Warum Storytelling gerade im Private Banking wichtig ist

Statt Differenzierung über den Preis
Warum Storytelling gerade im Private Banking wichtig ist
Storytelling und Private Banking? Geschichten, wo es doch um harte Fakten wie Rendite,
Anlagehorizonte und Portfoliomanagement geht? Absolut. Denn in keinem anderen Kontext ist die Story
wertvoller als bei einem Geschäft, bei dem Sie es mit sehr anspruchsvollen Kunden zu tun haben, die
sehr viel erwarten und die gleichzeitig sehr abstrakte Dienstleistungen bekommen, die man eben nicht
anfassen kann.
Viele Berater im Private Banking oder in Family Offices verzichten allerdings darauf, die Mittel des
Storytellings für ihre Zwecke zu nutzen. Was dazu führt, dass die Differenzierung nur über den Preis
stattfindet. Und das heißt: Der Billigere gewinnt. Für die Bank bedeutet das letztlich weniger Marge und
weniger Geld.
Denn es gilt: Entweder Sie haben eine gute Story oder Sie haben einen niedrigen Preis. Wenn Sie
etwas Besonderes sein möchten, müssen Sie sich differenzieren. Und das geht eben am besten über
die Story.
Was Storytelling nicht sein darf
Natürlich kann eine gute Story nicht ein schlechtes Unternehmen oder ein schlechtes Produkt in ein
gutes verwandeln. Und selbstverständlich ist Storytelling kein Fairytelling. Es geht nicht darum, ein
schlechtes Produkt mit einer guten Story aufzublasen, sondern gute Produkte mit einer guten Story
noch besser beim Gegenüber zu platzieren.
Die schlechte Nachricht dabei ist: Wir tun das noch viel zu wenig.
Ich selbst habe meine ersten Erfahrungen als Student in einem Strukturvertrieb gemacht. Später war
ich Trainee und Vermögensberater bei der Dresdner Bank, bevor ich im Bereich Financial Services bei
der Boston Consulting Group keine Bankkunden, sondern gleich Banken beraten habe. Die
Herausforderung war immer die gleiche: Wie mache ich ein abstraktes Produkt, wie es Banken
anbieten, greifbar, nachvollziehbar und am Ende begehrenswert?
„Fachidiot schlägt Kunden tot“, hieß eine Weisheit in dem Strukturvertrieb. Auch wenn der Kunde zu
recht über alles Bescheid wissen möchte, kann es auch kontraproduktiv sein, wenn sie ihn mit Fakten
erschlagen. Krimiautoren und Hollywood-Filme tun dies auch nicht, sondern servieren die Leckerbissen
Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de
Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz
© Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH
häppchenweise.
Produktnamen wie „Rainbow Barriere Euro Stoxx 50 Bonus Zertifikat“ tragen dabei auch nicht gerade
zu größerer Klarheit bei. Und so neigen nach wie vor viele Vermögensberater dazu, den Kunden mit
Informationen zu überfrachten, anstatt eine spannende Story zu ihren Produkten zu erzählen. Weil wir
glauben, dass Masse Klasse ist. Und nicht glauben, dass weniger mehr sein kann.
Weniger ist mehr
Aber wenn Sie in einem Restaurant sitzen würden, was würden Sie lieber essen: Ein Steak oder gleich
eine ganze Kuh? Wahrscheinlich das Steak, auch wenn Sie mit der Kuh darüber hinaus noch das Fell,
die Hörner, die Hufen, eventuell Milch und was noch alles dazu bekommen würden.
Gute Vertriebler servieren ihre Produktvorteile ebenfalls häppchenweise. Sie haben von Krimiautoren
gelernt, dass man Spannung nur dadurch aufbaut, indem man nicht auf der ersten Seite schreibt, dass
der Mörder der Gärtner ist. Und sie wissen, dass besonders abstrakte und nicht greifbare
Finanzprodukte immer eine gute Story brauchen, um für den Kunden verständlich zu sein.
Sprechen und kommunizieren liegt in der Natur des Menschen. Der menschliche Rachen ist, durch das
Variantenreichtum der Stimme, als Resonanzkörper anders gestaltet als bei vielen anderen
Säugetieren, was dazu führt, dass sich Luft- und Speiseröhre den gleichen Zugang teilen müssen. Dies
ist eine hochriskante Angelegenheit, und täglich ersticken Dutzende von Menschen weltweit deswegen.
Gott, die Natur oder wer auch immer hätte solch eine riskante Apparatur niemals zugelassen, wenn die
Neigung, Geschichten zu erzählen und überhaupt zu sprechen, nicht zu den elementaren Bedürfnissen
und Erfolgsfaktoren des Menschen gehörten.
Die stärkere Story gewinnt
Dabei mag die Natur kein Vakuum. Denn dort, wo nichts gesagt wird, wird sich halt etwas ausgedacht.
Und wenn diese Geschichte besser klingt als die Realität, hat sie beste Chancen, ernstgenommen zu
werden, auch wenn sie nicht der Wahrheit entspricht.
Sie können noch so viel von „globaler Portfoliosteuerung unter Berücksichtigung neuester
Wealth-Management-Ansätze“ erzählen, wenn ein enttäuschter Kunde etwas von „100.000 Euro
Verluste in einem Jahr erzählt“, ist dessen Story einfach stärker – egal, ob sie wahr ist oder nicht.
Schon allein deswegen, weil wir hier die typische Grundstruktur einer jeden guten Story haben: Einen
Helden (den Kunden), einen Schurken (der Banker, der ihn nicht versteht) und die Suche nach einem
Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de
Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz
© Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH
Happy End. Wie kriegt der Kunde sein Geld zurück?
Eine gute Nachricht gibt es allerdings auch: Wir Menschen sind geborene Storyteller. Durch Storys
haben wir uns seit der Steinzeit unsere Überlebenspraktiken in einer feindlichen Welt erklärt. Wie man
das Mammut besiegt, wie man dem Säbelzahntiger ausweicht und wie man das Feuer in der Höhle
nicht ausgehen lässt.
Unser Gehirn ist dabei nicht nur eine Speichereinheit. Es ist auch ein Mechanismus, der unser
Überleben sichert. Darum weiß das Gehirn: Wenn Storys erzählt werden, erfahre ich etwas, wodurch
ich in einer feindlichen Welt überleben kann. An Überlebenshinweise in Power Point kann sich unser
Gehirn nicht erinnern. Denn unser Gehirn will Storys und Bilder hören und sehen und keine langatmigen
Datenwüsten.
Storys sind die Art und Weise, wie wir uns die Realität erklären. Die ganz wichtigen Dinge werden in
unserem Gehirn von der Amygdala, auch Angstzentrum genannt, verarbeitet. Dies ist sozusagen der
Vorstandschef des Gehirns.
Klar ist, dass dort alle hinwollen. Klar ist auch, dass dort, wie bei einem richtigen CEO, nicht alle
hinkönnen. Darum hat die Amygdala nicht nur eine Vorzimmerdame, sondern gleich einen beinharten
Türsteher, den Hypothalamus. Und der winkt lieber Storys durch als faktenschwangere und trockene
Datenwüsten. Powerpoint, Charts und Zahlenkolonnen gehören zu diesen unerwünschten Gästen.
Erzählen Sie hingegen eine gute Story, kommen Sie am Türsteher im Gehirn vorbei und haben die volle
Aufmerksamkeit des CEOs des Gehirns.
Wie Sie Ihre eigene Story erzählen und eine glaubwürdige Absenderkompetenz als „Trusted Advisor“
des Kunden entwickeln können, erfahren Sie in Teil 2.
In Teil 3 schließlich geht es um den Helden und den Schurken. Wenn Sie kein Problem für den Kunden
lösen, mithin keinen Schurken erledigen, sind Sie auch kein Held der Story und es gibt auch kein Happy
End.
Im vierten und letzten Teil der Reihe erfahren Sie schließlich, mit welchen Beispielstorys und Metaphern
Sie Ihre Dienstleistung noch greifbarer und verständlicher machen können.
Über den Autor:
Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de
Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz
© Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH
Dr. Veit Etzold arbeite für Banken, in der Strategieberatung und als Programm-Direktor in der Executive
Education. Unter anderem berät er Firmen in Fragen des Storytellings und der strategischen
Positionierung. Ebenso ist er Autor von zahlreichen Thrillern wie „Final Cut“. Sie erreichen den Autor
unter [email protected] und mittels www.veit-etzold.de.
Dieser Artikel erschien am 30.03.2016 unter folgendem Link:
https://www.private-banking-magazin.de/statt-differenzierung-ueber-den-preis-warum-storytelling-gerade-im-private-banking-wichtig-ist-1458903704/
Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de
Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz
© Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH
Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)