Mit CO2 Synthesegas produzieren

Mit der Pilotanlage soll die Trockenreformierung in industriellem
Maßstab weiterentwickelt werden. In dem Rohrreaktor können
unterschiedliche Reformierungsprozesse erprobt und Katalysatoren
unter realen Betriebsbedingungen getestet werden.
© Linde AG
Pilotanlage eingeweiht
23.10.2015
Mit CO2 Synthesegas produzieren
Dr. Wolfgang Büchele, Vorsitzender des
Vorstands der Linde AG, betonte in seinem
Vortrag die Bedeutung des
Innovationsstandortes Deutschland für das
Unternehmen.
© Linde AG
Ulrich Benterbusch (BMWi) hob den
volkswirtschaftlichen Nutzen der neuen
Technologie hervor. Sie trägt gleichzeitig zum
Klimaschutz bei und hilft, Energie zu sparen.
© Linde AG
In einer neuartigen Pilotanlage erprobt die Linde AG am Standort Pullach
die effiziente Erzeugung von Synthesegas. Gemeinsam mit den
Forschungspartnern und Kunden weihte der Technologiekonzern jetzt die
Forschungsanlage ein. Der Rohrreaktor erzeugt Synthesegase – ein
Gemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid – über den Prozess der
Trockenreformierung. Synthesegase dienen als wertvolle Grundstoffe in
der chemischen Industrie.
Rund 50 Gäste aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik nutzten die
Gelegenheit, sich die entwickelte Verfahrenstechnik anzusehen und
genauer erläutern zu lassen. Das Reaktorrohr des Pilot Reformers ist in
Größe und Ausführung bereits entsprechend einer industriell nutzbaren
Variante ausgelegt. Die gewünschte Produktkapazität einer
kommerziellen Anlage wird durch eine entsprechende Anzahl von
Reformerrohren erreicht. Daher ist es möglich, neue Verfahren und
Materialien unter Betriebsbedingungen zu testen, wie sie später in der
Praxis auftreten. Der Pilot Reformer ist im Vergleich zur industriellen
Anlage allerdings mit einer umfangreicheren Analytik und Sensorik
ausgestattet. So können die Forscher die über einen großen Wertebereich
einstellbaren Betriebsparameter und Gaszusammensetzungen
umfangreich dokumentieren und auswerten.
Für das neue Dryref Verfahren haben die Wissenschaftler die klassische Dampfreformierung entscheidend
verändert. Neben Methan und etwas Wasserdampf wird bei hohem Druck auch Kohlendioxid (CO2) in den
Rohrreaktor geleitet. Bei Temperaturen zwischen 800 und 1.000 Grad reagiert das CO2 mit dem Methan zu
Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Das Verfahren ist energieeffizienter als die klassische Variante: Zum einen
benötigt die Trockenreformierung sehr viel weniger Wasserdampf zur Verhinderung der Katalysatorverkokung,
zum anderen wird das Synthesegas unter hohem Druck erzeugt, sodass eine vorlaufende Gasentspannung und
im Anschluss an die Reaktion eine weitere Verdichtung entfällt. Ein weiterer Vorteil: Die Verwendung großer
benötigt die Trockenreformierung sehr viel weniger Wasserdampf zur Verhinderung der Katalysatorverkokung,
zum anderen wird das Synthesegas unter hohem Druck erzeugt, sodass eine vorlaufende Gasentspannung und
im Anschluss an die Reaktion eine weitere Verdichtung entfällt. Ein weiterer Vorteil: Die Verwendung großer
Mengen CO2. Dieses entsteht als Abfallprodukt in vielen industriellen Prozessen und kann nutzbringend
eingesetzt werden statt es an die Umwelt abzugeben.
Das Dryref-Verfahren produziert wertvolle Synthesegase mit besonders hohem CO-Anteil. Dadurch kann es für
viele Syntheseprozesse direkt eingesetzt werden, ohne dass zuvor Wasserstoff abgetrennt werden muss. Es
konkurriert deshalb mit dem sogenannten Partialoxidationsverfahren das durch die Reaktion von Methan mit
Sauerstoff ebenfalls hohe Kohlenmonoxid-Anteile erreicht. Der benötigt Rein-Sauerstoff muss bei dieser Variante
aber mit hohem Energieaufwand hergestellt werden. Nicht zuletzt besitzt der Dry-Reforming-Prozess vor allem
bei kleinen und mittelgroßen Anlagen relevante Kostenvorteile gegenüber der partiellen Oxidation.
Das Bundeswirtschaftsministerium fördert die Forschungsarbeiten mit denen das Dryref-Verfahren für die
industrielle Nutzung fortentwickelt wird. In seiner Rede hob Ministerialrat Ulrich Benterbusch, der für das
Bundeswirtschaftsministerium sprach, diesen Dreiklang von Energieeinsparung, Klimaschutz und
Wirtschaftlichkeit besonders hervor. Das enge Zusammenwirken von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik bei
dem Pilotprojekt ermögliche es, umweltpolitische Ziele mit wirtschaftlichen Vorteilen für Unternehmen und
Gesellschaft zu verknüpfen.
Neue Katalysatoren
Die Prozessbedingungen in dem Rohrreaktor weichen sehr stark von denen etablierter Technologien ab. Ein
bekanntes Problem trockener Reformierungsverfahren ist beispielsweise die Verkokung der Katalysatoren. Für
ein besseres Verständnis der komplexen Reaktionskinetik sorgen Simulationsrechnungen, die das Karlsruher
Institut für Technologie KIT durchführt. Dies hilft, das Verfahren und die eingesetzten Apparate entsprechend
anzupassen. Eine entscheidende Herausforderung ist dabei, industriell einsetzbare Nickel- oder
Kobaltkatalysatoren zu entwickeln. Die Katalysator-Entwicklung wird von den Projektpartnern BASF und hte
vorangetrieben. Die Dechema führt Untersuchungen an Materialien durch.
Der Rohrreaktor ist vielfältig einsetzbar
Auch wenn zunächst das Dryref-Verfahren im Mittelpunkt des Interesses steht, können mit dem Rohrreaktor eine
Vielzahl von bekannten Verfahren im großen Maßstab optimiert werden und neue Katalysatoren erprobt werden.
Dr.-Ing. Christian Bruch, verantwortlich für Technologie und Innovation bei Linde erläutert: „Wir werden diese
Pilot-Anlage für unterschiedlichste Untersuchungen im Bereich des Reforming verwenden und die dabei
gewonnenen Erkenntnisse zur weiteren Verbesserung von Reforming-Prozessen und -Konzepten für unsere
Kunden nutzen.“
Synthesegas ein Grundstoff
CO-reiche Synthesegase sind ein wichtiger Synthesebaustein in der chemischen Industrie. Sie werden
beispielsweise in Hydroformylierungs- und Carbonylierungsreaktionen eingesetzt. Damit sind sie Ausgangspunkt
für zahlreiche Produkte wie beispielsweise Düngermittel oder Kraftstoffe. Die Projektpartner wollen das
Dry-Reforming-Verfahren nach Abschluss des Förderprojektes 2017 bei erfolgreicher Pilotierung
kommerzialisieren und eine Referenzanlage bei einem Kunden errichten.
(me)