M27 Aerodynamische Untersuchungen

M27
Aerodynamische Untersuchungen
Physikalisches Praktikum
Die Abhängigkeiten von Druck und Strömungsgeschwindigkeit in einer Luftströmung sowie die Kraftwirkung auf Körper in dieser Luftströmung sollen veranschaulicht werden.
1. Theoretische Grundlagen
1.1 Strömende Flüssigkeiten (Hydrodynamik) und Gase (Aerodynamik)
Strömende Flüssigkeiten und Gase sind Gegenstand der Strömungsmechanik. Diese beschreibt den
Transport von Fluiden (Flüssigkeiten oder Gasen) aufgrund der Schwerkraft oder von Druckdifferenzen unter Berücksichtigung der Viskosität (Reibung). In der Hydrodynamik werden die inkompressiblen (Dichte ρ = konst.) und in der Aerodynamik die kompressiblen Strömungen untersucht. Auch
Gase sind näherungsweise inkompressibel, wenn ihre Strömungsgeschwindigkeit höchstens ein Drittel der Schallgeschwindigkeit beträgt (in Luft: ca. 340m·s-1). Die Strömungsmechanik kann je nach
Berücksichtigung der Reibung in die Strömung idealer Fluide (reibungsfrei) und in die Strömung realer
Fluide eingeteilt werden.
1.2 Grundgleichungen von Strömungen idealer, inkompressibler Fluide
Bild 1: Konstanz des Volumenstromes
Bei einer stationären Strömung mit der Geschwindigkeit v muss der Volumenstrom
ds
V = A = A ⋅ v
dt
durch jede Querschnittsfläche A konstant sein:
V = A1 ⋅ v1 = A2 ⋅ v2 = konst.
(1)
Dies nennt man die Kontinuitätsgleichung für inkompressible Strömungen: in Verengungen muss die
Strömung schneller sein (Bild 1).
Um ein Fluidvolumen ∆V1 = A1 ⋅ ∆s1 durch die Querschnittsfläche A1 in die Strömungsröhre einzubringen, muss vom dort herrschenden Druck p1 die Arbeit W1 = F1 ⋅ ∆s1 = p1 ⋅ A1 ⋅ ∆s1 = p1 ⋅ ∆V1 aufgebracht werden. Wegen der Inkompressibilität tritt bei A2 dann ein gleich großes Volu©2014
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men ∆V = ∆V1 = ∆V2 aus und verrichtet gegen p2 die Arbeit W2 = F2 ⋅ ∆s2 = p2 ⋅ A2 ⋅ ∆s2 = p2 ⋅ ∆V2 .
Diese Arbeiten müssen sich unterscheiden, und zwar um den Betrag der kinetischen Energie, der
dem durchgeschobenen Volumenelement zugeführt werden muss (v2 > v1 falls A2 < A1), bzw. den es
abgibt:
W1 − W2 = p1 ⋅ ∆V1 − p2 ⋅ ∆V2
= ( p1 − p2 )∆V
= 1 2 ρ ⋅ ∆V v22 − v12
(
)
Überall in einem strömenden, idealen Fluid gilt also die Bernoullische Gleichung:
p ges = p1 + 1 2 ρ ⋅ v12 = p 2 + 1 2 ρ ⋅ v 22 = konst.
(2)
Man nennt p (pstat) den statischen Druck, der durch das umgebende Medium erzeugt wird.
pdyn = 1 2 ρ ⋅ v 2 wird als dynamischer oder Staudruck bezeichnet und beschreibt die kinetische Energie
der Strömung. Ihre Summe ist der Gesamtdruck pges.
1.3 Druck- und Volumenstrommessung
1.3.1 Druckmessung
Zur Messung der einzelnen Druckarten, die auf einen Körper in einer Strömung entsprechend Gleichung (2) wirken können, sind spezielle Messsonden entwickelt worden.
a) Drucksonde
Befindet sich in der strömenden Luft eine entsprechend Bild 2 geformte Drucksonde, so ergeben sich an den markierten Stellen folgende
Druckverhältnisse:
Auf den mit der Ziffer 1 gekennzeichneten linken
Schenkel des Flüssigkeitsmanometers wirkt der
Luftdruck pL. Die tangential an der Messsonde
vorbeiströmende Luft bewirkt einen Sog am
Schenkel 2 des Manometers. Somit kann der statische Druck pstat gemessen werden.
Bild 2: Drucksonde zur Messung des statischen
Druckes pstat
b) Pitot-Rohr
Im Pitot-Rohr (Bild 3) wird die Luft, die durch eine
in Strömungsrichtung verlaufende Öffnung eintreten kann, gestaut (v = 0). Damit ergibt sich aus
der abzulesenden Höhendifferenz der Gesamtdruck
ρ ⋅ v2
p ges = p stat +
2
Bild 3: Pitot-Rohr zur Messung des Gesamtdruckes
-2-
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c) Prandtlsches Staurohr
Eine Kombination aus Drucksonde und Pitot-Rohr
ermöglicht die Bestimmung des Staudruckes als
Differenzmessung von Gesamtdruck pges und statischem Druck pstat (Bild 4).
Aus diesem Staudruck ∆p = pdyn = 1 2 ρ ⋅ v 2 kann
sofort die Strömungsgeschwindigkeit
v=
2 pdyn
ρ
Bild 4: Prandtlsches Staurohr zu Bestimmung des
dynamischen Druckes
bestimmt werden. Am Manometer befindet sich
für diese Messvariante eine Geschwindigkeitsskala.
1.3.2 Volumenstrommessung
Im Experiment wird zur Volumenstrombestimmung das Venturi-Rohr (Venturi-Düse) verwendet. Dieses gestattet, an zwei Stellen mit unterschiedlichem Querschnitt die Differenz der statischen Drücke
zu messen (Bild 5). Daraus sind die Strömungsgeschwindigkeit und der Volumenstrom bestimmbar.
Nach Bernoulli gilt:
∆p stat = p1 − p 2 =
ρ
2
(v
2
2
)
− v12 .
Aus der Gleichung (1) folgt:
v2 = v1 ⋅
A1
.
A2
Dies eingesetzt ergibt:
∆p stat
Bild 5: Venturi-Rohr
Somit errechnet sich v1 aus:
v1 =
2

 ρ 2  A1 
=  2 v − v  = v1   − 1
2  A2

 2  A2 
ρ  A12
2∆pstat
ρ ( A1 / A2 )2 − 1
(
2
1
2
1
(3)
)
und der Volumenstrom bestimmt sich gemäß V = A ⋅ v = A1 ⋅ v1 zu
V = A1
2∆pstat
ρ ( A1 / A2 )2 − 1
(
(4)
)
-3-
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1.4 Umströmen von Körpern
Während bei einer laminaren Strömung die Geschwindigkeitsvektoren der Fluide annähernd
parallel verlaufen, ändern sich in der turbulenten
Strömung die Geschwindigkeitsvektoren ursprünglich benachbarter Teilchen ständig nach
Richtung und Größe. Die Teilchen driften auseinander, die Strömung ist verwirbelt. Streng genommen ist eine turbulente Strömung deshalb
immer instationär. Als stationär wird sie angesehen, wenn die über den Querschnitt gemittelte
Geschwindigkeit von der Zeit unabhängig ist.
Eine Wirbelbildung tritt auf, wenn sich die zunächst laminar strömenden Schichten ablösen.
Die Entstehung von Wirbeln kann modellmäßig
erklärt werden. Bild 6a zeigt den reibungsfreien
Idealfall. Während an den Punkten A und C die
Strömungsgeschwindigkeit v = 0 und deshalb
nach der Bernoulli-Gleichung der statische Druck
maximal ist, wird an den Punkten B und D die
Geschwindigkeit am größten (v = vmax) und deshalb der Druck am geringsten. Ohne Wirkung
einer Reibungskraft werden die Flüssigkeitsteilchen von A nach B beschleunigt und durch die
zunehmende Druckkraft von B nach C auf v = 0 Bild 6: Umströmen zylindrischer Körper
a) reibungsfreie Strömung
wieder abgebremst; entsprechendes gilt für den
b) reibungsbehaftete Strömung
Weg ADC. Unter der Wirkung von Reibungskräften in der sogenannten Grenzschicht werden die
Fluidteilchen jedoch vor dem Punkt C zur Ruhe kommen. Dadurch wird eine Drehbewegung eingeleitet, und es bildet sich hinter dem Zylinder ein Wirbelpaar mit entgegengesetztem Drehsinn (Bild 6b).
Die Wirbel lösen sich ab und werden mit der äußeren Strömung mitgenommen. Es bildet sich eine
Wirbelstraße. Zu ihrer Aufrechterhaltung ist eine ständige Arbeitsleistung erforderlich, die sich im
Strömungswiderstand äußert.
Die gesamte Widerstandskraft FW setzt sich aus zwei Anteilen zusammen (Bild 7):
1. Reibungswiderstandskraft FR durch bloße Grenzschichtreibung,
2. Druckwiderstandskraft FD durch Wirbelbildung.
Reiner Reibungswiderstand
Längs überströmte Platte
Bild 7: Widerstände bei Strömungen
Reiner Druckwiderstand
Reibungs- und Druckwiderstand
Quer angeströmte Platte
Überströmte Kugel
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Für FW ergibt sich eine quadratische Zunahme mit der Geschwindigkeit v:
FW = FR + FD = cW ⋅ 1 2 ρ ⋅ A ⋅ v 2
(5)
A: Querschnittsfläche des Körpers senkrecht zur Strömungsrichtung
ρ: Dichte des strömenden Mediums
Der Proportionalitätsfaktor cW in der Gleichung (5) ist dimensionslos und wird Widerstandsbeiwert
genannt. Widerstandsbeiwerte für verschiedene Körper sind in Bild 8 zusammengestellt. Sie werden
experimentell ermittelt und hängen innerhalb gewisser Grenzen auch von v ab.
Halbkugel (hinten)
Platte
mit Boden 1,2
ohne Boden 1,3
1,1 … 1,3
Kegel mit Halbkugel
Zylinder
0,6 … 1,0
0,16 … 0,2
Halbkugel mit Kegel
Kugel
0,3 … 0,4
0,07 … 0,09
Stromlinienkörper
Halbkugel (vorn)
mit Boden 0,4
ohne Boden 0,34
0,055
Bild 8: Beispiele für Widerstandsbeiwerte unterschiedlicher Körper
2.Versuch
2.1 Vorbetrachtung
Aufgabe: Für eine Scheibe und eine Kugel gleicher Abmessung (r = 5cm) sollen mit Hilfe eines Windkanals die cW -Werte bei einer Windgeschwindigkeit von v = 10m/s bestimmt werden. Dabei
wurden für die Scheibe eine Widerstandskraft von FW = 610mN bzw. der Kugel FW = 150mN
gemessen. (Luftdichte ρL = 1,29kg·m-3)
Wie groß sind die cW -Werte.
2.2 Versuchsdurchführung
2.2.1 Verwendete Geräte
Saug- und Druckgebläse, Windkanal, Feinmanometer, Kraftmesser, Venturirohr, Widerstandskörper
2.2.2 Versuchshinweise
Zwecks Verringerung der notwendigen Umbauten am Versuchsstand wird nach der Aufgabe 1 zunächst die Aufgabe 3 und zum Schluss die Aufgabe 2 durchgeführt!
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Aufgabe 1: Bestimmung der Strömungsgeschwindigkeit von Luft bei veränderlichem Strömungsquerschnitt
• Überprüfen Sie den Versuchsaufbau entsprechend Bild 9.
Bild 9: Versuchsaufbau Aufgabe 1
Vorbereitung des Feinmanometers zur Messung:
• Benetzen Sie die Kapillare mit Manometerflüssigkeit durch vorsichtiges Kippen des Manometers.
• Richten Sie das Manometer horizontal aus.
Messsonde mit Feinmanometer:
a) als Drucksonde (siehe Bild 2)
b) als Pitot-Rohr (siehe Bild 3)
c) als Prandtlsches Staurohr (siehe Bild 4)
Bild 10: Aufbaumöglichkeiten für die Druckmessungen
• Mit dem Feinmanometer messen Sie Druckdifferenzen (in den ersten beiden Fällen die Differenz
zum Luftdruck).
• Beachten Sie die Richtung der zu erwartenden Druckänderung beim Anschluss des Feinmanometers (Der Luftdruck wird am Raumbarometer abgelesen!).
• Stellen Sie das Gebläse (Saugseite benutzen!) auf maximale Leistung und schalten Sie es ein.
• Nehmen Sie jeweils eine Messreihe entsprechend der vorgegebenen Querschnittsmarkierungen
auf.
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Hinweis:
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Die Vorderkante des Messwagens markiert die Messstelle!
Die Restschlitzfläche unbedingt gut abdecken!
Aufgabe 2: Bestimmung eines Volumenstromes bei verschiedenen Drehzahlen des Gebläses unter
Verwendung eines Venturi-Rohres
• Bauen Sie den Versuchsaufbau entsprechend Bild 11 um (Hilfestellung durch Laborpersonal).
Bild 11:Versuchsaufbau Aufgabe 2
• Stellen Sie das Gebläse auf minimale Drehzahl.
• Schalten Sie erst dann ein. (Bei zu hoher Strömungsgeschwindigkeit wird Manometerflüssigkeit
vom Venturi-Rohr angesaugt und zerstäubt).
• Bestimmen Sie die Druckdifferenz von den Messstellen 1 … 7.
• Führen Sie die Messung mit 3 unterschiedlichen Drehzahlen durch.
Aufgabe 3: Nachweis der Abhängigkeit des Luftwiderstandes von der Körperform durch die Bestimmung des Widerstandsbeiwertes verschiedener Körper
• Bauen Sie den Windkanal entsprechend Bild 12 um (Hilfestellung durch Laborpersonal).
Bild 12:Versuchsaufbau Aufgabe 3
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• Ersetzen Sie die Bodenrampe durch ein Bodenblech.
• Nehmen Sie die Laufschiene ab.
• Montieren Sie den Winkelhalter auf den Messwagen.
• Montieren Sie den Widerstandskraftmesser.
• Stellen Sie das Gebläse auf maximale Leistung ein.
• Bestimmen Sie vor dem Aufstecken der Widerstandskörper mit der als Prandtlsches Staurohr
angeschlossenen Messsonde die Strömungsgeschwindigkeit.
• Bauen Sie dann die Messsonde ab.
• Stecken Sie das Gegengewicht auf und decken Sie die Schlitze ab.
• Stecken Sie die verschiedenen Widerstandskörper auf und bestimmen Sie die jeweilige Widerstandskraft FW.
• Bringen Sie das Automodell mit dem Halter an und bestimmen Sie ebenfalls die Widerstandskraft FW.
• Messen Sie den Durchmesser der Widerstandskörper und schätzen Sie die Widerstandsfläche
des Automodells ab.
2.3 Versuchsauswertung
Aufgabe 1: Bestimmung der Strömungsgeschwindigkeit von Luft bei veränderlichem Strömungsquerschnitt
a) durch Messung mit der Drucksonde sowie
b) dem Pitot-Staurohr und
c) durch Messung mit dem Prandtlschen Staurohr
• Berechnen Sie aus den mit a) der Drucksonde und b) dem Pitot-Rohr erhaltenen Messwerten
die Strömungsgeschwindigkeit und vergleichen Sie diese mit den Werten der direkten Messung
mittels c) des Prandtlschen Staurohrs ((Luftdichte) ρL = 1,29kg·m-3).
• Weisen Sie mittels einer graphischen Darstellung des Produktes A·v = f (A) die Kontinuitätsgleichung (1) nach und bestimmen Sie die entstandene Messunsicherheit.
• Stellen Sie in einem Diagramm die mittels Prandtlschen Staurohrs berechnete Geschwindigkeit
v als Funktion des veränderlichem Strömungsquerschnittes A (v = f(A)) graphisch dar und
bestimmen Sie die relative Messunsicherheit.
Aufgabe 2: Bestimmung eines Volumenstromes bei verschiedenen Drehzahlen des Gebläses unter
Verwendung eines Venturi-Rohres
• Stellen Sie in einem Diagramm die Druckdifferenz ∆p in Abhängigkeit von den Messstellen 2 … 7
graphisch dar.
• Diskutieren Sie die Ergebnisse.
• Berechnen Sie den Volumenstrom nach der Gleichung (4) aus der Druckdifferenz zwischen
Messstellen 1 und 4 (geg.: d1 = 100mm, d4 = 50mm, (Luftdichte) ρL = 1,29kg·m-3).
Aufgabe 3: Nachweis der Abhängigkeit des Luftwiderstandes von der Körperform durch die Bestimmung des Widerstandsbeiwertes verschiedener Körper
• Berechnen Sie die Widerstandsbeiwerte nach der Gleichung (5) und bestimmen Sie die Messunsicherheit (Fehlerbetrachtung).
• Vergleichen und diskutieren Sie die Ergebnisse mit Tabellenwerten (siehe Bild 8).
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