Fehlzeichnung: kein Drama! Neugeborene Welpen von perfekt standardgemäss gezeichneten Papillon-Eltern haben manchmal weisse Ohren, die weisse Farbe am Kopf dehnt sich über das Auge hinaus oder einer Kopfseite fehlt die bunte Farbe ganz, was nicht erwünscht ist. Der Züchter ärgert sich über die Fehlzeichnung und fragt warum? Woher kommt das? Ganz einfach: es kommt von den Zeichnungsvorschriften im Rassestandard! Alte Züchter behaupten, früher habe es das nicht oder kaum gegeben, und sie haben recht. Die Forderung nach mehrheitlich weissem Körper und deutlicher Weisszeichnung am Kopf (Blesse) führt zu Fehlzeichnungen, wenn der Welpe zufällig genetisch „viel Weiss“ geerbt hat. Damit müssen wir heute leben, wenn wir standardkonforme Papillons mit Blesse züchten wollen und bei den Zuchttieren alle eliminieren, die keine Blesse oder einen ganz bunten Körper haben. Es gab (und gibt noch??) Züchter, die solche Welpen in den ersten Lebenstagen töten, weil sie nicht dazu stehen wollen, dass es sie in ihrer Zucht gibt. Das ist z.B in der Schweiz ein gravierendes Tierschutzvergehen und gilt als „mutwilliges Töten“, weil diese Welpen ja gesund und fit sind. Es kann jedem Papillonzüchter passieren, dass er so ein Welpchen im Wurf hat. Oft findet dieser Welpe als erstes ein privates Zuhause, weil das manchen Leuten gefällt. „Rassegeschichte“ bezüglich Farbe Zahlreiche alte Gemälde zeigen Zwergspaniels, wie hier jenes des Kleinkindes Friedrich II von Preussen (geb. 1712) von Antoine Pesne. Man findet in diesen historischen Zeugen keine so weissen Kleinspaniels, wie wir sie heute kennen. Die ganz frühen Papillons vor dem 2. Weltkrieg waren teils so gefärbt, wie es die alten Bilder zeigten, sehr bunt. Es gab solche mit sogenannter irischer Scheckung, d.h. nur weisse Pfötchen, weisse Brust und allenfalls weisser Halskragen und Rutenspitze, so wie z.B die Schweizer Sennenhunde gezeichnet sein müssen. Daneben waren damals schon recht weisse Hunde mit wenigen Flecken zu finden. Das sehr alte schwarz-weiss-Foto hier oben zeigt den 1923 geborenen CH. Gamin de Flandre, der zuerst auf dem Kontinent und später in England zu den bedeutenden Vererbern in der Rasse gehörte. Im Typ schon viel mehr wie heutige Papillons ist der rund 25 Jahre später in England gezüchtete Rüde auf dem nebenstehenden Foto (CH. Skipper of Confryn). Auch er hat einen farbigen Körper, Brust und Beine sind weiss und er zeigt die schöne Blesse, auf die in England seit langem Wert gelegt wird. In England wollten die Züchter schon in den 1970-er Jahren einen Hund mit relativ weissem Körper und breiter regelmässiger Blesse. Als ich Mitte der 1960er Jahre meine Schweizer Papillonstammhündinnen kaufte, waren sie bunter als heute. Der FCI-Rassestandard enthielt damals keine Zeichnungsvorschriften. Die meisten Papillons zeigten vor 40 Jahren die sogenannte „Sattelzeichnung“, d.h. farbiger Kopf, weisse Halskrause und weisse Brust/Läufe, Körper zur Hälfte bis drei Viertel durchgehend gefärbt und dazu eine weisse Rute. Diese sehr bunten Papillons hatten zwar oft nur wenig Blesse, aber es gab in den Würfen keine Welpen mit weissen Ohren über die Augen reichender Blesse. Die auch damals vorkommenden Hunde mit weissen Körper und wenig bunten Flecken wurden gezielt mit bunten Papillons gepaart, damit sich nicht zu viel Weiss ergebe. Bis 1990 erlaubte der Rassestandard dem Züchter jede Freiheit bezüglich Farbe und Zeichnung, es gab nur die Bedingung, dass die Nase immer schwarz sein musste (was z.B. Leberfarbe ausschliesst). Rassestandard will seit 1990: Körper mehrheitlich weiss Die FCI-Standardanpassung von 1990 bezog sich auf die „Zeichnung“, d.h. auf die Farbverteilung zwischen weiss und gefärbt. „Körper mehrheitlich weiss“ und „Blesse erwünscht“ war neu eingefügt. Das entspricht dem, was schon 20 Jahre vorher in England im Standard zu lesen war. Im FCI-Standard war das zuvor nicht festgehalten, die Hunde konnten so farbig sein, wie sie wollten und die Blesse war nicht verlangt. In den fast 20 Jahren seither wurde dem Standard nachgelebt. Die Züchter behielten vorwiegend die standardkonform gezeichneten Papillons mit weissem Körper mit wenigen Flecken und schöner Blesse in der Zucht, die zu stark gefärbten wurden verkauft an Nichtzüchter. Damit wurde und wird die Rasse bezüglich Farbe genetisch verändert. Die Genetik geht davon aus, dass bezüglich Weisszeichnung die Vollfarbe ohne Weiss dominant ist über Fleckung, dass die sog. irische Fleckung mit weissen Pfoten, Brust und Rutenspitze dominant ist über Plattenscheckung und dass weisse Hunde mit ganz wenig Farbe die Gene für Vollfarbe, irische Fleckung oder Plattenscheckung gar nicht mehr besitzen, sondern reinerbig sind für dieses sehr ausgedehnte Weiss. Das erklärt auch, warum es heute keine sehr bunten Papillons mehr gibt: aus zwei Eltern mit viel Weiss resultiert weder ein Hund mit Vollfarbe (was beim Papillon nicht erlaubt ist) noch einer mit einem farbigen Mantel, wie er für irische Fleckung typisch ist. Die Farbe, die wir weg gezüchtet haben, kehrt nicht zurück. Heute sind wir Züchter gefordert, der Farbe, die unseren Papillons geblieben ist, Sorge zu tragen. Wenn man zwei Hunde mit grossen bunten Platten paart, die zudem keine allzu breite oder zwischen den Ohren durchgezogene Blesse haben, gibt es im Wurf meist keine sogenannten „Fehlfarben“. Wenn man Glück hat, kommt auch jetzt einmal ein ganz bunter Welpe heraus und ich glaube, die Züchter sollten in den nächsten 20 Jahren davon absehen, alle diese „zu bunten“ Hunde aus der Zucht zu eliminieren, wie man das gemacht hat. Ausstellungsrichter und Züchter sollten wissen, dass wir bei dieser Rasse am Punkt angekommen sind, wo „mehr Weiss“ nicht mehr das Ziel sein kann. Foto: ideal gezeichnet für Ausstellungen: fast ganz weisser Körper und reichlich Blesse. Wer zwei solche Papillons paart, riskiert Fehlzeichnungen. Die noch vorhandenen Plattenschecken sind die Ressource, aus der man die Buntheit der Rasse erhalten kann. Ganz weisse Zuchttiere, ohne Flecke am Körper und mit breiter Blesse sollten nicht unter sich gepaart werden. Ich habe zuweilen den Eindruck, dass Papillons mit breiter Blesse, die über den Kopf durchgeht (zwischen den Ohren nicht geschlossen ist) mehr fehlgezeichnete Welpen verursachen als solche, die eine schmale Blesse haben, die oberhalb der Augenlinie endet.
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