144 Kernobst Stellschrauben in der Produktion von Äpfeln – Ausdünnung nach einem Vortrag auf den Norddeutschen Obstbautagen 2015 Julia Bahlo Julia Bahlo Obstbauversuchsring des Alten Landes [email protected] 80 70 60 € /dt Um Äpfel von ausreichend guter Qualität zu produzieren, ist eine jährliche Fruchtbehangsregulierung unumgänglich. Durch die Ausdünnung wird sowohl die innere Qualität, wie ZuckerSäure-Verhältnis und Fruchtgewicht, als auch die äußere Qualität, wie Fruchtgröße und Ausfärbung verbessert. Vergleicht man die Preise bei Elstar der letzten Jahre (Abb. 1), fällt insbesondere der Preisunterschied von mehr als 20 € / dt zwischen den 6065ern und den 65-70er in der Saison 2012/2013 sowie 2013/2014 auf. Und auch in der Preis schwächeren Saison 2011/2012 liegt der Unterschied zwischen den 60-65er und den 65-70er noch bei 10 € / dt. Die Fruchtgröße ist also durchaus von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Je nach Vermarktungsstrategie und -möglichkeit hat jeder Händler unterschiedliche Ansprüche an die Fruchtgröße. Beispielsweise werden seit einigen Jahren 65-75er Elstar auch immer öfter als Taschenware vermarktet. Daraus wird deutlich, dass ein enger Kontakt zum Händler sinnvoll ist, um die für das aktuelle Jahr und die jeweilige Sorte gewünschte Fruchtgröße bei der Ausdünnungsstrategie einplanen zu können und dadurch möglichst hohe Auszahlungspreise zu erhalten. Die Produktion von Elstar, die unter 65 mm liegen, macht aus wirtschaftlicher Sicht für die indirekte Vermarktung keinen Sinn. Ein weiterer wichtiger Grund für eine jährliche Ausdünnung ist ein gleichmäßiger Fruchtbehang. Durch Schwankungen im Fruchtbehang wird nicht nur die Qualität der Früchte, sondern auch das Triebwachstum der Bäume beeinflusst. In Tragjahren ist nur ein geringes Triebwachstum bei übermäßigem Fruchtbehang zu verzeichnen. Auch die Qualität, insbesondere die Fruchtgröße, leidet unter 60Ͳ65mm 65Ͳ70mm 70Ͳ75mm 50 40 30 20 2011/2012 2012/2013 2013/2014 Abb. 1: Preisentwicklung von 2011/2012 bis 2013/2014 in Abhängigkeit der Fruchtgröße bei Elstar. dem starken Fruchtbehang. In Ruhejahren findet hingegen ein übermäßiges Triebwachstum statt. Der Fruchtbehang ist zu gering, bei zu großen Früchten und die Lagerstabilität nimmt deutlich ab. Langfristig führt dies zu einer Ertragsreduktion und einem Qualitätsverlust. Es gilt diesem entgegenzuwirken. Grundvoraussetzung für eine regelmäßige quantitativ und qualitativ hochwertige Ernte ist eine frühzeitige Reduktion der Blüten- und Fruchtzahl!! Neben den verschiedenen Sorten mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften müssen noch weitere Faktoren berücksichtigt werden, die den Fruchtbehang beeinflussen können. Hierzu zählen neben den Witterungsbedingungen zur Blüte, der Blühstärke, den Befruchterbäumen und dem Vorjahresertrag auch der Standort, das Baumalter und die Wuchsstärke (Abb. 2). Des Weiteren muss wie bereits erwähnt die gewünschte Fruchtgröße bei der Ausdünnung berücksichtigt werden. Dasselbe gilt für Abb. 2: Einflussfaktoren die bei der Ausdünnungsstrategie berücksichtigt werden sollten. Mitt. OVR 70 · 05/2015 Kernobst 145 Mitt. OVR 70 ·05/2015 gab bei der ATS-Variante durchschnittlich 2 mm größere Früchte gegenüber der unbehandelten Kontrolle. Durch den Einsatz von Globaryll konnte die Fruchtgröße nochmals um 3 mm gesteigert werden (Abb. 4). Der Effekt von 2-3 mm mehr Fruchtgröße bei nur leicht verstärktem Fruchtfall ist bei Benzyladeninen nicht jedes Jahr festzustellen, da die Wirkung sehr Witterungsabhängig ist. Zudem ist die Maßnahme mit ca. 350 € / ha inkl. Arbeitszeit- und Schlepperkosten sehr teuer. Daher empfehlen wir den Einsatz von Benzyladenin-Präparaten insbesondere für kleinfrüchtige Sorten wie bsp. Braeburn und ClubSorten wie Kanzi oder Junami, bei wüchsigen Witterungsbedingungen. Maschinelle Ausdünnung 35 74 30 72 25 70 20 68 15 66 10 64 5 62 0 60 ATS Etephon ATS+Etephon Fruchtgröße inmm Die maschinelle Ausdünnung mit der Fadenmaschine (Abb. 5) eignet sich besonders für kleinfrüchtige Sorten und weniger wüchsige Anlagen. Für eine Ertrag Fruchtgröße Kontrolle Abb. 3: Wirkung auf den Ertrag (Kg/Baum) und die Fruchtgröße durch den kombinierten Einsatz von ATS und Flordimex bei Elstar. 80 200 180 160 140 75 120 100 80 70 60 40 20 65 0 ATS+Etephon/ ATS ATS+Etephon/ Globaryll Fruchtgrößeinmm Eine mögliche Ausdünnungsstrategie ist der kombinierte Einsatz von ATS und Etephon. Während ATS vorrangig bei kleinfrüchtigen Sorten und Flordimex bei alternanzanfälligen Sorten eingesetzt wird kann der kombinierte Einsatz beider Wirkstoffe sinnvoll sein, um sowohl einen positiven Effekt auf die Fruchtgröße als auch auf die Blühstärke im nächsten Jahr zu erlangen. In einem Versuch der 2010 von Michael Clever durchgeführt wurde, wurden in der ATS Variante 3 x 10 l / ha Agro N Fluid ausgebracht, in der Etephon Variante 1 x 0,5 l / ha Flordimex und in der dritten Variante beide Präparate, kombiniert in derselben Aufwandmenge wie zuvor. ATS und Etephon solo eingesetzt, haben die Fruchtgröße bei Elstar in diesem Versuch um 2 mm, von 65 auf 67 mm, gegenüber der Kontrolle verbessert. Durch die Kombination beider Präparate konnte die Fruchtgröße nochmals um 5 mm, auf 72 mm, gesteigert werden (Abb. 3). Zum Beginn der Saison 2011 wurde die Blühstärke in dem Versuch bewertet und der verbesserte Blütenansatz der Ausdünnungsvarianten gegenüber der Kontrolle ermittelt. Während ATS keinen höheren Blütenansatz als die Kontrolle zeigte, wurde bei Etephon eine Steigerung des Blütenansatzes von 11% verzeichnet. Deutlich besser schnitt auch hier wieder die Kombination von ATS und Etephon ab: die Blühstärke lag bei 5,9. Dies entspricht einer Blühverbesserung von 86% gegenüber der Kontrolle. Durch die Kombination von ATS und Etephon kann sowohl die Fruchtgröße als auch die Blühstärke der kommenden Saison deutlich gesteigert werden. Daher ist der kombinierte Einsatz beider Produkte insbesondere bei Sor- Kg/Baum Chemische Ausdünnung ten, die sowohl kleinfrüchtig als auch alternanzanfällig sind, sinnvoll. Ein weiterer Wirkstoff für die chemische Ausdünnung ist das Benzyadenin. Auf einem Praxisbetrieb wurde in der vergangenen Saison in einer Braeburn-Anlage im 8. Laub ein Ausdünnungsversuch mit Benzyladenin durchgeführt. In beiden Varianten wurde zur Vollblüte am mehrjährigen Holz eine Kombination aus 24 l Agro N Fluid und 1,2 l Floridmex / ha ausgebracht. In der 1. Variante erfolgte eine weitere Behandlung mit ATS, während in der 2. Variante bei 10 mm Fruchtgröße Globaryll mit 2,25 l/ha eingesetzt wurden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Witterungsbedingungen sehr wüchsig, was für den Einsatz eines Benzyladenins optimal ist. Eine Kontrollparzelle blieb unbehandelt. In beiden Varianten konnte der Fruchtbehang gegenüber der Kontrolle reduziert werden, wobei das Globaryll eine stärkere Wirkung zeigte als das ATS. Die Fruchtgrößenbonitur er- AnzahlFrüchte/Baum Wetterereignisse wie z.B. Frost und Hagel. Dementsprechend muss für jede Anlage in jedem Jahr erneut individuell die Ausdünnungsstrategie geplant werden. Insbesondere die beiden ExtremJahre 2013 und 2014 haben uns gezeigt, wie wichtig eine jährlich neue Beurteilung der Einflussfaktoren für eine erfolgreiche Ausdünnungsstrategie ist. AnzahlFrüchte Fruchtgrößeinmm Kontrolle Abb. 4: Wirkung von Benzyladenin auf Fruchtgröße und Anzahl der Früchte je Baum in der Saison 2014 bei Braeburn. 146 Kernobst Abb. 5: Maschinelle Ausdünnung mit der Fadenmaschine Tree Darwin. (Fotos: Julia Bahlo) gute Vergleichbarkeit der Wirkung empfiehlt es sich die Fahrgeschwindigkeit stets gleich einzustellen, beispielweise auf 8 Km/h, und lediglich die Umdrehungszahl an die gewünschte Ausdünnungsstärke anzupassen. Generell sollten bei allen Ausdünnungsstrategien, gleich ob chemisch oder maschinell, immer einige Bäume als Kontrolle unbehandelt bleiben, um den Effekt der Ausdünnung überprüfen und über die Jahre immer weiter optimieren zu können. Auf einem Praxisbetrieb konnten im Jahr 2013 die beiden Fadenmaschinenen Tree Darwin und BMV miteinander verglichen werden. Beide Maschinen waren sowohl in der Handhabung als auch in der ausdünnenden Wirkung vergleichbar. stunden der Handausdünnung gering zu halten. Insbesondere im Hinblick auf den Mindestlohn ist dies von Bedeutung. Was erwartet uns in der Saison 2015? Hinter uns liegen zwei extreme Jahre: 2013 ein Jahr mit extrem späten Saisonbeginn, mit einer sehr langen, kalten, nassen und dunklen Periode zur Blüte und daraus resultierend einer sehr schwachen Ernte. 2014 genau das Gegenteil: Mit der Ansatzsituation des Vorjahres noch im Kopf, sind wir in die Ausdünnungssaison 2014 gestartet. Es wurde so viel ausgedünnt wie noch nie zuvor, dennoch hat die Ausdünnung oftmals nicht ausgereicht. Zum einen wurde die Ausdünnung für den starken Ansatz teilweise zu zögerlich durchgeführt, durch die Erfahrungen des letzten Jahres aber auch, da auf Grund des frühen Saisonstartes keine Probleme mit den Fruchtgrößen erwartet wurden. Zum anderen herrschten optimalste Witterungsbedingungen von der Blüte bis zur Ernte - das hat zu einer guten Wirkung der Produkte geführt, aber eben auch zu optimalsten Bedingungen für einen übermäßigen Fruchtbehang, hierfür war die Wirkung der chemischen Ausdünnung zu schwach. Zum Saisonbeginn sah der Blütenknospenansatz in einigen Elstar- und insbesondere in den Jonagold-Anlagen, wo mit der Ernte lange auf die notwendige Fruchtausfärbung gewartet wurde, etwas schwächer aus. Da der Fruchtbehang jedoch, wie eingangs erwähnt, von vielen verschiedenen Faktoren abhängt und nicht allein von der Blühstärke, hieß die Devise abwarten und die Situation zur Blüte individuell für jede Sorte und jede Anlage bewerten. Neben einer frühzeitigen und starken Ausdünnung in 2014, können sich insbesondere die guten Witterungsbedingungen während der Zeit der Blüteninduktion und der Blütendifferenzierung positiv auswirken. Hinzu kommt die frühe Ernte, wodurch die Bäume frühzeitig entlastet wurden und die Blütenknospen ausreichend mit Assimilate versorgt werden konnten. Und zu guter Letzt wissen wir alle: bereits 5% einer Weißblüte können unter guten Befruchtungsbedingungen einen ausreichenden Fruchtbehang gewährleisten. Handausdünnung Bei der Handausdünnung wird die Fruchtanzahl am Baum reguliert und beispielsweise durch Hagel geschädigte oder schlecht ausgefärbte Früchte aussortiert. Dadurch wird die Qualität der Äpfel, und damit der Anteil, der als Handelsklasse 1 vermarktet werden kann, deutlich erhöht. Eine geringe Handausdünnung sollte daher immer eingeplant werden. Ziel sollte es sein mit der chemischen oder mechanischen Ausdünnung möglichst dicht an das Fruchtbehangsoptimum heranzukommen, um so die Arbeits- Abb. 6: Anlage nach Handausdünnung. Mitt. OVR 70 · 05/2015
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