............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................. MONTAG, 1. JUNI 2015 NOS SEITE 10 ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................. Nordschleswig Dänische Kinder- und Jugendliteratur von A wie Andersen bis Z wie Zimakoff zu Gast in Köln Dänemark war bei der Internationalen Kinder- und Jugendbuchwochen Ehrengastland / Marieke Heimburger berichtet für den Nordschleswiger aus Köln Seit 20 Jahren veranstaltet die SK Stiftung Kultur in Köln im Frühsommer die Internationalen Kinder- und Jugendbuchwochen, und jedes Jahr ist ein anderes Land zu Gast – in der Regel das Ehrengastland der Frankfurter Buchmesse im selben Jahr. Dieses Jahr wichen die Veranstalter von dieser Regel ab und entschieden sich nicht für Indonesien, sondern für Dänemark als Gastland. Damit war Dänemark das letzte der skandinavischen Länder, das in Köln präsentieren durfte, was es an Literatur für Kinder und Jugendliche hervorbringt. Fünfzehn Tage lang gaben KÖLN sich bis zum 24. Mai insgesamt acht dänische Autorinnen und Autoren die Hotelklinke in die Hand, besuchten zahllose und unterschiedlichste Schulen, lasen aus ihren Werken, erzählten von ihrem Leben als Schriftsteller und stellten sich den neugierigen Fragen ihrer jungen Zuhörerinnen und Zuhörer. Aber es gab auch Filmvorführungen, Puppentheater nach H. C. Andersen sowie eine Ausstellung mit Illustrationen von Katrine Clante. Dieses Füllhorn dänischer Kultur für deutsche Kinder und Jugendliche stand unter der Schirmherrschaft des Botschafters der Königlich Dänischen Botschaft in Berlin, Per Poulsen-Hansen, und wurde großzügig gefördert von Statens Kunstfond. Von Hans Christian zu Kenneth Bøgh In einem der langen Flure der Willy-Brandt-Gesamtschule in Köln-Mühlheim hängen über dreißig kleine Nationalflaggen von der Decke – sie repräsentieren die unter den 1.600 Schülerinnen und Schülern der 5. bis 13. Klasse vertretenen Nationalitäten. Eine skandinavische Flagge sucht man dort vergebens, die Kontaktfläche mit Dänemark ist also denkbar gering. Hier ging es also regelrecht um Horizonterweiterung Richtung Norden! Manche hatten vielleicht schon einmal von einem gewissen Hans Christian Andersen gehört, manche kannten (und viele kamen und sahen) den Film Antboy, der auf der sechsteiligen Buchserie von Kenneth Bøgh Andersen rund um einen Jungen mit übernatürlichen Kräften basiert. Aber Astrid Lindgren war eben doch Schwedin, und von Mette Finderup, Annette Herzog, Louis Jensen, Søren Jessen, Josefine Ottensen, Ida-Marie Rendtorff und Daniel Zimakoff hatte dann noch kaum jemand etwas gehört (geschweige denn gelesen). Das hat sich nun ein wenig geändert. Eingespieltes Team Ein Schüler der Willy-Brandt-Gesamtschule zeigt uns sein Manuskript für einen Fantasy-Roman „Mein“ Autor Søren Jessen und ich waren schon zum zweiten Mal gemeinsam unterwegs, um sein von mir ins Deutsche übersetztes Jugendbuch Liv på spil (Titel der deutschen Ausgabe: God Game) zu präsentieren, in dem es um ein unheimliches Computerspiel geht, mit dem man ins richtige Leben eingreifen kann. Søren stammt eigentlich aus Sonderburg und kann besser Deutsch als er zugeben möchte, aber es fällt ihm eben doch leichter, die deutschen Fragen des Publikums auf Dänisch zu beantworten, und so war es an mir, alles, was er sagte, zu dolmetschen, aus der deutschen Übersetzung des Buches vorzulesen und die Veranstaltungen von jeweils 45 bis 60 Minuten zu moderieren. Nicht alle eingeladenen Autoren hatten ihre „eigenen“ Übersetzerinnen an ihrer Seite. Für die anderen engagierte Ursula Schröter von der SK Stiftung Kunst sehr qualifizierte Studentinnen des Instituts für Skandinavistik/Fennistik der Universität zu Köln – die übrigens die einzige Universität im deutschsprachigen Raum ist, an der man alle nordischen Sprachen im Haupt- oder Nebenfach studieren kann. Søren Jessen und ich bestritten auch dort eine Lesung vor Studierenden, bei der ich als Moderatorin und Dolmetscherin plötzlich überflüssig war, aber durchaus etwas zu den Herausforderungen bei der Übersetzung von Liv på spil sagen konnte. Lehrreiche Begegnung Autoren und Übersetzerinnen fristen in der Regel ein eher einsames Dasein in ihrem Arbeitszimmer zuhause, und darum ist die Begegnung mit der Zielgruppe immer wieder eine lehrreiche Erfahrung. Ganz gleich, ob – wie in unserem Fall in Köln - siebte Realschulklassen, neunte Förderklassen für Körperbehinderte oder siebte Gesamtschulklassen – aus dem Publikum kommen wunderbar unmittelbare Reaktionen, manchmal erstaunliche Kommentare und vielseitige Fragen. Große Unterschiede zwischen deutschen und däni- Original und „Fälschung“: links Liv på spil, rechts God Game PRIVAT schen Jugendlichen konnte Publikums interessiert nicht Und – wenn ich mich mal Søren Jessen, der regelmäßig die Bohne, was der Däne und so altmodisch ausdrücken auch an dänischen Schulen die Deutsche da vorne erzäh- darf – die VölkerverständiVorträge hält, aber nicht er- len, und stören sogar. Andere gung. Wenn die Veranstalkennen. „In dem Alter kämp- stellen eine Frage nach der tungen darüber hinaus langfen alle Jugendlichen – und anderen, viele laufen unauf- fristig sogar neue Literatur vor allem die Jungs - mit den fällig einfach so mit - und fast hervorbringen, ist das natürgleichen Problemen“, sagt überall sitzt zumindest einer, lich hoch erfreulich. Zuminder heute in Århus lebende der auch mal Schriftsteller dest Søren Jessen nahm denn Autor, der im Übrigen auch werden will. Aber es muss ja auch schon eine neue Idee für Bilderbücher illustriert und nicht gleich die nächste J. K. ein Kinderbuch mit nach Romane für Erwachsene Rowling mit ihrem Harry Hause: Es handelt von einem schreibt. „Wie komme ich Potter sein - Ziel des Gesamt- Jungen in Köln, dem immer möglichst ohne großen Auf- konzeptes der Internationa- wieder Sachen aus dem Kopf wand durch die Schulzeit? len Kinder- und Jugendbuch- fallen ... Wie er auf diese Idee Wie komme ich an das süße tage ist nicht die Schreib-, kam, erzählt er dann sicher, Mädchen aus der Parallelklas- sondern zunächst einmal die wenn das Buch erschienen se heran? Wie halte ich mir Leseförderung. ist! Marieke Heimburger meine Eltern vom Hals? – Ich weiß es ja noch aus meiner Ju- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gend, und bei meinen Söhnen BÜCHER INFOS war es auch nicht anders“, Søren Jessen: schmunzelt Søren Jessen. Auch die Bandbreite des Liv på spil, Gyldendal 2011, 9. Auflage, deutsch: God Game, Interesses der Schülerinnen übersetzt von Marieke Heimburger, Gabriel 2012 und Schüler an einer solchen Autorenlesung in Deutsch- Kenneth Bøgh Andersen: land und in Dänemark ist ver- Antboy 1-6, Høst & Søn, 2011/2012, deutsch: Antboy – Der Biss gleichbar. Manche Teile des der Ameise, übersetzt von Maike Dörries, Carlsen 2014. DGN-Schüler reisten ins Land des Ahornsirups 13 Schüler des Deutschen Gymnasiums lernten auf ihrer Bildungsreise vier Wochen lang Land und Leute in Kanada kennen Kanada, das ist Eishockey, Wald und Ahornsirup, oder? Stimmt, bestätigen die Schüler der Klasse 2c des Deutschen Gymnasiums für Nordschleswig. Zumindest was den Ahornsirup angeht. Der sei für die Kanadier das, was für die Dänen Lakritz ist. Während des vierwöchigen Sprachaufenthalts der Schüler in Kanada lernen sie: Neben der Vorliebe für Süßes haben sie noch andere Gemeinsamkeiten. Die Zweisprachigkeit, beispielsweise. Die 13 Schüler waren in Cégep bei Québec, also im französischsprachigen Teil Kanadas. Dort wohnten sie bei Gastfamilien, die selbst teils dänische Wurzeln hatten. Auch Spanier und Polen waren unter den Gasteltern. So mussten die Schüler doch auf Englisch ausweichen und konnten ihre Sprachkenntnisse erweitern. Klassenlehrerin Constanze Volkwein, die mit in Kanada war, bestätigt die sprachlichen Fortschritte der Schüler. Sie sind auch Resultat der Unterrichtsstunden, die die Schüler am College Cégep in Englisch und APENRADE/KANADA Französisch oder Musik erhielten. Am College, einer Übergangs-Institution zwischen Highschool und Universität, waren die 13 Schüler Exoten. Als großes blondes Mädchen fiel man auf, erzählt eine Schülerin. Freundlich und offen, wie es die kanadische Art sei, sprachen die Collegestudenten die Nordschleswiger an. Aus Dänemark? Ach so, das Land bei Deutschland. Zwar kannten viele Kanadier Dänemark nicht, schnell verstanden sie aber die Situation der Minderheit, leben sie doch selbst in einer zweisprachigen Zone. Die Integrationspolitik funktioniert in Kanada Die Integrationspolitik funktioniert in Kanada besser, finden die Gymnasiasten. Das führen sie auf die Offenheit des Einwandererlands Kanada zurück. Eine Scheibe abschneiden könnten sie sich dafür von der Pflege der Infrastruktur. Die Straßen dort seien furchtbar gewesen. Unterwegs waren die Schüler oft, es gab zahlreiche Ausflüge. Unter Schüler des DGN vor der National Gallery in Ottawa BILD: PRIVAT anderem nach Ottawa, Toronto und zu den Niagarafällen. Es sind jedoch die kleinen Dinge, an die sich die Schüler am liebsten erinnern. Das Metrofahren zum Beispiel oder das abendliche Ausgehen, zusammen als Klasse. Das tolle Schulgebäude, „wie bei Harry Potter“, ruft eine Schülerin. Auch das gemeinsame Osterfest, das es in manchen Gastfamilien gab. Die Jungen und Mädchen geraten ins Schwärmen. Einige wollen noch einmal nach Kanada. Denn trotz vieler Ausflüge sind sie sich einig: Gesehen haben sie noch längst nicht alles. Die Natur zum Beispiel, für die Kanada berühmt ist. Wegen des straffen Programms war eine längere Wanderung nicht drin. Vermutlich ist das ganz gut so, schließlich hatte es bei der Anreise der Gruppe minus 18 Grad. Später waren es dann 22 im Plus. Die Gasteltern- und Geschwister haben sich teils schon für Rückbesuche angekündigt. Vielleicht hat das auch mit den Gastgeschenken zu tun, die die Nordschleswiger dabeihatten: Marzipan, dänische Käseschneider, Bodumgeschirr und natürlich: Lakritz. Marlene Fleißig
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