Das entbehrt jeglicher Logik - Ambulanz und Rettungsdienst Sense

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schwerpunkt
Samstag, 27. Februar 2016
Freiburger Nachrichten
«Das entbehrt jeglicher Logik»
Mit Blaulicht dürfen Ambulanz, Polizei und Feuerwehr die Zähringerbrücke überqueren, ansonsten nicht. Das stört die Ambulanz Sense. Ihre
Einsprache gegen diese Regel hat der Freiburger Gemeinderat abgelehnt. Die Ambulanz will die Sache falls nötig bis vor Bundesgericht ziehen.
KARIN AEBISCHER
Längere Fahrten für die Patienten als nötig und weniger
Rechte als die Taxibetriebe?
Das will die Ambulanz und
Rettungsdienst Sense AG nicht
hinnehmen. Sie versucht deshalb, auf dem Rechtsweg eine
uneingeschränkte Berechtigung für Fahrten über die gesperrte Zähringerbrücke einzufordern. Denn es ist den Sanitätsdiensten, der Polizei und
der Feuerwehr seit der Eröffnung der Poyabrücke nur bei
Notfalleinsätzen erlaubt, über
die Brücke zu fahren. Für
Fahrten ohne Blaulicht wie Patientenverschiebungen
von
Spital zu Spital oder Patiententransporten ohne Notfallcharakter müssen sie wie die anderen Verkehrsteilnehmer die
Poyabrücke benutzen (siehe
Kasten).
Dies könne er nicht verstehen, so Philipp Boschung, Geschäftsleitungsmitglied
der
Ambulanz und Rettungsdienst
Sense AG. «Es entbehrt jeglicher Logik», sagt er und ergänzt, dass die Erschliessung
via Poyabrücke grundsätzlich
eine tolle Sache sei. «Wir nutzen
mit unseren Rettungsfahrzeugen gerne diese Route.» Wegen
den täglichen Staus zu den
Stosszeiten könne sich eine
Einsatzfahrt via Poyabrücke jedoch bis zu einer halben Stunde verlängern. «Der Patient
muss länger im Rettungswagen
sein als nötig.» Das kostet Geld,
denn die Ambulanz rechnet
nach Zeit ab. Stecke eine Ambulanz im Poya-Tunnel im Stau
fest und erhalte einen Notfallanruf, sei der Wagen gar ganz
blockiert. «Deshalb möchten
wir für die Stosszeiten eine Ausweichmöglichkeit via Zähringerbrücke haben.»
Ständig verfügbar sein
Im Schnitt fährt die Ambulanz Sense zweimal pro Tag
nach Freiburg. Zwei ihrer vier
Fahrzeuge sind ständig im Einsatz. Eines ist in Tafers, das andere in Wünnewil stationiert.
Hostellerie muss
mit dem Ausbau
weiter zuwarten
SCHWARZSEE Die Hostellerie am
Schwarzsee möchte ihren Gästen in Zukunft mehr Seminarräume zur Verfügung stellen
können. Die Pläne für einen
entsprechenden Umbau im
Vier-Sterne-Wellness- und Seminarhotel lagen vergangenen
Juli deshalb erstmals öffentlich
auf: Anstelle des heutigen
Wintergartens sollen ein neuer
Esssaal und darüber neue Seminarräume entstehen (die
FN berichteten). Bisher konnte
Hotelmanager Peter Roodbeen die Ausbauarbeiten aber
noch nicht in Auftrag geben.
«Für die Umsetzung des Projekts wird eine Ausnahmebewilligung zur Überschreitung
der Geschossflächenziffer benötigt», erklärte Peter Roodbeen gestern auf Anfrage.
«Deshalb haben wir ein neues
Baubewilligungsgesuch
gestellt. Am Projekt selbst hat
sich indes nichts geändert.»
Bereits heute verfügt die Hostellerie über fünf Seminarräume mit einer Gesamtfläche
von 400 Quadratmetern. mz
....
«Jedes
Ambulanzfahrzeug
muss schnellstmöglich wieder
für weitere potenzielle Notfalleinsätze zur Verfügung stehen», so Boschung. Auch das
sei ein Argument für die Fahrt
über die Zähringerbrücke. Unverständlich ist für ihn zudem,
dass die Taxis die Brücke benutzen dürfen. «Wir machen
auch
Personentransporte.»
Daniel Burger, Präsident der
Freiburgischen Vereinigung
der Leiter der Rettungsdienste,
stützt Boschungs Anliegen.
«Der Weg über die Poyabrücke
kann einen Umweg darstellen,
der kostet», so Burger.
Stadt verfolgt strikte Linie
Die Polizeidirektion und der
Gemeinderat der Stadt Freiburg sehen dies anders und
wollen keine weiteren Ausnahmen zulassen. Im Juni 2015
lehnte die Polizeidirektion ein
entsprechendes Gesuch der
Ambulanz Sense AG ab. Gegen
diesen Entscheid erhob das
Unternehmen Ende Juli Einsprache. Diese ist vom Freiburger Gemeinderat am 15. Februar abgewiesen worden.
«Wenn wir anfangen, Ausnahmen zu erteilen, ist das, als ob
wir die Büchse der Pandora
öffneten», sagt der Freiburger
Gemeinderat Thierry Steiert
(SP). Der Gesamtgemeinderat
hält in seiner Antwort auf die
Einsprache fest, dass er den
Entscheid des Tiefbauamtes
nicht aushöhlen wolle und beschlossen habe, auf dieser Gemeindestrasse eine strikte Linie zu befolgen. Es sei eine reine Sache der Bequemlichkeit
und eine Ungleichbehandlung
gegenüber den anderen Strassenbenutzern, wenn die Ambulanzfahrzeuge die Zähringerbrücke beispielsweise auch
für Leerfahrten vom Kantonsspital zurück nach Tafers nutzen könnten. «Es geht überhaupt nicht darum, den Ambulanzdienst zu schikanieren.
Die Polizei ist denselben Regeln unterstellt», so Thierry
Steiert. «Für uns ist diese Regelung so in Ordnung», sagt Gal-
Taxis dürfen ohne Einschränkungen über die Zähringerbrücke fahren, die Rettungswagen nur bei Notfall-Einsätzen.
lus Risse, Pressesprecher der
Kantonspolizei.
Zur Frage der Taxis argumentiert der Gemeinderat,
dass diese einen Service public
erbringen würden und es für
gewisse Sektoren wie die Bewohner von Bürglen eine beachtliche Verteuerung der
Fahrten bedeuten würde,
müssten sie mit dem Taxi über
die Poyabrücke fahren.
Diese Woche wird der Ambulanz- und Rettungsdienst
Sense die Einsprache ans
Oberamt des Saanebezirks
weiterziehen. Stützt das Oberamt die Position des Gemeinderats, würde er den Fall ans
Kantons- und gar bis ans Bundesgericht weiterziehen, sagt
Philipp Boschung.
Zahlen und Fakten
Sperrung der Zähringerbrücke war Bedingung für Poya-Subventionen
Seit dem 12. Oktober 2014 ist
die Zähringerbrücke, die zwischen dem Freiburger Burgquartier und dem Schönberg
liegt, für den Verkehr gesperrt.
Es gibt jedoch einige Ausnahmen: Die TPF-Busse, Taxis sowie Velos und Motorfahrräder
dürfen die Brücke nebst den
Fussgängern überqueren. Auch
die Sanitätsdienste, die Polizei
und die Feuerwehr dürfen über
die Brücke fahren. Dies jedoch
nur «bei offiziellen Durchfahrten für Notfälle unter Voraussetzung der Verwendung der
Sondersignale und unter Beach-
tung der gegebenen Vorsicht».
Dies bedeutet, dass Notfallfahrzeuge für dringliche Dienstfahrten eine gesetzliche Sonderbestimmung haben, insofern sie
die üblichen Warnsignale wie
Sirene und Blaulicht einsetzen.
Bei allen anderen Arten von
Transporten ist auch für sie die
Überfahrt verboten. Die Schliessung der Zähringerbrücke für
den motorisierten Individualverkehr ist eine Hauptbegleitmassnahme des Poya-Projektes und
war für den Bund eine der wichtigsten Bedingungen, um den
Bau der neuen Brücke zu sub-
Jusstudenten in Freiburg vor Gericht
Zwölf Teams aus ganz Europa kämpfen seit gestern an der Universität Freiburg um den Einzug ins Finale des
«European Law Moot Court». Dies ist ein internationaler Wettbewerb für Jusstudenten im Bereich des Europarechts.
REGULA BUR
FREIBURG Alle erheben sich, als
die vier Richter den Saal betreten. Dann beginnt die Beschwerdeführerin mit ihrem
Plädoyer. Sie vertritt ein Baustoff-Unternehmen aus dem
EU-Mitgliedstaat Allegoria, das
gegen EU-Umweltrecht verstossen hat und deswegen eine
Busse von 500000 Euro bezahlen muss. Da das EU-Recht in
solchen Fällen eine fixe Busse
vorschreibt, zweifelt das Unternehmen die Verhältnismässigkeit der Regelung an und sieht
sich in seinen Grundrechten
auf Eigentum und in seiner
unternehmerischen Freiheit
verletzt. Eindeutig ist der Fall
nicht: Der Gerichtshof der EU
in Luxemburg und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte haben in dieser
Frage unterschiedlich entschieden. Teils auf Englisch,
teils auf Französisch versucht
die Beschwerdeführerin nun,
die Richter von ihren Argumenten zu überzeugen.
Ebenso wie der Mitgliedstaat
Allegoria ist auch der Gerichtsfall erfunden; Beschwerdeführerin, Anwältin des beklagten
Staats Allegoria und Generalstaatsanwältin sind nicht langjährige Profis, sondern Studentinnen, die am Regionalfinal des Wettbewerbs «European Law Moot Court» an der
Universität Freiburg um den
Einzug ins Finale kämpfen.
Freiburg schon lange dabei
Der «European Law Moot
Court» sei der weltweit einzige
Wettbewerb für Jusstudenten,
die sich auf Europarecht konzentrieren, sagt Rebecca Suenderhauf, Unterassistentin am
Institut für Europarecht der
Universität Freiburg und Mitorganisatorin des Regionalfinals, den FN. Im September sei
der Fall für den Wettbewerb
bekannt gegeben worden, daraufhin hätten Teams aus bis
zu vier Studierenden Klageschriften sowohl des Klägers
als auch des Beklagten ausarbeiten und einschicken kön-
Bild Aldo Ellena
nen. «Zwischen 100 und 120
Teams aus ganz Europa haben
mitgemacht, die besten 48
wurden daraufhin für die vier
Regionalfinals ausgewählt»,
sagt Suenderhauf. Bereits
stattgefunden haben diese in
Maastricht, Helsinki und
Athen; heute wird in Freiburg
das letzte Team auserkoren,
das am Final in Luxemburg
teilnehmen kann. Es sei das
erste Mal, dass Freiburg ein
Regionalfinal organisiert habe,
sagt Suenderhauf. «Studenten
aus Freiburg nehmen aber
schon seit mehreren Jahren
teil.»
Auch dieses Jahr hatte es ein
Team der Universität Freiburg
unter die 48 Besten geschafft,
schied jedoch beim Regionalfinal in Athen am zweiten Tag
aus. Auch wenn der grosse Erfolg am Ende ausbleibe, lohne
sich eine Teilnahme, ist Rebecca Suenderhauf überzeugt.
«Der Wettbewerb gibt Studentinnen und Studenten die Möglichkeit, sich einmal mit einem
konkreten Fall auseinanderzu-
setzen und nach einer schriftlichen Phase auch einmal ein
Plädoyer zu halten und mündlich zu argumentieren.»
Dies findet auch Lorenza de
Domenico. Wortgewandt hat
die Italienerin, die an der Universität von Edinburgh studiert, ihre Position als Beschwerdeführerin verteidigt,
und diskutiert beim Verlassen
des Saals mit ihrem Team die
soeben beendete Verhandlung. Es ist das erste Mal, dass
sie an einem solchen Wettbewerb teilnimmt. «Es ist eine gute Übung», sagt de Domenico.
So habe sich das Team über
mehrere Monate hinweg immer wieder intensiv mit dem
Fall befasst, und auch das Plädoyer sei eine neue Erfahrung
gewesen. «Es war zwar ziemlich stressig, auf alle Fragen der
Richter gute Antworten zu finden – aber sehr spannend.»
Heute finden Halbfinal und Final des Regionalfinals statt: Universität Perolles II,
Freiburg. Sa., 27. Februar. Halbfinale: 9.30
bis 10.45 Uhr, Räume C 230 und D 230.
Finale: 14.45 bis 16.30 Uhr, Raum C 140.
ventionieren. Die heute geltende Verkehrsregelung beruht auf
dem Beschluss des kantonalen
Tiefbauamtes vom 27. November 2012, der am 30. November 2012 im Amtsblatt publiziert
worden war. Trotz Signalisation
kommt es immer wieder vor,
dass Autos über die gesperrte
Brücke fahren, denn Poller, die
dies verhindern würden, hat es
dort keine. 1315 Bussen à 100
Franken – so viel kostete die
Überfahrt trotz Verbot – hatte
die Stadtpolizei bis Oktober
2015 ausgesprochen (die FN berichteten). ak
Geldspritze für
Freiburger
Uni-Professor
FREIBURG Philippe Cudré-Mauroux, ein aus Bulle stammender Professor für Informatik,
hat vom Europäischen Forschungsrat ein Stipendium
von 2 Millionen Euro zugesprochen erhalten. Gemäss
einer Mitteilung der Universität Freiburg kann er mit diesem Geld sein Big-Data-Projekt finanzieren. Cudré-Mauroux’ Forschungsgebiet ist der
Umgang mit ausserordentlich
grossen Datenmengen.
Mit den zusätzlichen Mitteln
könne er ein neues Spitzenteam anstellen, um Cloud
Computing und Datenmanagement zu erforschen, so der
Professor. Ziel ist ein System,
das Text, E-Mails, Fotos und
GPS-Daten als Ganzes nutzen
und kombinieren kann.
Die Analyse enormer Datenmengen könnte es erlauben,
aussagekräftige Modelle zu
schaffen, um genaue Prognosen zu treffen. Börsenkurse,
Verkehrsstaus oder Konsumverhalten werden als Beispiele
genannt.
uh