Klang-Gewitter à la Frank Zappa

Klang-Gewitter à la Frank Zappa
Interview: Musikschule Hamm spielt zum Jubiläum eine „Suite“ des Avantgardisten
Hamm. Das letzte der Jubiläumskonzerte zum 75-jährigen Bestehen der Musikschule Hamm ist ein ganz besonderes: Am Samstag, 31. Oktober, spielt ein für dieses Event
zusammengestelltes Orchester im Kurhaus Bad Hamm
rund 20 Kompositionen als
eine „Suite nach Frank Zappa“ (19.30 Uhr). Zum Programm gehören Hymnen wie
„Regyptian Strut“ oder das
weltbekannte „Peaches en regalia“, das Schlagzeug-Stück
„The black page“ und das orchestrale
Western-Thema
von „Lumpy gravy“. Mit „Oh
no“, „Uncle Meat“, „Night
school“ und „Inca-Roads“ stehen weitere Zappa-Evergreens im Programm. Initiator des Konzerts ist Bernd
Kortenkamp. Der Fachbereichsleiter Gitarre der Musikschule Hamm hat die Partituren organisiert und umgeschrieben. Im Gespräch mit
Michael Dülberg kündigt Kortenkamp „ein fulminantes
Konzert, ein musikalisches
Gewitter von Rhythmen, Melodien und Klängen“ an.
Wie ist es eigentlich zu dem
Zappa-Orchesterprojekt als
Jubiläumskonzert der Musikschule gekommen und wer
war der Initiator?
Bernd Kortenkamp: Anfang
2014 haben wir uns in der
Leitungsebene der Musikschule zusammengesetzt und
diskutiert, wie wir das wirklich wichtige Jubiläumsjahr
angemessen gestalten können. Da ich zu dem Zeitpunkt
einmal mehr mit dem Material von Frank Zappa beschäftigt war, leuchteten über meinem Schädel sofort eine überdimensionale Glühbirne sowie
diverse
LED-Ketten.
Grundsätzlich bin ich der festen Überzeugung, dass Musik
an einem runden oder halbrunden Geburtstag eines
Komponisten nicht zwingend
besser ist, aber diese Steilvorlage habe ich natürlich in
meiner dezenten Art sofort
auf den Tisch gelegt. Da Musikschulleiter Bernd Smalla
über seinem Schädel weder
Glühbirnen noch LED-Ketten
hat, sondern stattdessen
mehrere Kerzen – er ist Barockposaunist! –, war ich
hellauf begeistert, eben diese
entflammen zu sehen. Zwei
Tage später war er eingedeckt
mit Literatur über den Meister, es bedurfte nicht der geringsten Diskussion über das
Projekt!
Warum hat es ein verstorbener und teils umstrittener
Rockmusiker verdient, heute
vom Orchester gespielt zu
werden?
Kortenkamp: Frank Zappa ist
für mich kein Rockmusiker,
sondern ein hochintelligenter Komponist, der die Stilmittel des Rock für seine Ideen benutzt. Komposition ist
nach Frank Zappa die Organisation von Klängen (ich teile
diese
Auffassung),
dabei
spielt es zunächst keine Rolle, ob es sich um ein Musikinstrument oder einen gesunden Pressfurz handelt.
Werdet Ihr versuchen Zappa
nachzuahmen, zu covern?
Kortenkamp: Ein Arrangement ist immer auch eine Interpretation. Das beste Beispiel in diesem Zusammenhang ist das Zappa-Album des
finnischen
Ambrosius-Ensembles. Die Truppe ist ein
auf Alte Musik spezialisiertes
Ensemble mit historischen
Originalinstrumenten. Was
die mit der Musik von Frank
Zappa veranstalten, haut
mich immer noch vom Stuhl!
Ein Frank-Zappa-Cover, also
eine Imitation, wird immer
eine Karikatur sein. Es geht
darum, die Musik des Meisters mit den vorhandenen
Mitteln (die diesmal wahrhaft
luxuriös sind) zu interpretieren. Ich bin überzeugt davon,
dass selbst eingefleischte
Frank-Zappa-Kenner von meinen Versionen von „Sleep
Dirt“ und „The Idiot Bastard
Son“ überrascht sein werden.
Wie viele Musiker und welche Instrumenten-Gruppen wirken mit und woher kommen die alle?
Haben die auch Freude an dem Projekt
oder ist das eher viel
Arbeit, die Kompositionen zu spielen?
Kortenkamp: Das
Orchester Furore
XX/XXI besteht aus
Lehrern der Musikschule
Hamm.
Die
konsequente Akribie bei der
Auswahl
neuer
Kollegen im
Zuge
des JekiProjekts
hat zu einer umwerfenden
Qualität geführt, ansonsten wäre dieses
Projekt nicht machbar.
Die Besetzung entspricht
Kortenkamp: Als Frank-Zappa-Enthusiast bin ich eigentlich ein Spätberufener. Ich
kenne seine Musik seit – ich
rate jetzt mal – dem zwölften
Lebensjahr, habe die diversen
,,Secrets’’ aber erst in den
letzten zwei Jahrzehnten für
mich entdeckt. Die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik auf professionellem Niveau hat mir aber gezeigt, wie nachhaltig Frank
Zappa die aktuelle Komponistengeneration geprägt hat.
Frank Zappa verheißt mir
stets Überraschung, selbst
nach dem xten Durchhören
Frank Zappas Motto als Kom- eines Albums. Dabei möchte
ponist war „Alles zu jeder
ich zu bedenken geben, dass
Zeit und ohne Grund“, und
für Frank Zappa das gleiche
doch gibt es oft nachvollzutrifft wie für Bach, Mozart,
ziehbare Gründe für beBeethoven, etc. – nicht alles
stimmte Klänge und
ist
überragend,
Geräusche in Zapsinkt aber auch
pa-Stücken, die
nie unter ein
zusammen
unbestritten
mit Text und
hohes
NiMusik beim
veau.
Zuhörer
auch Bilder
Welche CD soll
erzeugen.
man sich anhöWas begeisren, um Zappa
tert
Dich
kennen zu lerpersönlich
nen?
am meisten,
Kortenkamp:
wenn Du Musik
„The Best Band
von Frank ZapYou never heard
pa hörst?
in your life“. Hier
bersten einige der
besten Musiker
durchaus der „Yellow Shark“Truppe. Der Kern wird gebildet von meinem eigenen Ensemble neutonwerck, welches das Programm in Teilen
seit 2008 schon gespielt hat.
Hinzu kommen komplette
Holz-/Blechbläsereinheiten
sowie ein Streichorchester.
Neu ist in diesem Kontext der
Einsatz von zwei E-Gitarristen, darüberhinaus wird die
Hälfte der Bühne von drei
phänomenalen
Schlagzeugern beackert. Alle haben
,,Bock’’ drauf, wir können die
Probenphase kaum erwarten!
des Planeten in jeder Phrase
vor Spielfreude, das Ganze
kombiniert mit einem umwerfenden (Live-) Sound und
einer deftigen Dosis Humor,
mehr geht nicht, das ist bis
heute unübertroffen!
Pierre Boulez sagte einmal:
„Jeder Zappa-Song ist wie
eine kleine Oper!“ – Verstehst Du, was er damit gemeint hat?
Kortenkamp: Klar! Jede Komposition hat ihre eigene formale Struktur. Die stilistischen Mittel des Rock unterliegen bei Frank Zappa nicht
der klassischen Lagerfeuerromantik, sondern sind explizit
ausgearbeitet und damit Basis seiner musikalischen
Sprache. Ich empfehle in diesem Kontext das Studium von
„Cosmic Debris“ – unglaublich, was der Meister da mit
einer simplen Bluesform fabriziert – und „Inca Roads“.
Das ist also der Sinn des Goldenen Schnitts.
Welchen Part
übernimmst Du im Orchester und wer wird es
dirigieren?
Kortenkamp: Als Arrangeur
habe ich den Luxus, meine
eigene Funktion zu wählen.
Ich habe mich für meine ewige Leidenschaft, den E-Bass
entschieden. Das Wandeln
auf den Spuren von Scott
Thunes ist hoch virtuos und
künstlerisch extrem befriedigend. Ich werde es mir
aber nicht nehmen lassen,
das Volk bei „Uncle Meat“
mit dem Tenorbanjo und
„Sleep Dirt“ mit der Konzertgitarre zu beglücken. Das Dirigat übernimmt Bernd Smalla.
Nenne drei Gründe, warum
Musikfreunde das Konzert
unbedingt besuchen sollten?
Kortenkamp: Erstens: Grandiose Musik eines grandiosen
Komponisten.
Zweitens:
Grandiose Musiker. Drittens:
Hamm – nicht New York, London, Paris... Es passiert in
Hamm!
Karten (10 Euro) gibt's im Vorvorerkauf an der Pforte der Musikschule.