und Informationsprojekt in der deutschen Ostsee

Geisternetze - Einblicke in ein Bergungs- und
Informationsprojekt in der deutschen Ostsee
Jochen Lamp
WWF Ostseebüro Stralsund
WWF Deutschland
Jochen Lamp
BSH- Symposium
Hamburg 27.05.2015
1
Gliederung
• „Geisternetze“ als Teil des Plastikmüllproblems
• Projektansätze bisher
• Bergemethoden
• Dokumentations-und Bergungsprojekt 2013/14
• Ergebnisse und Schlussfolgerungen
• Laufende und vorbereitete Projekte im Ostseeraum
• Ausblick und nächste Schritte
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Meeresmüll aus der Schifffahrt und Fischerei
• 10 % sind verlorene
Fischfanggeräte, die so
genannten „Geisternetze“
• 2012 wurden bei 663 Arten
„Interaktionen“ mit
Meeresmüll festgestellt.
• 57 % davon entfallen auf das
Verheddern mit Tauen und
Netzresten
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Auswirkungen der Geisternetze
•
•
•
•
Ungewollter nicht registrierter Beifang
Monatelang weiter fängig
Meeressäuger betroffen
Haie geraten besonders oft in verlorene
Netze und verenden.
• In der Nordsee wird der starke
Rückgang von Tiefseehaien mit 20 080
Geisternetzen = 1 254 Kilometer in
Verbindung gebracht, die dort jährlich
verloren gehen.
Foto:MfGZ
Foto:MfGZ
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Auswirkungen der Geisternetze
• Vögel nutzen Netzstücken als
Nistmaterial.
• 2005 wurden bei allen
Brutpaaren der Basstölpel auf
Helgoland Plastikabfälle und
vorwiegend Netzreste in den
Nestern gefunden.
• Untersuchungen in
Grassholm/Wales: je Nest
ca. 469,91 Gramm
Kunststoffe
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Foto: Wolf Wichmann
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FAO CODE OF CONDUCT/HELCOM
FAO:
„8.4.6 …develop and apply technologies,
materials and operational methods that minimize
the loss of fishing gear and the ghost fishing
effects of lost or abandoned fishing gear.”
© WWF/ W. A. Kassolikz
HELCOM ACTION PLAN on MARINE LITTER
• Best removal practice
• Guidelines to remove lost gear
• Fishing for litter Initiativen
66
Ergebnisse Geisternetzprojekte 2011-2012
82 Tage auf See in
Polen und Litauen, 10
Wracks gesäubert
27 370 kg
Fischereigeschirr
entfernt in 2
Kampagnen
5 Fischereifahrzeuge
77
Projekt : Kooperation zur Dokumentation
und Bergung von Geisternetzen in
Deutschland
• archaeomare e.V.
- 25 Sport-, Forschungs- und Berufstaucher
- Erfahrung bei der Ortung und Untersuchung von Wrackfunden
- ehrenamtliche Tätigkeit
• WWF
- Betreuung ähnlicher Projekte in Polen und Litauen
- Erfahrung in der Öffentlichkeitsarbeit
- Finanzierung von Projektabschnitten
• Deutsches
Meeresmuseum
-
Projektbetreuung
Team an erfahrenen Forschungstauchern
- Stellung von Boots- und Tauchtechnik
- Begleitung eines Ausstellungsprojektes
- Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit
Gefördert von
Jochen Lamp
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Projektelemente
• Dokumentation Wracks
• Recherche Haker/Hindernisse
• Genehmigung
• Bergung an Wracks mit Tauchern
• Bergung mit Fischereifahrzeugen
• Ausstellung
• Öffentlichkeitsarbeit
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Untersuchungsumfang
Line Grotian, WWF
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Dokumentation von Geisternetzen
• 5 Kampagnen von August 2013 – Juli 2014
mit insgesamt 31 Seetagen
• Nutzung des 26 m-Kutter SEEFUCHS und
der MS GOTLAND als Basisschiffe
• Taucheinsätze in Tiefen von 3 – 30 Metern
• 30 Schiffswracks / Hindernisse untersucht,
davon 23 mit verlorenen Netzen belegt
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Unkalkulierbare Wetterbedingungen
Foto: Johannes M. Schlorke
Wetterumschwung.
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Wetterbedingte Ausfälle
.
Jochen Lamp
Foto: Johannes M. Schlorke
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... Eindrücke ...
... von dem Wrack `Eisensegler´
Wolf Wichmann
Stralsund, 07.08.2014 14
... aktueller Stand – Fotostrecke ...
... Arten der Netzbedeckung von Hindernissen ...
Wrack `Eisensegler´:
nahezu komplette Bedeckung durch Netze und Tauwerk unterschiedlicher Art, teils an Strukturen verhakt ...
Wolf Wichmann
Stralsund, 07.08.2014 15
... Arten der Netzbedeckung von Hindernissen ...
Wrack `Eisensegler´
... teils flächendeckend ausgebreitet ...
Wolf Wichmann
Stralsund, 07.08.2014 16
... aktueller Stand – Fotostrecke ...
... Arten der Netzbedeckung von Hindernissen ...
Wrack `Eisensegler´
... exponierte Strukturteile sind meist ebenfalls komplett `vernetzt´
Wolf Wichmann
Stralsund, 07.08.2014 17
... aktueller Stand – Fotostrecke ...
... Arten der Netzbedeckung von Hindernissen ...
teilweise eingesandete Netze – hier nahe am Wrack des Holz-Fischkutters `Friedrich Engels´
Wolf Wichmann
Stralsund, 07.08.2014 18
... Arten der Netzbedeckung von Hindernissen ...
an Hinderniss verhakte, teilweise eingesandete Netze – hier an einem Spanten eines
unidentifizierten Eisenwracks
Wolf Wichmann
Stralsund, 07.08.2014 19
... Fängigkeit ...
Wracks dienen einigen Fischarten als Lebensraum, drunter Dorsch, Seehase und Seeskorpion. Viele verfangen
sich in Netzresten und verenden dort
hier: ein Dorsch im Netz am ´Blinkerwrack´
Wolf Wichmann
Stralsund, 07.08.2014 20
... aktueller Stand – Fotostrecke ...
... Fängigkeit ...
Wracks dienen einigen Fischarten als Lebensraum, drunter Dorsch, Seehase und Seeskorpion. Viele verfangen
sich in Netzresten und verenden dort
hier: ein Seeskorpion im Netz am Holzkutter`Friedrich Engels´
Wolf Wichmann
Stralsund, 07.08.2014 21
... aktueller Stand – Fotostrecke ...
... Fängigkeit ...
Wracks dienen einigen Fischarten als Lebensraum, drunter Dorsch, Seehase und Seeskorpion. Viele verfangen
sich in Netzresten und verenden dort
hier: vermutlich ein Dorsch im teils versandeten Netz im Bereich eines Wracks vor Sassnitz
Wolf Wichmann
Stralsund, 07.08.2014 22
... aktueller Stand – Fotostrecke ...
... Schadpotenzial für mögliche Denkmäler ...
Wracks von kulturhistorischer Bedeutung könnten für Beschädigung z.B. durch strömungsbedinge Reibung
von Netzen und anderem verlorenem Fanggerät anfällig sein
hier: vermutlich strömungsbedingter Abrieb durch Netzreste an der hölzernen Bordwand am Vorschiff
des Fischkutter-Wracks `Sturmvogel´
Wolf Wichmann
Stralsund, 07.08.2014 23
... aktueller Stand – Fotostrecke ...
... Schadpotenzial für mögliche Denkmäler ...
Wracks von kulturhistorischer Bedeutung könnten für Beschädigung z.B. durch strömungsbedinge Reibung
von Netzen und anderem verlorenem Fanggerät anfällig sein
hier: vermutlich strömungsbedingter Abrieb durch Netzreste an der hölzernen Bordwand des `Blinkerwracks´
Jochen Lamp
Wolf Wichmann
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Ausstellung Geisternetze
• Deutsches Meeresmuseum, Landesamt
f. Fischerei und Landwirtschaft(Rostock)
• Aktuell: Oceanarium Gdynia
• Inhalte Problemaufriss Geisternetze,
Umwelt, Beifang, Plastikmüll-Zersetzung
, Bergetechniken, Recycling
• Exponate : Fotos, Vogelfelsen
Helgoland, Netzegge, Film
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Ursprünglich geplante Bergeaktion mit Fischern
• Technik : Netzegge
• Gebiet: östlich Rügen nördl. Usedom
(Grundlage: BSH Meldungen,
Hakerkarten (historisch und von
Fischern), Datenbank
archaeomare e.V)
• Grund ca 15 m tief, Sand und
Steingründe, z.T. Stellnetzgebiete
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Partnerfahrzeug
• Schleppnetzkutter „Einheit“ Kar 41
• Seitenschlepper , Winsch seitlich
• 17m , ca. 300 PS, 2 Mann Besatzung
• Schleppegge Eigenbau mit 2 Suchern
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Bergegerät
• Netzegge nach polnischem Muster
• Rollengeschirr mit leichten Kugeln
• 2 beschwerte Sucher
• 140 m Nylonleine
• Verholen auf einer Netztrommel
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Abstimmung mit Behörden
Vertreter:
•
•
•
•
•
•
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
Wasser- und Schifffahrtsamt
Landesamt für Kultur und Denkmalpflege
Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei
Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt
Fischereiaufsicht
Probleme:
•
•
Denkmalschutz
Munitionsbelastung bei Einsatz der Netzegge
Lösung:
•
•
•
Auswahl von zwei Hindernissen / Wracks, die nicht als Denkmal eingestuft sind
Antragstellung gemäß DSchG MV bei der Entfernung von Netzen von weiteren Wrackfunden
Auswahl geeigneter Gebiete zum Einsatz der Netzegge
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Bergung mit Tauchereinsatz
Fotos: Johannes M. Schlorke
•
Auswahl der Wracks der Fischkutter FRIEDRICH ENGELS und STURMVOGEL
•
Einsatz für 5 Tage im September 2014
•
Sicherstellung durch 2 Berufstaucher und 10 Forschungs- und Sporttaucher
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Bergung mit Tauchereinsatz
Fotos: Johannes M. Schlorke
Aufgabenverteilung aufgrund der Gefahrenanalyse:
•
Forschungs- und Sporttaucher dokumentieren die Lage, lösen die Netze an unkomplizierten Stellen
und schlagen sie an.
•
Berufstaucher lösen die Netze an komplizierten Bereichen und koordinieren den Einsatz der
Hebetechnik.
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Bergung der Geisternetze
Lösen der Netze mit
„geeigneten“
Schneidwerkzeugen
Foto: Johannes M. Schlorke
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Bergung der Geisternetze
Fotos: Johannes M. Schlorke
Heben der Netze
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Bergung der Geisternetze
Fotos: Johannes M. Schlorke
Heraustrennen von fremden Materialien
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Öffentlichkeitsarbeit
TV-Beiträge:
ZDF-Mittagsmagazin, ZDF-LOGO, MARE-TV, NDR-Nordmagazin,
NDR-Naturnah, …
Zeitungsmeldungen:
über dpa
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Ostseezeitung, Agenturmeldung an alle deutschsprachigen Zeitungen
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Analyse der Netzproben
Untersuchung von fünf Proben über die dynamische
Differenzkalorimetrie und Rasterelektronenmikroskop.
•
•
Polyethylen,Polyamid 6.6 (Perlon), Polypropylen
Bei 3 Proben Weichmacher feststellbar. Die üblichen
Weichmacher in den Polymeren sind nicht
wasserlöslich,.
Aufgrund der starken Verunreinigung wird thermische
Nutzung empfohlen.
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Projektergebnisse
Im Bereich der deutschen Ostsee konnten verlorene Schleppnetze, Stellnetze und Reusen
Festgestellt werden
Bei der Seevermessung wurden meist nur Netze erfasst, die eine Gefahr für die Schifffahrt darstellen.
Positionen in den Hakerkarten weisen Ungenauigkeiten auf und müssen verifiziert werden.
Netze sind meist kaum bewachsen und werden zur Falle für Fische, die in den Wracks ihre
Rückzugsgebiete haben.
Je länger sich Netze an Hindernissen befinden, um so mehr verheddern sie sich und werden
einsedimentiert. Eine Bergung ist dann äußerst schwierig. Die Netze vergehen nicht und werden nur
durch mechanische Beanspruchung zu Mikroplastik aufgearbeitet.
Für die Garne werden Polyamid, Polyethylen und Polypropylen verwendet.
Von der FRIEDRICH ENGELS und dem STURMVOGEL konnten in 5 Tagen ca. 4 Tonnen Netze
geborgen werden. Das ist ca. ¼ der Netzbedeckung.
Die Netze sind in der Regel stark verunreinigt, so dass eine thermische Verwertung empfohlen wird. Nach
einer aufwendigen Reinigung können die Netze auch wieder recycelt werden.
Tauchforen berichten regelmäßig über Unfälle mit verlorenen Netzen.
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Laufendes Projekt Polen 2015
• Gemeinschaftsprojekt mit Fischereigenossenschaft
• WWF Polen als koordinierender Partner
• Aus EU-Fischereifonds gefördert
• Vorbereitung mit Expertengruppe
• Durchführung Mai – August 2015
• Bergung
• Entsorgung
• Kommunikation
• Erforschung von Markiertechnik
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Laufendes Projekt Polen 2015
Etwa 70
Fischerei
fahrzeuge
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1750
Seetage +
Wracks
gesäubert
350 Tonnen
Netze
geborgen
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Laufendes Projekt Polen 2015
Container in jedem Hafen,
Recycling der Netze
Datenbank :
sieciwidma.wwf.pl
Kommunikation:
Ausstellung in Gdynia
Medien
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WHAT’S NEXT??
Mexico
Poland
Estonia,
Germany,
Sweden
(Marelitt)
- California Bay
- WWF Truly
Global
initiative
Für Marelitt Projekt Kooperation mit Behörden
Auch in Deutschland erwünscht!
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41
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Ein herzlicher Dank gilt auch den Tauchern von archaeomare, der Drosos Stiftung,
Thomas Förster vom Meeresmuseum Stralsund und Piotr Predki (WWF PL) für die Nutzung
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Ihrer Präsentationen
Foto: Johannes M. Schlorke