
Jahren gehören diese drei zu den Gesellschaften mit den höchsten Nettoneuzugängen
in der Vollversicherung. In den vergangenen
Jahren konnte lediglich die HanseMerkur als
nicht ausgewiesener Beihilfeversicherer diese
Phalanx durchbrechen. Deren Zugangssituation hat sich jedoch seit 2013 deutlich
verschlechtert und dient damit als Spielgelbild
der Branche. So verwundert es nicht, dass das
Geschäftsfeld Beihilfe nach den Erkenntnissen
von Assekurata zunehmend auch das Interesse der anderen Wettbewerber weckt. Ein
Blick auf die Zuwachsraten im Bereich der
Beihilfe stimmt jedoch wenig hoffnungsfroh.
Auch in diesem Segment geht das Nettowachstum seit 2011 merklich zurück. Im
Geschäftsjahr 2013 ist mit einem Plus von
lediglich 0,02 % faktisch Stagnation eingekehrt.
10
Vollversichertenwachstum im Krankenversicherungsmarkt
%
7,00
6,09
6,25
6,00
6,55
Bruttowachstum
5,65
5,49
5,00
4,60
3,56
4,00
3,11
3,00
2,00
1,77
1,21
0,78
1,00
0,17
0,00
2007
0,30
2008
1,13
1,29
0,48
0,77
2009
-1,00
2010
2011
0,19
2012
0,02
2013
-0,60
-1,42
-2,00
Bruttozuwachsrate Vollversicherung gesamt
Nettozuwachsrate Vollversicherung Beihilf e
Nettozuwachsrate Vollversicherung Nicht-Beihilf e
Quelle: PKV-Verband, Berechnung durch Assekurata
Allerdings konnte der Marktführer Debeka im
abgelaufenen Geschäftsjahr 2014 entgegen
dem Markttrend und anders als die unmittelbaren Wettbewerber sogar einen höheren
Nettozuwachs verbuchen als im Vorjahr. Das
Beamtengeschäft ist somit kein Selbstläufer,
jedoch besitzen die in diesem Geschäftsfeld
etablierten Unternehmen besonders in der jetzigen Marktphase aus Sicht von Assekurata
einen gewissen Wettbewerbsvorteil, den ihnen
die übrigen Wettbewerber schwer streitig
machen können. Ein weiterer Vorteil ist zudem, dass sich diese Zielgruppe als äußerst
bestandsfest und zahlungskräftig erweist. Dies
zeigt sich auch beim zum 01.08.2013
eingeführten Notlagentarif (NLT), der Nichtzahlern zu einem vergünstigten Beitrag eine
Notfallversorgung sicherstellt. Ende 2013
waren nach Angaben des PKV-Verbandes
93.591 Personen im NLT versichert. Der Anteil
der Beihilfeberechtigten hieran betrug gerade
einmal 6,3 % oder 5.912 Personen. Bei den
restlichen 93,6 % handelte es sich nach den
Erkenntnissen von Assekurata überwiegend
um Selbständige und Freiberufler. Beamte
sind daher sowohl unter quantitativen als auch
unter qualitativen Wachstumsgesichtspunkten
eine interessante Zielgruppe.
11
Die Krankenversicherungsunternehmen mit den höchsten Nettozuwächsen in der Vollversicherung
- 2010 bis 2014 -
40.000
35.000
37.147
34.613
Nettozugang vollversicherte Personen
31.427
31.038
25.000
28.085
23.609
23.132
20.000
15.000
30.000
29.277
30.000
18.555
12.837
12.474
11.643
10.464
10.000
7.539
4.363
5.000
0
2.476
2010
2011
Debeka
HanseMerkur
2012
2013
AXA-DBV
1.939 1.495
3.507
2014*
HUK-COBURG
Quelle: Assekurata; * = z. T. aus Presseveröffentlichungen
Öffnung des Standardtarifs auch für
Versicherte ab 2009 gefordert
Leider sind die Unternehmen nicht verpflichtet,
in den Geschäftsberichten die Anzahl der
Versicherten im Notlagentarif anzugeben. Dies
trifft auch auf den Standard- und Basistarif zu.
Beide Tarife sind Ausweichmöglichkeiten, um
den privaten Krankenversicherungsschutz im
Alter bezahlbar zu halten und bieten einen
Leistungsumfang in etwa auf GKV-Niveau. Der
Branchenreport von Arno Surminiski in der
Zeitschrift für Versicherungswesen bringt hier
jedoch alljährlich Licht ins Dunkel und zeigt,
bei welcher Gesellschaft wie viele Personen in
den jeweiligen Sozialtarifen angesiedelt sind.
Während der Zulauf in den Standardtarif weiter
anhielt, verzeichnete der Basistarif 2013
erstmals seit seiner Einführung im Jahr 2009
einen Rückgang der Versichertenzahlen, was
Assekurata an der Einführung des Notlagentarifs festmacht. Wie schon bei den
Nichtzahlern
verweigern
einige
PKV-
2
Unternehmen allerdings auch Angaben zum
Notlagentarif.2 Von den marktweit 93.591
Notlagentarifversicherten entfallen knapp die
Hälfte auf die zehn Unternehmen, die keine
Angabe tätigen. Der Notlagentarif wurde damit
auf Anhieb zum größten Sozialtarif, dessen
Zahl für das abgelaufene Geschäftsjahr 2014
schon allein deswegen weiter ansteigen dürfte,
weil 2013 noch nicht alle der bis dato rund
150.000 Nichtzahler in den Notlagentarif
umgewidmet werden konnten. Auch für die
kommenden Jahre rechnet Assekurata mit
weiter zunehmenden Versichertenzahlen im
Notlagentarif, da sich der Versicherungsschutz
in der Vollversicherung tendenziell verteuern
wird. Die weitere Entwicklung dürfte darüber
hinaus eng mit der Arbeitsmarkt- beziehungsweise Wirtschaftssituation in Deutschland
korrespondieren, da die Bezahlbarkeit der
Beiträge ein Problem ist, das wie oben bereits
erwähnt, vor allem Selbständige und Freiberufler betrifft.
Vgl. Surminski, Arno (2014); Die PKV im Jahre 2013 in Zeitschrift für Versicherungswesen 19/2014 S. 543
12
Nichtzahler/Notlagentarif
Anzahl Nichtzahler/Notlagentarifversicherte in % vollversicherte Personen
%
6,00
5,00
4,00
3,00
2,00
1,00
0,00
Nichtzahler 2012
Notlagentarif 2013
Quelle: Zeitschrift für Versicherungswesen 19/14, Berechnung durch Assekurata
Entwicklung der Sozialtarife im Krankenversicherungsmarkt
- 2007 bis 2013 -
100.000
93.561
90.000
Anzahl versicherte Personen
80.000
70.000
60.000
50.000
40.000
30.000
38.400
36.461
41.800
40.200
31.046
43.500
30.200
26.100
45.400
26.700
21.000
20.000
13.500
10.000
0
2007
2008
2009
Standardtarif
2010
Basistarif
2011
2012
2013
Notlagentarif
Quelle: PKV-Verband
Vor der Einführung des Notlagentarifs sah das
Gesetz eigentlich eine Umstufung von
Nichtzahlern in den Basistarif vor, was das
wirtschaftliche Problem für beide Seiten in
vielen Fällen noch vergrößert hätte. Der
Beitrag für den Basistarif entspricht üblicherweise dem gültigen Höchstbeitrag in der GKV
(2015: 639,38 Euro) und dürfte damit in der
Regel teurer sein als der Zahlbeitrag im
Ausgangstarif. Der Basistarif ist daher aus
Sicht von Assekurata auch nicht als Auffangtarif für langjährig PKV-Versicherte geeignet, die ihren Beitrag reduzieren wollen. Im
Standardtarif liegt der Beitrag nach den
Erkenntnissen von Assekurata im Durchschnitt
unter 300 Euro und damit deutlich unterhalb
des GKV-Höchstbeitrags. Vor diesem Hintergrund plädiert Assekurata im Sinne der
13
tarif nach den Erkenntnissen von Assekurata
schlechter ist als angenommen. In Verbindung
mit den personenmäßigen Bestandsverlusten
sinken in der Folge die Beitragseinnahmen in
der Vollversicherung. Insgesamt sind die
verdienten Bruttobeiträge marktweit laut
Angaben des Verbandes um 0,7 % gestiegen.
Assekurata geht dabei davon aus, dass für das
abgelaufene Geschäftsjahr noch mehr Unternehmen einen Beitragsabrieb aufweisen als
die zehn Gesellschaften im Jahr davor. Das
leichte Beitragswachstum verdankt die PKV
2014 der Teilversicherung; denn nach
Einschätzung von Assekurata dürften die
Prämieneinnahmen in der Vollversicherung um
knapp 1 % auf ca. 25,5 Mio. € erneut abnehmen.
Versicherten dafür, den Standardtarif auch für
Versicherte, die nach dem 31.12.2008 in die
PKV gewechselt sind, freiwillig weiterzuführen
bzw. wieder zu öffnen. Die Einführung des
Notlagentarifs war aus Kundensicht bereits ein
erster hilfreicher Schritt, da die Versicherten
durch den geringeren Zahlbeitrag nach
Beendigung
der
Zahlungsschwierigkeiten
schneller und leichter wieder in die Lage
versetzt werden, ihre Schulden abzubauen
und in die Beitragszahlung zurückzufinden. Für
die Versicherer ist der Notlagentarif in erster
Linie Bilanzkosmetik, da der Abschreibungsbedarf zurückgeht. Beitragsausfälle und
Wertberichtigungen sind jedoch weiterhin an
der
Tagesordnung,
weil
bislang
das
Zahlungsverhalten der Kunden im Notlagen-
Prämieneinnahmen im Krankenversicherungsmarkt
Mrd. €
40,00
35,00
34,67
33,30
30,00
36,19
35,92
31,47
25,00
20,00
35,63
22,56
25,86
25,15
24,12
25,74
25,52
15,00
10,00
5,00
0,00
6,14
2009
Bruttoprämien gesamt
6,68
6,41
2010
2011
Vollversicherung
7,03
2012
7,40
2013
7,86
2014*
Zusatzversicherung (ohne besondere Versicherungsformen)
Quelle: PKV-Verband ; * = Schätzung
Niedrige Beitragsanpassungen kein
Dauerzustand
Neben ausbleibendem Neugeschäft und
Forderungsausfall durch Nichtzahler sind auch
die erneut moderaten Beitragsanpassungen
für das geringe Beitragswachstum der Branche
verantwortlich – ein zugegebenermaßen erfreulicher Grund, insbesondere aus Sicht der
Versicherten.
14
Durchschnittliche Beitragsanpassungssätze bei den von Assekurata gerateten
Krankenversicherungsunternehmen
%
10,00
8,11
8,00
6,00
7,37
7,66
5,82
4,98
5,34
4,93
3,44
4,00
4,88
3,18
2,51
1,96
1,59
0,71
0,00
2004
2005
-0,63
-2,00
2006
-0,61
-1,46
3,47
3,51
1,91
1,69
2,00
4,50
2,73
2,69
2,15
4,76
2007
-0,27
-0,08
2008
2009
0,79
0,71
2010
2011
2012
1,71
0,74
0,76
2013
2014
-0,03
-0,09
2015
Mittelwert
2004 2015
-0,77
-0,98
Vollversicherung Nicht-Beihilfe
1,49
Vollversicherung Beihilfe
2,82
Teilversicherung
Quelle: Assekurata
Beim Thema Beitragsanpassungen gilt es aus
Sicht von Assekurata jedoch zwischen der
Entwicklung in der Zeit, in den Kollektiven und
im Einzelfall zu differenzieren. Für den
einzelnen Versicherten kann eine jährliche
Beitragsanpassung mitunter drastisch ausfallen. Auch die Entwicklungen zwischen den
Gesellschaften
verlaufen
unterschiedlich.
Innerhalb der Branche nivellieren sich die
Effekte im Zeitablauf und zwischen den
Gesellschaften. Nachdem 2014 in der
Vollversicherung bei den von Assekurata
gerateten Krankenversicherern die durchschnittlich niedrigsten Anpassungssätze der
vergangenen zwölf Jahre zu verzeichnen
waren, erhöhten die Unternehmen nach ersten
Erkenntnissen ihre Beiträge auch zu Beginn
des Jahres 2015 mehrheitlich nur in sehr
geringem Umfang. Durchschnittlich betragen
die Anpassungsraten 2,51 % im Nicht-Beihilfeund 1,71 % im Beihilfesegment. Damit liegen
die Anpassungssätze im Normalgeschäft im
Zwölfjahresdurchschnitt bei 4,50 % und im
Durchschnitt der Jahre 2011 bis 2015 gar nur
bei 3,42 % (Beihilfe: 2,82 % bzw. 1,74 %). Die
Spannbreite reicht 2015 im so genannten
Normalgeschäft allerdings von -0,35 % bis
8,24 % und im Beihilfebereich von -1,35 % bis
6,60 %.
In der Krankheitskostenteilversicherung ergibt
sich über die zurückliegenden zwölf Jahre eine
leichte Beitragssenkung von 0,09 %. So
verwundert es auch nicht, dass der Anteil der
Kunden, die mit ihrer Beitragsentwicklung
vollkommen oder sehr zufrieden sind, in der
Zusatzversicherung mit 40,7 % deutlich größer
ist als in der Vollversicherung. Dort äußert sich
ein Viertel der Kunden derart zufrieden
(24,9 %). Insgesamt sind knapp zwei Drittel
der Vollversicherten zufrieden bis vollkommen
zufrieden mit der Entwicklung ihrer Beiträge.
Die Zusatzversicherung hingegen erreicht
einen Anteil von fast 90 %. Hier zeigt sich aus
Sicht von Assekurata ein enger Zusammenhang mit den deutlich niedrigeren Anpassungssätzen in der Ergänzungsversicherung,
deren Vertragsstückzahl die Anzahl der
vollversicherten
Personen
bei
Weitem
übersteigt.
15
Wie zufrieden sind Sie mit der Beitragsentwicklung bei Ihrer
Krankenversicherung insgesamt?
11,5
vollkommen zufrieden
5,0
9,5
vollkommen zufrieden
2,8
9,6
19,9
sehr zufrieden
zufrieden
Wie zufrieden sind Sie mit der Beitragsentwicklung bei Ihrer
Krankenversicherung insgesamt?
sehr zufrieden
22,7
zufrieden
weniger zufrieden
weniger zufrieden
unzufrieden
unzufrieden
31,1
47,0
40,8
Assekurata-Kundenbefragungen, Vollversicherte, n = 4.069
Die zuletzt geringen Beitragssteigerungen
werden jedoch nach Einschätzung von
Assekurata insbesondere in der Vollversicherung kein Dauerzustand bleiben. Gründe
hierfür
sind
neben
dem
anhaltenden
Niedrigzinsumfeld auch das rückläufige
Storno, wozu auch das geringe Neugeschäft
beiträgt. Der Provisionsdeckel und vielmehr
noch die Einführung von Unisex haben dafür
gesorgt, dass das Storno bei beziehungsweise
zwischen den PKV-Unternehmen deutlich
nachlässt. Der Wechsel von Bi- nach Unisex
ist für die meisten Versicherten finanziell
unattraktiv. Das rückläufige PKV-Storno ist
grundsätzlich begrüßenswert. Aus Kundensicht dürfte zudem ein Tarifwechsel im eigenen
Unternehmen vielfach vorteilhafter sein als die
Gesellschaft zu wechseln, weil so die
Alterungsrückstellungen nicht verloren gehen.
Kündigt ein PKV-Versicherter und wechselt zu
einem anderen Krankenversicherer, vererbt er
seine Alterungsrückstellung entweder ganz
oder teilweise an die Versichertengemeinschaft. Diese so genannten Vererbungsgewinne stellen eine Rechnungsgrundlage dar,
das heißt die Versicherer kalkulieren mit
bestimmten Stornowahrscheinlichkeiten, die
somit Einfluss auf die Höhe des Beitrags
haben. Je höher die einkalkulierten Stornowahrscheinlichkeiten, desto niedriger der
Beitrag. Das Stornoverhalten ist dabei von
Unternehmen zu Unternehmen und mitunter
auch von Tarif zu Tarif (Premium vs.
Einsteiger) unterschiedlich. Insbesondere in
den neugeschäftsrelevanten Altern zwischen
30 und 40 spielt das Storno eine
nennenswerte Rolle, da sich für ältere PKV-
Assekurata-Kundenbefragungen, Zusatzversicherte, n = 3.367
Versicherte ein Unternehmenswechsel aufgrund des inzwischen höheren Eintrittsalters,
des verschlechterten Gesundheitszustandes
und des Verlusts der aufgebauten Alterungsrückstellung kaum mehr lohnt. Weniger
Neugeschäft bedeutet also auch weniger
Stornoanfälligkeit, was gerade in der jetzigen
Marktphase zum Tragen kommt. Dies trifft vor
allem die Bisex-Tarife, welche seit der
Einführung von Unisex zwar ohnehin kein
Neugeschäft mehr erhalten, das Storno aber
auch deswegen zurückgeht, weil sich ein
Unternehmenswechsel von Bi- nach Unisex,
insbesondere für Männer, wie bereits erwähnt,
kaum noch lohnt. Zudem verliert der Kunde bei
einem
solchen
Wechsel
auch
das
Wechselrecht in den Standardtarif, was sich im
Ernstfall als besonders nachteilig erweisen
kann.
Neben der Absenkung des Rechnungszinses
entsteht also zusätzlich auch durch die
Absenkung der einkalkulierten Stornowahrscheinlichkeiten mehr oder weniger großer
Beitragsanpassungsdruck bei den Unternehmen. Leider enthält der PKV-Kennzahlenkatalog keine Stornoquote und auch in den
Geschäftsberichten sucht man – anders als in
der Lebensversicherung – vergebens nach
einer Bestandsbewegung, aus der die
Abgangszahlen hervorgehen. Fakt ist jedoch,
dass diejenigen PKV-Unternehmen, die
bislang schon ein relativ geringes Storno
aufwiesen, an dieser Stelle weniger Nachkalkulationsbedarf haben. Dies wirkt sich
stabilisierend auf die Beitragsanpassungssituation bei den jeweiligen Gesellschaften
aus.
16
Tarifwechselleitfaden soll Kunden
zu ihrem Recht verhelfen
Anders als in der GKV bestehen in der PKV
Möglichkeiten zur Beitragsreduktion. Der
Wechsel in den Standard- bzw. Basistarif sollte
hierzu jedoch stets nur die Ultima Ratio sein.
Nach § 204 VVG haben alle Versicherten das
Recht, in vergleichbare Tarife des eigenen
Versicherers zu wechseln. Um die Beitragsbelastung zu senken, können Kunden unter
Anrechnung der bisher angesparten Alterungsrückstellungen und gegebenenfalls unter
teilweisem Verzicht auf Leistungen in preislich
günstigere Tarife bei ihrem PKV-Unternehmen
wechseln. Die Durchsetzung dieses Rechts erwies sich in der Vergangenheit jedoch oftmals
als schwieriges Unterfangen für die Versicherten. Zum einen weil die Versicherten mit
der Entscheidung mitunter schlichtweg überfordert sind, zum anderen weil ihnen der
Wechsel vielfach auch nicht leicht gemacht
wird.
Dieses Spannungsfeld ist die PKV nun
angegangen und eine Mehrzahl privater
Krankenversicherer
will
künftig
diese
Beratungslücke beim Tarifwechsel im eigenen
Bestand schließen. Hierzu beitragen soll
spätestens ab 2016 ein Verhaltenskodex in
Form des so genannten Tarifwechselleitfadens. Im Sinne der Kunden sollen künftig
neben dem Gesetzesanspruch klarere und
verbindlichere Regeln für die Abwicklung des
Tarifwechsels gelten, die noch über die
gesetzlichen Anforderungen hinausgehen.
Beispielsweise wollen die Unternehmen alle 55
Jahre alten Mitglieder freiwillig auf andere,
preiswertere Tarife im eigenen Unternehmen
hinweisen, wenn die Beiträge steigen. Der
Gesetzgeber verlangt das bisher erst ab dem
60. Lebensjahr.
Darüber
hinaus
verpflichten
sich
die
Unternehmen, wechselwilligen Kunden künftig
das gesamte Spektrum an Tarifalternativen
aufzuzeigen oder geeignete Tarife im Kundeninteresse auszuwählen. Dabei sollen die
Auswahlkriterien und -verfahren durch einen
unabhängigen Wirtschaftsprüfer testiert werden. Dass der Versicherer eine Vorauswahl
trifft, um den Kunden geeignete Tarife
anbieten zu können, hält Assekurata durchaus
für zielführend, um die wechselwilligen Kunden
im Fall einer breiten Tarifpalette nicht zu
überfordern. Dem Kunden sollte allerdings
ersichtlich sein, auf welchen Kriterien die
Tarifauswahl basiert. Hierbei bestehen nämlich
zwischen Kunde und Versicherer sowohl
Interessenkonflikte (z.B. Beitragsreduktion vs.
Beitragserhalt/-maximierung) als auch gleichgerichtete Ziele wie etwa die Kundenzufriedenheit. Eine einfache Leitidee dazu ist,
dem Kunden stets die Alternative anzubieten,
die man an seiner Stelle für sich selber oder
den besten Freund auswählen würde.
Da die Kunden oftmals keine Kenntnis über
das genaue Leistungsniveau des abgeschlossenen Tarifs besitzen, hält Assekurata
eine
Beratung
durch
den
Vermittler
beziehungsweise den Versicherer für geboten,
welche in den Leitlinien auch explizit vorgesehen ist. Ob der Tarifwechselleitfaden ein
Erfolg wird, muss sich noch in der Praxis
herausstellen. Noch arbeitet der überwiegende
Teil der beigetretenen Unternehmen an der
konkreten Umsetzung.
Wachstumseinbruch in der
Pflegeergänzungsversicherung
Mit dem Thema Tarifwechsel müssen sich
Zusatzversicherte
im
Normalfall
nicht
auseinandersetzen, zumal in diesem Segment
kaum Beitragserhöhungen zu verzeichnen
sind, wie die obige Darstellung der Anpassungsätze zeigt. Allerdings kommt es nach
Ansicht von Assekurata auch bei der Wahl von
Ergänzungsversicherungen auf den richtigen
Anbieter und Tarif an, um nicht am Ende des
Tages eine böse Überraschung zu erleben.
Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der
Ergänzungsversicherungen nach Angaben des
PKV-Verbandes zwar um 1,7 % auf knapp 24
Mio. Verträge gestiegen, jedoch hat sich auch
hier das Wachstum seit 2009 deutlich eingetrübt und zeigt bereits im zweiten Jahr in Folge
eine rückläufige Tendenz.
Ursächlich hierfür ist die Tatsache, dass die
einstigen Wachstumsfelder Zahn und Pflege
ins Stocken geraten sind. Konnte die Branche
2011 bei den Zahnzusatzversicherungen noch
ein Plus von über 1.000.000 Verträgen vermelden, waren es 2013 nur noch knapp 250.000.
Im ersten Halbjahr 2014 lag der Zuwachs in
diesem Segment nach den Assekurata vorliegenden Informationen nur noch bei 65.800.
Doch auch der Absatz von ambulanten
Ergänzungsversicherungen ist deutlich zurück17
gegangen. 2013 konnte die PKV nach
Angaben des Verbandes netto lediglich 8.000
Nettozuwachsraten bei den Zusatzversicherungen zum GKV-Schutz im Krankenversicherungsmarkt
%
22,00
Verträge hinzugewinnen.
20,30
20,00
18,00
16,97
16,00
15,12
14,00
12,00
10,08
9,04
10,00
5,20
6,00
4,42
4,00
2,00
3,16
3,39
1,12
1,40
4,16
1,40
2,02
0,00
-2,00
8,42
7,72
8,00
2006
2007
2008
2009
1,23
2,69
1,12
0,48
0,81
2010
2011
1,82
2012
0,10
2013
-1,54
ambulante Tarife
Tarife für Wahlleistungen im Krankenhaus
Zahntarife
Quelle: PKV-Verband; Berechnung durch Assekurata
Auch im Bereich der Pflegeergänzungsversicherung hat die Wachstumsdynamik 2014
deutlich nachgelassen. Speziell beim so
genannten Pflege-Bahr blieb die PKV im
zweiten Jahr nach dessen Einführung deutlich
unter den Erwartungen. Das Ziel von 1 Mio.
Verträgen wurde bereits 2013 mit rund
350.000 Abschlüssen deutlich verfehlt. 2014
stieg die Zahl nach Verbandsangaben auf
knapp 550.000 Verträge, etwas mehr als die
Hälfte dessen, was ursprünglich auch von
Seiten der Politik als Erwartung gesetzt wurde.
Zusammen mit der ungeförderten Pflegeergänzungsversicherung wuchs im abgelaufenen Geschäftsjahr die Zahl der Policen
netto nur noch um rund 300.000. Im Vergleich
zum Vorjahr hat sich das Wachstum damit
halbiert. Dieser Einbruch war so nicht
vorherzusehen und erscheint auf den ersten
Blick wenig plausibel. Hierbei muss jedoch
berücksichtigt
werden,
dass
in
den
Zugangszahlen des Jahres 2013 bei vielen
Versicherern auch Überhänge aus dem
Unisexschlussverkauf steckten, die 2012 nicht
mehr policiert werden konnten. Wie das hohe
Nettowachstum von 306.300 Verträgen zeigt,
gab es in der Pflegeergänzungsversicherung
im Gegensatz zur Vollversicherung bei einigen
Häusern im Vorfeld von Unisex doch gewisse
Vorzieheffekte. Dies relativiert den Rückgang
im abgelaufenen Geschäftsjahr, denn das
Wachstum der Branche liegt bei den
Pflegetagegeldversicherungen auch 2014
noch erkennbar über dem der Jahre 2010 und
2011.
18
Anzahl Pflegezusatzversicherungen
Stück
3.000.000
196.300
104.700
353.600
2.500.000
168.600
306.300
2.000.000
180.900
1.500.000
199.000
2.708.900
1.000.000
1.500.500
1.699.500
1.880.400
2.186.700
500.000
0
2010
2011
Anfangsbestand Pflegezusatzversicherung
2012
2013
2014
Nettozugang ergänzende Pflegeversicherung
Nettozugang geförderte Pflegeversicherung
Quelle: PKV-Verband, Assekurata-Berechnungen
Dass es einen Bedarf an privater Vorsorge für
den Pflegefall gibt, steht unter Experten wie
Vermittlern außer Frage. Laut der von
Assekurata Solutions durchgeführten Maklerbefragung sehen zwar über 80 % der
Vermittler einen hohen bis sehr hohen
Absicherungsbedarf bei ihren Kunden, doch
etwas mehr als die Hälfte gibt an, das Thema
Pflegeversicherung eher selten beim Kunden
anzusprechen. Als Erklärung dafür dient am
häufigsten die Aussage, dass die Altersvorsorge aus Sicht des Kunden wichtiger sei als
die Absicherung für den Pflegefall. Nach
Meinung von Assekurata ist die Absicherung
für den Pflegefall jedoch ein wichtiger
Bestandteil der Altersvorsorge. Auf Seiten der
Verbraucher besteht Unsicherheit, welche
Pflegetagegeldtarife geeignet sind und worauf
zu achten ist. Verschiedene Tests haben dies
in der jüngeren Vergangenheit thematisiert.
Genau wie 2013 wurde in zwei von drei Fällen
der Pflege-Bahr abgeschlossen, was nicht
unbedingt für den Beratungsansatz der
Vermittler beziehungsweise Unternehmen
spricht. Aus Sicht von Assekurata stellen für
gesunde
Kunden
die
ungeförderten
Pflegetagegeldversicherungen unter Absicherungsgesichtspunkten die zweckmäßigere
Alternative dar, da hier die weiteren Vertragsbedingungen, wie zum Beispiel Dynamisierung
der Leistung oder Wartezeitverzicht, in der
Regel kundengerechter ausgestaltet sind. Vom
Preis sollte sich der Kunde bei seiner
Entscheidung für einen bestimmten Tarif oder
Anbieter jedoch nicht allzu sehr leiten lassen,
denn eine scheinbar hohe monetäre Absicherung für kleines Geld ist nach Meinung von
Assekurata mit Vorsicht zu genießen und
bietet keine Gewähr für einen passenden
Versicherungsschutz. Das „Kleingedruckte“ in
den Bedingungen und die Sicherheit der
Kalkulation hingegen machen vielfach erst den
„preiswürdigen“ Unterschied aus. An eigenen
Untersuchungen konnte Assekurata feststellen, dass in der Kalkulation erhebliche
Gestaltungsspielräume existieren, die in der
Praxis auch gezielt genutzt werden. Bezüglich
der Qualität der Tarifbedingungen besteht
genau wie in der Vollversicherung noch
Optimierungsbedarf. Das zeigt zumindest die
Assekurata-Tarifanalyse, in der Assekurata
neben den Rechnungsgrundlagen auch alle
Leistungsbereiche
und
Bedingungswerke
eines Tarifs detailliert untersucht.
Gerade in puncto Pflegeversicherung erwartet
Assekurata, dass im Zuge der Pflegereform
2017, wenn aus drei Pflegestufen fünf
Pflegegrade werden, die auf die individuelle
Pflegebedürftigkeit besser abstellen, neue und
noch kundenfreundlicherer Tarife auf den
Markt kommen werden. Die Unternehmen sind
jedenfalls bereits in der Vorbereitung.
19
Ausblick:
Abwartende Haltung in der Pflege – keine
Trendumkehr in der Vollversicherung
Vermutlich ist darin auch eine Ursache zu
sehen, warum sich das Wachstum in der
Pflegezusatzversicherung verlangsamt hat.
Nach den Assekurata vorliegenden Informationen wurden im ersten Quartal 2015 deutlich
weniger Pflege-Bahr-Verträge abgeschlossen
als noch 2014. Hochgerechnet auf das Jahr
könnte sich das Wachstum in der geförderten
Pflegevorsorge nochmals halbieren. Offenbar
reagieren Kunden und Vermittler in dem
Bewusstsein der bevorstehenden gesetzlichen
Veränderungen im Rahmen des zweiten
Pflegestärkungsgesetzes
eher
mit
Zurückhaltung. Dabei ist in den Bedingungen
vieler Pflegetagegeldtarife bereits geregelt,
dass Versicherte bei Gesetzesänderungen
ohne erneute Gesundheitsprüfung in einen
neuen Pflegetarif wechseln können.
Die betriebliche Krankenversicherung (bKV)
wird vielfach zwar gern als potenzialträchtig
eingestuft, führt jedoch immer noch ein
Schattendasein. Die Grundattraktivität der bKV
wird
durch
die
Unbeständigkeit
der
steuerlichen Behandlung und die langwierigen
Anbahnungsprozesse negativ beeinflusst. Im
Rahmen der Assekurata-Solutions-Befragung
zum Thema „Trends im Versicherungsmarkt“
glaubte auch nur etwa ein Drittel der
Vermittler, dass die Attraktivität der bKV
zunehmen wird. Die Grundproblematik der
mangelnden Akzeptanz der bKV liegt nach
Meinung von Assekurata darin, dass die
angebotenen Produktlösungen den Wünschen
und Bedürfnissen des Arbeitgebers nach der
Reduzierung von Fehlzeiten und Wiederherstellung der Arbeitskraft wenig bis gar nicht
nachkommen. Tarifbausteine für Zahn oder
Sehhilfen dienen nicht der Sicherung der
Arbeits- und Leistungsfähigkeit. Als Argument
zur Mitarbeiterbindung im Kampf um
qualifizierte Arbeitskräfte in Zeiten des
demografischen Wandels mag die bKV für
bestimmte Branchen mit Fachkräftemangel als
Zugpferd gelten. Ohne ein betriebliches
Gesundheitsmanagement
und
die
entsprechenden Produkte stellt das Konstrukt
jedoch mehr einen verkappten Vertriebs- und
Rabattprozess für Standardprodukte dar als
eine tatsächliche betriebliche Notwendigkeit.
Hinsichtlich der Geschäftserwartungen für die
Ergänzungsversicherung geht Assekurata
daher davon aus, dass sich der Trend
abnehmender Zuwachsraten für 2015 weiter
fortsetzt. Die Unternehmen reagieren auf die
sinkende Nachfrage nach Zusatzversicherungen zunehmend mit neuen, flexiblen
ambulanten Bausteintarifen, wie sie auch in
der bKV zum Einsatz kommen. Diese sind zum
Teil auch auf Risikobasis ohne Alterungsrückstellungen kalkuliert, was günstigere Einstiegsprämien ermöglicht. Daneben erlauben es die
Bausteintarife dem Kunden, den Versicherungsschutz nach seinen Wünschen und
Bedürfnissen frei zu wählen. Neben Tarifen für
Sehhilfen und Naturheilverfahren können auch
die Kosten für Vorsorgeuntersuchungen
abgesichert werden, die die GKV nur altersabhängig erstattet. Letzteres war in den
Tarifen der Bisex-Welt noch eher die
Ausnahme, wobei die klassischen Pakettarife
aus Zahn, Brille und Heilpraktiker – so scheint
es – immer mehr aus der Mode kommen.
Was die Vollversicherung betrifft, liefern die
Bestandsverluste
und
die
Angst
vor
steigenden Beiträgen weiteren Nährstoff für
Diskussionen um die Zukunftsfähigkeit der
PKV. Eine Trendumkehr beim Vollversichertenwachstum wird sich nach Meinung von
Assekurata kurzfristig nicht einstellen, obwohl
die Zusatzbeiträge in der GKV, die
insbesondere die gutverdienenden Angestellten jenseits der Versicherungspflichtgrenze
treffen, perspektivisch steigen werden. So
prognostiziert der Präsident des Bundesversicherungsamts, Frank Plate, für dieses Jahr
ein Finanzierungsdefizit bei den Krankenkassen und Jens Baas, Vorstandschef der
Techniker Krankenkasse, rechnet mit einem
jährlichen Anstieg von 0,2 Beitragspunkten.3
Seit 1971 ist der durchschnittliche allgemeine
Beitragssatz in der GKV von 8,2 % bis auf
14,6 % (plus Zusatzbeitrag) deutlich gestiegen.
Zudem wurden seit 1988 aufgrund von
Gesetzesänderungen die Zuzahlungen für
gesetzlich Versicherte erhöht und Leistungen
gekürzt oder gestrichen. Im Ergebnis hat sich
das Preis-Leistungs-Verhältnis der GKV in den
zurückliegenden 30 Jahren zunehmend
verschlechtert.
Im Ergebnis stehen sowohl GKV als auch PKV
vor Finanzierungsherausforderungen. Die PKV
tut hier gut daran, vor allem ihre Hausauf3
20
Vgl. Staeck, Florian (2015); BVA-Chef: Manche Kassen hätten Spielraum bei Zusatzbeiträgen; Ärzte
Zeitung vom 20.04.2015, S.4
gaben zu einer Beitragsentlastung von
Versicherten im Bestand umzusetzen. Dies gilt
insbesondere im Hinblick auf einen kundenorientierten Tarifwechsel. Hilfreich wäre zudem
die Weiterführung des Standardtarifs für PKVVersicherte nach dem 31.12.2008 und eine
Änderung der Kalkulationsverordnung, um die
einzelnen Rechnungsgrundlagen jeweils zeit-
näher und damit auch in kleinerem Umfang
anpassen zu können. Da dies nicht ohne
Zustimmung der Politik vonstattengehen kann,
wird auch die Diskussion um die faire und
optimale Ausgestaltung des Krankenversicherungssystems nicht von der Tagesordnung
verschwinden.
21
Assekurata-Ratings (Stand Juni 2015)
Unternehmensratings (Private Krankenversicherer)
Allianz Kranken
A+
Alte Oldenburger Kranken
A++
Debeka Kranken
A++
Deutscher Ring Kranken
A+
DFV Deutsche Familienversicherung
A+
Hallesche Kranken
A+
HUK-COBURG Kranken
A+
INTER Kranken
A
LVM Kranken
A+
NÜRNBERGER Kranken
A+
SIGNAL Kranken
A+
SDK-Kranken
A+
Bonitätsrating (Private Krankenversicherer)
Inter Kranken
Nicht freigegebene Unternehmensratings
Private Krankenversicherer:
Nicht freigegebene Bonitätsratings:
9 mit Ergebnissen von A+ bis B
(Stand Juni 2015)
2 mit Ergebnissen von A bis BBB+
(Stand Juni 2015)
A
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