Drucksache 6/5067 - Landtag Mecklenburg Vorpommern

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN
6. Wahlperiode
Drucksache 6/5067
13.01.2016
ANTRAG
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Selbstständige Schule stärken - Schulgirokonten ermöglichen
Der Landtag möge beschließen:
1. Der Landtag stellt fest:
Schulgirokonten sind ein wichtiges Instrument auf dem Weg zur selbstständigen Schule
und ermöglichen den zügigen und flexiblen Einsatz von Mitteln. In der Anhörung zur
Schulgesetzänderung im Jahr 2012 haben sich daher zahlreiche Anzuhörende für die
Initiative der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Einführung von Schulgirokonten
ausgesprochen. Hierzu gehörten unter anderem die Schulleitervereinigung, der Städte- und
Gemeindetag, der Landesschülerrat, der Philologenverband und der Verband für Bildung
und Erziehung (VBE).
2. Der Landtag stellt fest, dass die Landesregierung das Parlament in den Fragestunden der
37. und 51. Landtagssitzung wahrheitswidrig über die rechtliche Zulässigkeit von Schulgirokonten informiert hat. Der Landtag spricht dem zuständigen Minister für Bildung,
Wissenschaft und Kultur aus diesem Grund eine Missbilligung aus.
3. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, unverzüglich eine Schulgesetzänderung zur
Einführung von Schulgirokonten vorzulegen und eine erläuternde Handreichung für die
Schulen zu entwickeln. Der Landtag erinnert an seine inhaltsgleiche Entschließung vom
5. Dezember 2012 auf Drs. 6/1384.
Jürgen Suhr, Ulrike Berger und Fraktion
Drucksache 6/5067
Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode
Begründung:
1. Die derzeitige Fassung des Schulgesetzes räumt Schulen keine eindeutige Möglichkeit ein,
ein eigenes Schulgirokonto zu führen. Daher müssen alle Fremdmitteleinnahmen und
deren Ausgaben (zum Beispiel Elternbeiträge für Schulfahrten, Spenden, EU-Mittel,
Einnahmen aus Schulfesten, Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket) entweder auf
Privatkonten von Lehrern bzw. Lehrerinnen oder Eltern, auf Klassenkonten oder auf dem
Konto eines Schulfördervereins oder über die zuständigen Ämter verwaltet werden. Viele
Hilfskonstruktionen sind mit großem bürokratischen Aufwand verbunden und bewegen
sich in rechtlichen Grauzonen. Jüngstes Beispiel sind die für Integrationsmaßnahmen
bereitgestellten Mittel, die über die Ehrenamtsstiftung verwaltet werden mussten.
Berufliche Schulen weisen darauf hin, dass sie kurzfristig notwendige Vertretungskräfte
aus der Betriebspraxis durch die flexible Honorierung über Schulkonten deutlich einfacher
engagieren könnten.
2. Die Landesregierung entgegnete auf einen Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN zur schulgesetzlichen Verankerung von Schulgirokonten mit der Aussage,
diese seien bereits jetzt rechtlich möglich. Der Landtag verabschiedete daraufhin am
5. Dezember 2012 folgende Entschließung (Drucksache 6/1384): „Die Landesregierung
wird aufgefordert, die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zum Führen von Schulgirokonten mittels einer Handreichung darzustellen. Zugleich wird die Landesregierung
gebeten zu prüfen, ob die bisherigen rechtlichen Möglichkeiten zum Führen von Girokonten im Sinne der Betroffenen ausreichen. Sollte die Landesregierung zu der Auffassung
gelangen, dass dies nicht der Fall ist, wird sie aufgefordert, einen Gesetzesänderungsantrag
vorzulegen bzw. eine entsprechende Rechtsänderung vorzunehmen.“
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erkundigte sich sowohl in der 37. als auch in
der 51. Landtagssitzung zum aktuellen Stand der Umsetzung der Entschließung. Am
21. März 2013 antwortete Sozialministerin Manuela Schwesig in Vertretung des Bildungsministers: „Ich darf für den Bildungsminister berichten, dass die rechtliche Prüfung des
Entschließungsantrages auf Drucksache 6/153 im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und
Kultur vom 20.11.2012 durch die Landesregierung abgeschlossen ist. Ein Ergebnis liegt
vor. Danach wird bestätigt, dass die bisherigen rechtlichen Möglichkeiten zum Führen von
Schulgirokonten im Sinne der Betroffenen ausreichen. (…) Die Handreichung für die
bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zum Führen von Schulgirokonten befindet sich in
der Erarbeitung. Sie soll bis zum Ende dieses Schuljahres vorgelegt werden. Eine
Rechtsänderung ist nicht vorgesehen.“
Am 10. Oktober 2013 antwortete Ministerin Schwesig, wiederum in Vertretung des
Bildungsministers: „Derzeit werden die bestehenden Möglichkeiten zur Einrichtung und
Bewirtschaftung von Schulgirokonten gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern des
Städte- und Gemeindetages umfassend beraten. Es ist beabsichtigt, den Schulleitungen
sowie den Schulträgern eine darauf bezogene Handreichung nach Abschluss dieser
Beratungen auf dem Dienstweg bekanntzugeben.“
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Drucksache 6/5067
Am 6. Januar 2016 erklärte Bildungsminister Brodkorb in der Antwort auf eine Kleine
Anfrage (Drucksache 6/4799) hingegen: „Bei Schulen handelt es sich um nichtrechtsfähige
Anstalten des öffentlichen Rechts, dementsprechend ist die Einrichtung eines
Schulgirokontos durch die Schulen rechtlich nicht möglich. Schulen können nicht Träger
von Rechten und Pflichten sein, insofern können sie selbst kein Konto einrichten und
führen.“
Das Parlament ist daher mehrfach falsch informiert worden. Der Respekt gegenüber dem
Gesetzgeber und dem Auskunftsrecht der Abgeordneten gebietet, wiederholt getätigte
falsche rechtliche Auskünfte gegenüber dem Landtag umgehend selbstständig zu
korrigieren, sobald sich eine neue rechtliche Bewertung durch die Landesregierung ergibt.
3. Angesichts der deutlichen Zustimmung der Anzuhörenden und der Beschlusslage des
Landtages sollen Schulgirokonten umgehend ermöglicht werden. Damit ist jedoch nicht
gemeint, dass die Schulen auch die gesamte Personalabrechnung vornehmen sollen.
Inzwischen haben vier Bundesländer Schulgirokonten rechtlich ermöglicht. Auch aus Sicht
der Landesregierung sprechen keine rechtlichen Gründe gegen eine Schulgesetzänderung
(vgl. Drucksache 6/4799).
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