Rechtsausschuss der Deutsch-Französischen Industrieund Handelskammer Protokoll der Sitzung des Rechtsausschusses der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer vom 11. Mai 2015, 18 Uhr 30 Ort: 18, Rue Balard, 75015 Paris Präsident: Herr RA Letschert Schriftführer : Me Le Goff / Me Pleger Teilnehmer : Herr Bousselmi, AHK, Hauptgeschäftsführer Mitglieder des Rechtsausschusses gemäß der Teilnehmerliste 1) Erprobung des Webinars „Arbeitsrecht in Frankreich“ Zu ihrem 60-igsten Jubiläum hat die Kammer die Initiative ergriffen, für ihre Mitglieder ein Webinar im Arbeitsrecht auszurichten. Mit der Durchführung wurden die Mitglieder des Rechtsausschusses betraut. Ein Webinar ist ein Fernseminar, bei dem die Teilnehmer einen Internet-Link zugeschickt bekommen, der es ihnen ermöglicht, das Webinar auf ihrem Internet-Terminal zu verfolgen, d.h. sie können die Slides sehen und den Vortrag der Referenten verfolgen. Ein Webinar ist insofern interaktiv, als dass die Teilnehmer jederzeit Fragen stellen können. Dieses Webinar wird folgendes Programm haben: Mittwoch, den 3. Juni 2015 von 10 Uhr bis 11 Uhr 30 : „ABSCHLUSS DES ARBEITSVERTRAGS UND ARBEITSZEITREGELUNG“ Referenten: Bénédicte Querenet-Hahn, Anwältin in der Kanzlei Grützmacher l Gravert l Viegener und Aymeric le Goff, Anwalt bei BMH Avocats Montag, den 8. Juni 2015 von 15 Uhr bis 16 Uhr 30 : „BETRIEBSBEDINGTE KÜNDIGUNG UND KOLLEKTIVES ARBEITSRECHT“ Referenten: Christian Connor, Anwalt bei Lmt Avocats und Christian Klein, Anwalt bei Granrut Avocats 1 Rechtsausschuss der Deutsch-Französischen Industrieund Handelskammer Dienstag, den 23. Juni 2015 von 15 Uhr bis 16 Uhr 30 : „PERSONENGEBUNDENE KÜNDIGUNG, AUFHEBUNGSVEREINBARUNG, ARBEITSGERICHTLICHES VERFAHREN UND VERGLEICH“ Teil 1. Referenten: Nicola Kömpf, Anwältin bei PDGB Avocats und Judith Adam-Caumeil, Anwältin in der Kanzlei Adam-Caumeil Dienstag, den 30. Juni 2015 von 15 Uhr bis 16 Uhr 30 : „PERSONENGEBUNDENE KÜNDIGUNG, AUFHEBUNGSVEREINBARUNG, ARBEITSGERICHTLICHES VERFAHREN UND VERGLEICH“ Teil 2. Referent : Thomas Hoffmann, Anwalt in der Kanzlei Weiland & Partenaires Dieses Seminar ist kostenlos und wird in deutscher Sprache abgehalten. Weitere Informationen können unter folgendem Internet-Link abgerufen werden: www.francoallemand.com/veranstaltungen/unsere-naechsten-veranstaltungen/ Kollege Letschert begrüßt die Initiative der Kammer. 2) Vortrag der Kollegin Françoise Sitterlé (Managing Partner – Kanzlei SOFFAL) zu den wesentlichen Änderungen bei gewerblichen Mietverträgen seit dem Inkrafttreten der „Loi Pinel“ Kollege Letschert ruft in Erinnerung, dass der Rechtsausschuss ein Ort ist, der zur Weiterbildung der Mitglieder der Kammer und derjenigen des Rechtsausschusses dient und an dem sich die Wirtschaftsakteure austauschen, insbesondere zu aktuellen Themen. Als Einleitung ruft Kollegin Sitterlé in Erinnerung, dass sich das Recht der gewerblichen Mietverträge in den Jahren vor dem Inkrafttreten des „Loi Pinel“ vom 18.06.2014 nur wenig verändert hat. Das „Loi Pinel“ ist insofern von großer Bedeutung. Anfangs bestand die Zielsetzung dieses Gesetzes darin, die Vermieter zusätzlich zu schützen. Gegenteilig dazu findet sich durch dieses Gesetz allerdings der Schutz der Mieter verstärkt. Grundsätzlich enthält das „Loi Pinel“ neue zwingende Vorschriften, durch die die Vertragsfreiheit stark eingeschränkt worden ist. Als einer der wichtigsten Punkte ist das Verbot hervorzuheben, eine feste Laufzeit ohne Kündigungsmöglichkeiten vorzusehen. Nichtsdestotrotz enthält das Gesetz in diesem Zusammenhang Ausnahmen, u.a. für Mietverträge mit einer Laufzeit von über 9 Jahren. Eine weitere Änderung besteht darin, dass die Erstellung von Abnahmeprotokollen zu Beginn und am Ende des Mietvertrages verpflichtend geworden ist. Es handelt sich dabei um einen Fortschritt, der in der Zukunft zahlreiche Streitigkeiten verhindern wird. Weiter unterliegt der Vermieter nunmehr der Verpflichtung, eine genaue und abschließende Aufstellung der Nebenkosten, Steuern, Abgaben und Gebühren mit Angabe ihrer Aufteilung zwischen dem Vermieter und dem Mieter vorzulegen. 2 Rechtsausschuss der Deutsch-Französischen Industrieund Handelskammer Im Übrigen ist festzuhalten, dass man nunmehr über eine gesetzliche Aufteilung darüber verfügt, welche Kosten vom Vermieter und welche Kosten vom Mieter zu tragen sind, sodass eine gewisse Anzahl derjenigen Kosten, die in der Praxis oftmals dem Mieter auferlegt wurden, nunmehr vom Vermieter zu tragen sind. Davon kann vertraglich nicht abgedungen werden. Es besteht infolgedessen das Risiko einer entsprechenden Erhöhung des Mietzinses. Darüber hinaus wurden Mietzinserhöhungen strikt reguliert. Das Gesetz stellt in diesem Zusammenhang auch nicht mehr wie zuvor auf den Baukostenindex „Indice du coût de la construction“ (ICC) ab, sondern nunmehr entweder auf den vierteljährlichen Index für gewerbliche Mietverträge „Indice trimestriel des loyers commerciaux“ (ILC) oder auf den vierteljährlichen Index für Dienstleistungstätigkeiten „Indice trimestriel des activités tertiaires“ (ILAT). Schließlich wurde ein Vorzugsrecht für den Mieter bei einem Verkauf der Geschäftsräume eingeführt, wobei es sich hier allerdings um keine zwingende Vorschrift handelt. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass dieses Gesetz die Vertragsfreiheit stark eingeschränkt hat, was bei den Mandanten zu einer Anzahl von Fragen führen kann, z.B. weil in Deutschland in diesem Bereich erheblich mehr Vertragsfreiheit besteht. Die Mitglieder des Rechtsausschusses tauschen sich aus, stellen der Kollegin Sitterlé eine große Anzahl von Fragen und bedanken sich anschließend herzlich für den Vortrag. Die PowerPoint-Präsentation der Kollegin Sitterlé, in der auf die neue Rechtslage vertieft eingegangen wird, liegt dem Protokoll bei. 3) Vortrag des Kollegen Marc Pleger (Anwalt – Kanzlei SOFFAL) über die wesentlichen Neuerungen aus der „Loi Hamon“ und dem Entwurf für die „Loi Macron“ a) Das „Loi Hamon“ vom 18. März 2014, die sog. „Loi sur la consommation“. Obgleich es sich um ein Gesetz zu Verbraucherfragen handelt, werden dort allerdings nicht nur die Beziehungen zwischen Unternehmen und Verbrauchern geregelt, sondern es wurden auch neue Vorschriften im Bereich des Wettbewerbs- und des Vertriebsrechtes eingeführt. Die Einführung von class actions ist sicherlich die bemerkenswerteste Neuerung. Die Vorschriften, die die Untersuchungsbefugnisse der Wettbewerbsbehörde verstärken und die die Haftung der Unternehmen unter Bewehrung von neuen Sanktionen erhöhen, dürfen allerdings nicht unterschätzt werden. So wurden z.B. die Befugnisse der Generaldirektion Wettbewerb, Verbrauch und Betrugsbekämpfung („Directioin Générale de la concurrence, de la consommation et de la répression des fraudes“ DGCCRF) verstärkt, insbesondere bzgl. des Zugangsrechts auf elektronische Dateien. Außerdem wurde die Höchststrafe für eine mangelnde Kooperation mit der DGCCRF von 6 Monaten Freiheitsstrafe auf nunmehr maximal 2 Jahre Freiheitsstrafe erhöht. Im Bereich der Zahlungsfristen gab es ebenfalls Neuerungen. In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass die maximalen Zahlungsfristen aus dem Artikel L.441-6 des Code 3 Rechtsausschuss der Deutsch-Französischen Industrieund Handelskammer de commerce (d.h. 60 Tage ab Rechnungslegung oder 45 Tage ab Monatsende), die im Jahre 2008 durch das Gesetz LME eingeführt worden sind, unverändert gelten. Das „Loi Hamon“ hat allerdings ein Bußgeld für den Verstoß gegen die maximalen Zahlungsfristen eingeführt, das für natürliche Personen maximal 75.000 € beträgt und für juristische Personen maximal 375.000 €. Auf eine Aufforderung des Wirtschaftsministeriums hin sind die Wirtschaftsprüfer dazu verpflichtet, einen Bericht über die im geprüften Unternehmen praktizierten Zahlungsfristen zu erstellen. b) Der Entwurf für das Gesetz für Wachstum, Aktivität und wirtschaftliche Chancengleichheit (Loi pour la croissance, l’activité et l’égalité des chances économiques), das „Loi Macron“. Das „Loi Macron“ wird mitunter als ein Sammelsurium qualifiziert. Es wurden einige der vielen Maßnahmen aus diesem Gesetz vorgestellt, das derzeit noch auf Gesetzesgeberseite diskutiert wird. Zunächst wurde auf die Liberalisierung des Langstreckenpersonenverkehrs mit Bussen eingegangen. Der Entwurf für das „Loi Macron“ sieht in diesem Zusammenhang eine Wettbewerbsöffnung durch die Schaffung von regionalen (d.h. innerfranzösischen) Buslinien durch private Dienstleister vor. Ein weiterer Punkt besteht darin, dass einige Unternehmen (Unternehmen mit weniger als 50 Arbeitnehmern) nicht mehr dazu verpflichtet sind, ihre Gewinn- und Verlustrechnung im Handelsregister zu veröffentlichen. Die Möglichkeit, dass Unternehmen sich untereinander Darlehen gewähren dürfen, ist ebenfalls vorgesehen. Somit werden Unternehmen mit überschüssiger Liquidität ihren Zulieferern oder Subunternehmern mit Liquiditätsproblemen Darlehen gewähren können. Einigen Handelsgerichten wird eine Spezialkompetenz zukommen. Die Ladenöffnungszeiten sollen insofern abgeändert werden, als dass nicht mehr nur maximal an 5 Sonntagen im Jahr geöffnet werden kann, sondern nunmehr an 12 Sonntagen. Die Regelungen im Bereich der Zahlungsfristen werden erneut geändert. Der Grundsatz ist nunmehr, dass die Zahlungsfrist nicht mehr 60 Tage nach Rechnungslegung überschreiten darf. 45 Tage ab Monatsende sollen nur noch in Ausnahmefällen möglich sein. Schließlich wurden die Sanktionen für Kartellvereinbarungen im Großhandel stark erhöht. Vorgesehen sind in diesem Zusammenhang Bußgelder von bis zu 5% des Jahresumsatzes in Frankreich, sowie der Zwangsverkauf von Läden, wenn eine marktbeherrschende Situation vorliegt, die zu wettbewerblichen Verzerrungen führt. 4 Rechtsausschuss der Deutsch-Französischen Industrieund Handelskammer 4) Nächste Veranstaltung des Rechtsausschusses : Sommerveranstaltung Die nächste Sitzung des Rechtsausschusses wird im September 2015 stattfinden. Die Mitglieder des Rechtsausschusses möchten sich allerdings noch vor der Sommerpause zu einer geselligen Veranstaltung treffen. Kollege Letschert wird den Mitgliedern des Rechtsausschusses in Kürze entsprechende Termin- und Restaurantvorschläge unterbreiten. Jörg Letschert Rechtsanwalt / Avocat à la Cour Präsident des Rechtsausschusses 5
© Copyright 2025 ExpyDoc