BVG Info 2/2015

DEZEMBER 2015
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BVG INFO
Aktuelles aus dem Umfeld der Beruflichen
Vorsorge
Vorsorgeausgleich bei Scheidung
Am 8. Oktober 2015 ist die Referendumsfrist ungenutzt abgelaufen. Als wesentlichste Änderung wird der Vorsorgeausgleich bei Scheidung inskünftig auch
vorgenommen, wenn ein Vorsorgefall – Invalidität oder Alter – bereits eingetreten
ist. Über das Datum der Inkraftsetzung entscheidet der Bundesrat. Voraussichtlich wird dies Mitte 2016 oder anfangs 2017 sein. Neben umfangreichen Verordnungsanpassungen werden auch Ausführungsbestimmungen erarbeitet werden.
Es zeichnet sich ab, dass die Komplexität der Änderungen bzw. deren Umsetzung
nicht unterschätzt werden dürfen. Auf die Pensionskassen wird einiger Informations- und Schulungsbedarf zukommen.
Parlamentarische Initiative zur Stärkung der Wohlfahrtsfonds
Nachdem im Sommer 2015 noch Differenzen zwischen National- und Ständerat
bestanden, konnten diese in der Herbstsession 2015 bereinigt werden. Die Anpassungen von Art. 89a ZGB werden Personalfürsorgestiftungen – die nicht dem FZG
unterstehen – administrativ entlasten. Insbesondere sind folgende Bestimmungen
nicht mehr zwingend anwendbar:
• Transparenz (Art. 65a BVG): Damit entfällt die Pflicht zur Erstellung der
Jahresrechnung nach den Bestimmungen von Swiss GAAP FER 26
• Rückstellungen (Art. 65b BVG): Dadurch ist kein Rückstellungsreglement
mehr notwendig
• Vermögensverwaltung (Art. 71 BVG): Die Regelung der zulässigen Anlagen
und Begrenzungen entfallen
Die Vermögensverwaltung ist neu nur noch im Grundsatz geregelt. Dazu heisst
es im Gesetz: «Sie (die Personalfürsorgestiftungen) verwalten ihr Vermögen so,
dass Sicherheit, genügender Ertrag auf den Anlagen und die für ihre Aufgaben
benötigten flüssigen Mittel gewährleistet sind». Weiter wird neu geregelt, dass
über Teilliquidationssachverhalte die Aufsichtsbehörde auf Antrag des Stiftungsrats verfügt. Somit ist kein separates Reglement mehr notwendig. Die betroffenen Personalfürsorgestiftungen müssen bei ihren Leistungen die Grundsätze der
Gleichbehandlung und Angemessenheit sinngemäss beachten.
Die Erleichterungen sind grundsätzlich zu begrüssen. Den Verantwortlichen
wird ein grosser Ermessensspielraum zugestanden, insbesondere im Bereich der
Vermögensanlage oder der Teilliquidation. Dies dürfte zu neuen Fragestellungen
führen. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass die Verantwortlichen ihre Aufga-
Dezember 2015
Sehr geehrte Damen und Herren,
Das Jahr 2015 geht langsam zu Ende. Die
Altersreform 2020 hat eine erste Hürde
genommen, einige weitere werden noch
folgen. Bevor die Auswirkungen dieser
Reform bekannt sind, müssen in naher
Zukunft verschiedene andere Anpassungen, wie beispielsweise der Vorsorgeausgleich bei Scheidung, umgesetzt werden.
In der aktuellen Ausgabe zeigen wir den
Stand verschiedener Neuerungen sowie
weitere interessante Themen. Besondere
Beachtung findet die Tatsache, dass Änderungen in Bereichen wie Kindesunterhalt
oder Ergänzungsleistungen auch Auswirkungen auf die Berufliche Vorsorge haben
werden.
Wir wünschen Ihnen frohe Festtage und
bereits jetzt ein gutes Neues Jahr.
Bruno Purtschert
Marcel Geisser
BDO AG
Landenbergstrasse 34
6002 Luzern
Tel. +41 41 368 12 12
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Dezember 2015
ben und Pflichten mit wenigen Ausnahmen sorgfältig wahrnehmen. Vom obersten Organ müssen nun einige Entscheide gefällt
werden; z.B. nach welcher Rechnungslegungsnorm die Jahresrechnung inskünftig erstellt werden soll. Da Swiss GAAP FER 26
nicht mehr zwingend anzuwenden ist, wäre eine Rückkehr zu den
allgemeinen Buchführungs- und Rechnungslegungsrichtlinien
möglich. Ein allfälliger Wechsel auf die OR-Normen ist jedoch
nur in ganz einfachen, kleinen Verhältnissen sinnvoll und muss in
jedem Fall sorgfältig geprüft werden.
Nach Ablauf der Referendumsfrist am 14. Januar 2016 bestimmt
der Bundesrat das Inkrafttreten der neuen Bestimmungen.
Vernachlässigung der Unterhaltspflicht
Neuerungen beim Kindesunterhalt haben neben Anpassungen im
ZGB auch Änderungen im BVG und FZG zur Folge. Den Vorsorgeeinrichtungen können Personen gemeldet werden, welche mit
regelmässig zu erbringenden Unterhaltszahlungen in Verzug sind.
Die Vorsorgeeinrichtungen ihrerseits müssen in diesem Fall den
Eintritt der Fälligkeit gewisser Leistungen zurückmelden: einmalige Kapitalabfindungen oder Barauszahlungen von mindestens
CHF 1’000 sowie WEF-Vorbezüge. Konsequenterweise müssen
im Freizügigkeitsfall entsprechende Meldungen an die neue Einrichtung weitergegeben werden.
Nachdem die Referendumsfrist abgelaufen ist, hat der Bundesrat
die Bestimmungen per 1. Januar 2017 in Kraft gesetzt. Die Änderungen sollten unseres Erachtens von den Vorsorgeeinrichtungen
durch Anpassungen der Software zur Versichertenverwaltung
relativ einfach umgesetzt werden können. Dennoch entsteht
mit den geänderten Bestimmungen eine neue Pflicht, welche bei
Nichtbeachtung Haftungsfragen auslösen könnte.
Reform der Ergänzungsleistungen/Einschränkung
des Kapitalbezugs
Neben diversen weiteren Änderungen zur Reduktion der Ergänzungsleistungen (EL) soll auch der Kapitalbezug aus der 2. Säule
eingeschränkt werden. Dass der Kapitalbezug verantwortlich ist
für die Zunahme der Ergänzungsleistungen ist umstritten. Die
Reformvorschläge des Bundesrates wollen trotzdem das Sparkapital der obligatorischen Vorsorge besser schützen. Dabei ist
zu beachten, dass der überobligatorische Teil von den geplanten
Anpassungen nicht betroffen ist.
Für den Erwerb von Wohneigentum soll der Vorbezug weiterhin
möglich sein. Das Geld wird in eine Wohnung oder in ein Haus
investiert und bleibt im Normalfall erhalten bzw. muss bei einem
allfälligen Verkauf wieder zurückbezahlt werden. Bei der Pensionierung möchte der Bundesrat jedoch eine Verschärfung und
stellt zwei Varianten zur Diskussion: bei der ersten Variante wäre
ein Kapitalbezug ganz ausgeschlossen, bei der zweiten Variante
würde höchstens die Hälfte des Guthabens für den Kapitalbezug
zugelassen. Den bisher möglichen Bezug bei Aufnahme einer
selbständigen Tätigkeit soll ebenfalls ausgeschlossen werden.
BVG INFO
Sofern Kapitalbezüge aus der Beruflichen Vorsorge für den
Anstieg der Ergänzungsleistungen überhaupt verantwortlich sind,
stellt sich die Frage, wie weit diese Einschränkungen im Obligatorium tatsächlich wirksam sind. Bezieht z.B. ein Versicherter bei
der Pensionierung das gesamte Überobligatorium und die Hälfte
des Obligatoriums als Kapital und verbraucht alles, wird die
verbleibende (tiefe) BVG-Rente zusammen mit der AHV kaum für
den Lebensunterhalt ausreichen.
Dass das angesparte Kapital bei Aufnahme einer selbständigen
Tätigkeit nicht mehr ausbezahlt werden soll, ist grundsätzlich
nachvollziehbar. Der Start in die Selbständigkeit ist oft mit grossen finanziellen Risiken verbunden. Diese abzufedern ist nicht die
Aufgabe der beruflichen Vorsorge. Das Kapital soll in erster Linie
für die Vorsorge in den Fällen Alter, Tod und Invalidität dienen.
Die EL-Reform wurde in die Vernehmlassung geschickt. Diese
dauert bis zum 18. März 2016. Auf das Endergebnis darf man
gespannt sein.
Bundesgerichtsurteile
Versicherter Lohn in der weitergehenden Vorsorge
Wenn eine Vorsorgeeinrichtung vom massgebenden Lohn im
Sinne des AHV-Gesetzes abweichen will, muss sie dies in ihrem
Reglement festhalten. Im Arbeitsvertrag alleine können Bestandteile des versicherten Lohnes im Hinblick auf die berufliche
Vorsorge nicht ausgeschlossen werden. Eine solche vertragliche
Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer muss
zwingend ins Reglement aufgenommen werden, ansonsten
sie nicht gültig ist (Urteil des Bundesgerichts 9C 81/2015 vom
10. Juni 2015).
Keine Rückforderungspflicht der Austrittsleistung
bei Leistungsfall
Gemäss Bundesgericht muss eine Vorsorgeeinrichtung, die nach
dem Austritt eines Versicherten für einen Vorsorgefall leistungspflichtig wird, die Austrittsleistung nicht zurückfordern. Sie kann
entsprechend die Leistung kürzen (Urteil des Bundesgerichts 9C
835/2014 vom 28. April 2015).
Vorbezug für Amortisation Hypothek und Wiedererhöhung
Im zu beurteilenden Fall hat ein Ehepaar Kapitalleistungen aus
der Säule 3a von rund CHF 88’000 bezogen und zur Amortisation eines Hypothekardarlehens auf der selbstbewohnten
Liegenschaft benutzt. Im gleichen Jahr erhöhten sie eine
andere auf der gleichen Liegenschaft lastende Hypothek um
CHF 40’000. Die Steuerbehörde hat diese Erhöhung beim
Einkommen aufgerechnet und ordentlich besteuert. Gemäss
Bundesgericht wurde die Aufrechnung zu recht vorgenommen,
da kein Vorbezugsgrund gegeben ist, wenn eine Hypothek amortisiert und gleichzeitig oder kurz darauf eine andere Hypothek auf
dem gleichen Objekt erhöht wird (Urteil des Bundesgerichts
2C 325/2014 bzw. 2C 236/2014 vom 29. Januar 2015).
BVG INFO
Dezember 2015
OAK-Weisungsentwurf Anforderungen an die
Revisionsstellen
Die OAK hatte einen Weisungsentwurf betreffend «Anforderungen an die Revisionsstelle» zur Anhörung bis am 31. August 2015
publiziert. EXPERTsuisse (ehemals Treuhand-Kammer) als Berufsverband der Wirtschaftsprüfer ist gegen die teilweise einschneidenden neuen Auflagen. Insbesondere die Regelung, dass nur
noch Revisionsgesellschaften mit mindestens 1’000 Prüfstunden
im Bereich der beruflichen Vorsorge entsprechende Revisionen
vornehmen dürfen, stösst auf Ablehnung. Weiter soll wie bei
ordentlichen Revisionen eine Rotationspflicht des leitenden
Prüfers nach sieben Jahren eingeführt werden. Diese Regelungen – insbesondere betreffend Anzahl Prüfstunden – würden den
Ausschluss vieler kleiner und mittlerer Revisionsgesellschaften
aus dem Markt der BVG-Prüfungen bedeuten. Aufgrund der
allgemein heftigen Reaktionen ist davon auszugehen, dass die
Weisung eher in einer abgeschwächten Form in Kraft treten wird.
Ungeachtet der definitiven Regelung, BDO würde auch die von
der OAK gestellten hohen Anforderungen erfüllen.
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Technischer Zinssatz
Die Kammer der Pensionskassen-Experten hat den technischen
Referenzzinssatz per 30. September 2015 mit 2,75 % (Vorjahr
3,0 %) ermittelt. Der Referenzzinssatz ist zwar keine Empfehlung
für die Festlegung des technischen Zinssatzes durch das oberste
Organ, jedoch sollte dieser in der Regel nicht ohne vom Pensionskassen-Experten begründete Ausnahmen darüber liegen.
Kann die Überschreitung von mehr als 0,25 % nicht begründet
werden, schlägt er dem obersten Organ Massnahmen vor, um
den technischen Zinssatz innert sieben Jahren auf den technischen Referenzzinssatz zu senken. Gemäss Bericht der OAK zur
finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtungen hatten im 2014 noch
16 % der Pensionskassen ohne Staatsgarantie einen technischen
Zinssatz von 3,5 % oder höher. Es ist davon auszugehen, dass bei
einigen von diesen Handlungsbedarf besteht.
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