ARBEITSVERFAHREN 131 Palisadenstufen führen ohne Zwischenpodest auf den Gipfel einer ehemaligen Kohlen-halde Detail: Handlauf der Treppe auf dem Gartenschaugelände Gelsenkirchen D as Erscheinungsbild einer Treppe wird vor allem durch das Material und die Ausführung der Stufen bestimmt. Als Material für Treppenstufen im Garten und Freiraum kommen Naturstein, Beton, Holz und Stahl in Frage. Bei der Ausführung wird zwischen Blockstufen, Legstufen, Stellstufen, Palisadenstufen und Knüppelstufen unterschieden. ABC der Fachterminologie Wie bei kaum einem anderen Element der Freiraumplanung gibt es bei den Treppen eine eigene Fachterminologie. Die senkrechte Vorderfläche einer Stufe wird als „Vorderhaupt“ oder „Setzstufe“, die waagrechte Fläche als „Trittstufe“ bezeichnet. Die Seitenflächen einer Stufe werden als „Stirnseiten“, „Seitenhäupter“ oder „Köpfe“ bezeichnet. Mehrere zusammenhängende Stufen bilden einen „Treppenlauf“. Die 47/2002 Treppenbau Teil II: Die Stufen Im ersten Teil des Beitrags hatte Günter Mader in die „kleine Mathematik des Treppenbaus“ eingeführt. Den zweiten Teil widmet der Autor den Stufen. erste Stufe eines Treppenlaufs heißt „Antrittsstufe“ und die letzte wird „Austrittsstufe“ genannt. Das Verhältnis von Stufenhöhe zur Stufentiefe ist das „Steigungsverhältnis“. Bei einem Treppenlauf haben gemäß Plan alle Stufen das gleiche Steigungsverhältnis, und jedem Bauleiter ist das Einhalten einer gleichmäßigen Steigung ein wichtiges Anliegen. Um 10 bis 15 mm abweichende Stufenhöhen bedeuten bei einer Treppe in einem öffentlichen Gebäude eine erhebliche Unfallgefahr. Die gleichen Abweichungen werden bei einer in Naturstein ausgeführten Treppe im Garten oder im öffentlichen Freiraum kaum wahrgenommen. Dies hängt mit der Erwartungshaltung der Benutzer zusammen. Von einer mit glatten Stufen ausgeführten Treppe Profilierte Blockstufen aus Kalkstein. Kircheneingang in Ansouis/Provence 29 ARBEITSVERFAHREN in einem Gebäude erwartet man absolut gleiche Steigungshöhen, und beim Hinauf- und Hinabsteigen stellt sich sofort ein Automatismus ein. Eine mit rauhen Oberflächen, in grobem Natursteinmaterial ausgeführte Gartentreppe wird hingegen mit sehr viel mehr Aufmerksamkeit benutzt. Der Benutzer ist auf Abweichungen eingestellt und reagiert intuitiv darauf. Stufen aus Beton und aus Naturstein In den meisten Fällen werden Treppenläufe heute mit industriell angebotenen Betonstufen gebaut. Sie haben bei den meisten Herstellern Standardabmessungen von 14/40 cm im Profil und werden von den meisten Herstellern in Einzellängen zwischen 0,60 m und 1,50 m angeboten. Bei 1 cm Gefälle je Stufe und 5 cm Übergriff ergibt sich ein Steigungsverhältnis von 15/35 cm, das bequem und vielseitig anwendbar ist. Zwar kann man gelegentlich beim Bau von kleinen Treppen in Privatgärten auf altes gebrochenes Natursteinmaterial zurückgreifen, doch in der Regel müssen neu gefertigte Natursteinstufen verwendet werden. Da die als Handelsware zur Verfügung stehenden Natursteine heute meist nicht aus bruchrauhem und handbehauenem, sondern aus maschinell gesägtem Material bestehen, bedarf es einer Oberflächenbearbeitung des gesägten Steines. Die dadurch entstehende rauere Oberfläche wird nicht nur das optische Erscheinungsbild des Materials, sondern auch die Trittsicherheit verbessert. Die gängigen Methoden der Oberflächenbearbeitung sind Sandstrahlen, Stocken, Flammen und Scharrieren. Bei der Entscheidung für die Wahl des Natursteinmaterials sollten regionale Bezüge und Traditionen berücksichtigt werden. INSKRIPTIONEN Landschaftsbauer mit relativ großem Aufwand verbunden, doch ist die Solidität einer mit Blockstufen ausgeführten Treppe unübertroffen. Blockstufen sind vergleichsweise unempfindlich gegen Beschädigungen, und es kommt später so gut wie nie zu Bauschäden. Da Blockstufen aus Naturstein meist maßgefertigt werden, sind auch die gestalterischen Möglichkeiten hinsichtlich des Steigungsmaßes am größten. Blockstufen können mit gleichartigen oder unterschiedlich bearbeiteten Sichtflächen hergestellt werden. Zum Beispiel kann die Auftrittsfläche sandgestrahlt und das Vorderhaupt bossiert werden. Blockstufen können auch in unterschiedlichen Formen profiliert werden. Schon bei der Planung sollte man daran denken, dass die einzelnen Stufen nicht zu schwer werden. Sie sollten möglichst nicht länger als 1,30 m sein, denn sonst sind die Teile unhandlich, und es kommt beim Einbau leicht zu abgeplatzten Ecken und Kanten. Blockstufen müssen auf der Baustelle mit einem Vakuumhebezug oder einem gummierten Greifer versetzt werden. Blockstufen werden mit 3 bis 5 cm „Übergriff“ eingebaut, das heißt, ab der zweiten Stufe liegt jede weitere Stufe mit einem schmalen Streifen auf der vorherigen Stufe auf. Die Sichtkanten von Blockstufen sind zu fasen oder zu runden, um sie gegen Stoßbeschädigungen unempfindlicher zu machen. Bei Blockstufen aus gesägtem Natursteinmaterial ist schon bei der Bestellung der einzelnen Stufen zu berücksichtigen, dass nicht nur die Trittfläche und das Vorderhaupt, sondern auch die Köpfe zu bearbeiten sind, sofern sie sichtbar bleiben. Legstufen und Stellstufen Mit Legstufen ausgeführte Treppen waren in den 30 er und 50 er Jahren sehr populär. Damals waren kaum Maschinen im Einsatz, und man wusste das im Verhältnis zu Blockstufen deutlich geringere Gewicht der Legstufen sehr zu schätzen. Sofern die einzelnen Stufen eine Dicke von 8 cm nicht unterschreiten, sind Treppen mit Legstufen solide und schön. Sie betonen die Horizontale, wirken feingliedrig, elegant und leicht. Gelegentlich werden Treppenstufen mit Inschriften versehen. Dies hat eine bis in die Antike zurückreichende Tradition. Auch in Bomarzo, jenem rätselhaften italienischen Renaissancegarten, gibt es Stufen mit Inskriptionen. Eine 1999 fertig gestellte Treppe im Landesgartenschaugelände in Weil am Rhein wurde an den Vorderhäuptern mit Tier- und Pflanzennamen der heimischen Fauna und Flora beschriftet. Auch die Stufen des 2001 fertig gestellten Aussichtsturms auf dem Stuttgarter Killesberg tragen Inschriften. Sie sind mit den Namen der Spender versehen, die das Projekt gefördert haben. Stufen aus Granittellern und Kleinpflaster (Lörrach) Blockstufen verschneiden sich mit gepflasterter Rampe (KA-Durlach) Blockstufen Zwar ist der Einbau von Blockstufen aufgrund des hohen Gewichts für den Garten- und 30 Stufen aus Warzenblech (ZKM, KA) Blockstufen aus gesägtem Kalkstein mit sandges 47/2002 Stufentypologie Stellstufen können auch mit standardisierten, im Baustoffhandel schnell verfügbaren Teilen nach jeder beliebigen Maßvorgabe ausgeführt werden und sind deswegen bei kleinen Projekten besonders beliebt. Sofern die Trittflächen nicht durch seitliche Wangen begrenzt oder voll in die angrenzende Topografie eingebunden sind, ist unbedingt dafür zu sorgen, dass die Köpfe der Stufen ausreichend stabilisiert und gegen ein Abkippen gesichert werden. Es empfiehlt sich, auch an den Köpfen Steller zu verwenden. Palisaden- und Knüppelstufen Mit Palisaden- und Knüppelstufen verbindet sich die Vorstellung von naturnaher Gartengestaltung und kurörtlichen Waldwegen. Dass sie in diesem Bereich ein adäquates Gestaltungsmittel sind, steht außer Frage. Auf der BUGA 97 in Gelsenkirchen haben Wedig Pridik und Andreas Freese gezeigt, dass Knüppelstufen auch in einem ganz anderen Kontext eingesetzt werden können – ein schnurgerader, podestloser Treppenlauf mit 250 Knüppelstufen führt auf den Gipfel einer ehemaligen Kohlenhalde. Gründung und Fugenbild Treppen aus Stein müssen auf gewachsenem Boden mit B 25 frostfrei gegründet werden. Bei längeren Treppenläufen wird das Fundament üblicherweise abgetreppt ausgeführt, oder man spannt als Auflager für die Stufen eine armierte Platte von einem unteren zu einem oberen Streifenfundament. Treppen von mehr als 1,30 m Breite werden meist aus mehreren nebeneinander liegenden Werkstücken gebaut. Das Fugenbild zeichnet sich deutlich ab und muss geplant werden. Eine mit unvermörtelten Knirsch- oder Pressfugen ausgeführte Treppe sieht sehr schön aus und erspart die Mühe der Nachbesserung von frostgeschädigten Verfugungen, doch bedarf es eines sehr maßhaltigen, perfekt bearbeiteten Materials. Kleinste Abweichungen von der Rechtwinkligkeit und Dicke der einzelnen Stufen machen ein Versetzen mit Stoßfugen unmöglich. Mit Mörtelfugen können kleine Maßabweichungen korrigiert werden. Um ein überzeugendes Erscheinungsbild zu erreichen, ist auf die richtige Farbe des Verfugungsmaterials zu achten. Ausblühungen am Natursteinmaterial kann man durch die Verwendung von Trasszement vermeiden. Blockstufen Blockstufen, bossiert Stufe mit Steller vorne Steller vorne und seitlich Stufen aus Stahl Seit einigen Jahren finden Stahlprofile und Walzbleche in der Freiraumplanung immer häufiger Verwendung. Für den Bau von Treppen kommen Bleche mit profilierten Oberflächen in Frage: Riffelbleche, Warzenbleche, Tropfenbleche. Diese Werkstoffe können entweder in verzinkter oder in unbehandelter, rostender Form verwendet werden. Durch ihre Patina integrieren sie sich sehr gut. Edelstahlbleche hingegen kontrastieren sehr stark und wirken als Fremdkörper, ein Effekt, der meist nicht erwünscht ist. trahlter Oberfläche 47/2002 Text und Bilder: Günter Mader, Ettlingen Palisadenstufen Legstufen 31
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