Ein Blick hinter den Vorhang: Flöhe, Facts und Fiction! Der Floh Weltweit gibt es etwa 1900 Arten von Flöhen. Allen sind drei Dinge gemeinsam: sie sind flügellos, haben saugende Mundwerkzeuge – und sie trinken Blut. Für diese Tätigkeit sind die parasitischen kleinen Insekten hervorragend ausgerüstet. Jeder Floh hat einen seitlich abgeflachten, stark gepanzerten Körper, mit dem er sich im Fell seiner Wirte gut fortbewegen kann. Der stromlinienförmige Floh bevorzugt nestbauende Säugetiere, aber je nach Spezies stehen manchmal auch Vögel oder Reptilien auf dem Speiseplan. Flöhe sind konservative Esser und bleiben ihrer Wirtsspezies meistens treu. Eines der auffälligsten Merkmale des Flohs ist die überragende Sprungkraft – auf der Suche nach neuen Nahrungsquellen kann er mühelos das 200fache seiner Körpergröße im Sprung zurücklegen. Dank des widerstandsfähigen, kompakten Körpers und der kräftigen Sprungbeine eignet sich der Floh besonders gut zum Zirkusartisten. Selber flügellos, haben Menschenflöhe (pulex irritans) seit jeher die Phantasie ihrer Wirte beflügelt. Die Beziehung ist vielleicht nicht immer herzlich, doch sie ist eng: Flöhe haben die Menschheit seit Urzeiten begleitet, man findet sie in Pharaonengräbern und Königsroben, Mönchskutten und Barockperücken. Kaiser, König oder Bettelmann - vor dem Floh waren alle gleich. Als Inbegriff der „conditio humana“ haben Flöhe schon lange Eingang in die Literatur gefunden, wo die kleinen Plagegeister dank ihrer Frechheit und Sprunghaftigkeit manchmal sogar mit einer gewissen Zuneigung betrachtet werden. Dem Flohenthusiasten bieten sich Flohlyrik, Flohfabeln, ja, sogar erotische Flohliteratur. Erst das 20. Jahrhundert und der Staubsauger haben dem Triumphzug (oder sollte man sagen –sprung?) des Flohs Einhalt geboten. Zumindest in der westlichen Welt sind die kleinen Parasiten heutzutage kaum noch anzutreffen, und sollte es doch einmal springen, handelt es sich meist um die wesentlich kleineren Hunde- oder Katzenflöhe. Flohzirkus Niemand weiß genau, wer als Erster auf die Idee kam, einen Floh ins Geschirr zu spannen. Möglicherweise waren es anfangs Juweliere und Uhrmacher, die Flöhe in Golddraht banden, um mit ihnen als „Maßstab“ die Feinheit und Kunstfertigkeit ihrer Kreationen zu betonen. Die Blüte erfolgte erst im 19. Jahrhundert, als vor allem Signor Bertolottos Regent Street Flea Circus in London die Massen begeisterte. Bis heute ranken sich viele Mythen um den Flohzirkus. Werden die Flöhe mit Hilfe von Licht und Dunkelheit konditioniert – oder laufen sie einfach nur ziellos herum? Kann man sie erziehen? Reagieren sie auf Geräusche oder „Anpusten“? Sind Flöhe von Geburt an „Springer“ oder „Läufer“, oder muss man ihnen vor der Zirkuskarriere die Neigung zu großen Sprüngen erst mühevoll abgewöhnen? Denn während laufende Flöhe für viele verschiedene Zirkusnummern einsetzbar sind, eignen sich Springer eigentlich nur als „Fußballer“. Das Prinzip aber bleibt immer das gleiche: der Floh wird in Golddraht gebunden und bewegt dann dank seiner enormen Kraft alles, woran er befestigt wird. Dabei sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt: Wagenrennen, Säbelduelle, Fußballflöhe, Karussellattraktionen, Drahtseilakte. Die Herausforderung des Zirkusdirektors liegt hier vor allem in der Kreation kunstvoller Requisiten und Gerätschaften. Und noch etwas ist unausweichlich Teil des Flohzirkusalltags: die Fütterung. Da Flöhe nur Lebendfutter zu sich nehmen, wird hier der Zirkusdirektor meist selbst zur Nahrungsquelle. Heutzutage hat vor allem der Mangel an den kräftigen Menschenflöhen dazu geführt, dass die Tradition des Flohzirkus fast in Vergessenheit geraten ist. Allerdings gibt es auch jetzt noch die Möglichkeit, sich von Flohartisten verzaubern zu lassen, unter anderem auf dem Münchner Oktoberfest. Isaac Fawkes (~1675-1732), auch Fawks, Fawxs, Fauks oder Faux geschrieben Isaac Fawkes war ein bekannter englischer Zauberkünstler und Showman. Anders als andere Schausteller seiner Zeit distanzierte er sich von schwarzer Magie und Hexerei und präsentierte seine Vorstellung als pure Unterhaltung. Fawkes trat traditionell auf den saisonalen Southwark and Bartholomew Fairs auf, konnte aber dank seines modernen Ansatzes auch die elegante Gesellschaft Londons für sich einnehmen. Außerhalb der Jahrmarktsaison zog er nach Haymarket, wo seine Zauberkünste unter demselben Dach wie Händels Opern zur Aufführung kamen. Eine von Fawkes‘ berühmtesten Illusionen war es, einen Apfelbaum aus einem Samenkorn wachsen zu lassen, bis hin zu Blüte und Frucht – alles in noch nicht einmal einer Minute. Grundlage dieses Tricks war vermutlich einer von Christopher Pinchbecks Automaten. Ab etwa 1726 stellte Fawkes auch eine gehörnte Frau zur Schau: Elizabeth French. Elizabeth blieb Teil der Vorstellung, bis sie sich einige Jahre später bei einem Sturz von der Treppe ihr Horn abschlug. Das Horn wurde an Sir Hans Sloane verkauft, Präsident der Royal Society und Erfinder der modernen Trinkschokolade. Christopher Pinchbeck (~1670 – 1732) Christopher Pinchbeck war ein renommierter Londoner Uhrmacher und Automatenbauer. Er erfand eine Metallegierung – nach ihm „Pinchbeck“ genannt –, die als billige Alternative zu Gold populär wurde. Noch heute kann man antiquarisch Schmuckstücke aus „Pinchbeck“ erstehen. Christopher Pinchbeck arbeitete eng mit Isaac Fawkes zusammen und erschuf viele der Automaten und Illusionen, mit denen Fawkes auftrat. Royal Society Die Royal Society, eine britische Gelehrtengesellschaft, wurde 1660 in London gegründet. Ihre Aufgabe ist es, zum Wohle der Menschheit Wissen zu bündeln und zu fördern. Heute fungiert die Gesellschaft als britische Akademie der Wissenschaften für Naturwissenschaften, Ingenieurswissenschaften und Medizin. Die Royal Society hat derzeit etwa 1600 Mitglieder, darunter 80 Nobelpreisträger. Das Motto der Gesellschaft, „Nullius in Verba“ fordert dazu auf, sich nicht auf Gehörtes zu verlassen, sondern Wissen durch Beobachtung und Experimente zu etablieren – also nur seinen Augen zu trauen. Alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Für alle, die sich tiefer in die Flohthematik einlesen wollen, empfehle ich „The Complete Flea“ von Brendan Lehane.
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