224 Die Murgia mit Valle d’Itria Hausskulpturen im Trulli-Land Valle d’Itria Das fruchtbare Itria-Tal gehört zu den schönsten Kulturlandschaften des Südens. Die Obst- und Mandelblüte verwandelt die Gegend in einen farbenprächtigen Garten. Zwischen Wein- und Olivenpflanzungen verlaufen krumme Mauern aus aufgeschichteten Feldsteinen, im Nordosten krönen Steineichen und Kiefern die flachen Hügelkuppen. Die landschaftlichen Reize allein sind es allerdings nicht, die das Itria-Tal zu einer der beliebtesten Ferienregionen Apuliens machen, die große Attraktion ist die eigenwillige Trulli-Architektur (→ Kasten, S. 229). Über viele Quadratkilometer streuen sich die kegel- und pyramidenförmigen, oben spitz zulaufenden, blendend weiß gestrichenen Steinhäuschen. Das Städtchen Alberobello ist mit fast 1500 dieser Rundhäuser die absolute Trulli-Königin – eine romantische Märchenstadt im idyllischen Bilderbuchtal. Kein Wunder, dass man überall Reisegruppen aus den USA und Japan sichtet, selbst manche Speisekarte in Alberobello verfügt bereits über eine Übersetzung auf Japanisch. Der kollektive Hype um die Zipfelmützen aus Stein evoziert natürlich auch manche Geschmacksverirrung in Gestalt niedlicher kleiner Miniatur-Trulli aus Plastik oder Naturstein, die es als Mitbringsel zu kaufen gibt. Abseits der ausgetretenen Pfade, insbesondere auf einer gemütlichen Fahrradtour, lassen sich im Valle d’Itria allerdings noch jede Menge halb verfallene und mit Efeu überwachsene oder neu errichtete Trulli-Gehöfte – allesamt fotogene Hausskulpturen im üppig blühenden Gartenparadies – aufspüren. Ein weiterer gewichtiger Standortvorteil für Reisende sind die kurzen Wege vom Valle d’Itria zur Küste und zu anderen Destinationen im südlichen Apulien. Selbst urbane Zentren wie Bari, Tarent oder Lecce liegen in bequemer Reichweite. Die Popularität der Region korrespondiert mit einem gut gefüllten Unterkunftsverzeich- Valle d’Itria Valle d’Itria 225 nis. Besonders im hochpreisigen Segment herrscht kein Mangel und von Jahr zu Jahr eröffnen neue Landhotels – mit Schwimmbad und komfortablen Zimmern. Zum guten Ton gehört es hier inzwischen, die Nächte in einer schick ausgestatteten Trullo-Wohnung zu verbringen. Noci ca. 19.500 Einwohner In dem sympathischen Landstädtchen scheint die Welt noch in Ordnung zu sein: Die älteren Herrschaften flanieren im Baumschatten der Villa comunale (Stadtpark) auf und ab, während die sog. bessere Hälfte bevorzugt im friedlichen, weiß getünchten Centro storico anzutreffen ist. An der Piazza del Plebiscito mit der Hauptkirche aus dem 14. Jh. und einem alteingesessenen Straßencafé ist die Altstadtidylle perfekt. Rund 5 km außerhalb, an der Landstraße in Richtung Fasano und Monopoli, thront auf einem Hügelsolitär die frühchristliche Chiesa di Barsento. Im schlichten, weißen Habit beherrscht sie mit dem Chiancarelle-Dach (die Chianca ist eine Platte aus Kalkstein) die Umgebung. Neben dem zumeist verschlossenen Portal ist ein Relief mit byzantinischer Inschrift in die Außenwand eingemauert. In Richtung Gioia del Colle lenkt ein weiterer Sakralbau die Aufmerksamkeit auf sich: Die Abbazia di Madonna della Scala wurde 1952 an Stelle eines mittelalterlichen Vorgängerbaus errichtet. Sie muss man zwar nicht unbedingt gesehen haben, es ist aber durchaus interessant zu wissen, dass die Klostergemeinschaft eine Spezialwerkstatt für Buchrestaurierung betreibt. So wurden mit ihrer Hilfe u. a. die katastrophalen Flutschäden der Staatsbibliothek von Florenz aus dem Jahr 1966 beseitigt. Hin & weg Noci ist Knotenpunkt mehrerer Landstraßen und ist von Gioia del Colle, Castellana, Alberobello und Mottola unkompliziert zu erreichen. Bahn: Vom außerhalb gelegenen Bahnhof fahren regelmäßig Züge nach Alberobello und in die Gegenrichtung nach Bari. Einkaufen Azienda Vinicola Barsento, das Weingut kultiviert seit über 40 Jahren u. a. die Malvasia-Rebe (bianca e nera). Der Keller ist in den Felsen hineingebaut, Weindegustation ab 15 €/Pers., auch Verkauf von Olivenöl, Restaurant (Besichtigung nach Voranmeldung). Contr. San Giacomo (3 km südwestlich von Noci), ¢ 080-4979657, www.cantinebarsento.it. Veranstaltungen BucoBum, Musikfest zeitgenössischer Liedermacher, junges Publikum. Aug. (www.bucobum.it). Sagra del Fungo, kulinarisches Fest rund um den Speisepilz, Bauernmarkt und Pilzgericht-Degustation. Anfang Okt. Murgia/Valle d’Itria → Karte S. 194/195 Im Itria-Tal geben sich die klassischen, kunsthistorisch relevanten Sehenswürdigkeiten nicht gerade die Klinke in die Hand. Hier ist die Landschaft der Star, die sich erstaunlich dicht besiedelt präsentiert. Die schmalen und oft vielfach gewundenen Sträßchen zwischen Trockenmauern eignen sich aufgrund des hügeligen Terrains wie keine andere Gegend für das E-Bike. Und in der Tat gibt es inzwischen den einen oder anderen Anbieter, der Fahrräder mit Elektroantrieb an Feriengäste verleiht. Beliebte Ausflugsziele sind die historischen Kleinstädte im Valle d’Itria, z. B. Cisternino und Locorotondo, die jeweils durch ihr intaktes Ortsbild überzeugen. Weitaus bekannter sind jedoch die Barockmetropole Martina Franca sowie ganz im Südosten die „weiße Stadt“ Ostuni. In Noci oder in Ceglie Messapica hingegen begegnet man Ortsfremden eher selten. Besagte Städte an der Peripherie bilden daher einen immensen Kontrast zum Auftrieb, der z. B. in der Trulli-Hauptstadt Alberobello herrscht. 226 Die Murgia mit Valle d’Itria Bacco nelle Gnostre, auf dem Weinfest präsentieren sich Winzer aus ganz Apulien. Anfang Nov. Übernachten/Essen & Trinken **** Masseria Abate Resort, komfortables Landhotel, weitläufige und gepflegte Anlage mit Pool und nur 10 Zimmern, davon 3 Trulli-Suiten. Gediegene Einrichtung mit viel Naturstein. Das Ristorante serviert gute apulische Landküche. DZ ab 100 €. Nov. bis März geschlossen. 3 km auf der SP 211 in Richtung Massafra, ¢ 080-4978288, www. abatemasseria.it. Mein Tipp: Agriturismo Le Casedde, auf 12 ha werden Öl, Wein und Obst angebaut, freundliche Zimmer im ausgebauten Wirtschaftsgebäude und 2 romantische Trulli-Unterkünfte. DZ 72 €. Das Restaurant serviert nach Voranmeldung herzhafte Landküche (Menü ca. 25 €). Nicht von der Lage an der Straße abschrecken lassen. 2 km auf der SS 604 in Richtung Gioia del Colle (auf Holzwegweiser achten), ¢ 0804978946, www.lecasedde.com. Altstadtidyll in Noci Putignano L’Antica Locanda, vielfach ausgezeichnete Altstadt-Osteria, helles Kellergewölbe, 3 gemütliche und hübsch dekorierte Speiseräume. Beste Regionalküche mit Schwerpunkt auf Gemüse und Fleisch, erlesene regionale Weine. Menü um 25 €. So abends und Di geschlossen. Via Spirito Santo 49, ¢ 080-4972460, www.pasqualefatalino.it. ca. 27.000 Einwohner In der insgesamt wenig spektakulären, aber netten und gepflegten Altstadt warten nahezu zehn Kirchen sowie etliche herrschaftliche Palazzi auf Besucher. Am besten betritt man das weitgehend autofreie Centro storico durch das gut erhaltene Stadttor Porta Barsento und schlendert durch die Pflastersteingassen zur zentralen Kirchenpiazza mit der ursprünglich romanischen Chiesa di San Pietro. Im Inneren sind Arbeiten des Renaissancebildhauers Stefano da Putignano zu sehen. Gleich daneben erhebt sich der imposante Palazzo Principe. Ebenfalls am Kirchplatz informiert das kleine Pro-Loco-Büro im alten Sedile u. a. über den hiesigen Karneval, der bereits seit dem 12. Jh. gefeiert wird. Am Stadtrand in Richtung Turi lädt die Grotta del Trullo zur Höhlenexkursion ein, obgleich sich die Grotte im Vergleich zu den gigantischen Exemplaren in Castellana (→ S. 227) in puncto Popularität nicht vergleichen lässt. Sie verbirgt sich etwas stiefmütterlich am Stadtrand und selbst Einheimische verweisen Besucher häuf ig in die nur 6 km entfernte Nachbarstadt, wenn sie nach dem lückenhaft ausgeschilderten Anfahrtsweg gefragt werden, Juni bis Sept. tägl. 10–12.30 und 14.30–18.30, Okt. bis Mai bis 17 Uhr. 5 €, erm. 2,50 €. ¢ 0804912113, www.grottadeltrullo.com. Grotte di Castellana 227 Grotte di Castellana Mit rund einer Viertelmillion Besucher im Jahr ist das bizarre Grottenlabyrinth von Castellana die größte unterirdische Touristenattraktion Italiens. 1938 begannen die Speleologen mit der systematischen Erforschung der Tropfsteinhöhlen, wobei sie sich am Anfang erst einmal durch einen stinkenden Berg aus landwirtschaftlichen Abfällen und Tierkadavern arbeiten mussten, bevor sie ins weit verzweigte Innere vordringen konnten. Das Loch, durch das sich die unterirdische Müllhalde gefüllt hatte, war nämlich die einzige natürliche Öffnung des Höhlensystems. Um den Grotteneingang herum ist eine Infrastruktur aus Hotels, Restaurants und Souvenirboutiquen entstanden, die man meiden sollte. Allenfalls das kleine Museo Speleologico, das mit der Eintrittskarte zur Höhle zugänglich ist, lohnt den Besuch. Ebenfalls kein ergiebiges Ausflugsziel ist die nahe gelegene Stadt Castellana Grotte. Besichtigung Rundgang/Information: Besucher können zwischen einem langen (3 km, 2 Std.) und einem kurzen Rundgang (1 km, 50 Min.) wählen, wobei nur die lange Variante die Besichtigung der Grotta Bianca einschließt. Auch ein barrierefreier Zugang ist möglich. Piazzale Anelli, ¢ 080-4998221, www.grottedicastellana.it. Eintritt: 15 €, erm. 12 € (langer Rundgang), 10 €, erm. 8 € (kurzer Rundgang). Öffnungszeiten: März bis Okt. 10–18 Uhr. Führungen beginnen i. d. R. – aber nicht ausschließlich – zu jeder vollen Stunde. Englisch- und deutschsprachige Führungen April bis Sept. 11 und 16 Uhr (langer Rundgang) und 10, 13–15 und 18 Uhr (kurzer Rundgang). Hin & weg Landschaftlich interessante Anfahrt von Bari auf der SS 634 mit Wein-, Oliven- und Mandelplantagen. Gebührenpflichtige Parkplätze befinden sich in der Nähe des Grotteneingangs. Bahn: Regelmäßige Verbindungen von Bari via Conversano oder Tarent via Alberobello zur Bahnstation Grotte di Castellana (nicht zu verwechseln mit der Stadt Castellana Grotte). Vom Bahnhof sind es ca. 200 m bis zum Grotteneingang. Übernachten/Essen Mein Tipp: Masseria Serragambetta, das hübsche Anwesen mit Pool ist seit Jahren ein zuverlässiger Tipp. Auf ca. 15 ha wird biologischer Oliven-, Obst- und Mandelanbau betrieben. Gemütlich-rustikale Quartiere im Haupthaus (19. Jh.) und in Nebengebäuden. 9 DZ sowie Apartments mit Küchenzeile. Die Inhaber kümmern sich leidenschaftlich um Haus, Land und Gäste. Exzellente Küche, die herzhafte Hausmannskost wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. Nicht von der Lage an der Landstraße abschrecken lassen! DZ 84–96 € (Hauptsaison pensionspflichtig). Loc. Serragambetta (2 km auf der SP 240 in Richtung Conversano), ¢ 0804962181, www.serragambetta.it. Murgia/Valle d’Itria → Karte S. 194/195 Bisher ist das faszinierende Labyrinth über eine Länge von ungefähr 1600 m erforscht und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. In einer Tiefe von 60 m, unter dem Dach titanischer Höhlengewölbe, die durch enge, tunnelartige Gänge miteinander verbunden sind, offenbart sich dem Betrachter eine fantastische Märchenwelt. Die weiten Hallen bergen wundersame Steinformationen, die so bildhafte Namen wie Tempelschiff, Turm von Pisa oder Mailänder Dom tragen. Überall sieht man bizarre Stalagmiten- und Stalaktitengebilde, zu deren Erschaffung die Natur Jahrtausende benötigte. Durch den 450 m langen „Wüstengang“ gelangt man zum End- und Höhepunkt der großen Höhlenerkundungstour: zur eindrucksvollen Grotta Bianca. Die weiße Höhle entpuppt sich als f iligraner Naturschrein aus feinsten Steinhäuten und -fäden, dessen effektvolle Beleuchtung ihren Zweck durchaus nicht verfehlt. Wegen glitschiger Gänge sind feste Schuhe empfehlenswert, außerdem sollte eine Jacke ins Gepäck, weil die Temperatur unter Tage etwa 15° C beträgt. Grotte di Castellana 228 Die Murgia mit Valle d’Itria Alberobello ca. 11.000 Einwohner Die geschäftstüchtige Hauptstadt des Itria-Tals ist die unangefochtene Trulli-Königin. Und trotz zahlreicher Touristen aus allen Erdteilen sowie entsprechend viel angepasster Folklore ist der Ort ein exzellenter Ausgangspunkt zur Erkundung der Umgebung. Fast alle Besucher landen früher oder später auf dem weitläufigen Largo Martellotta zwischen den Trulli-Vierteln Rione Aia Piccola und Rione Monti. Seit 1996 stehen die beiden Viertel unter dem Schutz der UNESCO. Hier sollen auch die ersten steinernen Iglus entstanden sein; der eigentliche Bauboom erwachte jedoch erst im 18./19. Jh. Oberhalb des steil ansteigenden Bergviertels, dessen Gassen Souvenirstände in großer Zahl und Restaurants säumen, thront die Chiesa di Sant’Antonio. Der über 20 m hohe Kuppelbau hat – wie sollte es anders sein – eine Dachkonstruktion im Trulli-Stil. An sonnigen Wochenenden und zur Hauptreisezeit im Sommer schieben sich die Touristenmassen durch die Zona dei Trulli, die aus allen Richtungen ausgeschildert und von daher kaum zu verfehlen ist. Deutlich ruhiger präsentiert sich die gepflegte Neustadt, die auf kurzen Wegen über Treppen erreichbar ist. Deren Zentrum bildet die hübsche Piazza del Popolo mit einigen Straßencafés, die eine gute Alternative zu den touristischen Optionen in den Trulli-Vierteln sind. Vom Platz führt der verkehrsberuhigte Corso Vittorio Emanuele zur neoklassizistischen Basilica dei Santi Medici, die den beiden Ärzten und Heiligen Kosmas und Damian geweiht ist. Ihr Architekt Antonio Curri (1848– 1916) stammt aus Alberobello. Am nordöstlichen Stadtrand, unmittelbar hinter den Bahngleisen, kommen im Museo del Vino die Freunde des Rebensaftes auf ihre Kosten. Es handelt sich um das Firmenmuseum eines traditionsreichen Kelterbetriebes der Region. Im Erdgeschoss können Besucher einen Blick in den Abfüll- und Verpackungsprozess werfen, der didaktisch hervorragend inszenierte Ausstellungsbereich bef indet sich im Obergeschoss. Selbstverständlich können die Weine auch degustiert werden. Mo–Fr 10–13 und 16–19 Uhr. Eintritt frei. Via due Macelli 8, ¢ 080-4323548, www.albeavini.com. Casa Pezzolla (Museo del Territorio e dell’Olio): Das beispielhafte Trulli-Konglomerat besteht aus rund 20 Häuschen. Innen präsentiert eine Art Heimat- und Bauernmuseum eine Dokumentation über den Ursprung der Trulli und die Entstehung der Stadt Alberobello. Zu sehen ist auch eine originelle Sammlung von TrulliDachspitzen (pinnacoli). Offene Feuerstellen, bäuerliche Gerätschaften und typische Haushaltsgegenstände geben Einblicke in die traditionelle Wohn- und Arbeitskultur. Wenige Schritte weiter informiert ein kleines Olivenölmuseum, das mit derselben Eintrittskarte zugänglich ist, über die feinen Unterschiede zwischen den Olivensorten und über die traditionellen sowie modernen Arbeitsprozesse von der Ernte bis zur Pressung. Tägl. außer Mo 10–13 und 15.30–19 Uhr. 4 €. Piazza XXVII Maggio 22, ¢ 080-4321200. Trullo Sovrano: Der einzige Trullo mit Obergeschoss steht hinter der Basilica dei Santi Medici. Das Anwesen entstand in der ersten Hälfte des 18. Jh. im Auftrag einer wohlhabenden Priesterfamilie, daher auch der ursprüngliche Name „Corte di Papa Cataldo“. Es handelt sich um einen der ersten Trulli überhaupt, die mithilfe von Mörtel errichtet wurden. Er diente im Verlauf der Zeit unterschiedlichen Zwecken:als Bauernhof, Geschäft oder Wohnung. Zeitweilig hatte sogar eine Mönchsgemeinschaft hier ihren Sitz. Der linke Flügel ist der älteste Gebäudeteil und Alberobell o Alberobello 229 Wie Zipfelmützen ragen die Land-Trulli aus den grünen Olivenhainen und Weingärten hervor, zumeist handelt es sich um schlichte Bauernhütten, die aus rohem Feldgestein geschichtet sind. Aber man sieht auch kunstvoll gemauerte Landhäuschen, wobei oftmals mehrere Trulli zu ganzen Komplexen verbunden sind. Rund 5000 dieser markanten Bauten hat man im Itria-Tal gezählt. Die Bauweise ist im Prinzip immer die gleiche: Auf einer annähernd quadratischen Grundfläche werden rohe Feldsteine in Trockenbauweise zu dicken Grundmauern übereinandergesetzt. Die Kegelform der Dächer ergibt sich durch schräg aufeinandergeschichtete chiancarelle (Steinplatten). Das unerschöpfliche Baumaterial liefert der steinige Boden gratis. Der pinnacolo (Dachspitze) ist meistens kugel- oder sternförmig verlängert. Mauerwerk und Spitze sind schneeweiß gekalkt, während das konische Dach die charakteristische grauschwarze Natursteinfarbe behält. An den Dächern entdeckt man die vielfältigsten Verzierungen und Symbole, einerseits, um die Häuser einer Trulli-Siedlung zu individualisieren (Prinzip Hausnummer), und andererseits, um die überirdischen Kräfte zum Schutz herbeizurufen (das Prinzip Aberglaube). Initialbuchstaben, heidnische, christliche und astrologische Zeichen sind kunstvoll aufgepinselt und von Weitem sichtbar. Trulli-Varianten: Die Technik der reparaturanfälligen Trockenbauweise wurde von Generation zu Generation weitergegeben und immer fantasievoller umgesetzt. So wurden aus den einfachen Bauernhütten, die anfangs der Unterbringung von Vieh und der Gerätschaften dienten, bald kleine Landhäuschen, die sogar mit geräumigen Nischen, Fenstern und Zisternen ausgestattet waren. Bei größerem Platzbedarf wurden die normalerweise einräumigen Trulli einfach miteinander verbunden und zu bequemen Trulli-Konglomeraten zusammengefügt. Die sicherlich netteste der zahlreichen Entstehungslegenden berichtet Giangirolamo II. Acquaviva, im 17. Jh. Feudalherr der Gegend: Schon damals mussten Hausbesitzer an den König eine Art Grundsteuer abführen. Um seinen Untertanen diese Abgabe zu ersparen, ließ Giangirolamo die Bevölkerung mörtellose Steinhütten bauen, die sie vor den Steuereintreibern als Steinhaufen deklarierten. So überlistete der Feudalherr den König und dessen offensichtlich blinde Beamte – und trieb die Steuern dann angeblich selber ein. Murgia/Valle d’Itria → Karte S. 194/195 Fantasievolle Plattenbauten: Die Trulli im Itria-Tal 230 Die Murgia mit Valle d’Itria geht auf das 17. Jh. zurück. Das Innere ist im Stil eines Heimatmuseums eingerichtet und kann besichtigt werden. Beachtenswert ist auch der gut sortierte Buchladen. April bis Okt. tägl. 10–19.30, Nov. bis März 10–18.30 Uhr. Eintritt 1,50 €. ¢ 080-4326030. Radwanderung 4: Durch das romantische Tal der Trulli → S. 375ff. Bequeme Fahrrad-Rundtour mit nur wenigen Steigungen ĒBasis-Infos Information Das Infobüro befindet sich im Rione Monti. Di/Mi 10–12 und 15.30– 18.30, Do–So 8–10.30 und 18–20.30 Uhr, Juni bis Sept. auch Mo geöffnet. Angeboten werden u. a. Führungen durch die beiden Trulli-Viertel (Mindestpauschale 40 €). Via Monte Nero 3, ¢ 080-4322060, www.proloco alberobello.it. Hin & weg Einige landschaftlich reizvolle Nebenstrecken führen von der Adriaküste nach Alberobello. Von Gioia del Colle führt eine schöne Anfahrt via Noci auf der SS 604 durch ein ausgedehntes Walnussbaumgebiet. Parken: Besucher werden bereits bei der Anfahrt zu den ausgewiesenen Parkflächen geleitet. Auf den zentralen Plätzen werden bis 22 Uhr Parkgebühren verlangt (2 €/Std., 4,50 €/Tag). Achtung: Hohe Strafgebühren für das Parken ohne Schein! Beste Option ist der „Parcheggio nel Verde“ in der Nähe der Kirche Sant’Antonio. Dort gibt es auch Wohnmobilstellplätze für 18 €/24 Std. Via Cadore, www.areasostaalberobello.it. Bahn/Bus: Alberobello ist mit der Bahn von Bari und Taranto erreichbar. Der Bahnhof liegt günstig, ca. 10 Min. zu Fuß zur Piazza del Popolo. Busse fahren mehrmals tägl. von und nach Bari sowie Martina Franca. Taxi: ♠ 080-2144072, www.eurotaxipuglia.it. Fahrradverleih/Touren Alberobello ist ein guter Ausgangspunkt für Fahrradtouren im Valle d’Itria (→ Radwanderung 4, S. 375ff.). Charming Trulli, die Full-Service-Agentur (→ Übernachten) am Trullo Sovrano verleiht Tourenräder für 15 €/Tag. Weil nur 15 Räder zur Verfügung stehen, ist in der Hauptsaison eine zeitige Reservierung zu empfehlen. Lentamente Tour, der Fahrradspezialist mit Sitz im Rione Monti verleiht stabile Trekkingbikes mit Shimano-Schaltung und Ortlieb-Taschen (20 €/Tag und 80 €/Woche). Zudem organisiert die Agentur Radtouren. Tägl. 8.30–13 und 15–18 Uhr. Via Monte San Gabriele 1 (Hotel Trullidea), ♠ 080-4323860, www.lentamentetour.com. Taste & Go, die in Noci ansässige Agentur unterhält ein Netz von E-Bike-Stationen im Valle d’Itria und an der Adriaküste, perfekt für das Radeln von Ort zu Ort. Ab 30 €/Tag mit Online-Voranmeldung. Leihstationen im Hotel Olimpo und im Grand Hotel la Chiusa di Chietri. ♠ 389-1579331, www.tasteandgo.com. Veranstaltungen Festa di Sant’Antonio, Trulli-Kirchenfest im historischen Viertel Monti. 13. Juni. Città dei Trulli, Festival mit Aufführungen mehrerer überregionaler Folkloregruppen. Ende Juli/Anfang Aug. (www.alberobello folklore.it). Jazz Festival, Treffpunkt der apulischen Szene mit vielen Jazzkonzerten. Mitte Aug. (www.alberobellojazz.it). La Notte dei Briganti, die lange Nacht der Räuber gedenkt der Jahre 1860–1864, als in den umliegenden Wäldern die Briganten hausten. Mitte/Ende Aug. Patronatsfest, zu Ehren der Heiligen Kosmas und Damian mit Jahrmarkt, Prozession, Volksmusik und Feuerwerk. Es gibt u. a. Oliven, die speziell für dieses Fest ausgesucht und nach einer Geheimrezeptur eingelegt werden. 25.–28. Sept. Presepe vivente, seit 1970 finden die Krippenspiele mit 230 Darstellern im Rione Aia Piccola statt. Derselbe Verein veranstaltet am Karfreitag auf der Piazza Independente ein Passionsspiel (Passione vivente). 26.–29. Dez. (www.dabetlemmeagerusalemme.it). Wandern Parco Bosco Selva: Rund 1 km oberhalb von Alberobello, in Richtung Noci, befindet sich der kommunale Stadtpark. Wanderwege unter Pinien und Steineichen laden zu Spaziergängen ein. Alberobello Putignano/ Putignano/ Monopoli, Monopoli, 231 1 2 M on te de e a C o M V. rie le S . Ga b o nte S. M ic he l e tin Sa bo Sa e nt Mo Martina MartinaFranca Franca Vi a Ind ipe nd M on t e 12 13 Bosco Selva 14 Casa Sant' Antonio en za 1 2 4 5 6 10 ssen & Trinken La Nicchia Fidelio Terra Madre Trullo dei Sapori La Cantina La Fontana 1914 Il Fornello 12 Il Poeta Contadino Alberobello 100 m ēÜbernachten **** Victor Country Hotel, das Landhotel liegt ideal, wenn man dem innerörtlichen Trubel entgehen möchte. 38 freundlich ausgestattete Zimmer mit allem Komfort, Pool, Ristorante im kühlen Gewölbe. Schickes Ambiente, kostenloser Verleih von Mountainbikes, Wellnessangebote. Grundsolides Naturstein-Haupthaus. DZ 120–160 €. Contr. Albero della Croce (in Richtung Noci auf Schilder nach links achten), ¢ 080-4326054, www.victorcountry.com. Trullo Casa Rosa 8, außerhalb gelegenes Trulli-Landgut, Donatella und Antonio Rosa sprechen Deutsch und sorgen dafür, dass die Gäste sich gut aufgehoben fühlen. 1 erstaunlich geräumiger Trullo für 2 Pers. sowie 1 Apartment für 4 Pers. Ruhige Lage zwischen Obst- und Olivenbäumen. Das biodynamisch angebaute Gemüse wird in der Küche zu feinen Gerichten verarbeitet. DZ 90 € (Mindestaufenthalt 3 Tage). Contr. Staffone 222, Zona B (Nähe Bosco Selva), ¢ 339-2029338, www.trullocasarosa.it. Charming Trulli 3, die Agentur mit zentral gelegener Rezeption vermietet nach dem Konzept Albergo diffuso verschiedene nobel Murgia/Valle d’Itria → Karte S. 194/195 8 Piccola mbo V. r Aia olo Sant' Antonio ou r Rione oC Vi a av or .V e to f G ris Ner o ca 14 3 Charming Trulli 8 Trullo Casa Rosa 11 Trullidea a M. nte ti Per gin 9 Via Rione Monti 11 Re aC o ata di V. Martellotta ig Br Via on pi m Vi Ca o P.za Museo del Territorio P.za del XVII Maggio Popolo P.za Vi 7 Plebiscito Via nt ni 7 Miseria e Nobiltà 9 Belvedere sm P. zi le V. di ci G a al az afés as lF Vi P.za Ferd. IV ib ar a M ue o re 13 Vi tt an i ad V ia C Noci, Noci, Vi Em rtacc h Largo 10 Mo nte bernachten a 6 Via dante Alighieri te Mo Via 5 v rio Pia tto B E . de Ami cis Vi V ia Vi e Bahnhof e r it a M a rg h P.za F.lli Kennedy V ia le T r e n to e o a e an . Gig on F Via D pa T ri es te Co rs o Vi Via ap rs Via s tti sti Gr Co Ce Ba ny le B ar a Santissimi Medici Cosma e Damiano P.za Curri are ling Via B V ia Vi Sacramento iume Via F Trullo 4 P.za Sovrano i 3 232 Die Murgia mit Valle d’Itria ausgestattete sowie alles andere als preiswerte Trulli-Quartiere in Alberobello und Umgebung. Gefrühstückt wird in der empfehlenswerten Trattoria Terra Madre (→ Essen & Trinken). DZ 120 €. Piazza Sacramento 17 (Trullo Sovrano), ¢ 339-3570176, www.charmingtrulli.com. Mein Tipp: Trullidea 11, die Trulli-Herberge im Rione Monti vermietet komfortable Original-Trulli mit Kochnische nach dem Konzept Albergo diffuso im ganzen Viertel Rione Monti, das Frühstück wird in einer Bar eingenommen. Fahrradverleih und diverse Radroutenvorschläge. DZ 100– 150 €. Via Monte San Gabriele 1, ¢ 0804323860, www.trullidea.it. ĒEssen & Trinken Il Poeta Contadino 12, berühmtes Lokal, etwas abseits zwischen den beiden TrulliVierteln gelegen, stilvolles Ambiente, gehobene Spezialitätenküche und fundierte Weinkarte. Menü ca. 50 €. Nebenan bietet ein weiterer Raum Gerichte für den etwas kleineren Geldbeutel aus derselben Küche an. Gerichte nach traditioneller Machart, Trulli-Gehöft bei Alberobello Casa Sant’Antonio 14, ehemaliges Sommerseminar der Diözese ConversanoMonopoli, in den 1970er-Jahren verfallen und seit 2000 ein Hotelbetrieb für jedermann. Alles ziemlich nüchtern, aber picobello sauber. DZ 60–76 €. Via Isonzo 8a (im Rione Monti, direkt an der Trulli-Kirche), ¢ 080-4322913, www.santantonioalbergo.it. Camping Bosco Selva 13, schön gelegener Zeltplatz unter Pinien, ruhig und schattig. Einfache, zweckmäßige Ausstattung, ein Restaurant mit Bar befindet sich nebenan. 2 Pers. mit Zelt ab 18 €. Ganzjährig geöffnet. Via Bosco Selva 27 (von der SS 604 in Richtung Noci ausgeschildert), ¢ 0804323726, www.campingboscoselva.it. → Karte S. 231 ohne kreative Schlenker. Menü um 25 €. Mo Ruhetag. Via Indipendenza 21, ¢ 0804321917, www.ilpoetacontadino.it. Trullo dei Sapori 5, abgelegenes Lokal oberhalb des Rione Aia Piccola, freundlich und familiär. Die Küche verarbeitet lokale und regionale Zutaten von hoher Qualität, hausgemachte Pasta, Fisch und Fleisch, Pilzgerichte, abends auch kleinere Snacks (Piadine, Crêpes). Sitzplätze im Gewölbe und im Garten. Menü um 25 €. Di Ruhetag. Via Piave 35, ¢ 080-4321768, www.ristorante trullodeisapori.it. Mein Tipp: La Cantina 6, die Osteria im traditionellen Stil ist ein alteingesessener Familienbetrieb. Helles Kellergewölbe, klein und gemütlich, Hausmannskost vom Allerfeinsten, alles frisch und sehr fein zubereitet. Immer nach den aktuellen Tagesgerichten fragen. Menü um 25 €. Rechtzeitig reservieren, da nur wenige Tische und sehr beliebt. Di geschlossen. Vico Lippolis 8 (Corso Vittorio Emanuele), ¢ 0804323473, www.ilristorantelacantina.it. La Nicchia 1, Ausflugsristorante 1 km außerhalb, man sitzt in einem ansprechend gestalteten Trullo, davor eine Terrasse unter Olivenbäumen (allerdings nahe der Straße). Sehr gute landestypische Küche, Menü ab 20 €, Pizza ab 4 €. Mo Ruhetag. An der SS 172 in Richtung Putignano, ¢ 0804322278, www.ristorantelanicchia.it. Trattoria Terra Madre 4, Trattoria am Trullo Sovrano mit herrlichen Freiplätzen mit Blick auf den eigenen Kräutergarten,
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