(22.04.2015) (PDF, 1MB, nicht barrierefrei)

Gesetzgebungsvorhaben der
Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
Novellierung des Kulturgutschutzes in
Deutschland
Mündliche Anhörung von Fachkreisen und Verbänden
Mittwoch, 22. April 2015
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung,
Presse- und Besucherzentrum
11.00 bis 18.00 Uhr
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Protokoll
Begrüßung durch Frau Staatsministerin Prof. Monika Grütters:
Guten Morgen, meine sehr verehrten Damen und Herren,
lieber Sigi, Siegmund Ehrmann - der Vorsitzende des Kulturausschusses ist hier,
darüber freue ich mich sehr,
meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag
- sehr zahlreich erschienen,
liebe Frau Professor Fless, vom Deutschen Archäologischen Institut,
lieber Herr Professor Parzinger von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, als
Archäologe dieser Sache sehr verbunden,
meine sehr verehrten Vertreterinnen und Vertreter der Fachkreise und einschlägigen
Verbände - Ihnen gilt diese Veranstaltung, mit Ihnen soll sie durchgeführt werden, mit
Ihnen möchten wir uns hier ausführlich beraten, dafür ist auch viel Zeit heute
vorgesehen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
ganz herzlich möchte ich Sie zur heutigen Anhörung hier willkommen heißen, die uns
einem neuen Kulturgutschutzgesetz hoffentlich auch ein wesentliches Stück
näherbringt, und auch wenn die nüchterne Atmosphäre dieses Raumes nicht gerade
dazu einlädt, ist mir doch ganz wohl ums Herz. Ich bin zuversichtlich gestimmt. Wir
kommen mit der Arbeit am Gesetzentwurf tatsächlich sehr gut voran, wir liegen mit
dem Gesetzgebungsverfahren im Großen und Ganzen auch gut im Zeitplan, und der
Rücklauf zum Positionspapier zur schriftlichen Anhörung, an der die meisten von
Ihnen auch schon teilgenommen haben, - das Papier, das wir letztes Jahr unter
Ankündigung der heutigen mündlichen Anhörung verschickt hatten - zeigt auch eine
erfreulich breite Zustimmung zu unserem Vorhaben in den wesentlichen Punkten, als
da wären:
Erstens, die Schaffung eines einheitlichen kohärenten Kulturgutschutzgesetzes - Sie
wissen, dass wir dieses Neue aus vielen bisherigen bestehenden Älteren
zusammensetzen -, zweitens, die Rechtsvereinfachung und Modernisierung der
Regelungen, die dort festgeschrieben sind, außerdem, drittens, die Stärkung des
Schutzes öffentlicher Sammlungen und, viertens, Vereinfachungen im internationalen
Leihverkehr. Das stimmt mich optimistisch, dass es uns gelingen wird, gemeinsam
klare und transparente Regelungen zur Stärkung des Kulturgutschutzes und damit
auch der Stärkung des Kunsthandelsstandortes Deutschland und seiner Reputation
zu finden und ein neues Gesetz auf den Weg bringen zu können. Ich werde noch vor
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der Sommerpause einen Gesetzentwurf dazu vorlegen. Ein ehrgeiziger Zeitplan,
aber ich glaube, das können wir gemeinsam schaffen, so dass wir - natürlich ist das
dann abhängig vom parlamentarischen Verfahren - derzeit von einem Inkrafttreten
des neues Gesetzes tatsächlich in der ersten Jahreshälfte, so früh wie möglich, 2016
ausgehen.
Wie wichtig dieses Gesetz ist, führen uns die Nachrichten fast täglich aufs Neue vor
Augen. Das Kulturerbe der Menschheit ist heute infolge bewaffneter Konflikte und
Krisen in vielen Ländern der Welt einmal mehr - und mehr denn je, muss man leider
sagen - bedroht. Manchmal ist es der Kampf ums nackte Überleben, der Menschen
zu Plünderern macht. In vielen Fällen jedoch handelt es sich um regelrechte, und
auch sagen wir es ehrlich, organisierte Kriminalität, und zum Teil international
agierende Banden, die hinter Raubgrabungen und dem illegalen Handel mit
Kulturgutstätten stecken, von den unzähligen Fällen ganz zu schweigen, in denen
islamistische Terroristen kulturelle Städten aus ideologischen Gründen zerstören, wie
derzeit vor allem in Syrien - es tut uns wirklich weh - oder im Irak. Es gibt hier eine
Eilmeldung gerade, dass, angesichts der Zerstörung antiker Stätten durch die
Dschihadisten-Organisation Islamischer Staat (IS), Deutschland und der Irak - das ist
eine seltene Kombination, aber tatsächlich Deutschland und der Irak - bei der UNO
eine gemeinsame Initiative zu Rettung der Kulturdenkmäler im Zweistromland
gestartet haben. In dem am Dienstag also vorgestellten Resolutionsentwurf wird die
Staatengemeinschaft nach Angaben der deutschen UN-Vertretung aufgerufen, die
Verantwortlichen für kulturellen Vandalismus zur Rechenschaft zu ziehen und mit
strengeren Gesetzen den Handel mit gestohlenen Kunstschätzen zu unterbinden.
Außerdem wird die internationale Gemeinschaft in die Pflicht genommen, dem Irak
bei der Dokumentation und Bewahrung seines antiken Erbes zu helfen. Aber ich
glaube, es ist schon eine gute und bemerkenswerte, wirklich auch wegen dieser
doppelten Urheberschaft Deutschland/Irak, eine gute und wichtige Initiative.
Wo Staaten nicht oder nicht mehr in der Lage sind, ihre Kunstschätze selber zu
schützen, steht eben, das ist unsere Überzeugung, die Staatengemeinschaft in der
Verantwortung. Dass auch Deutschland, und gerade Deutschland auch wegen
unserer Geschichte, zum Schutz des kulturellen Erbes der Menschheit, denn um
nichts weniger geht es, beitragen kann und muss, steht, denke ich, für uns alle hier
außer Frage. Ich danke Ihnen, dass Sie sich alle konstruktiv an diesem wichtigen
Vorhaben beteiligen.
Deutschland hat sich bisher, da gibt es nichts zu beschönigen, nicht gerade als
Pionier hervorgetan, was gesetzliche Regelungen zum Schutz des Kulturguts betrifft.
So viel Ehrlichkeit gehört dann auch dazu. Die UNESCO-Konvention zum
Kulturgutschutz aus dem Jahr 1970 wurde hierzulande erst 37 Jahre später, nämlich
2007, ratifiziert und im Kulturgüterrückgabegesetz umgesetzt mit, das wissen Sie
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auch, mit einigen ganz offensichtlich wenig praktikablen Regelungen, was die Einfuhr
von Kulturgut angeht. Obwohl es Beschlagnahmungen und zahlreiche
Rückgabeansprüche ausländischer Staaten gegeben hat - diese liegen uns vor -, ist
bisher kein einziges Objekt auf Grundlage eben dieses Gesetzes tatsächlich
zurückgegeben worden. Das ist ehrlich ein beschämender Befund, der uns schon,
als die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat die
Evaluierung im Frühjahr 2013 vorgelegt hat, dazu ermutigt hat, ganz früh mit Beginn
dieser Legislaturperiode Ende 2013/Anfang 2014 dieses Gesetzgebungsvorhaben in
Angriff zu nehmen, und nicht erst als Antwort auf den IS-Terror. Das war viel früher,
und ist auch ein Ergebnis der Evaluierung unserer eigenen Regelungen. Zwar gab es
in den letzten Jahren freiwillige Rückgaben, das wissen Sie auch, das zeigt das
bürgerschaftliche Engagement und das Bewusstsein in der Bevölkerung und in der
Öffentlichkeit. Außerdem gab es Rückgaben aufgrund strafrechtlicher Verfahren,
auch das ist richtig, z. B. vor kurzem an Ägypten oder an den eben genannten Irak.
Aber das Gesetz, das eigentlich dafür geschaffen wurde, kam eben nicht zum Zuge.
Der Grund: Bisher mussten Antiken im Verzeichnis der Herkunftsländer eingetragen
sein, damit der Rückgabeanspruch an Deutschland überhaupt greifen konnte, und
auch die nachträgliche Eintragung, die 2007 als Kompromiss ins Gesetz noch
eingefügt wurde, läuft leider leer. Ebenso wenig bewährt hat sich die bisherige
Einfuhrregelung, wonach alle ausländischen Staaten ihr Kulturgut in ein zusätzliches
deutsches Verzeichnis eintragen lassen sollten, damit der deutsche Zoll diese
Kulturgüter im Fall einer Einfuhr nach Deutschland beschlagnahmt. Abgesehen
davon, dass wir nur ganz wenige Zollbeamte für diesen Spezialauftrag haben, führen
Staaten, die in Kriege und Krisen involviert sind - das sind nun mal leider viele der in
Frage kommenden Länder, die auch einen besonders umfangreiches Kulturerbe
haben -, in der Regel keine umfassenden Verzeichnisse über ihr Kulturgut. Das
können die gar nicht. Sie schützen qua Gesetz das gesamte archäologische Erbe,
das strikten Handels- und Ausfuhrbestimmungen unterliegt.
Hinzu kommt, dass all das, was illegal ausgegraben wurde, aus eben diesem Grund
sowieso auf keiner staatlichen Liste auftauchen kann. Also ist diese Regelung
vergleichsweise zahnlos. Deshalb wollen wir nun mit unserer neuen Gesetzesnovelle
zum Kulturgutschutz einen längst überfälligen Paradigmenwechsel einläuten. Wer in
Zukunft Antiken nach Deutschland einführt, braucht für jedes Stück eine gültige
Ausfuhrerlaubnis des jeweiligen Herkunftslandes, und das muss bei der Einfuhr
vorgelegt werden. Dies gilt auch für Touristen. Das sogenannte Souvenir aus dem
Ägypten- oder Türkeiurlaub ist eben kein Souvenir, sondern eine illegale Ausfuhr
geschützten Kulturguts, wenn es ein echtes Stück und keine billige Replik ist. Um die
echten Stücke haben wir uns zu kümmern, wenn wir jetzt ein solches Gesetz
machen. Im Sinne einer transparenten Regelung werden zukünftig die Ausfuhr- und
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Schutzbestimmungen für Kulturgut ausländischer Staaten auf dem von meinem Haus
getragenen Internetportal www.kulturgutschutz-deutschland.de aufgeführt. Diese
Transparenzoffensive ist, denke ich, in diesem Zusammenhang wichtig. Das
bestehende Informationsangebot des Portals zum Kulturgutschutz soll damit deutlich
erweitert werden. Das machen wir in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt,
auch um deutsche Touristen darüber aufzuklären, wann sie sich bei der Mitnahme
von Kulturgut im Ausland strafbar machen, und zwar unter Umständen nicht nur dort,
sondern auch hier in Deutschland.
Das neue Gesetz soll aber nicht nur das Kulturgut anderer Staaten besser schützen.
Wir haben die Debatte um Vorgänge der letzten Wochen und Monate hier auch mit
verfolgt. Isabel Pfeiffer-Poensgen ist hier, von der Kulturstiftung der Länder. Sie weiß,
wie mühsam das ist, wenn wir einmal ins Ausland verbrachtes national wertvolles
Kulturgut wieder zurückholen müssen, wie mühsam das ist und wie teuer, und dass
wir auch zusätzliche Regeln einführen sollten, um solches gar nicht erst abwandern
zu lassen. Wenn es um in Deutschland national wertvolles Kulturgut geht, dann
müssen wir dafür besser Sorge tragen als bisher. So soll das Instrument des
Abwanderungsschutzes, das es in Deutschland übrigens seit nahezu hundert Jahren
gibt, den Anforderungen des Binnenmarktes angepasst werden. Das ist wirklich
überfällig. Was viele nicht wissen: Nahezu alle Mitgliedsstaaten der EU schützen ihr
Kulturerbe durch nationale Ausfuhrgenehmigungen. Ohnehin besteht schon jetzt die
Pflicht, bei einer Ausfuhr von Kulturgut, beispielsweise in die USA und in die
Schweiz, für bestimmte Kulturgüter eine Ausfuhrgenehmigung zu beantragen. Was
für New York und Basel gilt, muss in Zukunft auch für London gelten. Denn zu oft
mussten tatsächlich Steuergelder und Mittel privater Förderer in zweistelliger
Millionenhöhe aufgewendet werden, um national wertvolles Kulturgut teuer aus dem
Ausland zurück zu kaufen. Auch hier müssen wir unsere Regelungen im eigenen
Interesse endlich anpassen.
Auch öffentliche Sammlungen sollen künftig besser geschützt werden, damit diese
auch in den Genuss der neuen EU-Richtlinie fallen. Wenn wir nach EU-Recht zur
Rückgabe von geschützten Kulturgütern anderer Mitgliedsstaaten verpflichtet sind,
sollte Deutschland im Gegenzug von dieser Verpflichtung auch selber profitieren.
Das klingt so banal, ist aber im Moment noch nicht so. Hier bestand bisher eine
Regelungslücke, die wir im Zuge des Gesetzgebungsvorhabens schließen wollen.
Auch beim Verkauf von Kulturgut soll in Zukunft anhand klarer gesetzlicher
Sorgfaltspflichten geprüft werden, ob das Objekt unter anderem über einen
hinreichenden Herkunftsnachweis verfügt. Die Provenienzrecherche reduzieren wir
häufig auf nationalsozialistisch verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut, aber
Provenienzrecherche gilt natürlich bei Kulturgut ganz generell. Damit wollen wir
sicherstellen, dass der Antikenhandel sich künftig auf Objekte eindeutiger legaler
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Herkunft beschränkt. Natürlich ist das nicht immer leicht zu erledigen, übrigens nicht
nur im NS-Kontext, das ist in anderen Verfahren genauso mühsam. Jemand hat
etwas geerbt, und nochmal geerbt, und nochmal geerbt, und vor hundert Jahren,
oder noch länger, hat man keine Herkunftsnachweise mitgeliefert. Das weiß ich, und
das wissen wir alle, wie mühsam das ist, aber deshalb von einer solchen Forderung
abzuweichen, ist nicht angebracht. Insofern ist es ganz klar, dass der Antikenhandel
sich künftig auf Objekte eindeutiger legaler Herkunft beschränken sollte.
Außerdem arbeiten wir an einer gesetzlichen Regelung, die die Rückgabe
unrechtmäßig ausgeführter Kulturgüter an die berechtigten Herkunftsstaaten
vereinfacht. Mit einem solchen klar abgesteckten gesetzlichen Rahmen für die Einund Ausfuhr, den An- und Verkauf antiker Objekte tragen wir sowohl den
Ergebnissen des Berichts der Bundesregierung zum Kulturgutschutz vom April 2013
Rechnung als auch geltenden EU-Vorgaben, genauer der neuen EU-Richtlinie zur
Rückgabe von Kulturgut vom Mai 2014, zu deren Umsetzung wir ohnehin EUrechtlich verpflichtet sind. Natürlich wird ein neues Gesetz auch da nicht alle
Probleme lösen können. Aber wir werden zumindest beim Schutz von Kulturgut ein
sehr gutes Stück vorankommen.
Ich bin mir bewusst, meine Damen und Herren, dass die geplanten Regelungen auf
dem Kunstmarkt keine Euphorie auslösen. Ich selber habe eine enge Verbindung
zum Kunstmarkt, zu Galerien, habe selber einmal eine Kunstmesse mitgegründet
und mich in diesen Milieus jahrelang auch beruflich betätigt. Hier ist keine
Kunsthandelsaversion oder Feindschaft, ganz sicher nicht. Deshalb weiß ich, dass
wir Ihnen hier auch etwas zumuten, und dass das keine Euphorie auslöst. Ich habe
auch durchaus Verständnis, dass so mancher Antikenhändler, das ist nochmal eine
besondere Sparte, sich zu Unrecht in der öffentlichen Debatte dem Verdacht illegaler
Geschäfte ausgesetzt sieht. Das klingt manchmal unterschwellig durch, und das ist
weder unsere Absicht, noch ist das gewollt. Ich bedauere dies, weil das auch dem
deutschen Kunsthandel und seinen hohen ethischen Standards überhaupt nicht
gerecht wird. Gerade deshalb bin ich allerdings auch der Meinung, dass strengere
Regeln und mehr Transparenz sehr wohl im Sinne des deutschen Kunsthandels und
seiner Reputation sind. Damit sichern wir die Integrität und Glaubwürdigkeit
deutscher Kunsthändler und stärken so das Renommee des Kunsthandelsstandortes
Deutschland insgesamt, was den Kunsthändlern, so glaube ich, zugutekommt. Wir
hatten ähnliche Diskussionen in der Schweiz. Die Handelnden dort sind heute froh,
dass sie diesen Prozess durchgemacht haben, und sagen - wo auch immer man
fragt -, das hat uns sehr gestärkt. Insofern sollte es in unserem gemeinsamen
Interesse liegen, für Rechtssicherheit zu sorgen - für Regelungen, die zum einen die
Einhaltung derjenigen ethischen Standards garantieren, denen jeder gewissenhafte
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Kunsthändler sich ohnehin verpflichtet fühlt, und die zum anderen dazu führen, dass
Händler mit unseriösen Geschäftspraktiken weitestgehend vom Markt verschwinden.
Allein der Verdacht, meine Damen und Herren, dass Deutschland sich als
internationale - ich sage jetzt mal böse: - „Drehscheibe“ für Hehlerware eignet, ist mit
unserem Selbstverständnis als Kulturnation nicht zu vereinbaren. Im Übrigen ist es
schon erstaunlich, dass wir in Deutschland keine Kosten und Mühen scheuen, um
jedes Ei, das auf den Tisch kommt, nach Herkunft und den Umständen seiner
Entstehung zu kennzeichnen, dass wir uns aber im Umgang mit oft
millionenschweren Kunst- und Kulturobjekten weiterhin mitunter große Intransparenz
leisten.
Kulturgut, meine Damen und Herren, Kulturgut verpflichtet. Dies gilt für alle, die mit
Kulturgut zu tun haben, für Händler und Sammler, aber eben auch für Museen und
andere Kultureinrichtungen. Sie sind gefordert, ihre Bestände sorgfältig auf
Provenienz hin zu prüfen, so wie auch im Umgang mit NS-Raubkunst. Die
internationale Tagung zu Raubgrabung und illegalem Handel, die - gemeinsam von
der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und dem Deutschen Archäologischen Institut
organisiert - im Dezember vergangenen Jahres im Auswärtigen Amt stattfand, hat
den dringenden Handlungsbedarf im Sinne eines klaren gesetzlichen Rahmens noch
einmal deutlich gemacht und auch gezeigt, wie sehr man international darauf wartet,
dass Deutschland dieses Gesetz jetzt verabschiedet. Die politischen Entwicklungen
der vergangenen Zeit und die Berichte über den islamischen Staat und den
Antikenschmuggel haben zum Glück, wenn man in diesem Zusammenhang
überhaupt das Wort verwenden darf, die Handlungsbereitschaft wirklich erhöht.
Die Novellierung des Kulturgutschutzes war aufgrund der notwendigen EUrechtlichen Anpassung schon lange geplant. Doch jetzt entsteht zunehmend auch ein
breites
öffentliches
Bewusstsein.
Und
bei
solch
einem
großen
Gesetzgebungsvorhaben - immerhin ein Riesengesetz mit mehr als 90 Paragraphen
- braucht es ein breites öffentliches Bewusstsein für das Ausmaß der Bedrohung des
kulturellen Erbes der Menschheit in anderen Staaten, aber eben auch bei uns. Ich
bin deshalb zuversichtlich, meine Damen und Herren, dass wir im Austausch mit
Ihnen, und natürlich in enger Abstimmung mit den betroffenen Bundesministerien,
und dann natürlich, lieber Siegmund Ehrmann, liebe Kolleginnen und Kollegen hier
aus dem Bundestag, im Bundestag und im Bundesrat zu praktikablen gesetzlichen
Regelungen für einen effektiven Schutz von Kulturgütern kommen werden. In diesem
Sinne bin ich sehr gespannt auf die Ergebnisse der heutigen Anhörung, und hoffe
natürlich auch auf Rückenwind für das neue Kulturgutschutzgesetz aus diesem Kreis.
Vielen Dank und gute Beratung.
(Ende Grußwort Frau Staatsministerin Prof. Monika Grütters)
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Begrüßung durch Herrn Ministerialdirigenten
Abteilungsleiter bei der BKM:
Dr.
Günter
Winands,
Meine Damen und Herren, Sie sehen das Podium verändert sich. Ich darf Sie auch in
meinem Namen noch einmal herzlich begrüßen. Wir wollen heute bis gegen 18 Uhr
versuchen, mit der Anhörung in drei Themenkomplexen durchzukommen. Neben mir
sitzt die Gesetzeschmiede. Neben mir sitzt Herr Berger, der Referatsleiter aus dem
zuständigen Fachreferat, und links von mir sitzen Herr Dr. Peters und Frau Dr.
Tillmann, die beide als Referenten an diesem Gesetzentwurf mitarbeiten.
Wahrscheinlich werden Sie aber auch alle drei schon aus Ihren Kontakten kennen,
so dass ich Sie auch nicht mehr besonders vorstellen brauche. Ich möchte jetzt auch
nicht mehr groß einführen - das hat gerade Frau Ministerin Grütters alles intensiv
gemacht. Ich will nur kurz etwas zum Ablauf sagen: Wir hatten uns vorgestellt, dass
wir das in drei Themenblöcken machen. Sie haben von uns den zeitlichen Ablauf
übermittelt bekommen. Wir wollen versuchen, bis zur Mittagspause mit dem ersten
Themenkomplex „Abwanderungsschutz“ durchzukommen. Dann würden wir nach der
Mittagspause - im zweiten Themenkomplex - das Thema „Einfuhrregelungen“
besprechen, und dann zum Abschluss - in einem dritten Komplex - das Thema
„Sorgfaltspflichten“. Wir haben uns das so vorgestellt, dass Sie, wenn Sie sich
melden, bitte Ihren Namen sagen und den Verband, für den Sie sprechen. Wir haben
heute zu der Anhörung die einschlägigen Fachverbände geladen und die
Kulturverbände, aber als Zuhörer sind auch Mitglieder des Deutschen Bundestages
aus dem Kulturausschuss, die Berichterstatter, hier unter uns. Es sind die fachlich
zuständigen Kolleginnen und Kollegen aus den Landesministerien hier, weil die
Umsetzung dieses Gesetzgebungsvorhabens natürlich im Verwaltungsbereich eine
intensive Zusammenarbeit mit ihnen erfordert, und es sind Kolleginnen und Kollegen
aus den Bundesressorts hier, die mit uns natürlich auch auf Bundesebene den
Gesetzentwurf abstimmen werden. Wir werden die Sitzung für das Protokoll auf
einem Band mitschneiden. Wenn das Protokoll geschrieben und abgestimmt ist, wird
dieses Band vernichtet. Für den Bandmitschnitt und für uns wäre es wichtig, dass Sie
Ihren Namen sagen und welchen Verband Sie repräsentieren. Wir haben überall
blaue Karten ausgelegt, die Sie bitte nutzen, damit wir sehen, wenn Sie sich melden.
Wir versuchen mitzuhalten, wer sich meldet. Und wenn das nicht der Fall sein sollte,
melden Sie sich heftig, damit wir niemanden vergessen. Wir würden darum bitten,
dass von jedem Verband immer einer das Wort ergreift, da wir natürlich eine große
Gruppe sind. Und es wäre ganz gut, wenn wir eine zeitliche Limitierung der
Antworten auf drei Minuten beschränken könnten, sonst kommen wir einfach zeitlich
nicht hin. Das jetzt zum Ablauf.
Ich würde sagen, dass wir mit dem ersten Themenkomplex beginnen sollten, nämlich
der Frage des Abwanderungsschutzes. Ich will nicht großartig einführen, aber Sie
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wissen alle, dass der Rückgabeanspruch nach der EU-Richtlinie eben nur bislang
national wertvoll eingetragenes Kulturgut umfasst. Nicht umfasst ist deshalb in
Deutschland all das, was nach dem Denkmalschutz der Länder geschütztes
Kulturgut ist. Öffentliche Sammlungen sind nicht erfasst, genauso wenig
Archivbestände, Kirchengut und auch Kulturgüter im privaten Eigentum, die nicht
eingetragen sind. Eine Überlegung, die angestellt wird, ist die, ob wir die Regularien
für den Abwanderungsschutz in Nicht-EU-Staaten übertragen auf den
Abwanderungsschutz im Binnenmarkt, d. h. dass also künftig auch
Ausfuhrgenehmigungen ab einem bestimmten Alter und Wert erforderlich sind, wenn
im Binnenmarkt Kulturgüter das Land verlassen. Wir haben uns bislang bei unseren
Gesetzgebungsarbeiten darauf konzentriert, uns die EU-Richtlinie anzuschauen, die
wir jetzt haben. Sie wissen, dass es für die Ausfuhr in Nicht-EU-Staaten eine
Orientierung an Wertgrenzen, Alter und Klassifikationen gibt. Die Frage ist, wie sie
dazu stehen würden, wenn das Prinzip, das für die Ausfuhr nach New York gilt, auch
künftig für die Ausfuhr nach Amsterdam gilt. Um das mal ganz einfach auf einen
Punkt zu bringen: ob sich das, was auch in der EU-Verordnung 116/2009
vorgesehen ist, bewährt hat. Beispielsweise, wenn wir daran anknüpfen - nehmen wir
Gemälde, wenn sie älter als 50 Jahre sind und einen Wert von 150 T€ haben - dass
sie dann dem Abwanderungsschutz unterfallen und für die Ausfuhr einer
Genehmigung bedürfen, um in diesem Verfahren festzustellen, ist es national
wertvolles Kulturgut ja oder nein, oder ob eben bei archäologischen Gegenständen,
die älter als 100 Jahre sind, automatisch auch dieser Abwanderungsschutz gilt. Da
wäre unsere Frage, wie Sie dazu stehen würden, wenn wir dieses Rechtsregime, das
derzeit gilt für die Ausfuhr nach Nicht-EU-Staaten, künftig auch hier gelten würde für
EU-Staaten. Das sollte aus unserer Sicht der erste Themenkomplex sein, weil das
der zentrale Inhalt ist, der jetzt im Bereich des Abwanderungsschutzes ansteht.
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1. Themenblock:
Stärkung des Abwanderungsschutzes durch Schaffung von Ausfuhrregelungen und
Anpassung an EU-Standards
Herr Landeskonservator a.D. Dr. Michael Henker, Präsident des Deutschen
Komitees des Internationalen Museumsrats ICOM Deutschland:
Bezogen auf Ihre Frage: Wir halten diese beiden Kriterien - Alters- und Wertgrenze für keine sehr scharfen Waffen, da Sie im Prinzip ein Fachgremium bilden müssten,
das diese Grenzen jährlich neu bewertet oder noch besser vierteljährlich neu
bewertet bzw. aufgrund von neuen Sachverhalten, aufgrund von Entwicklung, von
Märkten eine immerwährende Fortschreibung dieser Grenzen garantieren könnte.
Ein solches Gremium sehen wir im Augenblick nicht und wir sehen auch nicht, dass
es in Sicht ist. Wir fürchten auch, dass es mit einem sehr großen Aufwand verbunden
wäre, so etwas zu installieren. Gleichwohl verkennen wir natürlich nicht die
Notwendigkeit, irgendeine rationale Grundlage zu finden, auf der man eine
Erstklassifizierung vornehmen kann. Ein Zweites, das ich bei der Gelegenheit gleich
erwähnen will, ist, dass wir das in Deutschland in den Ländern geregelt haben, also
die Eintragungen in den Listen unseres eigenen Kulturgutes, nun aber der Bund
dazu tritt mit einem Bundesgesetz und evtl. Kontrollmechanismen in diesem
Bundesgesetz festlegt. Dazu wäre zu klären, wird dann die Hoheit jeweils auf die
Länder rückübertragen? Sollen sie sich in ihrem Bereich darum kümmern, oder wie
ist es sonst zu handhaben? Das sind einige Punkte, auf die wir hinweisen wollten, in
dem Zusammenhang.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Kann ich eine Nachfrage stellen? Wenn Sie sagen, Alters- und Wertgrenzen wären
aus Ihrer Sicht keine geeigneten Anknüpfungspunkte, hätten Sie einen Vorschlag für
Anknüpfungspunkte?
Herr Landeskonservator a.D. Dr. Michael Henker, Präsident des Deutschen
Komitees des Internationalen Museumsrats ICOM Deutschland:
Das ist immer die Crux, wenn man sagt, das Eine ist nicht besonders geeignet. Es
müsste wirklich eine Art „Weisenrat“ gebildet werden, der zu befragen wäre. Aber
das ist natürlich bei den Tausenden und Zehntausenden Stücken, die zu bewerten
wären, nicht umsetzbar. Es müssten Personen sein, die keine Handelsinteressen
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und keine Eigeninteressen vertreten, sondern Personen aus der Wissenschaft oder
vielleicht auch gereifte Sammlerpersönlichkeiten.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Darf ich noch eine Nachfrage stellen? Wie ist denn Ihre Erfahrung mit der EUVerordnung von 2009, die mit diesen Wertgrenzen und Altersgrenzen arbeitet? Hat
diese sich denn nicht bewährt aus Ihrer Sicht?
Herr Landeskonservator a.D. Dr. Michael Henker, Präsident des Deutschen
Komitees des Internationalen Museumsrats ICOM Deutschland:
Sie hat sich eingeschränkt bewährt, kann man sagen. Sie hat zu einer
Verkomplizierung zum Beispiel im Leihgeschäft geführt oder im Leihverkehr. Ihr
Impetus geht im Wesentlichen sehr stark vom Handel aus. Wenn Sie Regularien für
den Handel, für die Museen wollen, muss man leider sagen, dass in Deutschland der
Erwerb von Spitzenstücken aus dem Handel, den Museen aufgrund von fehlenden
oder niederen Ankaufetats sowieso eigentlich gar nicht mehr möglich ist, sodass wir
ein besonderes Augenmerk richten auf Verbesserungen, Vereinfachung oder
Verkomplizierungen im internationalen Leihverkehr. Und da würde ich sagen, ist es
eine eindeutige Verkomplizierung gewesen. Die Staaten, die das schon lange so
handhaben, wie z. B. Italien, sind Beispiele dafür. Wenn sie für 2016 eine Leihgabe
anfragen, dann müssen sie 2013 ungefähr anfangen, damit sie auch nur eine geringe
Chance haben, dass dann alle bürokratischen Hindernisse überwunden worden sind.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Gut. Vielen Dank. Vielleicht nur kurz vorher ein Hinweis, da wir überlegen, dass wir
für den Leihverkehr mit generellen Genehmigungen arbeiten. 90 Prozent der
Ausfuhrgenehmigungen in Nicht-EU-Länder sind im öffentlichen Leihverkehr, und da
stellt sich die Frage, ob künftig die Länder jeweils für ihre Einrichtungen generelle
Genehmigungen erteilen können. Damit würden wir im Grunde genommen den
Leihverkehr bei öffentlichen Einrichtungen erheblich vereinfachen. So, Sie waren der
Nächste.
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Dr. Christoph Andreas, Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Galerien und
Kunsthändler e.V. (BVDG):
Welche Kriterien, außer den Wertkriterien, werden Sie für nationales Kulturgut
einführen? Ich mache darauf aufmerksam, dass das bis jetzt Ländersache ist und wir
die Erfahrung durchaus gemacht haben, dass ein und dasselbe Stück in einem
Bundesland eine Ausfuhrgenehmigung bekommen hat, in einem anderen
Bundesland aber keine Ausfuhrgenehmigung bekommen hat. Wie wollen Sie regeln,
dass hier eine einheitliche Verordnung stattfindet, der sich dann auch alle
Bundesländer unterwerfen müssen?
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Jetzt wollte ich Sie eigentlich fragen und nicht Antworten geben. Ich kann Ihnen aber
vielleicht aus meiner Sicht folgendes sagen: Die Eintragung wird immer im jeweiligen
Bundesland vorgenommen, wie Sie zu Recht sagen, weil der Verwaltungsvollzug ein
Ländervollzug ist, und die Länder dabei jeweils immer zwei Gutachten einholen. Und
dabei soll es erst einmal bleiben. Daran wird sich so nichts ändern. Ich glaube schon,
dass man hier nochmals zwischen den Ländern schauen kann, ob da hinreichend
einheitliche Kriterien vorhanden sind. In der Tat ist eines unserer Hauptprobleme,
dass in der Vergangenheit zu wenig eingetragen worden ist und dass dieses
Instrument der Eintragung bislang nicht so genutzt worden ist, wie man es nutzen
sollte. Das wollen wir künftig ändern. Aber es wird bei dem Verwaltungsvollzug der
Länder hier in diesem Punkt bleiben.
Dr. Christoph Andreas, Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Galerien und
Kunsthändler e.V. (BVDG):
Also ich mache darauf aufmerksam, es gibt sehr unterschiedliche
Bewertungskriterien. Ich weiß, dass Objekte, die in Hessen eingereicht worden und
abgelehnt worden sind, anschließend in Bayern z. B. freigegeben worden sind. Ich
mache darauf aufmerksam, dass wir gerade hier in Berlin einen Prozess hinter uns
haben, in dem meinem Kollegen sieben Stücke unter nationales Kulturgut gestellt
worden sind. Er hat einen Prozess geführt, sechs der Stücke, wobei wir nicht wissen
warum das siebte geblieben ist, sind wieder freigegeben worden. Es besteht eine
große Gefahr, dass es eine Flut von Rechtsverfahren in der Bewertung von
nationalem Kulturgut gibt.
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Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Ich nehme das gerne auf, wir werden das mit den Länderkollegen auswerten. Dass
es kein Hopping geben kann, ist auch klar. Vielleicht ist eine Regelung möglich,
wonach, wenn ein Antrag gestellt ist, man an den Ort gebunden ist.
Frau Prof. Dr. Kerstin Odendahl, Geschäftsführende Direktorin des WalterSchücking-Instituts, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel:
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, möchten Sie sowohl das Listenprinzip
beibehalten als auch das Kategorienprinzip einführen. Wenn man das mit anderen
Staaten vergleicht, haben sich die Staaten entweder für das Listenprinzip oder das
Kategorienprinzip entschieden. Ich würde dafür plädieren, das Kategorienprinzip
einzuführen. Sie haben in einem weiteren Punkt aufgeführt, dass man diese Altersund Wertgrenzen vielleicht flexibel handhaben könnte, indem man sie in eine
Rechtsverordnung aufnimmt. Das klingt auf den ersten Blick sehr charmant: ich war
zunächst sehr angetan davon, weil gerade Werte, da möchte ich auf meinen
Vorredner, auf den ersten Herrn zurückkommen, sich auch ändern können und
Marktschwankungen unterliegen. Wir hätten dann allerdings ein unterschiedliches
Kategorienprinzip für die Ausfuhr in die EU und für die Ausfuhr außerhalb der EU.
Das ist aus gesetzessystematischer Sicht bedenklich und auch später für die
Handhabung in der Praxis ausgesprochen schwierig. Warum sollte es
unterschiedliche Modalitäten geben, je nachdem ob ich einen Gegenstand nach
Frankreich ausführe oder in die USA? Ich plädiere daher eher dafür, dass man die
Werte der EU-Verordnung 116/2009 nimmt und sie der Einfachheit halber auf alle
Arten von Ausfuhren überträgt.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Vielen Dank.
Frau Prof. Dr. Friederike Fless, Präsidentin des Deutschen Archäologischen
Instituts:
Aus Perspektive der Archäologie ist es natürlich sehr wichtig, dass die
Denkmalschutzgesetze der Länder die Grundlage für die Definition von Kulturgut
bilden. Etwas irritierend, wenn man das mal aus der Außensicht international
betrachtet, ist, dass wir natürlich sehr viele und teilweise divergierende
Denkmalschutzgesetze haben. Es wäre wichtig, dass man das in den
Rechtsverordnungen dann auch klarlegt, auch was Archivgesetze sind, und ein
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Punkt der im Moment für mich noch ein bisschen diffus bleibt, ist die Definition
antiker Sammlungen, die auch nicht unbedingt aus Deutschland stammen müssen,
und das andere ist, auch wenn das Wort Drehscheibe wirklich nicht schön ist, aber
die Objekte, die irgendwie auf deutsches Territorium gelangt sind und angeboten
werden, was eigentlich damit dann ist, was die Ausfuhr betrifft, weil es natürlich
einerseits den Aspekt der illegalen Einfuhr von raubgegrabenen Objekten gibt, aber
es natürlich auch dann die Legalisierung durch den Aufenthalt in Deutschland gibt
und die dann legalisierte Ausfuhr, wie man diese Kette eigentlich genauer im Gesetz
fassen könnte oder in der Rechtsverordnung, genauer gesagt?
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Ich nehme erst einmal Ihre Wortmeldungen nur entgegen. Sie werden verstehen, ich
kann jetzt nicht alles kommentieren, weil das zu kompliziert werden würde. Herr
Zimmermann.
Herr Olaf Zimmermann, Geschäftsführer Deutscher Kulturrat e.V.:
Wenn Sie mir erlauben, werde ich, obwohl Herr Dr. Winands schon speziell in die
Materie eingetaucht ist, trotzdem noch einmal drei grundsätzliche Bemerkungen
machen. Einmal unterstützen wir sehr, dass es diese Novellierung des
Kulturgutschutzgesetzes jetzt geben soll. Wir halten es für eines der wichtigsten
Vorhaben im Kulturbereich in dieser Legislaturperiode, weil ich glaube, dass einige
notwendige Antworten jetzt gegeben werden, und Frau Staatsministerin hat ja schon
den aktuellen Rahmen beschrieben, in dem wir uns bewegen. Unsere Bitte wäre
noch zu überlegen, ob man über diese Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes
hinaus auch noch weitere Maßnahmen ergreifen kann, um z. B. der Barbarei der
Zerstörung archäologischer Stätten entgegen zu treten. Sie haben eben von der UNResolution gesprochen, aber man kann sich sicherlich noch eine ganze Ecke mehr
vorstellen, dass wir zu mindestens bei beweglichen Kulturgütern so etwas wie ein
Asyl für eine gewisse Zeit anbieten, um sie auch schützen zu können. Da würde ich
mir vielleicht noch die eine oder andere weitergehende Maßnahme wünschen. Was
jetzt die konkreten Maßnahmen angeht, ist es für uns sehr wichtig, einer meiner
Vorredner hat es schon angesprochen, dass es mit diesem Kulturgutschutzgesetz
auch die Chance stärkeren Dialogs zwischen Bund und Ländern und auch der
Länder untereinander in dieser Frage gibt, und ich würde auch die Chance einer
Harmonisierung sehen. Ich glaube, es wäre wichtig, dass wir in bestimmten
Bereichen eine stärkere Harmonisierung haben und das könnte diese Novellierung
sicherlich auch herstellen. Was ich wichtig finde, ist auch, dass wir eine klarere
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Definition dafür finden, was überhaupt mit Kulturgut gemeint ist, also dass wir die
Denkmäler meinen, ihre Ausstattung, die archäologischen Funde des
Museumsgut/Schriftgut, klar, da werden wir uns schnell einigen. Archivgut,
autographes Notenmaterial, Archivarien, Künstlernachlässe, audiovisuelle Werke,
Tonträger, aber auch Computerspiele gehören ebenfalls dazu. Ich möchte die
gesamte Breite in die Definition des Kulturgutes mit hinein nehmen. Ich glaube, dass
man sich jetzt auch gemeinsam Gedanken darüber machen sollte. Ein letzter Punkt
noch, nur weil Frau Kulturstaatsministerin dieses schöne Beispiel genannt hat mit
dem Ei. Natürlich hinkt dieser Vergleich schon ein wenig, weil für Eier Güteklasse
definiert werden und dann können Sie alle Eier, die unter ähnlichen
Haltungsbedingungen produziert wurden, in diese Güteklassen aufnehmen. Bei der
Kunst und bei den Kulturgütern ist das anders, da reden wir natürlich über Unikate
und deswegen müssen wir praktische Wege finden. Und die müssen, obwohl wir im
Deutschen Kulturrat sehr klar sehen, dass es eine besondere Sorgfaltspflicht der
Kunsthändler gibt, praktikable Wege sein, und darüber werden wir heute hoffentlich
ergebnisoffen reden. Dankeschön.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Frau Müller-Katzenburg.
Frau Dr. Astrid Müller-Katzenburg, Rechtsanwältin, International Association of
Dealers in Ancient Art (IADAA):
Vielleicht als ganz grundsätzliche Bemerkung, wenn die Frage besteht: Sollen wir die
gleichen Regelungen für die Ausfuhr nach New York und in die Schweiz und
innerhalb der EU vorsehen? Was innerhalb der EU zu gelten hat, ist teilweise
sowieso vorgegeben. Es gilt in der EU der freie Warenverkehr. Und insofern ist ganz
klar vorgegeben, dass auch bei Kulturgut und gerade bei Kulturgut Art. 36 des EUVertrages gilt. Danach können nur Begrenzungen innerhalb der EU für nationales
Kulturgut geschaffen werden. Und da ist in der EU, im EU-Recht auch wieder ganz
klar, dass das als Ausnahmeregelung zu der Grundfreiheit des freien Warenverkehrs
eng ausgelegt werden muss. Und dann ist auch wieder ganz klar: Ist es ein
nationales Kulturgut, d. h. besteht eine Verbindung zu - in dem Fall - Deutschland?
Das ist das maßgebliche bzw. das müssen die maßgeblichen Kriterien sein. Es ist
weniger wichtig, welcher Wert ein Kulturgut hat, ob es jetzt auf deinem Kunstmarkt
ein oder zwei Euro oder mehrere Millionen erzielt, sondern es ist maßgeblich:
Bestehen so enge Bindungen eben zu Deutschland, weshalb wir es so wichtig
erachten, dass es in Deutschland bleibt? Und da gibt es tatsächlich auch Kriterien,
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die in der Wissenschaft lange ausgearbeitet sind, auf die zurückgegriffen werden
kann. Und bei dem je nachdem tatsächlich auch so etwas wie eine Kommission
durchaus Sinn macht, für die man ein Gremium finden kann. Ich verweise insofern,
weil Sie auch mehrmals sagten, in anderen EU-Staaten gilt das so: Ja, da wo
Exportgenehmigungen auch innerhalb der EU gefordert werden, meinetwegen in
England - was für Deutschland natürlich auch gerade im Kunsthandel ein ganz
wichtiges Vorbild ist, weil: 35 Prozent des Welthandels gehen über England, dessen
Marktanteil am weltweiten Kunsthandel also sehr hoch ist, während der von
Deutschland relativ klein ist. Dort gibt es die sogenannten Waverley-Kriterien, und die
haben eine Stufung. Es gibt erst bestimmte Werte, und die sind bei Sachen z. B., die
auf englischem Boden ausgegraben werden, Null-Werte. Das kann man sich für
Deutschland durchaus vorstellen. Bei Sachen, die in Deutschland ausgegraben
werden, ist Null der Wert. Es kommt hierbei also überhaupt nicht auf den Preis an.
Bei anderen Sachen, damit der Bürokratieaufwand nicht so hoch ist, setzt man den
Wert höher an. Und dann kommen die Kriterien. Wie lange ist es in Deutschland oder
welche Verbindung hat es zu Deutschland? Da wäre es sicher sinnvoll, vielleicht
nicht bei allem das Rad neu zu erfinden, sondern auch auf bewährte Vorbilder
zurückzugreifen.
Ich kann da vielleicht abschließend noch anfügen: In England werden von den
50.000 Exportlizenzen, die dort jährlich erteilt werden - und wo auch übrigens
ziemlich genau die gleiche Anzahl an Exportlizenzen angefordert werden -, weniger
als 10 Exportlizenzen dann nicht erteilt entsprechend den Waverley-Kriterien.
Vielleicht ganz zum Schluss noch: Wenn es um nationales Kulturgut geht, wäre
vielleicht mal die Überlegung wert, sich zu fragen, ob wirklich immer daran
festgehalten werden muss, dass von den Ländern entschieden wird, was „nationales
deutsches Kulturgut“ ist. Also ich kann Ihnen sagen: Es ist nicht nur schwierig,
Ausländern zu erklären, warum das bei uns die Länder entscheiden, was bei uns
deutsches Kulturgut ist, sondern es ist - auch abgesehen von allen
verfassungsrechtlichen Problemen, die ich durchaus kenne - verfassungsrechtlich
durchaus möglich, das anders zu machen. Vom Sachzusammenhang ist es ein
Anachronismus zu sagen: Das, was „deutsches“ Kulturgut ist, sollen die Länder
bestimmen. Danke.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Vielleicht nur Folgendes: Wir sind uns einig, dass viele EU-Mitgliedstaaten den
Wegfall
der
Schengener
Kontrollen
kompensiert
haben
durch
Ausfuhrgenehmigungen und dass es nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der EU
möglich ist, Regelungen zum Schutz vor Abwanderung zu treffen. Ich sage Ihnen
16
aber zu, wir schauen uns natürlich auch die Regelungen der anderen EU-Länder an.
Ich will dies nur grundsätzlich sagen, damit nicht der Eindruck entsteht,
Ausfuhrgenehmigungen seien EU-rechtlich nicht zulässig. Es haben nach dem
Wegfall von Schengen alle EU-Länder, bis auf die Niederlande und Deutschland,
Ausfuhrgenehmigungen im Binnenmarkt eingeführt. Wir schauen uns aber natürlich
an, was andere Länder machen.
Frau Dr. Astrid Müller-Katzenburg, Rechtsanwältin, International Association of
Dealers in Ancient Art (IADAA):
Aber nur im Rahmen von Artikel 36. Und Artikel 36 - da besteht in Wissenschaft und
Rechtsprechung eine einhellige Meinung - ist eng auszulegen. Und insofern nur:
“nationales Kulturgut“.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Ja, ja klar, wir schauen uns das in anderen EU-Ländern an. Ich wollte nur nicht, dass
der Eindruck stehen bleibt, EU-rechtlich wäre eine Ausfuhrgenehmigungspflicht nicht
möglich. Es ist EU-rechtlich möglich, selbstverständlich machen es andere Länder.
Herr Ulrich Künker, Verband der deutschen Münzenhändler e.V.:
Ja, vielen Dank. Mein Name ist Ulrich Künker, ich spreche für die beiden
Berufsverbände des Münzenhandels. Erlauben Sie mir bitte kurz ein bisschen auf die
speziellen Eigenschaften von Münzen einzugehen: Münzen sind hergestellt als
Zahlungsmittel in Massen, sind also Massenprodukte, sind oftmals weltweit
gegenseitig akzeptiert worden, sind über mehrere Jahrhunderte eben auch legal
verbreitet ein- und ausgeführt worden, und, was man heute sagen kann - der
Übergang von einem Zahlungsmittel zu einem Sammelobjekt bei Münzen ist sehr
fließend. Wir schätzen, dass es ungefähr in Deutschland 100 Millionen Münzen in
Privatbesitz gibt, und von daher sprechen wir uns natürlich schon aus praktischen
Gründen für das Kategorienprinzip aus. Dankeschön.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Vielen Dank.
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Herr Ralf Jacob, Vorstandsmitglied Verband deutscher Archivarinnen und
Archivare e. V., Stadtarchiv Halle:
Vielen Dank für die Einladung. Wir plädieren für eine Konkretisierung des Begriffs der
öffentlichen Sammlung. In Archiven arbeiten wir mit Objekten, die über ihre
Provenienz in die Häuser gekommen sind und sogenannte Bestände bilden. Unser
Vorschlag hier ist es, den Begriff zur Sammlung so zu erweitern, dass man zukünftig
von öffentlichen Sammlungen und Beständen spricht, also das hier an dieser Stelle
konkretisiert. Vielen Dank.
Frau Isabel Pfeiffer-Poensgen, Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder:
Ich würde gerne nochmal auf die ausgangs gestellte Frage von Herrn Dr. Winands
zurückkommen, wie wir denn die Alters- und Wertgrenze einschätzen. Ich will
nochmal daran erinnern, es ging jetzt über viele Jahrzehnte immer um ein
Listenprinzip, was eben zu sehr unbefriedigenden Ergebnissen geführt hat, weil die
Eintragungen in den verschieden Regionen Deutschlands äußerst unterschiedlich
sind und weil, das muss man ehrlicherweise auch sagen, bei vielen politischen
Trägern und bei den entsprechenden Ministerien das Thema nationales Kulturgut
überhaupt nicht auf der Agenda war. Wir haben im Prozess der Vorbereitung dieser
Novelle Umfragen gehabt in den Ländern, wie viel Arbeitskapazitäten denn eigentlich
für das Thema in den jeweiligen Verwaltungen vorgehalten werden und, wenn es
hoch kam, waren es auch bei den ganz engagierten Ländern 15 Prozent eines
Mitarbeiters. Und auf der anderen Stelle gab es eben leider auch sehr wenige aktive
Museumsleute, Kenner der Szene, Kunsthändler, die dann zu einem Land gesagt
haben: da ist etwas, was unbedingt in Deutschland bleiben muss. Prüft doch einmal,
ob es auf die Liste kommt, zumindest aber die Einleitung eines Verfahrens. Und im
Gegensatz zu Herrn Henker, der sagt, wir können sowieso nichts mehr kaufen,
würde ich einfach mal sagen, das weiß ich besser. Denn das tun wir, und wir könnten
noch viel mehr kaufen, wenn mehr auf der Liste stünde, und nicht die Dinge für
absolut absurde Preise vom Londoner Kunstmarkt zurückgeholt werden müssten. Ich
sage nur zwei Stichworte aus den letzten Jahren: Das sind einmal die Tagebücher
der amerikanischen Reise von Alexander von Humboldt, die wir aus England
zurückholen mussten, und zum anderen die hochbedeutende Ottheinrich-Bibel, die
wir für Bayern ebenfalls aus England zurückholen mussten. Das bedeutete Stress,
Nerven, viel Adrenalin und sehr viel Geld. Deswegen bin ich eine absolute
Unterstützerin einer Veränderung der Situation, die das einführt, was bei der Ausfuhr
in Nicht-EU-Staaten schon gang und gäbe ist. Man kann sich sicher über die
Sinnhaftigkeit von Alters- oder Wertgrenzen streiten, aber solange kein besserer
Vorschlag auf dem Tisch liegt, ist das immerhin ein Weg. Herr Henker, wenn Sie und
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Ihre Kollegen einen anderen Vorschlag haben, sind wir alle völlig offen, darüber zu
diskutieren. Ich will nur sagen, die Harmonisierung zwischen Bund und Ländern war
auch nicht das Problem, denn durch meinen Kollegen, Herrn Dr. Hoernes, der
inzwischen die Ernst von Siemens Kunststiftung leitet, war auch die Kulturstiftung bei
unendlich vielen Sitzungen dabei, wo Bund und Länder einträchtig zusammensaßen
und unter der Führung von Herrn Berger und Herrn Dr. Peters über mehrere Jahre
sich den Kopf zerbrochen haben, um zu diesen Regelungen zu kommen. Also
insofern waren alle, vom Bund und von den Ländern, in dieses Verfahren
einbezogen. Zum Thema nationales Kulturgut - wer ist der Bestimmer oder die
Bestimmerin? Das ist ein Thema der deutschen Geschichte und die Kulturstiftung der
Länder, die den Auftrag hat, national bedeutendes Kulturgut zu retten, sitzt nicht
jeden Tag am Schreibtisch und rauft sich die Haare. Was ist denn bloß nationales
Kulturgut? Wir haben vor Jahren eine sehr schöne Tagung gemacht zusammen mit
der SPK, um uns diesem Thema anzunähern. Deutlich wurde, wir haben eben ein
regionales Patrimonium, wir haben kein nationales Kulturgut. Wir sind nicht London,
wir sind nicht Paris. Die Bundesrepublik hat eine andere Geschichte und deswegen
glaube ich, abgesehen davon, dass die Länder sich das auch nicht abhandeln lassen
würden, wäre es auch ein Bruch mit unserer Geschichte. Und trotzdem wird am Ende
die Liste beim Bund zusammengeführt. Also es gibt schon jemanden, der den
Überblick hat, aber die Länder müssen eine entscheidende Rolle spielen, weil wir
eine andere Kulturgeschichte haben. Danke.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Vielen Dank.
Herr Prof. Dr. Matthias Weller, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,
Zivilverfahrensrecht und Internationales Privatrecht, EBS Universität für
Wirtschaft und Recht Wiesbaden und Vorstandsmitglied des Deutschen
Instituts für Kunst und Recht in Heidelberg:
Ich möchte zunächst erwähnen, dass der Bericht der Bundesregierung mir als sehr
sorgfältig erscheint, insbesondere, was die rechtsvergleichenden Bezüge anbelangt,
die dort ausgearbeitet sind. Das ist eine Vorarbeit für eine geplante Gesetzgebung,
die in anderen Bereichen nach meiner Erfahrung so nicht erreicht wird, und
deswegen eine besonders tragfähige Diskussionsgrundlage liefert. Zweiter Punkt die europarechtliche Einbettung. Ich sehe die Richtlinie, wie aber auch die
Umsetzungsüberlegungen, die wir hier diskutieren in Konformität mit dem
Europarecht. Natürlich ist der Begriff des nationalen Kulturgutes ein
19
Ausnahmebegriff. Er ist in einer Rechtfertigungsnorm in Art. 36 AEUV drin, aber
letztlich ist das so etwas wie eine „Ordre public“-Klausel, die wir aus anderen
Bereichen kennen. Es wird den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gegeben, für sich
selbst zu definieren, was denn nun ein nationales Kulturgut sein soll und was nicht.
Und das Europarecht kontrolliert dann nur noch in den Grenzbereichen - ist ein
Missbrauchstatbestand gegeben bei der Gesetzgebung eines Mitgliedstaates - und
das kann ich hier nun wirklich nicht erkennen. Der Bericht hat auch klar gemacht,
meine ich in aller Deutlichkeit, dass das deutsche derzeitige Recht eher atypisch ist
im internationalen Vergleich und dass es schon deswegen nahe liegt, sich zu
überlegen, ob man sich nicht eher angleicht an das, was man in anderen
Mitgliedstaaten
vorfindet.
Das
betrifft
natürlich
insbesondere
den
Abwanderungsschutz, hier wurde bereits angesprochen das Kategorienprinzip
versus das Listenprinzip. Ich habe Sie bisher so verstanden, dass wohl beides
irgendwie auf dem Plan bleibt, aber ich habe auch das Verhältnis der beiden
Prinzipien, wie es dann im Gesetz niedergelegt sein soll, nicht verstanden. Vielleicht
können Sie dazu auch noch etwas ergänzen. Es ist aus meiner Sicht durchaus
denkbar, beides beizubehalten, nur müsste man dann eine Stufung der Rechtsfolgen
vorsehen, damit das ganze Sinn hat. Wie diese Stufung aussehen könnte oder ob es
nicht doch einfacher ist, nur auf die Kategorien zu rekurrieren, das wäre für mich eine
offene Frage. Zustimmung zu Kollegin Odendahl, wenn es darum geht, die Sache
praktikabel zu halten. Ich würde auch im Zweifel dafür plädieren, Wert- und
Altersgrenzen zu nehmen, die wir schon aus anderen Bereichen kennen, nämlich
insbesondere bei der Regelung im Verhältnis zu Drittstaaten. Letzter Punkt: Ein
kurzer Blick auf das Zivilrecht, das natürlich jetzt nicht hier im Fokus steht, aber doch
schnell relevant wird, wenn es nämlich dann mal zu Rückführungen kommt, die aus
den Rechten der Richtlinie hervorgegangen sind. Es ist ein alter Streit, wie eigentlich
Artikel 13 auszulegen, zu verstehen ist, was denn die Rechtsfolge ist, wenn das
Kulturgut wieder zurück geht in den Herkunftsstaat, welches Recht dann für die
Eigentumsbestimmung gelten soll. Da hat die Richtlinie natürlich auch nichts Neues
hinzugefügt. Das ist misslich. Möglicherweise ist es aber dem deutschen
Gesetzgeber, dem Umsetzungsgesetzgeber, möglich in seinen Begründungen, in
seinen Materialien, hierzu etwas zu verlautbaren. Das würde jedenfalls der
Rechtssicherheit zuträglich sein. Im Übrigen müsste man sich auch fragen, wie
gezahlte Entschädigungen in irgendeiner Form in ein Verhältnis zu setzen sind, zu
dem Fall, dass jemand, der zunächst seinen Besitz zurückführen muss in den
Herkunftsstaat, nach dem Recht des Herkunftsstaates, dann doch die Sache
bekommt, nach dem Recht des Herkunftsstaates. Also abstrakt gesprochen - es gibt
zivilrechtliche Bezüge, die sollten in irgendeiner Form idealerweise auch bedacht
werden. Dankeschön.
20
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Vielen Dank.
Frau Dorothea Kathmann, Leiterin der Präsidialabteilung, Hauptverwaltung
Stiftung Preußischer Kulturbesitz:
Ich möchte eigentlich nochmal insbesondere das, was Frau Fless, und auch das,
was auch Frau Pfeiffer-Poensgen gesagt hat, stark unterstützen. Aber es ist
sicherlich eine ganz klare Begriffsbestimmung dringend erforderlich, und die
Definitionen von abstrakten Begriffen wie national wertvolles Kulturgut, Kulturgut
insgesamt, Einbeziehung der Archivbestände auf jeden Fall. Wir sehen das in
unserer alltäglichen und praktischen Arbeit. Wir werden häufig gefragt, warum sind
bestimmte Dinge, die auch bei uns in den Sammlungen sind, häufig natürlich auch
Leihgaben, nicht eingetragen? Unsere eigenen Bestände waren bislang nicht vom
Schutzprinzip umfasst - würden wir aber sehr begrüßen - und da kommt der
Sammlungsbegriff letztlich mit dazu. Und bei Leihgaben, die wir haben, stehen wir
natürlich in der misslichen Situation: geben wir sie an, setzen wir uns natürlich schon
in eine große Diskussion mit den Sammlern, die solche Angaben wie
enteignungsgleiche Eingriffe betrachten. Und von daher sind auch große
Sammlungen, die solche Dinge einordnen können, hier in einer ziemlichen
misslichen Situation, so wie heute die Gesetzeslage ist.
Herr Dr. Klaus-Rainer Brintzinger, Vorsitzender des Vereins Deutscher
Bibliothekare e. V.:
Wir begrüßen ausdrücklich die Gesetzesinitiative der Bundesregierung. Wir halten
sie für dringend notwendig, insbesondere hinsichtlich des Abwanderungsschutzes.
Das bisherige Listenprinzip hat nach meiner Auffassung versagt. Wir sprechen uns
eindeutig für das Kategorienprinzip aus. Ich könnte die Beispiele von Frau PfeifferPoensgen, sie hat die Ott-Heinrich-Bibel genannt, noch um weiterere spektakuläre
Beispiele ergänzen, um Beispiele, die schon etwas länger zurückliegen: Zu nennen
wäre die Fürstenbergische Hofbibliothek in Donaueschingen oder auch das
Evangeliar Heinrich des Löwen - da musste jeweils mit Beträgen im mehrstelligen
Millionenbereich deutsches Kulturgut wieder nach Deutschland zurückgekauft
werden. In einzelnen Fällen ist es aber gar nicht gelungen, das Kulturgut
zurückzuführen. Und das war nur die Spitze eines Eisberges. Von daher wäre unsere
Vorstellung eine Orientierung am Kategorienprinzip. Man kann sich sicherlich an der
Verordnung Nr. 116/2009 orientieren. Aus dem bibliothekarischen Bereich sind in der
Anlage drei Punkte genannt: die Nummern 9, 10, 11 - Inkunabeln,
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Handschriftenbücher, Landkarten. Ich glaube, die sollte man sich nochmal einzeln
anschauen, wie man diese genau operationalisiert. Ich bin nicht ganz sicher, ob man
die Autographen genügend geschützt hat, auch der Terminus Bücher ist ein bisschen
auslegungsbedürftig. Sind Bücher auch Zeitschriften? Was ist mit Non-BookMaterialien? Kalendern? Und ist das alles, an das man denken könnte? Mit den
Wertgrenzen habe ich auch ein bisschen Schwierigkeiten, vor allem, weil Bücher
nicht regelmäßig gehandelt werden. Die müssten anhand von Antiquariatskatalogen
ermittelt werden. Wenn aber etwas unikal ist, dann ist es zunächst einmal nicht da
und muss geschätzt werden. Diese Wertgrenzen treiben im Zweifelsfall sogar die
Werte nach oben. Ich muss allerdings sagen, ich sehe keine richtige Alternative
dazu. Was mir in dieser Verordnung Nr. 116/2009 nicht so ganz einleuchtet, ist diese
Abstufung nach unterschiedlichen Materialien, also warum zum Beispiel Fotografien
mit einer Wertgrenze von 15.000 Euro belegt sind und Bücher von 50.000 Euro. Das
leuchtet mir auf den ersten Blick nicht ein, da würde ich auch eher für eine
einheitliche Wertgrenze plädieren. Und in jedem Fall würde ich dafür plädieren, nicht
nur bei den Inkunabeln, sondern auch bei allen Handschriften und Autographen,
keine Wertgrenze festzulegen. Bestenfalls eine Altersgrenze, die sicherstellt, dass
die Rechteinhaber selbst, solange sie noch leben, nicht davon betroffen sind. Was
mir noch ein bisschen fehlt, auch wenn es in der Verordnung Nr. 116/2009 im
Terminus vorkommt, ist der Sammlungsgedanke, das wurde hier schon mehrfach
genannt. Ich kann aus dem bibliothekarischen Bereich sagen - hier sind wir uns alle
einig -, dass eine Sammlung mehr ist als die Summe der Einzelstücke. Und dass der
wissenschaftliche Wert, im Zweifelsfall auch der materielle Wert, höher ist als die
Summe der Einzelwerte. Denn der wissenschaftliche Wert ergibt sich im Besonderen
aus der Geschichte der Sammlung, aus den Provenienzen, das könnte man noch
etwas besser hervorheben. Ich habe in dem ursprünglichen Bericht der
Bundesregierung den Gedanken gesehen, Kulturgutschutz mit dem Denkmalschutz
zu verknüpfen. Hier hat mir die österreichische Lösung zumindest als ein Ansatz
eingeleuchtet, dass man so etwas konstruieren kann, wie bewegliche Denkmäler,
und dann Sammlungen per se unter Schutz stellen kann, und nicht nur als Summe
der einzelnen Objekte.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Vielen Dank.
22
Herr Dr. Christoph Andreas, Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Galerien
und Kunsthändler e.V. (BVDG):
Ich werde Sie natürlich jetzt mit Umsetzungsfragen in der Praxis löchern, weil wir als
Kunsthändler, Auktionatoren, mit diesem Gesetz in Zukunft umgehen müssen. Wenn
ich das richtig verstanden habe, wollen Sie den gesamten Bestand der Museen unter
nationalen Kulturgutschutz setzen. Nun gibt es zu den meisten Museen keine
Bestandskataloge. Wie wollen Sie also, wenn eine Anfrage kommt, nachprüfen
können, ob zum Beispiel - aus der gleichen Werkgruppe Fassung oder ganz
ähnliches Objekt - nicht schon längst unter nationales Kulturgut in einem Museum
gestellt worden ist. Gibt es eine Befristung für die Zeit, die Sie brauchen für die
Bescheide? In Italien brauchen Sie zum Beispiel für die Ausfuhr eines RenaissanceRahmens ungefähr drei Jahre. Damit ist natürlich in der Praxis bei uns im
Kunstmarktbereich schwer umzugehen. Gibt es eine Befristung? Und letzte Frage
dazu - wir haben international auch viele Nicht-Deutsche, die hier arbeiten. Ein
Holländer zum Beispiel lebt, arbeitet hier 30 Jahre, erwirbt eine beachtliche
Kunstsammlung, geht dann nach Hause in sein Heimatland. Muss er dann diese
Sammlung auch überprüfen lassen? Ab Wert oder anderen Kriterien? Und dann die
Stücke, die unter nationalem Kulturgut stehen, in Deutschland belassen und dürfen
diese Stücke dann in Deutschland nur auf dem deutschen Kunstmarkt an hiesig
Ansässige, also an Deutsche verkauft werden? Das halte ich für ein delikates
Problem.
Herr Raimund Bartella, Hauptreferent Deutscher Städtetag:
Wir haben uns sehr schwer getan zu den Vorlagen, die beginnend im letzten Jahr
vorgelegt worden sind seitens der Bundesregierung, Stellung zu nehmen. Inzwischen
haben wir eine Position gefasst, die grundsätzlich positiv ist. Wir werden Ihnen das
noch einmal schriftlich zukommen lassen, das will ich nur an dieser Stelle noch
sagen. Wir begrüßen im Einzelnen auch, dass im Grunde genommen im öffentlichen
Eigentum befindliche Kulturgüter, also einschließlich z. B. der Bestände in Archiven,
als national wertvolles Kulturgut klassifiziert werden. Wobei man eben sagen muss,
da gibt es noch ein definitorisches Problem. Sind Archivbestände Sammlungen?
Nein, es sind keine Sammlungen, es sind Bestände. Dann muss man aber im Detail
noch über die Definition reden. Insofern stimme ich dem VDA (Verband Deutscher
Archivare) zu, dass diese Sachen tatsächlich nicht mehr gelistet werden müssen,
sondern im Grunde genommen als national wertvolles Kulturgut „in toto“ betrachtet
werden. Wir müssen an dieser Stelle allerdings sehen, dass das Weiterungen mit
sich bringt: Wenn Sie also den Bereich Denkmalschutz und Denkmäler unter dieses
Gesetzeswerk fassen, dann entsteht möglicherweise ein Problem, das man vielleicht
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nicht so ohne Weiteres sieht, aber das de facto vorhanden ist, nämlich dass sie zwar
Kulturgüter, die vorhanden sind, jetzt gegen Abwanderung schützen, was an sich
erstmal reversibel ist, aber nicht gegen Zerstörung. An dieser Stelle muss man
nochmal eine Diskussion führen, ob nicht möglicherweise auch in ein
Kulturgutschutzgesetz dieser Aspekt des bewussten Zerstörens von Kulturgut
einzubeziehen wäre. Ich will es mal dabei belassen im Augenblick.
Herr Dieter Löhr, Rechtsanwalt und Justiziar, Bundesverband Deutscher
Kunstversteigerer:
Wenn wir das richtig verstanden haben, möchte das BKM einen möglichst großen
Überblick über den im Handel, aber auch im Privatbereich bestehenden Kunstbesitz
gewinnen, um eventuelle Abwanderungen zu verhindern. Dabei darf nicht verkannt
werden, dass gewaltige Datenmengen und Datenspeicherungen auftreten würden,
was die Frage aufwirft: Wer hat Zugriff auf diese Datenbanken? Und ferner - wie
werden die Eigentümer in ihrem Persönlichkeitsrechten geschützt? Ferner - ist es
beabsichtigt, bei einer solchen entstehenden Datenbank diese mit dem Art-LossRegister oder Lost-Art-Register oder den zu gründenden Zentrum für
Kulturgutverluste zu verbinden und abzugleichen?
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Nur nicht, dass hier ein Missverständnis entsteht, wir brauchen jetzt keine riesigen
Datenbanken. Wir haben auch bei der EU-Richtlinie bezüglich der Drittstaaten keine
Datenbank, sondern wir haben ein neues Prinzip nach Kategorien, und wir kommen
dann staatlicherseits nur mit dem jeweiligen Objekt in Kontakt, wenn die
Abwanderung angekündigt ist. Zur Frage der Zerstörung von Kulturgut habe ich
einen Hinweis, Herr Bartella, bekommen von Herrn Berger. Vielleicht erklären Sie
das nochmal, das ist wichtig, dass wir diesbezüglich etwas vorgesehen haben.
Herr MinR Frithjof Berger, Referatsleiter K 42, BKM:
Der Gesetzentwurf wird aller Voraussicht nach auch einen Spezialtatbestand für den
strafrechtlichen Schutz geschützten Kulturgutes enthalten. Es gibt derzeit bereits
einen Sondertatbestand in § 304 StGB für Kulturgüter, die beispielsweise in
Sammlungen sind oder in öffentlichen Ausstellungen. Wir werden diesen
Straftatbestand dann auch erweitern, etwa auf das eingetragene Kulturgut, damit hier
auch ein strafrechtlicher Substanzschutz gewährt wird.
24
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Wollte ich nur klar stellen, Herr Bartella, weil Sie es angesprochen haben.
Herr
Karl-Sax
Deutschland e. V.:
Feddersen,
Vorstandsmitglied
Kunsthändlerverband
Ich spreche hier in Absprache mit einigen anderen Verbandskollegen - also Kollegen
aus anderen Verbänden. Wir bedanken uns einerseits dafür, dass wir hier
eingeladen sind, dass wir unser Anliegen vortragen können. Andererseits sind wir
immer wieder etwas irritiert darüber. Wir hätten natürlich gerne schon auch einen
Gesetzesentwurf gehabt, weil wir alle so ein bisschen im luftleeren Raum heute
sprechen. Wir wissen nicht genau, was auf uns zukommt. Wir kennen die Richtlinie,
wir wissen in welchem Rahmen sie agieren, aber was genau passiert, wissen wir
nicht. Und für uns als Kunsthändler geht es um vitale Fragen. Das internationale
Geschäft ist für viele von uns eine Selbstverständlichkeit heute, und wenn wir
befürchten müssen, dass wir da massiv eingeschränkt werden, dann können Sie
verstehen, dass das für uns wirklich wichtige Fragen sind, die wir gerne konkreter
schon besprochen hätten an so einem Tag. Wir haben das Listenprinzip gehabt, wir
konnten damit sehr gut leben. Es bietet ein hohes Maß an Rechtssicherheit und ist,
anders als manchmal jetzt auch in der Diskussion dargestellt wird, keine skurrile
deutsche Sonderregelung, auch die UNESCO-Konvention kennt das Listenprinzip.
Wir können uns aber auch sicherlich mit einem neuen Genehmigungsverfahren oder
Genehmigungsprinzip anfreunden, wenn wir denn davon ausgehen dürfen, dass
Begriffe wie national wertvolles Kulturgut und Kulturgut in diesem Gesetz so definiert
und so gefasst sind, dass sie den Handel nicht über Gebühr behindern. Dann
kommen wir natürlich wieder auf die Verfahrensfragen, die hier schon mehrfach
angesprochen worden sind. Da muss gewährleistet sein, dass das flott geht und dass
es kostenfrei für uns geschieht. Ich kann einfach nur ein Beispiel nennen: Sie
verkaufen etwas im März in einer Auktion an einen holländischen Händler und der
möchte es im Mai oder im April auf der TEFAF zeigen. Da kann ich nicht sagen, es
dauert vielleicht acht bis zwölf Monate, bis wir die Ausfuhrgenehmigung bekommen.
Das reicht nicht, das muss schnell gehen, denn sonst leiden wir wirklich auch als
Handel unter diesen neuen Vorschriften und das möchten wir natürlich ungern
hinnehmen. Ein Wort noch zu der Motivation für die Gesetzgebung, die wir doch
auch immer wieder etwas irritierend finden. Sie haben ganz offen angesprochen,
dass sich im Grunde genommen hier Deutschland ein Instrumentarium schafft, um
Geld zu sparen, um eigentlich zu verhindern, dass etwas, was ins Ausland
verfrachtet wurde, teuer zurückgekauft werden muss. Wir möchten zu bedenken
geben, dass die Verwaltung, die hier geschaffen wird, auch nicht zum Nulltarif zu
25
haben ist. Ich habe vorhin noch mit einem Kollegen gesprochen, der hier in Berlin mit
Autographen handelt, Herr Mecklenburg, der erzählte eben, dass er in der letzten
Auktion 12 Objekte hatte, die er an Drittländer verkauft hat, jetzt nach den
Maßstäben. Er hat jetzt einfach mal eine Auktion durchgeguckt nach den Maßstäben,
die gelten würden, oder nach den Maßstäben des Gesetzes, so wie es geplant ist.
Hat einfach mal geguckt, für welche Objekte bräuchte ich jetzt auch bei Verkauf ins
EU-Ausland eine Genehmigung. Das wären gleich 120 Objekte, d. h. also einfach
mal eine Verzehnfachung von Anfragen, die er stellen müsste, d. h. da muss wirklich
Personal da sein, da muss geschultes Personal da sein. Wir würden uns natürlich
irgendwie wünschen, dass das nicht immer nur Länderangelegenheit ist, sondern
dass man es wirklich fertig bekommt, dafür eine zentrale Stelle zu schaffen. Ich habe
schon mitbekommen, dass das nicht unbedingt Ihr Ziel ist, und das kollidiert
sicherlich auch irgendwie mit dem föderalen Prinzip, und trotzdem wäre aus unserer
Sicht natürlich wünschenswert, dass wir einfach eine zentrale Stelle haben, bei der
wir wissen, innerhalb der Zeit bekommen wir eine Ausfuhrgenehmigung oder eben
auch nicht, wenn es denn irgendwie anders entschieden wird. Aber es muss klar
geregelt sein.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Ich möchte dazu einmal kurz Stellung nehmen: Nach meinen Zahlen, die ich so
kenne bei den Ausfuhrgenehmigungen nach Drittstaaten, haben wir pro Jahr rund
1.200 Ausfuhrgenehmigungen. Von denen sind 90 % für den öffentlichen
Sammlungsbereich. Die würden künftig weitgehend entfallen, wenn wir nach dem
vorgesehenen neuen Prinzip handeln. Wenn z. B., ich sehe jetzt Frau Kathmann von
der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, das Land Berlin künftig eine allgemeine offene
Genehmigung ausspricht für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, würde ein Großteil
des Leihverkehrs der Stiftung Preußischer Kulturbesitz nicht mehr darunter fallen.
Wir werden dieses Prinzip, dass wir unseren öffentlichen Einrichtungen mehr
Vertrauen schenken als bisher, zur Geltung bringen. Dadurch schaffen wir natürlich
Verwaltungskapazitäten frei, das ist das Erste. Das Zweite ist, gerade weil für die
Erteilung der Ausfuhrgenehmigung die 16 Bundesländer jeweils zuständig sind, sehe
ich dadurch eine deutliche Vereinfachung, als wenn wir als Allheilmittel sagen, das
macht der Bund. Denn die Kollegen in den Ländern sind näher dran an Ihnen als wir,
es ist ein Unterschied. Wenn sie jetzt in Berlin sitzen, hätten Sie vielleicht die
Bundesbehörde direkt. Aber wenn Sie in München sitzen, müssen Sie relativ weit
reisen. Es ist besser, man hat vor Ort auch die entsprechenden Vollzugsbehörden.
Das ist unser föderales Prinzip, was auch etwas mit der Leistungsfähigkeit dieses
Staates zu tun hat. Wir haben generell die Regelung, Bundesgesetze werden im
Regelfall von den Ländern vollzogen, weil das nämlich eine ortsnahe und auch für
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den Bürger freundliche Regelung ist, und deshalb werden wir diesen Grundsatz auch
hier nicht in Frage stellen. Was ich dann noch sagen möchte, ist, wenn wir die Zahlen
vergleichen: In Großbritannien gibt es pro Jahr schwankend bis zu 30.000
Genehmigungen für Ausfuhren im EU-Binnenmarkt und in Drittstaaten;
Großbritannien schafft das. Ich glaube, dass wir in Deutschland auch in der Lage
sind, größere Volumina zu schaffen. Letzter Punkt - es ist eine Genehmigung, die Sie
für die Ausfuhr beantragen, und Sie wissen vielleicht, im Verwaltungsrecht gilt eine
allgemeine Regelung. Nach drei Monaten können Sie gegen jede Verwaltung
Untätigkeitsklage erheben, so dass wir tatsächlich natürlich auch in unserem System
schon ganz allgemein Restriktionen haben. Wir haben keine riesigen Klagewellen in
Deutschland, dass es zu lange dauert. Meistens liegt es nach meiner Erfahrung
daran, dass nicht alles, was zur Begründung eines Vertrags notwendig ist,
herbeigeschafft worden ist. Das will ich nur sagen. Es gilt hier ganz normales
allgemeines Verwaltungsrecht.
Herr
Karl-Sax
Deutschland e. V.:
Feddersen,
Vorstandsmitglied
Kunsthändlerverband
Dann kann ich nur hoffen, dass wir nicht allzu häufig wegen Untätigkeit klagen
müssen, denn drei Monate sind im Grunde genommen für den Handel schon zu viel.
Wir können wirklich nur hoffen, dass dann die Länder auch Ihre…
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
…wir haben eben von angeblichen Verfahrenszeiten von drei Jahren in Italien
gehört. Ich glaube nicht, dass wir hier in Deutschland solche angeblichen
italienischen Verhältnisse haben. Das möchte ich…
Herr
Karl-Sax
Deutschland e. V.:
Feddersen,
Vorstandsmitglied
Kunsthändlerverband
…dann haben wir auch wie in Italien bald keinen Kunsthandel mehr in Deutschland.
Herr Prof. Dr. Eckart Köhne, Präsident Deutscher Museumsbund e. V.:
Wir sind sehr dankbar für das Vertrauen, das in die Museen gesetzt wird, und der
Vorschlag dieser allgemeinen Leihverkehrsausfuhrgenehmigung, den begrüßen wir
sehr, wie wir auch das gesamte Verfahren sehr begrüßen. Auch wir, da kann ich
mich nur anschließen, sind eher bei den Kategorien als bei den Listen. Wobei im
27
Dialog mit den Ländern vielleicht noch darauf hinzuweisen ist, dass die Länder seit
einigen Jahren in großer Zahl Kunstobjekten Werte zumessen. Also die
Wertermittlung in vielen Bundesländern wird im großen Umfang gerade betrieben. In
Hessen hat es das gegeben, in Baden-Württemberg hat es begonnen, auch die
Landschaftsverbände in Nordrhein-Westfalen machen das, d. h. da hat man eine
große Grundlage im Umgang mit diesen Objekten und in der Wertermittlung selber
und vielleicht kann man im Laufe des Verfahrens das einmal gegenkoppeln, denn ich
glaube, da könnte man ganz wichtige Hinweise gewinnen. Wir freuen uns auch
darüber, dass eben der Sammlungsbegriff zugrunde gelegt wird. Wir würden auch
empfehlen, dass wir da, da wir verschiedene Trägerschaftsformen haben, auch als
ein Kriterium mit bedenken, dass eben eine Sammlung als im öffentlichen Sinne
schützenswert zu sehen wäre, wenn in irgendeiner Form öffentliche Mittel
drinstecken, also auch Stiftungen, auch Beteiligung u. ä. Denn wir sehen da
eigentlich tatsächlich dann einen Besitz der Bürger drin, die das über Steuergelder
zusammengetragen haben. Noch eine kleine Anmerkung zum Schluss und am
Rande - die Schnelligkeit im Kunsthandel ist, glaube ich, das größte Problem, das
der Sorgfalt entgegensteht, und die drei Monate hätten wir manchmal gerne, um über
solche Dinge zu entscheiden.
Frau Dr. Dorothea Sommer, Deutscher Bibliotheksverband e.V.:
Ich wollte nochmal in Ergänzung zu den Ausführungen von Herrn Brintzinger ein,
zwei Gedanken hinzufügen, die im Prinzip nochmal die Definition von Kulturgut
betreffen. Wir verstehen ausdrücklich auch darunter die Dinge, die aus der
schriftlichen und gedruckten Überlieferung kommend in den Bibliotheken aufbewahrt
werden. Dies sind also nicht nur die unikalen Objekte, wie wir das bei Museen oder
bei Archivgut haben, sondern eben auch selten auftretende alte Drucke usw. oder
eben auch Sammlungen, wo sich praktisch der Zusammenhang und Wert des
einzelnen Objekts in der Sammlung manifestiert. Wenn Sie also Überlegungen für
weitere Kriterien für das Kategorienschema anstellen, würden wir empfehlen, den
Begriff der „Seltenheit“ einzuführen.
Herr Dieter Löhr, Rechtsanwalt und Justiziar, Bundesverband Deutscher
Kunstversteigerer:
In der einen Hinsicht, Herr Dr. Winands, möchte ich Ihnen doch widersprechen: wie
Sie das sehen mit dem Personal und der damit verbundenen Zeitdauer der
Überprüfungen. Aus meiner anwaltlichen Beratungspraxis für die Versteigerer erlebe
ich doch immer wieder, dass die Leute vor Ort, die das jetzt schon prüfen, sich sehr
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überfordert vorkommen. Ich frage die auch manchmal und sage, Sie haben das
abgelehnt, und Sie haben es zugelassen, wie machen Sie das eigentlich? Dann
sagen die „Ja das wissen wir auch fast nicht so richtig, aber wir holen uns natürlich
Rat ein bei Fachleuten.“ Das mag im Augenblick noch behelfsmäßig so funktionieren,
befriedigend ist es ohnedies nicht, weil das sind dann teilweise, die das zu
entscheiden haben, Kunsthistoriker oder Fachleute auf dem Gebiet der Kunst oder
aber auch reine Verwaltungsleute, die sich dann irgendwie die Kompetenz
anschleifen müssen, wo auch immer sie herkommt. Aber das wird in Zukunft doch
deutlich mehr. Gerade bei niedrigen oder gar nicht vorhandenen Wertgrenzen. Da
wird ohne jeden Zweifel ein weiterer Personalaufbau passieren müssen und es
müssen auch zusätzliche Schulungen durchgeführt werden, noch beim Zoll z. B.
Glauben Sie nicht auch, dass wir damit eine erheblich verstärkte Bürokratie
aufbauen, was im Übrigen gegen den immer wieder beschworenen Bürokratieabbau
steht, aber wir müssen dem wohl ins Auge sehen und bitten Sie, das wirklich im
Auge zu behalten, dass in der Praxis doch sehr viel personalintensiver gearbeitet
werden muss.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Aber Sie sehen ja, dass wir diesen Gesetzentwurf in großem Konsens mit allen
Bundesländern, auf die dann auch ein entsprechender Verwaltungsvollzug zukommt,
im Moment abstimmen. Ich glaube, dass die Frage des Verwaltungsvollzugs von
allen Beteiligten gesehen wird, und der Gesetzentwurf, um das nochmals zu
wiederholen, sieht hier auch Maßnahmen zur Entlastung vor. Ich habe Ihnen gesagt,
für den Leihverkehr der Museen wird es deutlich eine Entlastung beim
Verwaltungsvollzug geben. Hinsichtlich des Verwaltungsvollzugs ist auch zu
berücksichtigen, dass sich die Sensibilität für das gesamte Thema erhöht hat bei
allen Beteiligten. Sonst würden wir dieses Kulturgutschutzgesetz jetzt nicht
novellieren. Wenn die Sensibilität sich allgemein erhöht hat, so gilt dies natürlich
auch für alle Beteiligten im Verwaltungsvollzug. Ich habe ein großes Zutrauen zur
deutschen Verwaltung, sonst würde ich nicht für sie arbeiten. Herr Professor
Hanstein.
Herr Prof. Henrik Hanstein, Kunsthaus Lempertz Köln, Bundesverband
Deutscher Kunstversteigerer e. V.:
Ich spreche auch für den Bundesverband Deutscher Kunstversteigerer und war als
Präsident des Europäischen Versteigerer Verbandes an der EU-Richtlinie beratend
mit tätig. Wir haben in Deutschland dieses Enumerationsprinzip nicht umsonst, das
29
ist auch schon durchdacht gewesen, und es hat immer ein Dafür und Dagegen
gegeben, aber Sie dürfen Eines nicht vergessen: Wir konnten bis vor ein paar
Jahren, als es noch den Binnenmarkt gab, sehr gut an den
Mehrwertsteuerausgleichen immer erkennen, was importiert und exportiert worden
ist. Und alle Bundesregierungen hatten bisher an diesem Prinzip aus wohlüberlegten
Gründen festgehalten, weil wir weitaus mehr importiert haben als wir exportieren.
Deswegen ist die Frage: Schaden wir uns nicht unter Umständen mehr, als es der
Sache nützt? Sie sprachen eben dieses Landessachverständigenwesen zu diesen
Fragen an, da habe ich als Mitglied zweier dieser Ausschüsse sehr frustrierende
Erfahrungen gemacht, Herr Winands. Mehrfach Anregungen gegeben von wirklich
hoch bedeutenden Objekten aus dem Sachverständigenausschuss, die dann von
den Kultusministerien nicht umgesetzt werden, bis in die allerjüngste Vergangenheit.
Die Italiener überdenken übrigens ihre bisherige Regelung. Sie wissen, wie das
ihrem Markt geschadet hat, und sie bekommen in Italien diese Ausfuhrgenehmigung
in der Regel binnen 40 Tagen. Das ist auch durch eine Verordnung geregelt. Die
Italiener werden etwas großzügiger darin, was sie als national wertvolles Kulturgut
betrachten. Sie konzentrieren sich mehr auf die frühe italienische Malerei und auf das
Barock. Aber sie kümmern sich jetzt nicht mehr um Ägypten o.ä.. Unser
Enumerationsprinzip war nicht ganz so schlecht, wie es vielleicht jetzt dargestellt
worden ist. England ist für mich aber ein wichtiges Beispiel. Ein wichtiges Argument,
weil England der größte Kunsthandelsstandort innerhalb Europas ist. Aber die
Engländer haben ein sehr faires System. Eben klang es, Frau Grütters und Frau
Pfeiffer-Poensgen, so ein bisschen an, naja, die Preise sind dann immer zu hoch,
wenn es in London ist. Klar, das kann ich mir vorstellen, dass Sie das ärgert, aber
Sie müssten auf der anderen Seite natürlich auch die Eigentümer sehen. Die
Unterschutzstellung ist ein massiver Eingriff ins Eigentum, das durch Art. 14 GG
geschützt ist. Sie müssen dafür eigentlich eine faire Regelung finden. Wir haben im
jetzigen Gesetz eine angeblich faire Regelung, die ich nicht für ausreichend halte. Es
muss ein billiger Ausgleich dafür gezahlt werden. Billig heißt zu billigender, nicht
preiswerter, d. h. in Angemessenheit der Sozialpflichtigkeit des Eigentums etc. Wir
wissen alle, dass dieser Paragraph in dem bisherigen Gesetz wirklich nicht
zufriedenstellend geregelt ist. Die englische Regelung funktioniert sehr schnell und
sehr gut. Die Engländer sind sehr pragmatisch. Das macht die Zusammenarbeit mit
Ihnen in Europa so angenehm. Sie stellen in England einen Antrag, der binnen
weniger Wochen bearbeitet ist. Gibt er Ihnen die Genehmigung nicht, muss er in den
Kaufpreis eintreten. Damit ist quasi die Entschädigungsfrage wirklich fair geregelt.
Das finde ich, sollte für uns ein Vorbild sein. Ich möchte noch einen kleinen Hinweis
geben: Ich habe selbst an der Umsetzung der UNESCO-Konvention mitdiskutiert,
vielleicht erinnern sich einige noch. Wir haben natürlich nicht definitiv sagen können,
was ein herausragendes national wertvolles Kulturgut ist. Ich habe auch nicht die
30
Antworten darauf. Als Kunsthistoriker kann man das auch ehrlich gesagt nicht
generell beantworten, das wäre unfair. In der Archäologie kann eine Öllampe, die nur
20 Euro wert ist, trotzdem wertvoll sein, weil wir wissen, wo sie gefunden worden ist,
und wir daraus Schlüsse ziehen können. Siehe Teutoburger Wald. Aber wir brauchen
Untergrenzen. Ich will jetzt nicht sagen Bagatellgrenzen, das wäre nicht ganz das
Richtige, aber wir müssen uns auch an die anderen Verordnungen halten. Die
UNESCO hat das auch gewählt. Das europäische Kulturgüterschutzabkommen hat z.
B. gesagt: 50 Jahre oder 100 Jahre, über 150.000 Euro, Aquarelle 75.000 Euro, über
manche Nomenklaturen, da teile ich Ihre Meinung, kann man sich wirklich wundern,
warum die Fotographien und die Archivalien so und dann mal so sind. Aber auf die
lege ich großen Wert, weil wir damit auch wettbewerbsfähig sein müssen. Wir
müssen uns mit England messen. Wir müssen uns mit Belgien, den Beneluxländern
messen, die das sehr liberal handhaben und wichtige Kunsthandelsstandorte sind.
Also das ist für mich ein entscheidendes Kriterium. Ich wüsste kein besseres, aber
solange wir kein besseres haben, bitte ich daran festzuhalten, zumal wir schon ein
Fortschreiten der Zeit haben und eigentlich die Untergrenzen anpassen müssten.
Zum Schluss noch Eines: Sie sprachen einmal von 50 Jahren, Frau Grütters sprach
von 50 Jahren, von 100 Jahren. Ich meine, wenn Sie 50 Jahre nehmen, macht es für
mich keinen Sinn, ich wüsste nicht warum. Dann müssen Sie das zumindest ans
Urheberrecht (70 Jahre) anpassen, sonst müsste Gerhard Richter, wenn er seine
frühen Bilder ins Ausland schickt, eine Ausfuhrgenehmigung abholen.
Frau Dorothea Kathmann, Leiterin der Präsidialabteilung, Hauptverwaltung
Stiftung Preußischer Kulturbesitz:
Ich hätte auch kein Problem, die Richter-Werke jetzt schon unter einer
Ausfuhrgenehmigung zu sehen, weil national wertvoll werden sie heute schon
eingestuft. Ich hätte noch eine Nachfrage an Herrn Berger zu den Aspekten der
strafrechtlichen
Bestimmungen
hinsichtlich
einer
vielleicht
generellen
Substanzerhaltungspflicht gegenüber Eigentümern, ob wir die von Eigentümern
erwarten könnten, wenn Werke als national wertvolles Kulturgut eingestuft werden.
Eine Idee, die immer wieder auch bei uns in den internen Museumsdiskussionen
auftaucht, weil dieses Schutzprinzip des Kulturgutschutzgesetzes nach Eintragung in
Liste oder Einordnung in einer Kategorie alleine nicht immer unbedingt als sinnvoll
und ausreichend angesehen wird. Gibt es da eine Idee zu dem Gedanken, ich weiß
natürlich, Art. 14 wird sofort wieder eingewendet. Hier sitzen überwiegend auch
Juristen im Saal, aber es gibt nicht nur die Freiheit des Eigentümers, sondern auch
eine Art von Sozialbindung, die das Eigentum mit sich bringt.
31
Herr MinR Frithjof Berger, Referatsleiter K 42 bei der BKM:
Wir wollen diesen Straftatbestand einführen.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Wie der Straftatbestand genau zu formulieren ist, müssen wir uns noch im Rahmen
der weiteren Abstimmung genau anschauen, aber die Grundidee, die dahinter steckt,
ist, dass es natürlich keinen Sinn macht, nur den Abwanderungsschutz zu sehen,
gerade bei Kulturdenkmälern. Dass man sein Eigentum einfach, auch wenn es
national wertvoll ist, zerstören oder mutwillig vernachlässigen kann, das kann so
nicht sein. Normalerweise können Sie mit dem Ihnen gehörenden Kulturgut
anfangen, was sie wollen, das können Sie auch zerstören. Sie können Ihr Haus auch
abreißen, aber die Frage ist, ob man über ein national wertvolles Kulturgut
tatsächlich noch so dispositionsfähig ist. Das ist schwierig. Die Grundidee, die Herr
Bartella auch für den Städtetag aufgebracht hat, die müssen wir uns im weiteren
Gesetzgebungsverfahren anschauen. Aber entsprechende Bestimmungen müssen
mit Art. 14 Grundgesetz vereinbar sein.
Herr Dieter Löhr,
Deutschland e.V.:
Rechtsanwalt
und
Justiziar
Kunsthändlerverband
Da wir noch keinen Entwurf vorliegen haben, der uns bald angekündigt wird, sind wir
vielleicht ein bisschen sehr ungeduldig. Können Sie uns Eines schon verraten, rein
gesetzestechnisch, wie Sie das vor haben: Der Jurist ist es gewohnt, dass am
Anfang eines Gesetzes oder einer normativen Regelung Definitionen stehen und das
ist nicht nur bei uns so. Und das übertreiben z. B. die Amerikaner bis geradezu
manchmal ins Maßlose, dass dort 20 Seiten „definitions“ vorweglaufen, aber dann
hat man Klarheit über das sachliche Substrat, wie der Jurist sagt, mit dem wir uns
befassen. Frage hierzu: Aus der Diskussion des früheren Gesetzes erinnere ich
mich, bin ich das gewohnt, noch Begriffe zu haben wie „Kulturgut“, „national
bedeutsames Kulturgut“ oder „besonders bedeutsames Kulturgut“ oder auch
„kulturelles Erbe“. Sollen diese Begrifflichkeiten auch weiterhin auftauchen und gibt
es da eine Hierarchie in der Wertigkeit oder wird nunmehr von Kulturgut gesprochen
in dem künftigen Gesetz oder dem Gesetzesentwurf?
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Darf ich mal kurz ausholen, weil das eben auch anklang, dass wir den
Gesetzesentwurf noch nicht vorgelegt haben. Wir haben uns dafür entschieden, ein
32
relativ transparentes Verfahren durchzuführen. Wir haben erst in der letzten
Legislaturperiode den Bericht zum Kulturgütergesetz gemacht, in dem wir die
Schwachstellen aufgezeigt haben. Ein Bericht, der für eine Bundesregierung, möchte
ich sagen, sehr ungewöhnlich ist. Also dass eine Bundesregierung, wenn sie
unverändert geführt wird, wie diejenige, die die letzte Novelle gemacht hat, in einem
Bericht sagt, das Gesetz war untauglich, kennen Sie eigentlich aus keinem anderen
Bereich. Hier waren wir sehr offen. Wir haben uns entschieden, wir machen das
richtig offen und reden nicht Drumherum und sagen, “so ganz falsch war es nicht“,
sondern sagen, es war eben nicht erfolgreich. Genauso wie die EU-Richtlinie auch
nicht erfolgreich war. Das ist, glaube ich, für eine Regierung sehr ungewöhnlich.
Deshalb auch dieser damalige Bericht, der in aller Deutlichkeit die Schwachstellen
aufgezeigt hat. Das war die erste Phase. Wir sind dann in intensive Diskussionen mit
den Ländern gegangen, weil die Umsetzung nur mit den Ländern möglich ist. Die
Länder sind auch maßgeblich betroffen, weil das meiste Kulturgut in den Ländern
und nicht beim Bund ist. Deshalb führt BKM parallel schon seit längerer Zeit intensive
Diskussionen mit den Länderkollegen. Dann haben wir Sie, die betroffenen Verbände
und Einrichtungen zur Stellungnahme aufgefordert, anhand eines Papieres, aus dem
Sie schon in Kombination mit dem Bericht gesehen haben, wo die Reise hingeht. Wir
sind jetzt auch nicht hier, dass wir erklären, wir sagen Ihnen gar nicht, was wir
vorhaben, sondern haben durch den Bericht, aber auch in den Ihnen zugegangenen
Papieren, jetzt auch noch zur Anhörung, schon die Position, die Eckpfeiler, sehr
deutlich gemacht. Aber dann finde ich auch wichtig, dass ich Ihnen heute keinen
fertigen Gesetzentwurf präsentiere, der natürlich in der Mache ist. Wir wollen
vielmehr noch von Ihnen Anregungen bekommen. Es ist nicht so, dass wir sagen
können „hier ist schon alles in Stein gemeißelt“. Die Eckpunkte, die wir uns
vorstellen, die haben wir, aber wir sind noch nicht in allen Details durch. Dafür soll
diese heutige Veranstaltung dienen und wir sind auch immer noch bereit,
Anregungen aufzunehmen, die noch kommen. Und wir werden selbstverständlich
sehr intensiv all Ihre Stellungnahmen auswerten und jeden Hinweis auch wirklich
versuchen zu bewerten. Konkret zu Ihrer Frage: natürlich brauchen wir Definitionen.
Wir bewegen uns bei den Definitionen auch nicht im luftleeren Raum. Wir haben die
EU-Verordnung von 2009, wir haben die UNESCO-Konvention, wir haben Dinge, an
denen wir uns orientieren werden, und wir werden natürlich bei den
Begriffsbestimmungen daran arbeiten. Aber, das sage ich Ihnen auch, natürlich ist
das immer das Komplizierteste. Eine Definition einer öffentlichen Sammlung zum
Beispiel ist eben nicht ganz einfach. Nicht alles, was in der öffentlichen Sammlung
ist, ist auch Eigentum des Museums, es gibt auch Leihgaben. All dies muss natürlich
im Rahmen der Definition geregelt werden. In der Tat sind aber Definitionen nicht
immer einfach, und hier gibt es entscheidende Weichenstellungen und auch
33
intensive Diskussionen mit den Länderkollegen, mit denen wir uns abstimmen in
diesen Definitionsfragen.
Herr Dr. Michael Müller-Karpe, Forschungsinstitut für Archäologie, RömischGermanisches Zentralmuseum:
Mir hat sehr gut gefallen, was Herr Prof. Hanstein zu den Wertgrenzen gesagt hat. Er
erwähnte römische Lampen für 50 Euro im Handel, die einen immensen Wert haben
können, wenn wir die Fundumstände kennen. Er erwähnte die römischen Münzen
aus dem Teutoburger Wald, die uns ermöglicht haben, die Örtlichkeit der
Varusschlacht zu identifizieren. Das sind Münzen, die aus dem Kontext gerissen, bei
denen die Plünderer und Hehler die Herkunft verschweigen, die auf ebay unter
Umständen dann nur noch wenige Euro erbringen. Die hätten einen immensen Wert
oder haben einen immensen Wert dadurch, dass wir die Herkunft kennen. Mein
Vorschlag - kehren wir wieder zurück zu der ursprünglichen Konzeption des
Regierungsentwurfs von 2006, das Kulturgüterrückgabegesetz und nehmen eine
Wertgrenze Null für archäologische Objekte. Denn ein „Marktwert“ für Objekte, deren
Informationswert unermesslich ist, ist einfach nicht angemessen.
Frau Birgit Maria Sturm, Geschäftsführung des Bundesverbandes Deutscher
Galerien und Kunsthändler e.V. (BVDG):
Ich bin etwas sprachlos ob der Vorrede von Herrn Müller-Karpe. Wertgrenze Null ist
natürlich völliger Unsinn. Und auch die Dame dort hinten, die jetzt auch Gerhard
Richter auf die Liste des nationalen Kulturgutes setzen möchte, hat mich doch jetzt
einmal auf den Plan gerufen. Der Kunsthandel, insbesondere die Galerien, tragen
ganz wesentlich zum Kulturaustausch bei. Sie haben ihre kommerziellen Interessen,
aber sie sind immer ein elementarer Bestandteil des internationalen
Kulturaustauschs gewesen. Ich erinnere daran, dass deutsche Galerien diejenigen
gewesen sind, die international die Pop-Art und vor allen Dingen die Konzeptkunst
überhaupt erst hoffähig gemacht haben. Unsere große Befürchtung ist, dass, wenn
Kunstwerke, und wir haben einen äußerst dynamischen und regen Fluss an der
Notwendigkeit, an europäischen Kunstmessen teilzunehmen, wenn hier jeweils bei
diesen Veranstaltungen, wo natürlich exportiert werden muss, erst einmal die
einzelnen Objekte, die dann überhaupt keine Wertschwellen und Altersgrenzen mehr
haben sollten, angemeldet werden müssen bei irgendwelchen Behörden. Natürlich
muss der Handel etwas dynamischer agieren als so mancher Museumsdirektor oder
Beamter. Das muss man einfach verstehen: Kunsthandel ist ein dynamischer
Prozess. Es wird hier sehr viel getan für Bildende Künstler usw., und die privaten
34
Sammlungen landen früher oder später unter Umständen auch in den Museen. Ich
bitte doch darum, den Kunsthandel hier ernsthaft zu verschonen, wie es auch in dem
Diskussionspapier schwarz auf weiß steht. Wir befürchten eine ganz massive
Verbürokratisierung einer Branche, die an sich durchaus schützenswürdig ist und die
zur Kulturlandschaft, zum Kunstmarkt - Standort Europa, einen ganz entscheidenden
Beitrag leistet. Jetzt durch verminderte Wert- und Altersgrenzen potentiell jeden
zeitgenössischen Künstler, Uecker usw., hier unter den Verdacht zu stellen, wo wir
noch immense Produktivität haben, als national wertvoll einschätzen zu können - das
kann und darf nicht sein. Es ist ein Terminus gefallen, Seltenheit als Kriterium zu
nennen. Ich denke, man kann doch nationale Bedeutsamkeit von Objekten wirklich
nur exemplarisch anhand von einzelnen Objekten erst nach in Augenscheinnahme,
nach Analysen usw., überhaupt ins Feld setzen. Und nicht generell den Handel und
den Kulturverkehr, an dem wir hier einen ganz wesentlichen Anteil haben, massiv
behindern wollen. Vielen Dank.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Frau Sturm, ich habe eine Nachfrage: Wir orientieren uns bei diesen Kategorien an
der EU-Verordnung von 2009. Dort sind Wert- und Altersgrenzen aufgelistet. Wenn
Sie diese jetzt von Gemälden sehen: 150.000 € und 50 Jahre sind dort angegeben.
Damit leben auch die Galerien seit 2009. Jetzt sage ich noch einmal zu den
archäologischen Gegenständen: Nach der EU-Verordnung gibt es, sofern diese aus
Grabungen stammen und älter als 100 Jahre sind, auch jetzt schon die Wertgrenze
Null bei Ausfuhren nach EU-Drittstaaten. Ich stelle fest, auch damit konnte man
bislang zurechtkommen. Der Kunsthandel lebt ja nicht mehr alleine von Europa,
sondern von weltweiten Zusammenhängen, etwa einem neuen Markt in Asien, und
da hat es bislang mit der bereits bestehenden Genehmigungspflicht für Ausfuhren
funktioniert. Ich will jetzt nur die Frage stellen, das ist mir wichtig: Kann der
Kunsthandel mit solchen Wertgrenzen, wie sie die EU-Verordnung vorsieht, auch im
EU-Binnenmarkt klarkommen? Wir werden uns, das hören Sie heraus, an diesen
bestehenden Wert- und Altersgrenzen für die Ausfuhren nach Drittstaaten auch für
die Ausfuhr im EU-Binnenmarkt orientieren müssen und es spricht viel dafür, diese,
das zeigt auch die heutige Erörterung, im Grundsatz - evtl. mit Anpassungen der seit
1993 geltenden Werte - zu übernehmen. Ich sehe im Übrigen, dass in Ländern wie
der Schweiz, die jetzt ein restriktiveres Recht geschaffen haben, der Kunsthandel
davon, das hat Frau Staatsministerin Grütters ausgeführt, profitiert hat. Ich glaube,
dass es für den Kunsthandel von Vorteil ist, wenn man wie dort auch in Deutschland
das Gefühl hat, dass es ein Kunsthandel ist, in dem die rechtlichen Regelungen zum
Schutz von Kulturgut gut sind. Verstehen Sie, uns geht es wirklich nicht darum,
gegen den Kunsthandel oder gegen die Galerien zu agieren. Im Gegenteil, sie sind
35
ein Teil unserer Kultur und wir brauchen sie, aber die Frage ist doch, wenn Sie auch
die weltweite Diskussion über Raubgrabungen sehen, ob es nicht für den deutschen
Kunsthandel gut ist, ein solches gutes Kulturgutschutzgesetz zu haben.
Frau Birgit Maria Sturm, Geschäftsführung des Bundesverbandes Deutscher
Galerien und Kunsthändler e.V. (BVDG):
Ich möchte ganz kurz darauf antworten, was die Schweiz betrifft. Das Modell
Schweiz - wir wissen doch alle, dass die Schweiz enorme Marktvorteile hat
gegenüber dem deutschen Kunsthandel. Drei Punkte: die Schweiz hat einen extrem
niedrigen Mehrwertsteuersatz. Unserer ist nun gerade massiv angehoben worden,
wie Sie wissen. Die Schweiz kennt kein Folgerecht. Ein Phänomen, durch das der
Kunsthandel Jahrzehnte, bevor das Folgerecht massiv in allen anderen
europäischen Ländern eingeführt worden ist, zu leiden hatte, und die Schweiz kennt
auch keine Künstlersozialabgabe. Die Schweiz hat in jeder Hinsicht gegenüber dem
deutschen Kunstmarkt enorme Vorteile. Sie ist der schärfste Mitbewerber, dem wir
kaum noch standhalten können. Insofern ist die Schweiz ein Vorbild, natürlich wird
dort im großen Umfang Kunsthandel betrieben. Nun kommt hinzu, dass durch die
Belastungen, die wir hier in Deutschland haben, eine gewisse tektonische
Verschiebung von Aktivitäten über die Schweiz in andere Länder hinaus spürbar ist.
Der
deutsche
Kunsthandel
schmilzt
sukzessive
durch
die
ganzen
Belastungsfaktoren, die wir hier haben, ab. Das kann auch nachgewiesen werden.
Das Vorbild Schweiz ist für uns ein Vorbild als ein Gebilde, das marktstark ist, und da
würden wir mit dem deutschen Kunsthandel auch gerne wieder hinkommen.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Nur eine letzte Anmerkung von mir: In der Schweiz hat es eine Diskussion auch mit
dem Kunsthandel gegeben, als das Schweizer Recht geändert worden ist. Der
Kunsthandel hat dort immer vorhergesagt, „jetzt bricht alles in der Schweiz
zusammen“. Die Diskussionen waren seinerzeit in der Schweiz sehr hart geführt
worden. Die Befürchtung des Schweizer Kunsthandels ist nicht eingetreten, im
Gegenteil, wobei es dort auch vielleicht, da gebe ich Ihnen Recht, ein anderes
Umfeld gibt. Aber auf ihrem Niveau, von dem der Schweizer Kunsthandel dachte,
einzubrechen, ist nichts passiert, sondern im Gegenteil, der Kunsthandel hat
zugelegt. Auf dem schon sehr hohen Niveau.
36
Herr Dr. Hubert Lanz, Verband der deutschen Münzenhändler e.V.
Ich komme mir vor, als wäre ich auf einer falschen Veranstaltung. Die erste
Richtlinienumsetzung von 1993 erfolgte 1998 als letztes Gesetz der Ära Kohl, und
nicht erst 2009. An der Listenregelung war der Herr Prof. Fechner, der irgendwo da
sitzt im Publikum oder ist er irgendwo, und ich beteiligt, und andere auch und das
wurde wirklich 1998 im Kontext aller Parteien, ist es auch durch den Bundesrat
gegangen, d. h. die Listenregelung ist wesentlich älter, Jahrzehnte. Damals schon
hatte man Verfassungsbedenken mit der nachträglichen Eintragung. Die
nachträgliche Eintragung können Sie auch in Deutschland jederzeit legal machen,
dass Sie sagen: okay, ein Kulturgut, das jetzt in England am Markt ist, das trage ich
innerhalb der Jahresfrist, die jetzt auf drei Jahre erhöht werden soll, was unmöglich
ist, in ein deutsches Kulturgutlistenprinzip ein. Das geht ja theoretisch. Nur zu sagen,
die Listenregelung war schlecht, weil es zu keiner Rückgabe geführt hat von
irgendwelchen kleinen Münzen, also ich meine… Ich hatte vor kurzem eine
Sammlung versteigert. Der Mann hat in den 30er-Jahren bulgarisches Mittelalter
gesammelt, da kam die Kripo zu mir und wollte wissen, wo die her sind. Das geht die
Kripo nichts an, was der Sammler in den 30er-Jahren gekauft hat und das muss ich
einmal ganz klar sagen, ich habe hier eine Exportgenehmigung aus Spanien für ein
Stück, das kostet 168 Euro auf Vierfarbendruck. Und das habe ich auch für Stücke
für einen Wert von 15 Euro. Wenn Sie das für Deutschland wollen, dann bricht die
ganze Kulturverwaltung zusammen, weil sie das nicht darstellen können. Das geht
zentralistisch an eine Zentralstelle in Madrid, die dann gratis in Vierfarbendruck
Exportgenehmigungen für Objekte von 15 Euro erstellt. Das ist totaler bürokratischer
Wahnsinn. Danke.
Frau Prof. Dr. Kerstin Odendahl, Geschäftsführende Direktorin des WalterSchücking-Instituts, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel:
Ganz kurz: Mir ist bei zahlreichen Wortmeldungen aufgefallen, dass es offenbar ein
Missverständnis gibt, was zu einigen Irritationen führt. Man muss unterscheiden
zwischen der Ausfuhrgenehmigungspflicht und der Eintragung als national wertvolles
Kulturgut. Wenn wir ein Kategorienprinzip für eine Ausfuhrgenehmigungspflicht
einführen, soll das noch lange nicht heißen, dass alles das, was unter die
Ausfuhrgenehmigungspflicht fällt, automatisch national deutsches wertvolles
Kulturgut ist, das nicht ausgeführt werden darf. Die Ausfuhrgenehmigungspflicht
ermöglicht lediglich eine Prüfung. Nur wenn der Gegenstand dann als ein national
wertvolles Kulturgut eingestuft wird, wird die Ausfuhrgenehmigung versagt. Wenn wir
das Kategorienprinzip einführen, bedeutet es also nicht, dass es nicht mehr möglich
sein wird, alle die Gegenstände, die unter die Kategorien fallen, ins Ausland zu
37
exportieren. Wenn wir dann für die Ausfuhrgenehmigungspflicht das Modell nehmen,
das wir jetzt schon kennen über die Verordnung von 2009, die unmittelbar
anwendbar ist und für Ausfuhren in Drittstaaten gilt, und dieses Modell übertragen
auf Ausfuhren in Mitgliedsländer der EU, ist das ein ganz einfaches Prinzip. Es wird
bereits praktiziert und wird einfach nur auf andere Länder übertragen. Ich habe den
Eindruck, dass viele Befürchtungen hier im Raum unbegründet sind.
Herr Prof. Dr. Kurt Siehr, Max-Planck-Institut für ausländisches und Privatrecht
Hamburg:
Nur als Information zu dem Kulturgütertransfergesetz der Schweiz, an dem ich selber
mitgearbeitet habe. Die Situation in der Schweiz war vor dem Gesetz genauso, wie
Sie sagen. Da waren auch schon praktisch kein Folgerecht, keine Sozialabgaben
usw., keine Mehrwertsteuer, d. h. die Sache hat sich durch das
Kulturgütertransfergesetz nicht geändert oder zum Besseren, d. h. diese Situation,
die sie geschildert haben, bestand schon vor der Implementierung der UNESCOKonvention. Den zweiten Punkt, ich stimme vollkommen Herrn Müller-Karpe zu, man
muss für archäologische Gegenstände andere Regeln haben. Das heißt bei der
Archäologie geht es um ganz andere Dinge und wir haben es schon irgendwie im
geltenden Recht, wobei wir keine Wertgrenze haben. Man muss also dann innerhalb
des Kulturgutes maßgeblich unterscheiden, was will man nun? Will man ein Archiv
schützen oder irgendwie ein Kulturgut oder ein modernes Gemälde oder
archäologische Gegenstände? Dankeschön.
Frau Dr. Astrid Müller-Katzenburg, Rechtsanwältin, International Association of
Dealers in Ancient Art (IADAA):
Es sind viele Sachen gesagt worden, die ganz richtig sind. Und dass in dem Gesetz
einiges geändert werden soll, da besteht auch Einigkeit drüber. Nur man kann
tatsächlich sagen: Dass gerade die Sachen in öffentlichem Eigentum und in den
öffentlichen Sammlungen besser geschützt werden sollen und auch können, das ist
auch gar nicht so die Frage. Das ist sinnvoll, das zu machen. Und dass wir die
Objekte, wie meinetwegen das Evangeliar Heinrich des VIII, dass insofern viele
wollen und auch Gründe dafür haben, dass das in Deutschland ist, da spricht vieles
dafür. Die Kulturstiftung der Länder leistet hier hervorragende Arbeit. Nur wir sollten
auch mal fragen: Was wollen wir sonst? Wir wollen hier ein weltoffenes Deutschland
sein. Globalisierung heißt es überall. Selbst bei Sachen, die bei uns auf der Liste
standen als national wertvolles Kulturgut. Ich erinnere an die Waldseemüller-Karte.
Die ist weggegeben worden von der Bundesregierung selber. Ich habe die Rede,
38
was unsere Bundeskanzlerin in Washington gesagt hat, dazu: „Es gibt keinen
besseren Platz für die Waldseemüller-Karte als hier in Washington.“ Da kann man
anderer Meinung sein, also da würde ich gar nicht so weit gehen wie unsere
Bundeskanzlerin. Aber ich finde das doch schön, dass unsere Kulturgüter in andere
Länder gehen. Kulturgut ist doch ein wunderbarer diplomatischer Vertreter bzw.
Botschafter. Sowohl von unserer als auch von anderen Kulturen und Ländern.
Deshalb müssen wir vor allem fragen: Was wollen wir denn? Wollen wir tatsächlich
hier jetzt demnächst jeden Richter schützen? Nein, also das denke ich ganz
bestimmt nicht, sondern da muss ein pragmatischer Weg gewählt werden. Da sind
die Kategorien die im ersten Ansatz gebende Hilfe, dass man Wert bzw. Preis und
Alter als jedenfalls grobes Raster hat. Und danach kommen die zusätzlichen
Kriterien, die für die nationale Bindung wichtig sind. Das ist eben das wichtige. Es
geht ja nicht darum, dass wir jetzt unbedingt unsere Millionenwerte hier schützen,
sondern dass wir eben das „nationale Kulturgut“ schützen. Da kommen solche
Kriterien wie gerade Seltenheit. Die spielen dort eine ganz wichtige Rolle. Wenn ich
überhaupt keinen Richter mehr in Deutschland habe, Frau Kathmann, dann stimme
ich Ihnen zu. Aber wenn wir von seinen Werken oder anderen Objekten ganz viele
hier haben, und auch bei den 0-8-15-Öllämpchen, dann muss ich nicht den Export
verbieten, sondern im Gegenteil: Da bin ich ja froh, dass es von Richter überall in der
Welt Werke gibt. Danke.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Lassen Sie mich kurz anmerken, weil Sie konkret diese Waldseemüller-Karte
angesprochen haben: Es gab bislang, vielleicht als Zahl für Sie, vier Fälle, in denen
der Bund national geschütztes Kulturgut freigegeben hat. Der letzte Fall, den haben
Sie selbst geschildert. Das Kulturgut ist aber nicht nach China oder irgendwo
hingegangen, sondern in eine hervorragende Einrichtung in Washington, und das hat
etwas mit den deutsch-amerikanischen Beziehungen zu tun gehabt. Und das war
natürlich ein absoluter Sonderfall. Nun kann man sich streiten, ob man eine solche
Karte herausgibt oder nicht, aber das ist kein Fall, an dem ich das jetzt hochziehen
würde. Das war, glaube ich, eine im Interesse der Bundesrepublik Deutschland
getroffene Entscheidung. Diese hat übrigens nicht die derzeitige Bundeskanzlerin
getroffen; es war eine Entscheidung des früheren Kulturstaatsministers Naumann,
meiner Erinnerung nach Anfang 2000. Das war der letzte Fall übrigens, bei dem eine
solche Freigabeentscheidung getroffen wurde, und da diese Karte etwas mit Amerika
zu tun hat, und in die Bibliothek des US-Kongresses ging, kann man das vertreten.
Es gibt also bisher nur vier Fälle. Das wird auch weiterhin so bleiben, dass in
absoluten Ausnahmefällen national eingestuftes Kulturgut herausgegeben werden
kann. Da dies aber seit über zehn Jahren nicht mehr passiert ist und es bisher alles
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solche Sonderfälle waren, glaube ich, ist das keine zentrale Frage der anstehenden
Reform.
Herr Prof. Henrik Hanstein, Kunsthaus Lempertz Köln, Bundesverband
Deutscher Kunstversteigerer e. V.:
Ich wollte nur ergänzen, ich wollte nicht missverstanden werden mit der Öllampe
oder der Münze. Ich meine, wenn ich eine finde, und ich weiß wo ich sie finde, kann
sie von großer archäologischer Bedeutung sein. Wenn ich aber Tausende finde,
muss ich nicht die Tausenden auf ewige Zeiten blockieren, um das zu differenzieren,
Herr Müller-Karpe. Es wurde anfangs gesagt, die UNESCO-Konvention, das hat alles
nicht gezündet. Ich habe eine ganz andere Erfahrung als Versteigerer. Ich habe bei
Lempertz so etwa vor drei, vier Jahren kurz nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eine
chinesische Vase, wahrscheinlich aus kaiserlichem Besitz, an einen chinesischen
Käufer in New York verkauft. Interessanterweise hat der Großvater des Einlieferers
es bei den Boxeraufständen in Peking wohl mitgenommen. Der Käufer wird es
sicherlich eines Tages wieder in seine Heimat mit zurücknehmen. Chinesen kaufen
ihr Kulturgut zurück. Der Käufer wollte es nicht abnehmen ohne UNESCO-Papiere.
Das heißt, der Kunsthandel ist präventiv. Ich führe das gar nicht aus, wenn ich diese
Papiere nicht habe. Insofern wirkt die UNESCO-Konvention in meinen Augen, was
zumindest meinen bescheidenen Berufskreis betrifft, wirklich sehr effektiv. Der Kunde
sagt, ich nehme Ihnen das nicht ab, wenn ich nicht die Bescheinigung habe, aus
einem ganz einfachen Grunde. Er kriegt es aus USA nicht mehr raus. Als ich in New
York ankam, sagte der Zöllner: „Was haben Sie da?“ „Ja“, sagte ich, „einen
Kunstgegenstand.“ „Wie alt ist er? Mehr als 100 Jahre? Haben Sie etwas zu
verzollen?“, „Nö“. Sagt er: „Was ist das wert?“, „Sag ich Ihnen nicht“. Es gibt in New
York keine Einfuhrumsatzsteuer für Kunst. Es gibt in Amerika keine Mehrwertsteuer,
ich konnte das so mit reinnehmen und dann sagt er zum Schluss, um mich zu ärgern:
„Haben Sie UNESCO-Papiere?“, sag ich: „Ja, die habe ich.“ Da sehen Sie, wie das
wirkt, auch bezüglich Orient. Dass diese UNESCO-Konvention schon verdammt
interessant ist, weil sie wirkt international, und vergessen Sie bitte eines nicht, der
Kunstmarkt ist mittlerweile ein globaler Markt und das innerhalb der Europäischen
Union zu ändern ist nicht so einfach, weil die Binnengrenzen weg sind. Insofern sind
eigentlich die Außengrenzen wichtiger.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Sie haben schon eine gute Überleitung geschaffen zum nächsten Themenkomplex die Einfuhr von Kulturgut und auch die Überlegung, dass man dort verstärkt mit
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gültigen Dokumenten arbeiten muss, die die Provenienz darstellen. Ich sehe im
Moment keine Wortmeldung mehr. Wir würden uns dann freuen, wenn wir uns so um
zwei Uhr hier wiedertreffen. Vielen Dank.
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2. Themenblock:
Stärkung der Umsetzung der UNESCO-Konvention von 1970 durch Schaffung von
Einfuhrregelungen und Vereinfachung der Rückgaberegelungen hinsichtlich
unrechtmäßig verbrachten Kulturgutes und Maßnahmen gegen Raubgrabungen
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
So, ich glaube, wir sind wieder langsam vollzählig. Ich sehe auch, dass wir kaum
Teilnehmerverluste haben nach der Mittagspause, im Gegenteil, es ist noch Zuwachs
gekommen und deshalb vielen Dank für Ihr Interesse. Dies zeigt auch, wie wichtig
das Thema ist. Eben zum Abschluss des ersten Themenblocks kam schon die
UNESCO-Konvention ins Spiel, Herr Prof. Hanstein hatte sie schon angesprochen.
Mit dem neuen Einfuhrregime, das wir überlegen, geht es zum einen darum, die
UNESCO-Konvention von 1970 stärker mit Leben bei uns zu erfüllen. Und
gleichzeitig muss Deutschland, das wissen Sie auch, eine neue EU-Richtlinie
umsetzen von 2014, die sehr knappe Umsetzungsfristen hat. Nämlich bis zum 18.
Dezember 2015, und ein Teil davon ist sogar „self-executing“, das heißt, sie gilt ab
19. Dezember 2015. Wir haben also durchaus einen zeitlichen Druck. Frau Ministerin
Grütters hatte eingangs ebenfalls ausgeführt, dass wir eingestehen, dass das mit
dem Listenprinzip in § 14 Kulturgüterrückgabegesetz nicht sehr erfolgversprechend
gewesen ist. Genauso wie die alte EU-Richtlinie, nämlich Rückgabe: Null. Weil es
eben in den Ländern, die jetzt aktuell auch durch die Presse gehen, im Irak und
überall in Krisengebieten keine Listen in diesem Sinne gibt, an die man anknüpfen
kann. Wir wollen deshalb, und das hatten wir Ihnen auch so schon mitgeteilt,
anknüpfen an das, was die UNESCO-Konvention vorsieht, nämlich, dass jedes Land
Ausfuhrdokumente erstellen soll als Verpflichtung nach der UNESCO-Konvention.
Voraussetzung für die rechtmäßige Einfuhr von Kulturgütern soll daher künftig die
Beachtung der jeweiligen nationalen Ausfuhrschriften sein, und das wiederum wird
dokumentiert durch entsprechende Ausfuhrdokumente. Parallel dazu ist beabsichtigt,
ein Online-Verzeichnis aufzubauen, in dem für jedermann einsehbar erläutert wird,
wie das entsprechende Rechtsregime in den jeweiligen Ländern ist. Nehmen wir
einmal als Beispiel Australien. Es stellen sich dann die Fragen: Wie ist die
Ausfuhrbestimmung in Australien? Welche Ausfuhrdokumente brauche ich aus
Australien? Das kann man dann in einem solchen Verzeichnis einsehen. Wir
überlegen und erarbeiten dies gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt. Sie wissen,
dass das Auswärtige Amt Reisehinweise für jeden ausländischen Staat herausgibt;
wenn man beispielsweise Informationen über den Impfschutz in Australien erhalten
will, kann man das dort nachlesen. In den Reisehinweisen sollen künftig auch
Ausführungen zu den jeweiligen Kulturgutschutzbestimmungen zu finden sein, damit,
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was Frau Staatsministerin Grütters eben sagte, auch ein Tourist nicht einfach aus
Unkenntnis heraus sich plötzlich in der Situation befindet, dass er nach Deutschland
einreisen will und am Frankfurter Flughafen gesagt bekommt, dass er ein
mitgebrachtes Kulturgut nicht einführen darf. Wir wollen den Aufbau einer Datenbank
schon parallel zum Gesetzgebungsverfahren starten, damit diese vorliegt, sobald das
Gesetz in Kraft tritt. Das hilft dem Bürger auch heute schon, weil
Ausfuhrbeschränkungen und -verbote heute schon geltendes Recht in vielen
Herkunftsländern sind und man damit auch verhindert, dass der Bürger und auch der
Kunsthandel sich im Ausland strafbar machen, teilweise auch aus Unkenntnis des
ausländischen Rechts. Deshalb wollen wir diese Datenbank erstellen. Wir werden
dabei sicherlich auch mit der UNESCO zusammenarbeiten, weil es ja auch um die
Umsetzung der UNESCO-Konvention geht. Das als Einführung meinerseits. Ich
möchte jetzt auch nicht weiter allzu lange darüber reden und würde gerne einfach
Ihre Auffassung hören. Wenn wir also künftig vom Listenprinzip abgehen und
stattdessen darauf abstellen, dass die legale Einfuhr voraussetzt, dass jemand nicht
gegen die Ausfuhrvorschriften des jeweiligen Herkunftsstaates verstößt und
entsprechende Dokumente vorlegen kann, die zeigen, dass es sich um eine legale
Ausfuhr handelt.
Frau Dr. Verena Metze-Mangold, Präsidentin der Deutschen UNESCOKommission e.V.:
Herr Winands, ich bedanke mich sehr herzlich für die Einladung im Namen der
Deutschen UNESCO-Kommission und möchte darauf hinweisen, dass ich glaube,
dass die Novellierung des Kulturgüterschutzgesetzes in ein perfektes Zeitfenster fällt,
wenn wir es international betrachten. Denn auch die 1970er-Konvention, Sie haben
darauf hingewiesen, ist in einer Zeit entstanden, die es nicht erlaubte, damals eine
wirklich perfekte Konvention zu machen, wenn man das so sagen darf. Und die
UNESCO ist selber sehr intensiv dabei, jetzt gerade auch im Hinblick auf die 3.
Vertragsstaatenkonferenz, die im Mai 2015 stattfinden wird, wirksame
Umsetzungsverfahren zu entwickeln und damit das nachzuholen, was ursprünglich
tatsächlich nicht im Vordergrund stand. Umsetzungsverfahren lernen voneinander:
Wie ist es in bestimmten Staaten umgesetzt worden und wie geht man damit um.
In der Entstehungszeit der Konvention gab es auf der einen Seite sehr starke
Länder, die Kulturhandel betrieben, anderseits aber Staaten, aus denen Kulturgüter
ausgeführt wurden, wie Mexiko, Indien und andere. Und das macht deutlich, dass
manche Begriffsbestimmungen der Konvention extrem offen geblieben waren zu
diesem Zeitpunkt, und auch manche Zielsetzung. Das wird derzeit nachgeholt. Wie
im Bericht der Bundesregierung von 2013 bereits festgestellt wurde und wie auch in
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der UNESCO selbst in Generalkonferenzen, gerade der letzten beiden, deutlich
geworden ist, ist das Interesse der Staaten an Rückgabe einschlägiger Kulturgüter
weltweit erheblich gestiegen. Es ist also dauerhaft mit großer politischer
Aufmerksamkeit und weiteren Rückgabeanträgen zu rechnen. Nationale Kulturpolitik
unter heutigen Bedingungen hat somit weitreichende und auch unmittelbare
Konsequenzen für das, was wir „public diplomacy“ nennen, für unsere auswärtigen
Beziehungen, und nicht nur für den Handel. Diese neue Qualität der internationalen
und globalen Wechselwirkungen in dieser Welt verschränkt verschiedene Aspekte.
Ich komme noch drauf zurück. Sie haben die Objekt-ID für Kulturgüter erwähnt. Das
allerdings war bereits parallel zu der Konvention von 1970 auf den Weg gebracht
worden. Und wie die UNESCO in Kooperation mit Fachverbänden und auf der Basis
praktischer Erfahrungen lernen konnte, wurde sie auch weiterentwickelt. Besonders
im Licht der scharfen internationalen Kritik am deutschen Umsetzungssystem, auf die
auch Ihr Bericht eingeht, ist die Nutzung dieses international eingeführten und
akzeptierten UNESCO-Instruments sehr zu empfehlen. Aber ich denke, darüber gibt
es relativ wenig Disput. Zusätzliche Maßnahmen sind notwendig. Auch das haben
Sie bereits angesprochen. Wir leben in einer Zeit, in der alleine durch den
Internethandel die Bedingungen für den Handel sich konstant verändern, und dieser
Handel hat sehr unterschiedliche Strategien. Das heißt, wir müssen tatsächlich von
Fortbildung auch im Hinblick auf diese neue Situation ausgehen. Es gibt natürlich
Parallelen in der UNESCO, auch in unseren Debatten zu dem, was wir Artenschutz
und Artenvielfalt nennen, und was wir in diesem Zusammenhang diskutieren.
Ich denke, um es etwas abzukürzen: Wir brauchen auch breitenwirksame
Kampagnen, darauf haben Sie eben hingewiesen. Etwa durch Reisehinweise - was
darf nicht ausgeführt werden? Ein Beispiel aus der Praxis ist, dass die
Elefantenstoßzähne tatsächlich inzwischen Sensibilisierungen in Sachen Artenvielfalt
hervorgerufen haben. Das Problem ist zwar immer noch nicht behoben, aber die
Fälle werden etwas weniger.
Das wirksame Unterbinden illegaler Kulturgütertransfers erfordert aus unserer Sicht
das Zusammenwirken privater und öffentlicher Akteure. Das ist in UNESCO-Briefings
enthalten mit den klaren Hinweisen, dass etwa zahlreiche Privatsammlungen zu
hohem Prozentsatz Kulturgüter unbekannter Herkunft enthalten, beispielsweise 62
Prozent der in den 90er Jahren ausgestellten Objekte der Ortiz-Sammlung. Für
Deutschland liegen nach unserer Kenntnis dazu keine Schätzwerte und keine
Trenddaten vor. Es scheint uns sehr sinnvoll zu sein, im Zuge dieser GesetzesNovellierung hier zumindest zur Einschätzung der relevanten Größenordnung in
Deutschland zu kommen. Wir befinden uns in einem Zeitalter der stärkeren Zunahme
ethischer Standards, gerade auch bei Handelsvorgängen. Das kann sowohl vom
Fachhandel, als auch von Sammlern und Privatkunden erwartet werden, beim
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Erwerb von Kulturgütern tatsächlich von vergleichbaren Standards auszugehen. Ich
denke, es ist sehr klar geworden, auch am Schweizer Beispiel - dort ist es von
Vorteil, zumindest im Hinblick auf die Reputation. Und Reputation kann man nicht
kaufen, man muss sie sich erwerben, wie wir wissen. Im April 2014 veröffentlichte
UNESCO eine umfassende Evaluation aller Kultur-Konventionen, auf die ich gerne
noch hinweisen möchte. Bei der 70er Konvention ging es um die Übernahme von
Bestimmungen der Konvention in die nationale Gesetzgebung. 11 der 28
ausgesprochenen Empfehlungen richten sich direkt an Vertragsstaaten, also auch an
Deutschland. Ich denke, es ist erfreulich, dass wir in diesem Novellierungsprozess
diese Erkenntnisse umsetzen können. Ich möchte noch einen Wunsch äußern, der
vielleicht nicht unmittelbar in diese Beratung und Anhörung fällt, aber es ist, glaube
ich, notwendig darauf hinzuweisen, dass aus Sicht der UNESCO erneut eine
gründliche Prüfung einer Ratifizierung der UNIDROIT-Konvention von 1995 durch
Deutschland notwendig, und aus unserer Sicht sehr sinnvoll wäre, damit die Umkehr
der Beweislastregelung möglich wird. Herzlichen Dank für Ihre Geduld.
Herr Prof. Dr. Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer
Kulturbesitz, Präsident des Deutschen Verbandes für Archäologie e.V.:
Vielen Dank. Ich möchte im Namen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sprechen,
aber auch im Namen des Deutschen Verbandes für Archäologie, dem ich ebenfalls
vorsitze, und möchte Ihnen und Ihrem Haus, Herr Winands, danken für diese
Initiative. Ich glaube, das ist genau der richtige Weg, es wird höchste Zeit. Ich war
gerade mit einigen anderen Kollegen, auch aus Deutschland, in der vergangenen
Woche in London, wo eine Konferenz stattfand, die auf der Kulturgüterschutztagung
aufbaute, die wir als Stiftung Preußischer Kulturbesitz gemeinsam mit dem
Deutschen Archäologischen Institut und dem DVA gemeinsam mit dem Auswärtigen
Amt und BKM im Dezember 2014 im Auswärtigen Amt veranstaltet haben. Und da ist
spürbar, man schaut schon sehr auf Deutschland, das Ansehen Deutschlands als
Kulturnation. Bei diesen unfassbaren Dingen, die jetzt im Nahen Osten geschehen,
geht es neben der humanitären Katastrophe vor allem um den Kulturgüterschutz.
Und ich glaube, wir sind uns hier alle einig, dass das Listenprinzip nicht effizient ist.
Es kam zu keiner Rückgabe von illegal verbrachtem Kulturgut. Insofern ist der klare
Herkunftsnachweis und die Ausfuhrgenehmigung aus dem Ursprungsland ganz
entscheidend. Vieles kommt, bei aller Übereinstimmung, dann auch auf die
Formulierungen ganz konkret im Detail an. Es ist ganz essentiell, und es wird
höchste Zeit, dass wir diesen Weg einschlagen. Darüber hinaus muss es unseres
Erachtens auch begleitet werden von weiteren Maßnahmen. Sie, Herr Winands,
haben ja schon eine angesprochen - die Information über das Auswärtige Amt
hinsichtlich der Ausfuhrbestimmungen. Nicht nur der deutsche Zoll ist hier gefragt,
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wenn ein Reisender hier in Frankfurt am Flughafen ankommt und was dabei hat, was
er nicht mitnehmen soll. Wir müssen schon erreichen, dass es vor Ort erst gar nicht
gekauft wird. Dem Verkäufer vor Ort, dem illegalen Antikenhändler, den
Raubgräbern, ist es relativ egal, ob der Käufer es nach Deutschland einführen kann
oder nicht. Diese Art, die wir auch „awareness raising“ oder Bewusstseinsbildung
nennen, ist auf allen verschiedenen Feldern ganz wichtig und es geht nur im
Zusammenwirken zwischen den zuständigen Ministerien, der Community und uns.
Weitere wichtige Punkte sind dann auch umfängliche Beschlagnahmemöglichkeiten,
wenn es zu entsprechenden Feststellungen kommt, und Rückgaberegelungen, die
dann auch wirkungsvoll eingreifen. Ich glaube, das sind zumindest zwei Punkte, die
ganz essentiell sind und über die Sorgfaltspflichten hinausgehen. Sie sind eng mit
Selbstverpflichtungen verbunden, darüber reden wir ja später noch einmal. Es gibt
erfreuliche Beispiele von Ebay und es muss doch letztlich unser aller Ziel sein, dass
Deutschland auch als Kunsthandelsstandort hier wirklich einen Ruf zu verteidigen
hat. Ich glaube, das was im Nahen Osten jetzt so akut geworden ist, geschieht seit
Jahrzehnten weltweit. Ich war kürzlich in Lateinamerika. Was man dort sieht, ist
einfach unfassbar, und schon seit Jahrzehnten. Wir gehen in Deutschland nicht mal
so sehr als Vorbild voran, aber sollten wenigstens dem folgen, was andere Länder
der restlichen Welt schon auf den Weg gebracht haben. Vielen Dank.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Vielen Dank. Ich will nur zu dem eben Gesagten ein Beispiel anführen. Ich meine,
beim Elfenbeinhandel hat man doch gesehen, was Bewusstseinsbildung ausmacht.
Kein deutscher Tourist kauft heute bedenkenlos einen Stoßzahn oder Gegenstände
aus Elfenbein. Ich glaube, wir müssen beim Kulturgüterschutz tatsächlich
Bewusstsein bilden, was beim Artenschutz generell funktioniert hat, nämlich dass
potentielle Käufer vorsichtiger sind. Dies muss man auch im Kunst- und im
Kulturgutbereich schaffen. Ich glaube, es ist uns klar, dass wir viel gesetzlich regeln
können. Aber um diese Bewusstseinsbildung zu erreichen, müssen wir auch die
Datenbank und die darauf beruhenden Reisehinweise sehr schnell vorantreiben.
Frau Prof. Dr. Friederike Fless, Präsidentin des Deutschen Archäologischen
Instituts:
Zum einen ist die Abkehr vom Listenprinzip ausgesprochen wichtig. Vor allem, weil
sie verbunden ist mit der positiven Aussage, dass die Rechte der Herkunftsländer,
die durch ihre Gesetze definieren, was Kulturgut ist und was ausgeführt werden darf,
berücksichtigt werden. Das ist auch außenpolitisch sehr wichtig, weil viele Länder im
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Moment überhaupt nicht verstehen, warum Deutschland das nicht einfach anerkennt,
dass es da Ausfuhrverbote gibt. Damit ist allerdings auch ein kleines Problem
verbunden. Nämlich die Definition, wie Hermann Parzinger auch schon sagte, was ist
ein Herkunftsstaat genau? Wir wissen relativ gut, dass über Drittländer verhandelt
wird. Es geht also nicht um Deutschland als Drehscheibe oder Europa, sondern um
die Tatsache, dass man nationales Kulturgut unter Schutz stellt. In einzelnen
afrikanischen Ländern, wie auch woanders, wird das Kulturgut eines Nachbarlandes
mit einer Ausfuhrgenehmigung versehen. Das heißt, es muss schon etwas genauer
definiert sein, was man eigentlich an Informationen erwartet, und ich würde mich sehr
dafür aussprechen, dass klar sein muss, dass sich antike Kulturen, das wissen wir
alle, nicht an moderne Staatsgrenzen halten. Aber auch die Archäologie ist besser
geworden und kann mittlerweile relativ genau in vielen Bereichen eingrenzen, was
sehr charakteristische Kulturgüter sind. Dass man dort wirklich die originäre
Ausfuhrgenehmigung des wirklichen Herkunftslandes benötigt, und nicht erstmal nur
die von Drittländern ungesehen akzeptiert. Das ist gängige Praxis. Die andere Sache
ist, dass man vielleicht auch über die Art der Ansprüche, die man bei der Einfuhr
geltend macht, sprechen muss. Also mein Kollege sagte es heute Morgen noch
einmal: Bei Wurstwaren und Käse erlebt man es beim Zoll immer wieder, da werden
einem schnell die Dinge, die man gekauft hat, abgenommen. Man darf sogar die
Entsorgung bezahlen, wenn man Pech hat. Also man definiert ja in Deutschland sehr
häufig auch über die Art der Einfuhrbestimmungen, was erlaubt ist. In diesem Fall
sollte man auch ein bisschen stärker, als es in dem Entwurf ist, sagen, was sind
eigentlich die Mindeststandards? Was brauchen wir für eine Ausfuhrgenehmigung?
Reicht die in einer vielleicht auch nicht gerade leicht lesbaren Landessprache? Es
gibt ja ein paar Sprachen, die nicht so geläufig sind. Ich meine jetzt nicht Türkisch
oder Arabisch. Das geht ja noch, aber es gibt Sprachen, die sehr selten gesprochen
werden, reicht das dann? Welche Stellen autorisieren das eigentlich? Das ist vor
allem wichtig, weil es für den Verbraucher auch eine Sicherheit gibt, wenn er weiß,
was kann er eigentlich mit einem Zettel, den er dort bekommt, anfangen? Und
welche Qualität hat dieser dann? Klar, ich kaufe ausgesprochen gerne
Reproduktionen, mit Leidenschaft, und habe da auch schon komische Dinge, aber
das ist auch nicht immer ganz einfach, glaube ich, für einen Normal-Verbraucher, ein
Original und eine Reproduktion zu unterscheiden. Nicht überall wird es
reingestempelt. Sichtbar oder nicht. Überall kriegt man ein Zertifikat, dass es eine
Reproduktion ist. Und das ist eine wichtige Angelegenheit, denke ich, dass da klarer,
ganz scharf definiert wird. Ich würde mich auch noch einmal positiv aussprechen für
so etwas wie ein „Carnet de Passage“ für antike Objekte, oder auch die UNESCO-ID.
Dass sich mit der Zeit auch einfache Objektgeschichten bilden, die Sicherheit geben.
Wie beim Kfz-Brief, der einfach Sicherheit gibt, über den Weg, den Antiken
genommen haben, so dass auch klarer wird, was vor 2008 reingekommen ist und
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was danach. Danach braucht es im Grunde eine Ausfuhrgenehmigung und eine
Einfuhrbescheinigung. Nur woran erkenne ich dann als Käufer, und nicht als
Spezialist, wie ist es davor? Alles, was nichts hat, ist automatisch davor
reingekommen. Oder woran sehe ich das? Das kommt aber im Themenblock 3 noch.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Vielleicht nur dazu. Das ist natürlich klar. In der Umsetzung bestehen erhebliche
Schwierigkeiten, alleine schon zu dem letzten, was Sie sagten, zu den Daten. Wir
haben das gleiche Problem bei den EU-Verordnungen zu Syrien und dem Irak. Dort
haben wir eben keinen funktionierenden Staat. Wir haben in Libyen trauriger Weise
auch keinen richtig funktionierenden Staat. Wir haben in Jemen keinen richtig
funktionierenden Staat. Das ist generell die Schwierigkeit, wenn auf die Vorlage von
Ausfuhrdokumenten abgestellt wird. Aber wir müssen uns davor hüten, zu sagen, die
Neuregelung geht deshalb nicht. Umgekehrt muss argumentiert werden: in 90
Prozent der Fälle wird das mit den Dokumenten funktionieren, und in 10 Prozent wird
es Schwierigkeiten geben. Letzteres rechtfertigt aber nicht, das Grundprinzip in
Frage zu stellen, weil es im Detail immer Schwierigkeiten gibt. Es ist wichtig, sich um
die Lösung dieser Schwierigkeiten zu bemühen. Aber den Grundsatz gilt es zu
akzeptieren, dass gültige Ausfuhrdokumente benötigt werden. Wir müssen es
schaffen, diese 10 Prozent der schwierigen Fälle sachgerecht zu regeln. Wenn in
einem Staat Anarchie herrscht, also keine geordneten Verhältnisse mehr da sind,
dann steht jeder Kulturgutschutz vor einem fast unlösbaren Problem. Denken Sie
zurück an den Umgang der Nationalsozialisten in Deutschland mit der von ihm
diskreditierten „Entarteten Kunst“. Wenn ein Staat sich ausdrücklich seiner
Kulturgüter entledigt und sie verkauft, dann versagt jeder Kulturgutschutz. Also, es
gibt immer wieder diese Problemfälle.
Frau Dr. Astrid Müller-Katzenburg, Rechtsanwältin, International Association of
Dealers in Ancient Art (IADAA):
Also bei dem Punkt Bewusstseinsbildung, da bin ich, und da sind wahrscheinlich alle
hier im Saal, völlig bei Ihnen, dass das ein ganz wichtiger Punkt ist. Dass eben dafür
gesorgt wird, dass Kulturgüter und Kulturgüterschutz einen wichtigen Wert haben.
Sowohl hier, wie eben auch in den Herkunftsländern. Bei dem Punkt, der jetzt immer
wieder hier auftaucht, der auch in dem Bericht steht, nämlich dass Deutschland im
internationalen Vergleich weit hinterherhinkt, was unseren Kulturgüterschutz
anbelangt, bin ich ehrlich gesagt überhaupt nicht bei Ihnen. Und ich verstehe es auch
tatsächlich nicht. Ich verstehe nicht, warum die Bundesregierung sogar selber auch
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noch dauernd sagt: “Wir haben so ein schlechtes Gesetz gemacht“ und “Bei uns ist
die Regelung so schlecht.“ Was stimmt, ist, dass Deutschland spät die UNESCOKonvention ratifiziert hat. Das ist richtig. Das kann man Deutschland, je nachdem,
auch als Vorwurf machen. Aber ansonsten haben wir - wenn ich die Zahl richtig im
Kopf habe - bisher 127 Vertragsstaaten: Von denen hat noch nicht mal eine Handvoll
Staaten die UNESCO-Konvention auch umgesetzt. Und die UNESCO-Konvention,
das wissen Sie alle, jedenfalls Sie, die Juristen, das ist ein völkerrechtlicher Vertrag,
der nicht „self-executing“ ist. Das heißt, dafür dass er überhaupt wirksam ist in den
einzelnen Staaten, muss die UNESCO-Konvention von den Vertragsstaaten nicht nur
ratifiziert, sondern auch umgesetzt werden. Und wenn das nicht gemacht wird, kann
ein Staat - egal ob es jetzt Mexiko oder Griechenland, oder auch Deutschland ist,
wenn es demnächst sein eigenes nationales Kulturgut irgendwoher zurück
bekommen möchte - sich gar nicht auf innerstaatliche Regelungen der anderen
Vertragsstaaten stützen, und kann dann eben auch nicht ein Kulturgut zurück
verlangen. Und deswegen ist das, was hier immer wieder gesagt wird, dass es so
schwierig sei in Deutschland, etwas zurück zu klagen, nicht richtig. Dann nennen Sie
mir mal andere Länder, wo es einfacher ist! In anderen Staaten, wenn Sie etwa nach
England gehen oder wenn Sie nach Frankreich gehen, da gibt es keine Umsetzung.
Und das gibt es in den allermeisten Staaten nicht. Da gibt es genügend
Rechtsprechung - Urteile von ausländischen Gerichten, wo die Klagen von
vornherein abgelehnt worden sind. Mit dem Hinweis: Ja, die UNESCO-Konvention aber sie ist nicht umgesetzt worden. Und deswegen kann der ausländische Staat
gegen unsere Bürger keinen Anspruch stellen. Es gibt nur wenige Staaten, wo die
Konvention tatsächlich umgesetzt worden ist - in den Niederlanden zum Beispiel.
Und dort auch relativ ähnlich wie in Deutschland.
Die Schweiz, die Sie jetzt immer wieder als Vorbild bringen, hat ein gutes
Umsetzungsgesetz. Das stimmt, aber in der Praxis kommt dort auch so gut wie kein
Fall tatsächlich zum Tragen, weil die Schweiz das zusätzliche „Schlupfloch“ hat, dass
Sie, um dort klagen zu können, einen bilateralen Vertrag mit der Schweiz
geschlossen haben müssen. Das sind, ich glaube, 6 oder 7 Staaten. Das heißt, alle
anderen Staaten können von vornherein überhaupt keine Klage in der Schweiz
geltend machen. Und insofern ist das Fazit meines Erachtens: Es ist richtig, dass wir
Regelungen haben, die sind nicht perfekt, und dass in Deutschland geguckt wird, die
Regelungen möglichst gut zu machen, weil das Kulturgüter sind, die zu schützen
sind, das ist klar. Aber ich finde es völlig verfehlt, jetzt hier bei uns so richtig
selbstquälerisch zu bohren, dass bei uns alles so schrecklich ist. Wenn das Ziel ist:
Kulturgüterschutz, das Ziel: Stärkung der Umsetzung der UNESCO-Konvention,
dann sollte wirklich geguckt werden, dass die Verpflichtungen aus der UNESCOKonvention von den Vertragsstaaten auch tatsächlich erfüllt werden.
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Und übrigens: Das Listenprinzip steht in der UNESCO-Konvention. In der UNESCOKonvention steht in Artikel 5b, dass die Staaten solche Listen machen sollen. Dann
sollten die Herkunftsstaaten das auch machen. Und die Vertragsstaaten sollten die
Konvention auch umsetzen. Und es sollte wirklich insgesamt daran gearbeitet
werden.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Also, wir haben als Regierungsvertreter schon den Anspruch, uns bei der
Gesetzgebung an „best practice“ zu orientieren, und nicht an Staaten, die nach
unserer Einschätzung die UNESCO-Konvention nicht ordentlich umgesetzt haben.
Wir haben doch in Deutschland mittlerweile eine andere Haltung zu dem ganzen
Thema von Rückgaben entwickelt. Ich führe jetzt einmal das andere Beispiel aus der
NS-Zeit an, das Thema Raubkunst. In Deutschland hat es lange Zeit gebraucht, bis
das entsprechende Bewusstsein für den richtigen Umgang mit der NS-Raubkunst
entwickelt wurde. Da hat es der Washingtoner Erklärung bedurft, und auch noch 1012 Jahre nach Washington, um heute feststellen zu können, dass Deutschland hier
nunmehr durchaus grundsätzlich vorbildlich ist. Dies wird auch im Ausland so
gesehen. Selbst in Israel wird uns dies attestiert. Es hilft Deutschland außenpolitisch
ungemein, dass das ehemalige Täterland bei dem Thema NS-Raubkunst seit der
Washingtoner Konferenz von 1998 sehr sensibel geworden ist. Und es steht
Deutschland ganz gut an, sich beim Kulturgutschutz an dem „best practice“ von
Staaten wie Kanada und die Niederlande zu orientieren, und nicht an Ländern, die
vielleicht noch nicht so weit sind. Weil - und das sage ich gerade im Interesse des
Kunsthandels auch gegenüber dem Ausland erklären können, dass bei Verkäufen in
Deutschland entsprechend legitimierende Dokumente vorzulegen sind. Das hilft
Ihnen als Kunsthandel doch ebenso. Herr Hanstein hat es eben gesagt. Die Leute
sind verunsichert. Es kauft jemand nicht mehr ohne weiteres Antiquitäten und
Antiken ohne Herkunftsnachweis an. Man möchte doch als Käufer nicht, dass, wenn
man erworbene Kunstschätze seinen Freunden zu Hause zeigt, diese spekulieren,
ob jene aus Raubzügen in Syrien oder anderen Krisenstaaten stammen, und man
dem mangels Provenienznachweisen nichts entgegen setzen kann. Es ist für alle
Beteiligten hilfreich, wenn ein Käufer erklären kann, dass er Provenienznachweise
und Ausfuhrdokumente besitzt, auf die er sich verlassen kann. Dies vermittelt dem
Käufer vor allem auch die notwendige Sicherheit, dass er erworbene Kunstwerke
später weiter verkaufen oder ohne schlechtes Gewissen vererben kann. Eine klare,
nachgewiesene legale Provenienz ist wichtig für die Werthaltigkeit. Wenn
Deutschland künftig ein Kulturgutschutzregime hat, bei dem man sich auf Dokumente
verlassen kann, ist das der beste Ausweis, gerade auch für den deutschen
Kunsthandel. Weil ein Käufer sicher sein kann, ein wirklich werthaltiges Objekt
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erworben zu haben und nicht ein solches, bei dem er hinsichtlich der Herkunft
Unkenntnis oder Zweifel einräumen muss.
Frau Dr. Astrid Müller-Katzenburg, Rechtsanwältin, International Association of
Dealers in Ancient Art (IADAA):
Darf ich kurz darauf reagieren? Ich bin ja mit Ihnen durchaus einverstanden, dass wir
sagen: Wir wollen ein möglichst gutes Gesetz. Aber dann seien Sie doch auch
ehrlich und sagen Sie: Wir wollen ein möglichst gutes Gesetz, wir wollen hier
Vorbildfunktion. Wir wollen hier sozusagen als Musterschüler unsere Hausaufgaben
machen. Und sagen Sie doch nicht dauernd, wir handeln hier völkerrechtswidrig und
wir sind im internationalen Vergleich so hinterher! So steht das doch dauernd. So
sagte es Frau Grütters gerade eben: Dass wir uns nun weiß Gott „nicht als Pionier
hervorgetan haben“. So steht es auch in dem Bericht. Im Bericht steht ganz klar drin,
dass Deutschland vorgeworfen wird, sogar, dass es diplomatische Verwerfungen
gegeben habe, und dass Deutschland vorgeworfen werde, mit seiner Regelung nicht
völkerrechtskonform zu handeln. Und da ist ja ein Riesenunterschied: Dass Sie, dass
Deutschland, hier eine möglichst vorbildliche Regelung machen will - das ist das
eine. Aber das ist wirklich das eine Ende, während hier das die ganze Zeit so
dargestellt wird, als wäre Deutschland ganz weit hintenan, also am ganz anderen
Ende. Und das ist es überhaupt nicht. Sagen Sie mir eine Regelung bzw. ein Land,
wo im Moment der Kulturgüterschutz effizienter ist! Das ist auch nicht die Schweiz.
Dann machen Sie es wie in der Schweiz: In der Schweiz haben ausländische
Staaten noch viel weniger Möglichkeiten. Und deswegen haben wir - ich war ja bei
der Umsetzung, bei dem Gesetzesverfahren damals auch beteiligt, und da war es
gerade ein Anliegen Ihres Hauses, des Kulturstaatsministers damals, also des BKM,
dass die UNESCO-Konvention so gut wie möglich Punkt für Punkt umgesetzt wird.
Und da war auch die Frage: bilaterale Verträge? Die hat man nicht aufgenommen.
Da sind wir vorher auch ausdrücklich danach gefragt worden - da habe ich gesagt:
Das Erfordernis bilateraler Verträge ist für die Sicherstellung von Gegenseitigkeit
prima, aber es ist ein Hemmschuh für andere. Natürlich ist es ein Hemmschuh.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Ich meine, wir sollen hier jetzt nicht bilateral weiter machen. Ich wiederhole nur noch
einmal, wir haben selbst erkannt, dass die Einführung des Listenprinzips nicht
optimal war. Ich habe das ja eingangs ausgeführt: Wo gibt es dies, dass eine
Regierung ohne Einschränkung eingesteht, das war nicht richtig, was wir gemacht
haben. Und zwar auch mit breiter Zustimmung im Deutschen Bundestag. Ich glaube,
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das neue Kulturgutschutzgesetz wird in dem Punkt von allen Fraktionen mitgetragen.
Dies behaupte ich nach meinen Gesprächen, die ich geführt habe. Ich sehe
diesbezüglich überhaupt keinen Dissens. Alle sind sich einig, da muss sich etwas
verändern. Am Ende der letzten Legislaturperiode wurde der Bericht der
Bundesregierung zum Kulturgutschutz im Kulturausschuss des Deutschen
Bundestages beraten. Aus allen Fraktionen war zu hören gewesen: legt als
Regierung einen solchen Vorschlag vor, macht das jetzt. Und jetzt kann man darüber
streiten, ob wir in Deutschland wegen unserer bisherigen Gesetzgebung zum
Kulturschutz in Sack und Asche herumlaufen sollen. Ich habe nicht behauptet, dass
wir das tun müssen. Ich meine nur, wir sollten uns an „best practice“ orientieren und
intensiv prüfen, was die beste Lösung ist. Und ich bin lieber dann auch gerne ein
Musterschüler in einem so sensiblen Bereich, weil es Deutschland international nur
helfen kann.
Herr Dr. Michael Müller-Karpe, Forschungsinstitut für Archäologie, RömischGermanisches Zentralmuseum:
Frau Fless hat auf das Problem schon hingewiesen: Wie halten wir es mit
archäologischem Kulturgut, das bereits vor 2008 verbracht worden war? Es ist richtig
und wichtig, dass künftig der Handel mit archäologischen Kulturgütern nur noch dann
gestattet sein soll, wenn deren legale Herkunft nachgewiesen ist. Zum Beispiel durch
Exportlizenzen des Landes der Fundstelle, nicht eines Drittlandes, Landes der
Fundstelle. Meine Sorge ist nun, dass durch eine Stichtagsregelung dieses gute
Gesetz nicht nur ausgehebelt, sondern gewissermaßen pervertiert werden könnte.
Wenn durch eine Stichtagsregelung tatsächlich archäologisches Kulturgut, das vor
2008 geplündert und außer Landes geschafft wurde, von den künftigen Restriktionen
ausgenommen wird, und dadurch nicht de jure, aber de facto legalisiert würde, wäre
die Folge verheerend. Nicht nur für das Ansehen Deutschlands, sondern auch für
den Kulturgüterschutz. Denn damit würden Millionen von Raubgrabungsfunden, die
in der Vergangenheit nur illegal verschoben werden konnten und an denen kein
Eigentum verschafft werden konnte, de facto legalisiert. Damit würde in eine auch
verfassungsrechtlich bedenkliche Weise in die Eigentumsrechte der vielfach noch
unbekannten Herkunftsländer eingegriffen. Denn diesen Herkunftsländern würde
damit die Möglichkeit genommen, ihre Eigentumsrechte zum Schutz ihres
Kulturgutes auch wahrzunehmen. Deshalb meine Anregung, meine Bitte, sorgen Sie
dafür, dass dieser Zustand, diese Folge durch eine Stichtagsregelung nicht eintritt,
sondern dass wir ein generelles Handelsverbot für archäologische Funde
unbekannter, nicht nachgewiesen legaler Herkunft einführen, das dann auch
tatsächlich für alle, auch alle archäologischen Funde gilt.
52
Frau Prof. Dr. Kerstin Odendahl, Geschäftsführende Direktorin des WalterSchücking-Instituts, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel:
Dankeschön. Sie haben vor, eine Regelung zu treffen, wonach jedes Kulturgut, das
in die Bundesrepublik kommt, ein gültiges Ausfuhrdokument haben soll, damit man
weiß, dass alles in Ordnung ist. Gleichzeitig haben Sie ausgeführt, dass Sie damit
die UNESCO-Konvention von 1970 umsetzen. Bei zahlreichen Ihrer Beispiele ging es
aber gerade nicht um die UNESCO-Konvention, sondern um Kulturgüter, die aus
Krisen- und Kriegsgebieten ausgeführt werden. Solche Kulturgüter fallen jedoch nicht
unter die UNESCO-Konvention. Diese enthält dazu nur einen Artikel, der sich
allerdings auf die erzwungene Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut in Folge der
Besetzung eines Landes durch eine fremde Macht bezieht. Die eigentliche Regelung
zur Rückgabe von Kulturgütern aus den Krisengebieten Syrien, Irak und wie sie alle
heißen, ist entweder in den verschiedenen dazu ergangenen Verordnungen der EU
oder aber in dem ersten Haager Protokoll zur Haager Konvention, dem ja die
Bundesrepublik 1976 bereits beigetreten ist, zu suchen. Deshalb die Frage: Ist nicht
das, was sie vorhaben, mehr als nur die Umsetzung der UNESCO-Konvention von
1970? Ist es nicht gleichzeitig auch die Umsetzung dieser Verordnungen? Vielleicht
sogar die Umsetzung des ersten Haager Protokolls? Und wäre das vielleicht eine
Anregung, dass man deutlich reinschreibt, dass sich diese allgemeine Regelung zur
Notwendigkeit gültiger Ausfuhrdokumente auch auf Kulturgüter bezieht, die aus
solchen Krisenregionen und kriegsgeschütteten Gebieten ausgeführt worden sind?
Danke.
Herr Prof. Dr. Eckart Köhne, Präsident des Deutschen Museumsbundes e. V.:
Ich würde gerne noch einmal darauf eingehen, dass ja dieses Kulturgut, über das wir
sprechen, lange Laufzeiten hat. Gerade aus Sicht der Museen muss man ja
feststellen, dass viele Objekte eine Sammlungsgeschichte, eine eigenen Biografie
haben, die sich über wirklich Generationen, und teilweise Jahrhunderte erstreckt.
Und auch vor dem Hintergrund haben wir so ein bisschen Schwierigkeiten damit,
eben mit diesen Stichtagsregelungen umzugehen, die ja sehr kurze Fristen setzen.
Wir haben den Museen immer empfohlen, sich an 1970 zu halten. Dem Datum der
ersten Konvention, und wenn man schon über Stichtage spricht, würden wir es sehr
begrüßen, wenn man eher auf dieses Datum geht. Der zweite Punkt ist der, wenn
man eben über die Einfuhr nachdenkt, würden wir es auch sehr begrüßen,
tatsächlich, wie Sie gesagt haben, dass wir neben den Impfhinweisen in den
Herkunftsländern eben auch die Hinweise für die Ausfuhren finden. Denn das ist für
den Verbraucher, und jetzt sage ich mal die Museen sind da auch Verbraucher, ja
auch nicht immer nachvollziehbar. Das wäre also wirklich ein Schritt in die Richtung
53
Transparenz, dass man das auch überprüfen kann, was man ggf. von einem Anbieter
an Ausfuhrdokumenten auch bekommt. Der letzte Punkt, den ich jetzt ansprechen
würde, der betrifft den Fall, dass man eben über Strafverfolgungen Objekte dingfest
macht. Teilweise nach langen Zeiträumen. Das kann bei Museen durchaus länger
sein, als die 30jährige Verjährungsfrist, die wahrscheinlich nach einem Gesetzbuch
oder so gilt. Und da würden wir sehr drum bitten, dass man Kulturgut nationalen
Ranges, das man als gestohlen identifizieren kann, auch zurück erhalten kann für die
Nation, wenn es sich denn länger als 30 Jahre widerrechtlich in Besitz eines anderen
befindet.
Herr Gordian Weber, Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Galerien und
Kunsthändler e.V. (BVDG):
Ich wollte als Spezialist für klassische Archäologie, für Antike, kurz das Thema der
Sammlungsgeschichte zur Diskussion stellen, die ja jetzt immer wieder erwähnt wird.
Wie können wir, was zu begrüßen ist, den legalen Handel von dem Illegalen
unterscheiden. Der nachprüfbar hier in Deutschland existierende Markt für Antiken ist
seit Jahrzehnten vorhanden. Wie können wir den trennen und fördern? Und wie
können wir das alte Sammlungsmaterial erkennen und kategorisieren? Aus der
Praxis wissen wir, dass oft Dokumentationen zwar verloren gegangen sind, dass sie
durch alte Sockelungen aber nachweislich als Sammlungsstück, als alte vorhandene
Sammlungsstücke, als existent, angenommen werden können. Der Engländer sagt
„circumstantial evidence“, also der Umstände halber - alte Sammlungssockel können
Belege für die alte Herkunft des Objektes sein. Es ist sehr viel von diesem Material
auf dem Markt, das auch öffentlich gehandelt wird, das in den verschiedenen
Kunsthandelsnationen Frankreich, England etc. seit Jahrzehnten gehandelt wird und
auch dokumentiert ist, und deswegen werden wir uns natürlich gegen solche
Stichtagsregeln wehren. Es muss im Einzelfall entschieden werden, wie ein Objekt in
der Sammlung verankert wurde bzw. wie es skulpturhistorisch nachvollziehbar ist.
Wir als Kunsthändler widersetzen uns nicht, sondern ganz im Gegenteil, wir führen
diese Arbeit auch durch. Und ich bin gespannt auf die Diskussion in diesem Bereich.
Ich danke Ihnen.
Herr Ulrich Künker, Verband der deutschen Münzenhändler e.V.:
Ich habe das so verstanden: Die Einfuhr von Kulturgütern soll demnächst nur möglich
sein nach Deutschland bei Vorlage einer Ausfuhrgenehmigung. Das finde ich, hört
sich gut an. Und ich stimme Ihnen zu, Herr Dr. Winands. Bei 90 Prozent, ich kann die
Prozentzahl nicht abschätzen, aber ich denke, einem Großteil der gehandelten
54
Güter, da wird es möglich sein. Problem ist nur, was machen wir mit dem
verbleibenden, dem kleineren Anteil? Und da sehe ich für unseren Bereich, für den
Münzenhandel, wir sehen uns lückenlos dort angesiedelt, weil in vielen Fällen
einfach gar keine Ausfuhrgenehmigungen von anderen Staaten verlangt werden für
Münzen. Also wie kann ich etwas vorlegen, wenn ich eine Münze ausführe aus den
USA, aus der Schweiz? Ich bekomme keine Ausfuhrgenehmigung, weil es nicht
vorgesehen ist und ich sie gar nicht erst beantragen muss. Wie kann ich dann legal
einführen? Das ist tatsächlich ein Feld, wo ich sagen würde, es ist bisher noch nicht
angesprochen. Was mir sonst auffällt - das Thema Sammlungsgeschichte. Ich finde
das sehr dankbar, dass Herr Müller-Karpe das Thema eben aufgegriffen hat. Münzen
werden nachweislich seit 700 Jahren in Europa gesammelt. Und natürlich haben wir
viele Provenienzen nicht mehr. Ich stimme Ihnen zu, eine Provenienz zu haben ist
absolut förderlich für den Handel. Nur viele Dinge sind eben verloren gegangen Provenienznachweise. Daraus kann man aber natürlich nicht ableiten, dass das
Objekt illegal verbracht wurde. Ich danke Ihnen.
Herr Dieter Löhr,
Deutschland e.V.:
Rechtsanwalt
und
Justiziar
Kunsthändlerverband
Der Kunsthandel möchte die Gelegenheit nehmen, noch einmal zum wiederholtesten
Male, und diesmal besonders nachdrücklich, zu betonen, dass diese Vergleiche, die
immer wieder angestellt werden mit dem internationalen Drogenhandel,
Waffenhandel, meinetwegen sogar Prostitution, auf den Kunsthandel projiziert
werden. Und es wird behauptet, man stünde mit denen in einer Linie und die
Umsätze wären in etwa dem ähnlich. Das geht nicht. Denn es ist schon deswegen
wirklich unzulässig, weil sich nirgendwo ein Nachweis findet, und wir möchten Sie
wirklich eindrücklich, und da ich Kölner bin, auch herzlich darum bitten, davon doch
Abstand zu nehmen. Wir sind nicht in dieser Reihe, wir werden auch nicht in diese
Reihe treten. Und es stimmt doch nicht, und schon gar nicht gilt es für Antiken. Im
Zusammenhang mit problematischen Vergleichen steht auch einer unter mehreren in
dem Diskussionspapier, wenn da gesagt wird, bestehende Einfuhrregelungen, wie
sie beispielsweise für Lebens- und Genussmittel, für geschützte Tierarten oder
Gefahrengüter gelten, müssen daher um Einfuhrregelungen für Kulturgüter ergänzt
werden. Das passt nun wirklich absolut nicht zusammen. Schlagend ist das
nachzuweisen, an dem Beispiel Genussmittel/ Nahrungsmittel, Kulturgüter sind nicht
zum Verbrauch bestimmt. Und wir möchten eine solche Reihung, in der wir uns da
wieder finden, wirklich vermieden wissen. Sie würden uns damit einen großen Dienst
erweisen, auch in der öffentlichen Wahrnehmung, an der wir ja alle gemeinsam
zusammenarbeiten wollen. Wir haben in unserer Stellungnahme, der ursprünglichen,
betont, dass der Kunsthandel ja um Gottes Willen kein Gegner Ihrer Bemühungen ist,
55
und kein Gegner der Kulturpolitik ist, sondern Ihr Partner, und dann möchte der
Partner aber auch nicht öffentlich immer wieder diskreditiert werden. Und er wird ja
an allen Stellen, die man sich nur denken kann, leider übrigens auch offiziell auf der
Website des BKM, in diese Reihe gebracht von sehr problematischen
Zusammenhängen. Jetzt noch etwas Konstruktives: Herr Gordian Weber hat ja
darauf verwiesen, wie man Sammlungsbestände erfassen könnte, und hat die
zeitliche Komponente erwähnt. Es gibt aber im Rahmen der Sorgfaltspflicht, in
diesem Zusammenhang also Due Diligence, wie man Neudeutsch sagt, auch die
Frage, wie sich alter Sammlungsbestand definiert bzw. wie Objekte, die aus solchen
Beständen zum Verkauf angeboten werden und für die in der Regel keine Nachweise
mehr vorhanden sind, dingfest gemacht werden können. Und hier wird besonders
das Thema Herkunftsland, country of origin, bedeutsam. Also die Frage, aus welcher
Region diese Kulturgüter eigentlich stammen. Und da ist das Schweizer Modell
durchaus nachahmenswert, wo als Herkunftsland das Land der letzten Belegenheit
genannt wird. So etwas könnte man sich vorstellen als eine nicht sehr praktische,
weiterführende, aber immerhin wegweisende Bestimmung, auch bei uns, die in das
Gesetz aufgenommen werden könnte. Also der Ort der letzten Belegenheit.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Vielen Dank. Ich möchte etwas anmerken: Also, wir haben Sie als Kunsthandel nicht
in eine Schmuddelecke gestellt. Das hörte sich so ein bisschen an, als würden wir
den Kunsthandel gerne in eine Schmuddelecke bringen. Das haben wir nicht getan.
Aber die Wahrnehmung ist halt unterschiedlich, wie bei vielen Themen. Ich will
allerdings nur eines mal sagen, was ich vergleiche: Wir haben ein Problem beim
Antikenhandel. Die Bereitschaft zur Darstellung der Provenienz ist im Antikenhandel
noch nicht so ausgeprägt wie beim Handel mit Gemälden. Sie verkaufen heute kaum
noch ein Gemälde, ohne eine Provenienz darzulegen, und zwar nicht nur des letzten
Verkäufers, sondern Sie brauchen heute eine Provenienzgeschichte. Sonst ist ein
wertvolles Bild, das werden Sie mir alle bestätigen, heute nicht mehr wirklich
veräußerbar. Das heißt, das ist im Gemäldebereich mittlerweile relativ deutlich
geworden, dass Sie Provenienzen nachweisen müssen. Da ist es im Antikenbereich
noch nicht so weit, aber das öffentliche Bewusstsein hierfür wird kommen, und
deshalb ist es auch für den Antikenhandel wichtig, die gleiche Sorgfalt beim
Provenienznachweis anzulegen. Und es hilft Ihnen, dem seriösen gewerblichen
Kunsthandel. Wir hatten das hier eben gehört von den Ebay-Verkäufen. Es setzt Sie
geradezu ab davon. Sie haben eine große Chance, nämlich sich durch Seriosität
abzugrenzen von dem, was sonst künftig auch im Kunstbereich über den OnlineHandel laufen wird. Im Moment haben Sie im Kunsthandel noch nicht diese
Konkurrenz durch den Online-Handel wie bei anderen Kultursparten etwa im Film
56
oder in der Musik, oder aber auch im Buchhandel. Soweit ist es im Kunsthandel noch
nicht. Aber es nimmt ja eindeutig zu, der Handel über das Internet. Und da würde ich
Ihnen persönlich raten, dass lückenlose Provenienznachweise das Gütesiegel des
deutschen Kunsthandels sein sollten.
Herr Prof. Dr. Kurt Siehr, Max-Planck-Institut für
internationales Privatrecht Hamburg:
ausländisches
und
Etwas zu der Stichtagregelung, die Herr Müller-Karpe angesprochen hat: Ich möchte
das übersetzen, was er im Sinne hat. Er hat im Sinn eine Regelung, die ungefähr so
aussieht: Handel mit illegal exportiertem Kulturgut ist verboten. Das ist eine
Regelung, die gibt es schon. Die gibt es schon in einem Land, das ein großes Land
des Kunsthandels ist, nämlich in New York. In New York gibt es den National Stolen
Property Act. Das ist ein Bundesgesetz. Das Bundesgesetz sagt folgendes: Wer mit
Kulturgut handelt, das nachweislich gestohlen ist, macht sich strafbar. Dieses Gesetz
ist auch ausgedehnt worden auf ausländisches Kulturgut. Das heißt also, es gab
einen Prozess, und in diesem Prozess gegen Herrn Schulz war seinerzeit, glaube
ich, der Präsident der National Association of Dealers in Ancient, Oriental and
Primitive Art. Er musste ins Gefängnis, weil ihm nachgewiesen werden konnte, dass
er mit ägyptischem Kulturgut gehandelt hat, das illegal aus Ägypten entschwunden
war. Das heißt also, das ist das Anliegen von Herrn Müller-Karpe, und zwar nicht nur
heute, sondern schon immer. Und das muss erwogen werden, ob man das
annehmen will oder nicht. Aber das kann man eben nicht machen durch
irgendwelche Einfuhrbestimmungen und Ausfuhrbestimmungen, sondern das ist
etwas Zusätzliches. Das nur als Erläuterung, was er im Sinn hat.
Herr Prof. Dr. Matthias Weller, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,
Zivilverfahrensrecht und Internationales Privatrecht, EBS Universität für
Wirtschaft und Recht Wiesbaden:
Ich würde gerne zwei Punkte ansprechen: Zum einen geht es sozusagen um das
Ziel, das Sie definiert haben auf der Seite 6 des Diskussionspapiers, nämlich um eine
effektive Umsetzung der UNESCO-Konvention. In der Tat ist es nach meinem
Eindruck so, dass die Umsetzung, die wir derzeit haben, zwar eine Umsetzung ist,
aber eben keine effektive, so wie sie strukturiert ist. Man hat hier ein bisschen das
Gefühl nach einer verhindernden, sozusagen den Sinn und Zweck des Vertrages
verhindernden Umsetzung. Das ist jetzt ein bisschen pointiert, zugespitzt
ausgedrückt. Aber wenn der Vertrag eine europäische Richtlinie wäre, und wir das im
Deutschen Gesetz fänden, die deutsche Umsetzung, dann wäre ich mir nicht sicher,
57
ob der „effet utile“ eines solchen Instrumentes tatsächlich erreicht wäre. Also der
gegenwärtige Rechtszustand ist nach meinem Eindruck eher im kritischen Bereich,
was die völkervertragsrechtlichen Pflichten der Bundesrepublik anbelangt. Insofern
glaube ich, sind die Überlegungen auf einem richtigen Weg, dass hier sozusagen
nachgebessert werden muss. Der zweite Punkt ist ein ganz technischer, der betrifft,
wie die Umsetzung insgesamt, im deutschen Recht sozusagen, äußerlich strukturell
aussehen könnte. Eine Beobachtung aus dem Umsetzungsgesetz - jetzt ist das ja so,
dass zwei Instrumente in einem Gesetz umgesetzt werden. Nämlich die Richtlinie
zum einen, die UNESCO-Konvention zum anderen. Meine technische Anregung
wäre dazu ganz einfach, dass man beide Bereiche strikt trennt. Denn wenn es
Vorschriften gibt, im Umsetzungsgesetz, die auf beide Instrumente rekurrieren, es
dann aber doch inhaltliche Unterschiede gibt, dann müssten diese einheitlichen
Umsetzungsvorschriften im deutschen Recht gespalten ausgelegt werden. Und das
ist nun ein Rechtszustand, der in hohem Maße intransparent ist, so dass es sich wohl
empfehlen würde, jeweils die Umsetzungen zum jeweiligen Instrument auch
äußerlich formal zu trennen. Der deutsche Gesetzgeber hat verschiedentlich sehr
schlechte
Erfahrungen
damit
machen
müssen,
andere
europäische
Rechtsinstrumente in ein System der Umsetzung einzubringen. Ich erinnere nur an
die Schwierigkeiten bei der Systematisierung der Umsetzung von VerbraucherrechteRichtlinien. Das ist ein Weg, der problematisch ist, aus den genannten Gründen.
Deswegen die technische Anregung, nach Abschnitten zu trennen, und dann sich
auch im Zweifel einmal zu wiederholen. Das ist, meine ich, weniger schädlich, als die
Unübersichtlichkeit einer evtl. notwendigen gespaltenen Auslegung. Vielen Dank.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Aber die Umsetzung beider Instrumente, ich meine schon, können wir in ein Gesetz
vornehmen. Sie wollen es nur in den Abschnitten klarer.
Herr Prof. Dr. Matthias Weller, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht,
Zivilverfahrensrecht und Internationales Privatrecht, EBS Universität für
Wirtschaft und Recht Wiesbaden und Vorstandsmitglied des Deutschen
Instituts für Kunst und Recht in Heidelberg:
Selbstverständlich natürlich nur in einem äußerlichen Gesetz, aber sozusagen nach
Abschnitten getrennt, Kapitel.
Frau Dorothea Kathmann, Leiterin der Präsidialabteilung, Hauptverwaltung
Stiftung Preußischer Kulturbesitz:
58
Ich hätte einfach nur zum Mitdenken noch einmal zwei Nachfragen zu den
Stichtagsregelungen, die immer wieder angesprochen werden, und auch zu den
Verjährungsfristen. Meines Erachtens sind wir bei den Stichtagsregelungen immer in
der Zone des Rückwirkungsverbotes. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir sowas
hinkriegen, wie Herr Prof. Siehr gerade für den Staat New York dargelegt hat. Dazu
reicht mein deutsches juristisches Verständnis nicht. Wie man es juristisch hinkriegen
könnte, so dass wir von jetzt aus in die Zukunft gucken würden, und das mit einer
Rückwirkung, ist mir nicht einsichtig. Und zu den Verjährungsfristen. Wenn ich diese
Vorgaben aus Ihren Überlegungen richtig gelesen habe, ist eine Erhöhung der
Verjährungsfrist von 75 Jahren durchaus angedacht. Aber auch da meines Erachtens
ab der Umsetzung für die Zukunft zu berechnen, so dass das rückwirkend so auch
nicht gelten würde.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Also, hier sind wir auch noch in den Überlegungen. Denn der Umgang mit
Rückwirkungs- und Verjährungsfragen ist in der Tat eines der schwierigsten
Probleme bei diesem Gesetzgebungsvorhaben. Man muss aber jedem klar machen:
Selbst wenn Kulturgut eingeführt werden kann, heißt dies immer noch nicht, - da war
eben mal so ein Zwischenruf: „Wird das legalisiert?“ - dass Deutschland etwa den
Diebstahl
eines
Kulturguts
damit
legalisiert.
Die
Strafbarkeit
oder
Herausgabeansprüche im Herkunftsland sind damit auch nicht automatisch verjährt
oder sonst wie verwirkt. Natürlich gilt das Recht des Herkunftslandes fort.
Deutschland hat nicht die Rechtsmacht, das Recht des jeweiligen Herkunftslandes zu
korrigieren. Aber in der Tat, Frau Kathmann, das wird eine Schwierigkeit des
Gesetzgebungsverfahrens sein: Welche Stichtagsregelung wenden wir an? Das wird
nicht einfach werden.
Herr Robert Kugler, Rechtsanwalt:
Ich wollte eigentlich jetzt nochmal auf die Überschrift des Themenblockes
zurückkommen: Also Stärkung der Umsetzung der UNESCO-Konvention von 1970
und Maßnahmen gegen Raubgrabungen. Es sind meines Erachtens zwei
unterschiedliche Themenblöcke. Die Konvention von 1970, und das stimmt, richtete
sich in erster Linie natürlich damals an bestehende Sammlungen, an registrierte
Sammlungen in Museen und in sonstigen öffentlichen Einrichtungen. Der Bereich der
Raubgrabungen ist weitestgehend ausgenommen worden. Das hat man damals
gemacht, weil das der Konsens war, den man erreichen konnte. Es gibt den Artikel 9,
der möglicherweise für akute Raubgrabungen anwendbar ist, dort wird von akuter
59
„pillage“ gesprochen. Nichts desto trotz, wenn gesagt wird, wir wollen die UNESCOKonvention umsetzen, wollen wir gleichzeitig auch, und das ist meines Erachtens
auch Konsens durch die Reihen weg, dafür sorgen, dass eben Raubgrabungen, und
das ist auch das Anliegen der Länder, die sich auf solche Maßnahmen berufen,
wirksam unterbunden werden. Die Raubgrabungen, die jetzt unabhängig auch von
diesen Spitzen durch „IS“ und bewaffnete Konflikte tagtäglich, wie Prof. Parzinger es
schon sagte, seit Jahrzehnten betrieben werden. Und da besteht meines Erachtens
ein über die Konvention hinausgehender Regelungsbedarf. Aus der Praxis würde ich
gerne einen Gedanken von Prof. Weller aus dem ersten Teil noch aufgreifen. Es geht
um die Novellierung des Kulturgutschutzes insgesamt, und der befasst sich natürlich
auch mit Anschlüssen an die übrige deutsche Rechtsordnung jenseits des
Kulturgüterrückgabegesetzes oder eines neuen Gesetzes, wie es dann auch immer
genannt sein wird. Insbesondere Anknüpfungsbereiche im Strafrecht. Es ist in der
Tat so, dass in vielen Konstellationen nicht der Handel beteiligt ist, sondern Sie
haben Zollsituationen, in denen jemand illegal ein Objekt einführen will. Wie können
Sie innerhalb dieser besonderen Konstellation Objekte zurückführen?
Vermögensabschöpfung, da kann das Strafrecht möglicherweise noch ergänzt
werden. § 6 StGB möglicherweise, international geschützte Rechtsgüter. Strafbarkeit
von Teilhandlungen, die ganz klipp und klar im illegalen Bereich stattfinden, und am
Ende eben auch die Bezüge zum Zivilrecht, die möglicherweise noch einmal
angesprochen werden müssen. Die Verjährungsfristen wurden ja schon öfters mal
zur Diskussion gestellt, ob die 30 Jahre im Bereich der Kulturgüter ausreichend sind,
schon damals bei der Schuldrechtsreform. Das könnte nochmal ein
Anknüpfungspunkt sein, um eben eine reibungslose Einbettung dieser
Kulturgutschutzbestimmungen in die übrige deutsche Rechtsordnung einzuführen.
Danke.
Herr Prof. Dr. Falko Daim, Generaldirektor des Römisch-Germanischen
Zentralmuseums:
Mein Name ist Falko Daim, ich bin Generaldirektor des Römisch-Germanischen
Zentralmuseums, Leibniz Forschungsinstitut für Archäologie. Und wir haben im
Forschungsinstitut, verglichen mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, eine kleine
Sammlung. In etwa 250.000 Objekte, also wirklich minimalst, die in den letzten 160
Jahren gewachsen ist. Viele unserer Gegenstände, die wir besitzen, haben keine
Provenienz. Wir wissen nicht, wo sie her sind. Sie sind von meinen Vorgängern, und
auch 19. Jahrhundert, im Kunsthandel gekauft worden. Und ich ertappe mich
manchmal selber dabei, dass ich vor einer dieser traumhaften Sachen stehe, und ich
denke mir, was könntest du jetzt als Forscher mit diesem Zeug anfangen, wenn du
wüsstest, wo es gefunden worden ist. Archäologische Forschung, das heißt
60
Forschung unserer Vergangenheit zu unserer eigenen Erkenntnis. Also es ist ein
Lebensmittel, es sind nicht nur Genussmittel. Ein archäologisches Fundstück ist auch
ein Lebensmittel für uns, ein geistiges Lebensmittel sozusagen, um hier die
Diskussion noch einmal aufzugreifen. Es ist aus unserer Sicht unbedingt notwendig,
dass also die Provenienz immer mit einem Objekt verbunden ist, und das ist für uns
höchst gefährlich, für unseren Kulturgüterschutz, für unser Verständnis als
Kulturnation, wenn Gegenstände ohne Provenienz gehandelt werden. Ich stehe voll
hinter dem Ansinnen Ihres Gesetzes. Ich finde, das ist ein Meilenstein jetzt, Ihr
Vorhaben, das in Gesetzeskraft zu bringen, dass der Handel mit Gegenständen ohne
Provenienz, und ohne sozusagen Rechtshintergrund, einfach grundsätzlich verboten
wird. Und der Vergleich mit Lebensmitteln im Handel, es ist jetzt gar nicht so falsch.
Denn wenn irgendeine Wurst zum Beispiel in Bayern wieder mit einem
Konservierungsmittel
versetzt
ist,
ob
man
jetzt
feststellt,
das
ist
gesundheitsschädlich, wird es von heute auf morgen verboten. Die Würste werden
aus dem Handel genommen und fertig. Da gibt es keine Diskussion, ob jetzt der
Bestand noch verkauft werden darf oder nicht, sondern das ist weg und aus. Und ich
bin auch für solche Regelungen im Handel mit Gegenständen, die sozusagen nicht
nachweisbar rechtmäßig erworben worden sind.
Herr Karl-Sax Feddersen,
Deutschland e. V.
Vorstandsmitglied
im
Kunsthändlerverband
Eine kurze Antwort vielleicht noch auf Ihren Einwand, dass Gemälde eigentlich heute
nur noch mit einer kompletten Provenienz, einer weit zurückreichenden, verkauft
werden können. Das wünschen wir uns so. Das ist der Idealfall. Aber wenn Sie sich
das Angebot anschauen, wissen Sie, dass das einfach nicht zu leisten ist, und dass
das nur, sofern wir es rausfinden können, in einer verhältnismäßig kleinen Anzahl
von Fällen wirklich komplett und lückenlos in die weitere Vergangenheit hinein
gelingt. Also der Vergleich hinkt so ein bisschen.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Aber ein so richtig wertvolles Gemälde verkaufen Sie nicht mehr ohne lückenlose
Provenienz.
Herr Karl-Sax Feddersen,
Deutschland e. V. :
Vorstandsmitglied
61
im
Kunsthändlerverband
Ja, natürlich. Je teurer es wird, desto wichtiger ist ein möglichst zurückreichender
Pedigree. Aber das kriegen Sie bei vielen Sachen einfach gar nicht hin. Mir geht es
aber noch einmal um einen anderen Aspekt. Es geht aber, Entschuldigung wenn ich
darauf zurückkomme, auch um den Ruf des Kunsthandels und die Darstellung des
Kunsthandels im Rahmen dieser Diskussion. Es irritiert uns immer wieder, dass da
quasi so eine Drohkulisse aufgebaut wird, der Handel teilweise auch dämonisiert
wird. Sie sprechen auch von der teilweise scharfen internationalen Kritik, die
geäußert wird, daran, dass es eben nicht zu Rückgaben gekommen ist. Kann man
aus dem Umstand, dass es diese Rückgaben, erfolgreichen Rückgabeklagen, nicht
gegeben hat, nicht auch einen ganz anderen Schluss ziehen? Nämlich den, dass
diese Ansprüche einfach nicht begründet sind und dass es eben nicht um national
wertvolles Kulturgut geht? Dass das in den Fällen, die ich auch verfolgt habe, eher
Verfahren waren, die aus Propaganda und aus taktischen Gründen geführt worden
sind, und dass es, eben weil diese Ansprüche schon von vorherein gar nicht
unbedingt auf die Rückführung von national wertvollen Kulturgut gerichtet waren,
auch falsch ist, sich da heute quasi selbst zu geißeln. Ich bin gespannt, ob es Ihnen
gelingt, eine Regelung zu ersinnen, die am Ende eben wesentlich mehr ins Netz
gehen lassen wird. Ich bin der Meinung, das wird nicht geschehen. Weil Deutschland
einfach nicht die Drehscheibe ist, als die es dann leider manchmal dargestellt wird.
Also ich bin sehr zuversichtlich und überzeugt davon, dass es nicht dazu kommen
wird, dass hier plötzlich auf dem deutschen Markt alles Mögliche irgendwie
aufgefunden wird, was sofort wieder zurückzugeben ist.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Ich hoffe, dass solches Kulturgut künftig gar nicht nach Deutschland herein kommt.
Herr Karl-Sax Feddersen,
Deutschland e. V.:
Vorstandsmitglied
im
Kunsthändlerverband
Aber ich gehe auch davon aus, dass hier nichts ist. Also nicht in dem Maß, wie es
immer wieder in der Diskussion dargestellt wird.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Ich möchte dies noch einmal aufgreifen. Also ich möchte nicht den Eindruck
erwecken, dass wir mit dem Gesetzentwurf einen Vorwurf an den Deutschen
Kunsthandel verbinden. Uns geht es darum, dass wir dem Kunsthandel damit helfen,
wenn wir in Deutschland saubere Bestimmungen, gute Bestimmungen haben, die
62
verhindern, dass illegales Kulturgut hier in den Verkehr gebracht wird. Das kann nur
allen Beteiligten helfen. Da wiederhole ich mich gerne noch einmal, es hilft Ihnen
auch als gewerblicher Kunsthandel, sich abzugrenzen von bestimmten
Privatverkäufen, etwa über das Internet.
Herr Karl-Sax Feddersen,
Deutschland e. V.:
Vorstandsmitglied
im
Kunsthändlerverband
Das tun wir jeden Tag, und das tun wir sehr erfolgreich, und wir wollten dabei
niemanden, oder auch keinen Staat, der uns in den Rücken fällt.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Nein, der Staat will Ihnen nicht in den Rücken fallen, sondern wir vermuten, dass die
heute bereits erwähnten Ebay-Verkäufe und ähnliche Online-Verkäufe zunehmen
werden. Und wenn das kommt, dann werden Sie sehr stark darauf setzen, dass Sie
ein seriöser deutscher Kunsthandel sind, in dem Provenienzen geklärt sind. Und
dabei wollen wir Ihnen helfen.
Herr Karl-Sax Feddersen,
Deutschland e. V.:
Vorstandsmitglied
im
Kunsthändlerverband
Ebay ist eine ganz andere Welt. Das hat mit uns nichts zu tun.
Herr Dr. Christoph Andreas, Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Galerien
und Kunsthändler e.V. (BVDG):
Sie haben hier einen Vergleich gebracht mit der Problematik der Antiken, deren
lückenlose Provenienz viel schwieriger ist als im Gemäldesektor. Und Sie haben
einen Vergleich gebracht zu der Problemraubkunst in syrischem Besitz. Ich arbeite
nun sehr intensiv mit vielen Provenienzforschern zusammen, schon im eigenen
Interesse, um so etwas nicht zu kaufen. Sie unterliegen einem Riesenirrtum. Nicht
einmal bei 5 Prozent der auf den Kunstmarkt oder im Privatbesitz bestehenden
Kunstgegenstände lässt sich die lückenlose Provenienz zwischen 1933 und 1945
nachweisen. Das wird Ihnen jeder Händler und jedes Auktionshaus bestätigen. Wenn
Sie heute ins Lost Art Register gucken und finden die Hunderten von
Fundmeldungen der Museen, die dort seit Jahren drin stehen, weil sie eben selbst in
ihrer Einkaufsphase 1933/45 die lückenlose Provenienz nicht nachweisen können,
dann haben wir ein Problem. Wenn wir nur noch handeln dürfen mit Ware, die
63
lückenlose Provenienz hat, dann gibt es in Deutschland keinen Kunstmarkt mehr.
Das kann ich Ihnen definitiv sagen.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Wenn aber heute ein Kunstwerk im Lost Art Register registriert wird und dies als
Suchmeldung eines Hauses, haben Sie doch erhebliche Probleme, das zu
verkaufen.
Herr Dr. Christoph Andreas, Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Galerien
und Kunsthändler e.V. (BVDG):
Das ist nicht zu verkaufen.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Genau darum geht es. Wenn dokumentiert ist, dass die Provenienz unsicher ist,
verkaufen Sie heute ein Gemälde nicht mehr. Bei Antiken ist es umgedreht noch so.
Wenn nicht ganz klar ist, wo ein Stück herkommt, ist bei Antiken immer noch eher ein
Verkauf möglich als bei Gemälden. Aber auch da wird eine Bewusstseinsänderung
kommen.
Herr Dr. Christoph Andreas, Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Galerien
und Kunsthändler e.V. (BVDG):
Kein seriöser Kunsthändler verkauft etwas, was im Lost Art Register drin steht ohne
Klärung. Das ist unstrittig. Das macht keiner von uns. Aber es steht im Lost Art
Register doch nicht alles drin, was keine lückenlose Provenienz hat. Und wenn Sie
wollen, dass nur noch mit lückenloser Provenienz Kunst verkauft werden kann, dann
gibt es keinen Kunstmarkt mehr. Das ist so. Das, was eingetragen ist, was unter
Verdacht steht, muss geklärt werden. Aber ein lückenloser Verkauf mit lückenloser
Provenienz geht nicht.
Herr Prof. Dr. Eckart Köhne, Präsident des Deutschen Museumsbund e. V.:
Ich glaube, die Diskussion zeigt, dass wir an dem Kernpunkt angekommen sind,
gerade was die antiken Objekte betrifft. Da ich mit dem Badischen Landesmuseum
eben auch ein Museum vertrete, das über 50 Jahre sehr viele Antiken angekauft hat,
kann ich nur sagen, dass das auch ein Punkt ist, der für die Museen von einer
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zentralen Wichtigkeit ist. Und ich kann Sie nur bestärken, an diesem lückenlosen
Nachweis möglichst festzuhalten, soweit es irgend geht, und vor allem diese
Einfuhrbestimmungen einzufordern, diese Belege. Unsere Landesregierung hat uns
Anfang des Jahres einen Brief geschrieben. Wir dürfen nur noch Objekte mit
Provenienz kaufen und wir wurden extra darauf hingewiesen. Wenn wir dagegen
zuwider handeln und uns das nachgewiesen wird und wir das Objekt zurückgeben
müssen, dann haftet das Museum, und nicht mehr das Land. Das heißt, wir agieren
mittlerweile auf eigenes wirtschaftliches Risiko, und wir wären sehr dankbar für eine
solche klare Regelung. Im Übrigen ist das Badische Landesmuseum ein Haus, das
unlängst mehrere Objekte zurückgegeben hat. Und zwar auf moralischer Grundlage,
und nicht auf juristischer. Weil eben die Umstände des Erwerbs und die Umstände
der Einfuhr und des Kaufs in Karlsruhe überhaupt keine andere Möglichkeit offen
gelassen haben. Wenn man die Unterlagen liest, dann setzt man sich vor Scham in
die Ecke, hätte ich fast gesagt. Was damals passiert ist, und man muss eben auch
sehen, dass die Museen über gute Archive verfügen, und wir sehen, wie in den
letzten 40/50 Jahren Objektebiografien gestaltet worden sind, sage ich mal, um eben
die Sammlung des Museums zu füllen. Und deswegen sind wir so sensibel in diesem
Punkt. Und deswegen hoffen wir genau, dass das Gesetz uns hier tatsächlich eine
Rechtssicherheit bringt.
Frau Dr. Gabriele Pieke, Mitglied des Vorstandes des Deutschen
Nationalkomitees des Internationalen Museumsrats (ICOM) Deutschland,
Sammlung Altägypten, Wissenschaftliche Sammlungsleiterin
…vom Deutschen Nationalkomitee, von ICOM, und hier möchte ich noch einmal
anknüpfen und darauf hinweisen, dass insbesondere ICOM sich sehr verdient
gemacht hat in der Diskussion um den Schutz von Weltkulturerbe. Schon in den 70er
Jahren wurde vom ICOM ein Code of Ethics vorgelegt, der Museen als
Selbstverpflichtung auferlegt, keine Objekte anzukaufen, die von nicht gesicherter
Provenienz sind bzw. nicht aus legalen Kontexten kommen. Händler wissen, dass
Museen die Provenienz in der Regel bei der Erwerbung abfragen. Eine Abfrage im
Art-Loss-Register ist dabei Standard, da in jedem Fall von Museumsseite
entsprechende Rückfragen erfolgen. Dies dient auch den eigenen Inventarbüchern,
um hier genau zu dokumentieren, welche Geschichte die Objekte haben, die man
erwirbt. Allerdings müssen auch Museen zu ihrer Schande eingestehen, dass sie
selber manche Probleme mit lückenlosen Provenienzdokumentationen haben. Das
Beispiel wurde hier auch schon mehrfach erwähnt - dass die eigenen
Museumsbestände oft nicht vollständig in ihrer Geschichte dokumentiert vorliegen.
Man ist mit dem Problem konfrontiert, dass z.B. durch Kriegsverluste Inventarbücher
etc. verloren sind. Und das gilt natürlich auch für viele ausländische Institutionen.
65
Demzufolge gibt es leider immer wieder Schwierigkeiten mit einem lückenlosen
Provenienznachweis. Aber natürlich haben Museen und allen voran ICOM ein sehr
hohes Interesse daran, die Dokumentationspflicht einzuführen.
Ich möchte zudem noch sagen, dass ich nur begrüßen kann, was Herr Parzinger
gesagt hat. Von Seiten ICOMs hoffen wir, dass ein neues Gesetz auch von anderen
Maßnahmen flankiert wird, als nur den Erwerb von Objekten zu stoppen. Das Übel
Raubgräberei und illegaler Handel muss man auch an der Quelle angehen. Wenn ein
Absatzmarkt geschlossen wird, werden die Stücke in einen anderen, illegalen Markt
geschleust. Hier gilt es, die sogenannte Community Awarness deutlich zu stärken,
und direkt vor Ort mit den Museen, ganz so wie es derzeit ICOM versucht, und mit
den internationalen Partnern in den Herkunftsländern zu arbeiten.
Was noch einen anderen Punkt betrifft, ist die genannte Objekt-ID. Sie wird generell
von ICOM zusammen mit der UNESCO unterstützt. Allerdings ist es meines
Erachtens ein sehr illusorisches Ansinnen, eine global verbindliche Objekt-ID
einzuführen. Ich arbeite u. a. auch auf verschiedenen Grabungen in Ägypten, und
aus dieser Erfahrung heraus kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendwann alle dort
gefundenen Objekte mit einer Objekt-ID in eine gemeinsame Datenbank einfließen,
die international verwertbar ist. Das ist meines Erachtens ein Wunschtraum, den wir
nicht realisieren können, der aber natürlich helfen würde, Provenienzen dauerhaft
festzuschreiben. Ebenso wie das genannte Listenprinzip - dies wurde schon
mehrfach erwähnt - wäre dieses Verfahren nicht wirklich praktikabel.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Wenn ich daran noch anknüpfen kann: Wir machen in Deutschland ja nicht nur jetzt
das neue Gesetz, sondern tatsächlich daneben mittlerweile Provenienzforschungen
in vielen deutschen Museen. In den Museen, wenn ich mir die SPK anschaue, weiten
wir die Provenienzforschung, gerade auch auf die Kolonialzeit aus. Wir haben
diesbezüglich durchaus ganz viele Probleme. Gerade ehemalige Kolonialstaaten
machen heute Ansprüche geltend und versuchen im Nachhinein Provenienzen
herauszufinden. Wir müssen jetzt einmal bei der Einfuhr den klaren Schnitt machen,
damit wir künftig eben wissen, was sich in den einzelnen Einrichtungen befindet. Und
wir
müssen
auch
mühevoll
Erwerbsbiografien
aus
der
deutschen
Kolonialvergangenheit nachvollziehen. Bei Frau Staatministerin Grütters waren vor
kurzem die Botschafter mittelamerikanischer Länder, die ganz klar formuliert haben,
was sie an Verlusten zu beklagen haben und heute auch von Deutschland erwarten.
Wir müssen in den öffentlichen Sammlungen nachwirkend überall Provenienzen
klären. Und deshalb finde ich es genau richtig, wie dies, Herr Köhne, Ihr Ministerium
den Landesmuseen vorschreibt. Dass man den Einrichtungen vorgibt, nichts mehr zu
66
kaufen, wo die Herkunft ungeklärt ist. Das, was ansonsten nachher passiert, kostet ja
genauso viel Geld und auch Reputation.
Herr Prof. Dr. Kurt Siehr, Max-Planck-Institut für
internationales Privatrecht Hamburg:
ausländisches
und
Zwei juristische Bemerkungen und eine Information. Die erste juristische Bemerkung
betrifft: wer macht die Rückgabe geltend? Nach der jetzigen Situation ist das ein
Prozess vor dem Verwaltungsgericht. Das ist auch theoretisch richtig. In der Praxis
führt das aber dazu, dass gerade in Fällen, wo ein Rückgabeanspruch geltend
gemacht und der nicht weiter spezifiziert wird, also ein Verfahren vor dem
Verwaltungsgericht geführt werden muss und für die zivilrechtlichen Fragen vor dem
Zivilgericht. Das führt zu einer Verdopplung der Prozesse. Das heißt also, die
Rückgabe ist nicht sehr einleuchtend. Das kann man einem Ausländer kaum klar
machen. Deswegen mein Ratschlag: Entweder, wie das die Schweiz macht, dass sie
also die Rückgabeprozesse aufgrund von Rückführung auch den Zivilgerichten
zuteilt. Die kennen im Prinzip auch Verwaltungsgerichte und Zivilgerichte. Aber die
haben gesagt, wegen der Rückgabe, die machen auch die Zivilgerichte, und die
Eigentumsfrage auch, so dass das also nicht zu einer Verdopplung der Prozesse
führt. Das ist eine Frage. Die zweite Frage ist, die Schweiz hat folgendes gemacht:
Die hat also nicht nur dieses Gesetz gemacht. Die Schweiz hat auch das
Zivilgesetzbuch und das OR, das Obligationsrecht, geändert. Meine Anregung ist, die
Eigentumsherausgabeklage verjährt nicht. Das kann man ändern in dem BGB. Das
ist ein alter Streit, in der Schweiz ist es so, in Österreich ist es so, bei uns sind es 30
Jahre. Aber es ist also so, man kann das durchaus ändern. Und nun die
Informationsfrage noch: Ich weiß es von Benno Widmer (Leiter Fachstelle
internationaler Kulturgütertransfer, Schweiz) her aus dem Kulturamt für Justiz in
Bern. Mit Google ist eine Verabredung getroffen worden über Ebay-Versteigerung im
Internet. Er kann Ihnen genauer sagen, wie das gemacht wird. Wir haben also eine
Verabredung getroffen mit den Internetbetreibern für die Versteigerung durch Ebay.
Das kann man durchaus bilateral regeln. Benno Widmer gibt Auskunft.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Vielleicht sage ich dazu noch etwas. Wir werden die Frage der Verjährung des
Herausgabeanspruchs nicht in diesem Gesetzgebungsvorhaben angehen. Der
Herausgabeanspruch des Eigentümers verjährt in Deutschland nach 30 Jahren. Eine
Regelung, die im zweiten Semester als Jurastudent lernt und kaum verstehen will.
Aber die Regelung ist so, seit es das BGB gibt. Innerhalb der Bundesregierung
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laufen parallel Überlegungen unter Federführung des Bundesjustizministeriums
hierzu. Der Fall Gurlitt hat gezeigt, dass diesbezüglich durchaus Diskussionsbedarf
besteht. Wie das aber letztendlich ausgeht, kann ich jetzt noch nicht sagen.
Herr Prof. Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz,
Präsident des Deutschen Verbandes für Archäologie e.V.:
Es ist ja am Ende auch die Rolle der Museen angesprochen worden. Es geht nicht
nur um den Kunsthandel, sondern die Museen sind auch gefordert, ihre Sammlungen
zu durchforsten. Sie haben das gerade angesprochen, Herr Winands, nicht nur NSRaubkunst, Kolonialbestände, human remains, Archäologica. Es sind viele
verschiedene Problemfelder; auf die Museen kommt viel zu. Ich sage auch noch
einmal, das können die Museen nicht alles einfach so nebenbei und zusätzlich mit
ihrem Personal leisten. Das ist eine Gesamtproblematik, die zunehmend wichtiger
wird. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Staatlichen Museen zu Berlin 1976 in
Bezugnahme auf die UNESCO-Konvention von 1970 einen Beschluss gefasst
haben, keine Antiken mehr ohne klare Herkunft zu erwerben, diese Art der
Selbstverpflichtung gibt es in vielen Museen. Trotzdem ist das eine oder andere noch
erworben worden. Es gibt so eine Art Bagatellgrenze. Aber nach was richtet sich die
Bagatellgrenze? Ich glaube, so kann man mit archäologischen Objekten nicht
umgehen. Und insofern sind wir auch jetzt gerade dabei, unsere ganzen
Sammlungen zu durchforsten. Was ist eigentlich nach dieser Selbstverpflichtung in
die Sammlung gekommen? Und wenn klar ist, dass die Provenienz nicht klar ist, sind
wir auch bereit, solche Dinge, die nach 1970 in die Sammlungen gekommen sind,
zurück zu geben. Karlsruhe hat es vorgemacht. Mainz hat es kürzlich ebenfalls
vorgemacht. Ich glaube, das ist ein Weg, weil wir noch einmal eine andere Situation
haben. Wir haben vor 100, 120 Jahren rechtmäßig über Fundteilungen und
Schenkungen bedeutende Antiken erhalten. Da wollen wir uns heute nicht sagen
lassen, das muss wieder an den Ort des Ursprungs zurück. Sondern es geht um die
Rechtmäßigkeit des Erwerbs zum Zeitpunkt des Erwerbs. Das ist die eine Sache.
Dann noch einmal zum Kunsthandel. Ich habe inzwischen so viel auch mit NSRaubkunst zu tun, die eine hochspannende Thematik ist. Und natürlich ist auch vom
Kunsthandel nicht die lückenlose Provenienzrecherche zu verlangen. Aber ich
glaube, es wäre schon viel gewonnen, gerade jetzt im Bezugnahme auf die Antiken,
und auch da, wo ein NS-Raubkunstverdacht besteht, zumindest gewisse, in einem
Verhältnis stehende Anstrengungen zu unternehmen, um mehr Klarheit über die
Herkunft zu erhalten. Aber ich glaube, das ist doch ohnehin bei NS-Raubkunst
selbstverständlich. Und wenn wir das auch für die Antiken erreichen, ist auch schon
einiges erreicht. Und das letzte, warum ich mich eigentlich zu Wort gemeldet habe ich verstehe Sie, wenn sie sagen, Sie als deutscher Kunsthandel wollen hier nicht mit
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solchen mafiaösen Verbrecherstrukturen gleichgesetzt werden. Das Problem, würde
ich aber auch sagen wollen, sind gar nicht Sie. Wir sprechen ja immer, wenn wir uns
öffentlich äußern, von dem illegalen Antikenhandel oder illegalem Kunsthandel.
Vielleicht sollten wir das Wort Kunsthandel und Antiken gar nicht verwenden. Aber
illegal. Denn ich meine, vor ein paar Wochen war in der Sendung „Aspekte“ ein
Bericht über die Vorgänge an der Grenze zwischen Syrien und der Türkei. Da sieht
man, dass gewisse Strukturen dort vorhanden sind. Das läuft vollkommen an Ihnen,
als seriösem Handel, vorbei. Aber es sind wirklich Dimensionen, die unvorstellbar
sind. Deshalb läuft jetzt unter der Leitung von Herrn Prof. Hilgert das Projekt zur
Dunkelfeldforschung ILLICID, ein Projekt vom BMBF finanziert, an dem sich viele
Institutionen und Behörden beteiligen. Wir wissen aber nicht genau, wie die
Strukturen, wie die Wege und die Netzwerke überhaupt verlaufen. Das ist etwas, was
wir aufdecken müssen, um dann effektiv dagegen vorgehen zu können. Dennoch
brauchen wir jetzt auch ein Gesetz, wenn diese Dinge irgendwo auftauchen um sie
dann wirklich dingfest zu machen und an den rechtmäßigen Eigentümer zurückgeben
zu können. Aber es gibt hier wirklich ganz unterschiedliche Dimensionen von
legalem, seriösen Kunsthandel und dem Vertrieb von illegal beschafften, zum Teil
regelrecht bestellten Antiken.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Ich würde jetzt gerne die letzten Redner für diesen Block aufrufen, und die
Rednerliste beenden, um eine kurze Kaffeepause zu machen. Dann wären wir im
dritten Block, Sorgfaltspflichten, der sich mit dem jetzigen Thema zum Teil überlappt.
Herr Prof. Dr. Michael Rind, Stellv. Vorsitzender des Verbandes der
Landesarchäologen in der Bundesrepublik Deutschland:
Ich möchte zunächst mal meinen Fachkolleginnen und -kollegen sehr für die
Vorreden schon danken. Sie haben mir im Grunde genommen schon aus dem
Herzen gesprochen. Der Verband hat in seiner Stellungnahme schon im August zu
dem Diskussionspapier Stellung genommen. Im Grunde genommen können wir das
alles unterschreiben, was da drin steht, vielleicht mit ein paar Ergänzungen noch.
Eine Ergänzung wäre - wir haben auch heute Vormittag schon über den Begriff
Kulturgut diskutiert. Und da wurden so viele unterschiedliche Dinge genannt. Auch
die ursprüngliche Trennung zwischen Archivgut und Kulturgut, die sicherlich eine
etwas unglückliche Trennung war, sollte man aufheben, und man sollte vielleicht
auch daran denken, dass es neben den heute Morgen schon erwähnten Dingen
auch zum Beispiel paläontologische Funde gibt, die bislang noch überhaupt nicht in
69
der Diskussion waren. Also auch die Paläontologie sollte entsprechend berücksichtigt
werden in diesem neuen Kulturgutschutzgesetz. Und das, was Herr Parzinger gerade
gesagt hat zu dem Thema Handel und zu dem Thema der illegalen Raubgrabungen,
das ist wirklich ein ganz weites Feld und wir brauchen gar nicht so sehr auch unseren
Blick aufs Ausland zu richten. Wir können auch innerhalb der Bundesrepublik
gucken. Es gibt einen ganzen Markt von Sondengängern und MetalldetektorenFunden, die angeboten werden, und der Verband der Landesarchäologen hat sich in
den vergangen Jahren sehr stark dafür gemacht, dass bei Ebay sozusagen ein
Pedigree notwendig ist. Wir arbeiten also auch daran, dass man hier die Provenienz
der einzelnen Fundstücke tatsächlich nachweist. Und das ist ganz wichtig, denn der
Markt ist groß und wir laufen Gefahr, dass wir nicht nur Funde mit gefälschter
Provenienz untergeschoben bekommen, sondern sogar auch Fälschungen. Das geht
also bis in die jüngste Vergangenheit und ist tatsächlich ein ganz großes Problem für
uns. Grundsätzlich sind wir also auch dafür, dass das Listenprinzip in der Form, wie
es bisher angedacht war, abgeschafft wird und dass wir im Grunde genommen das
Kategorienprinzip einführen, weil wir vor allen Dingen natürlich Funde aus
Raubgrabungen nicht finden können, weil es eben gar keine Listen geben kann zu
diesen Objekten. Und wir wären auch froh, wenn das Schweizer Modell hier greifen
würde. Vielleicht auch noch mit dem Zusatz, dass man die Provenienz nicht dann
aushebelt, wenn man sagt, es lässt sich nicht herstellen, soweit bekannt. Wenn
dieser Zusatz dann natürlich mit drin steht und man nicht mehr selber Forschungen
betreibt, um diese Provenienz auch wirklich feststellen zu können, dann wäre das
schon ein Armutszeugnis. Vielen Dank.
Herr Prof. Henrik Hanstein, Kunsthaus Lempertz Köln, Bundesverband
Deutscher Kunstversteigerer e. V. (BDK):
Also das ist ja ein interessanter Erfahrungsaustausch hier. Hier fehlt aber eine
Gruppe, die davon ganz massiv betroffen ist, das sind die Sammler. Und weil Sie
eben von der Stichtagsregelung 1970 reden, Herr Prof. Köhne, das Gesetz zur
UNESCO-Konvention ist 2008 umgesetzt worden. Sie können ja nicht im Nachhinein
die Sammler kriminalisieren für das, was sie vor 2008 ganz korrekt und regelkonform
gekauft und gehandelt oder weiterverkauft oder vererbt haben. Also das ist schon
sehr schwierig. Wenn die Museen sich dieser Konvention von 1970 unterwerfen,
dann ist das in Ordnung, ist ihre Sache, es ist auch nicht ihr persönliches Eigentum.
Aber für Private gilt es, sich an das Gesetz von 2008 zu halten. Und Sie sagen ja zu
Recht, rückwirkend ist das alles sehr schwierig. Das ist hier nicht wie in den Museen,
die ihre Sammlungen auch nicht so gut dokumentiert haben. Also ich muss da auch
schuldhaft von mir selbst sagen, bis vor ein paar Jahren habe ich auch nicht alles
aufgehoben und ich weiß gar nicht mehr, wo ich das gekauft habe. Mein
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Unternehmen ist 1798 gegründet, was meinen Sie, wie oft wir jetzt auf einmal
Anfragen bekommen von Museen aus den USA. Wir haben 1920 bei Ihnen
ersteigert, etc.. Wir haben das aber auch leider nicht mehr, da wir 1943 zerstört
worden sind. Es ist sehr schwer zu rekonstruieren. Und Herr Dr. Andreas hat völlig
Recht. Also ich würde sagen, für gut 95 Prozent der Objekte, die wir versteigern,
können wir keine lückenhafte Provenienz nachweisen. Das Bewusstsein war früher
einfach nicht da. Lückenlose Provenienz. Das durchschnittliche Auktionsobjekt in
Deutschland liegt so zwischen 4 bis 4.5 tausend Euro. Das Durchschnittsobjekt in
London liegt bei ungefähr 9.000 Pfund. Aber bei diesen Größenordnungen, beim
Durchschnitt, hat man nicht das Bedürfnis, alles aufzuheben, wenn sie z.B. ein
Schmuckstück kaufen für 7.000 € oder ein Meissner-Porzellanstück. Das müssen Sie
berücksichtigen wegen der Rückwirkung. Und dann noch eine Sache: Der
Kunsthandel ist doch mustergültig. Wir haben schon einen Ehrenkodex. Und vor
allem haben wir ja das Art-Loss-Register geschaffen, das kommt vom Kunsthandel.
Das ist keine Erfindung, die von oben irgendwoher kommt. Übrigens, ich war
zufälligerweise bei der Geburtsstunde in Köln dabei, weil eben aus italienischen
Museen, Kirchen, etc. jedes Jahr lange Listen kamen, was da gestohlen worden ist.
Das kann kein Mensch überblicken. Ich versteigere im Jahr 8.000 - 9.000
Kunstgegenstände. Das können Sie nicht überblicken. Das Art-Loss-Register hat
Vor- und Nachteile. Es ist leider privat organisiert. Meine englischen Kollegen
kritisieren es öfters, weil vor der Einstellung oft nicht die nötige Prüfung stattfindet. So
kann es auch missbraucht werden. Aber es funktioniert. Alle Kunstmessen, wie z.B.
die TEFAF oder die Brüssel Art Fair, Paris oder New York, alles das wird überprüft.
Also ich kann für den Versteigererverband sagen, dass eigentlich jedes Mitglied
seine Kunstwerke mit dem Art-Loss-Register abstimmt. Es gibt eine Bagatellgrenze
von 2.500 €. Einige haben es etwas höher. Die Museen machen das nicht. Ich habe
selbst als Kuratoriumsmitglied des Lehmbruck-Museums gesagt, ja okay, ich
übernehme das, und habe das gesamte Museum abklären lassen. Es hat nicht lange
gedauert, 3 Monate. Wir haben das ganze Museum durchgecheckt. Der Kunsthandel
hat hier schon vor Jahrzehnten seine Hausaufgaben gemacht. Ich kann das den
Museen nur zur Nachahmung empfehlen. Es ist ja gar nicht so teuer. Aber es
funktioniert. Und wir sind darauf angewiesen, mit Verlaub, dass wir dieses System
auch befüttern. Es ist wichtig, Verlorenes dem Art-Loss-Register zu melden. Denn wir
Kunsthändler können das selbst nicht überblicken, wir können das nicht kontrollieren,
das muss weltweit organisiert sein. Und der Handel mit den illegalen Dingen ist keine
nationale Angelegenheit, das ist eine internationale Angelegenheit. Die Schweiz ist ja
ein interessanter Fall. Deutschland ist kein wirklich wichtiger Handelsplatz für
Antiken, bis auf vereinzelte Unternehmen, aber weltweit spielen wir keine große
Rolle. Bei meinen britischen Kollegen habe ich rückgefragt: Der Anteil der Antiken,
und das ist ja der Kernpunkt der Diskussion, die wir hier haben, da reden wir nur von
71
3 Prozent der Umsätze. Aber ein Problem sind die Zollfreilager, die können Sie
nämlich kaum kontrollieren. Und ich bin in Genf tatsächlich einmal vor einiger Zeit im
Zollfreilager gewesen, in dem Antiken-Bereich, das ist eine Lücke, da kommen Sie
schlicht nicht heran. Das ist ein Problem, denn wenn Sie die Sachen aus dem Orient
da direkt hin transportieren, die gehen ja durch gar keinen Zoll dahin. Und was ich da
gesehen habe, übersteigt die Bestände des Römisch-Germanischen Museums in
Köln. Es hat sich zum Glück etwas geändert. Ein wirkliches Problem ist das Internet.
Also was illegal gehandelt wird, was an Fälschungen gehandelt wird, Sie kriegen das
gar nicht kontrolliert.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
… das letzte möchte ich gerne aufgreifen. Das ist ja unsere Intention. Ein
Internethandel mit Antiken funktioniert nur dann, wenn es einen Käufermarkt gibt.
Sonst funktioniert es nicht. Und wenn wir die Käufer in Deutschland sensibilisieren,
und darum geht es bei diesem Gesetz ebenfalls, um Sensibilisierung, dass man auch
im Bereich der Antiken nur etwas kauft, wo man saubere Herkunfts- und
Ausfuhrdokumente hat, dann kann man auch den Internethandel mit Illegalem
bekämpfen. Dies ist der Ansatz, wie wir auch ans Internet herankommen. Wir kennen
dies doch aus dem Problem der illegalen Downloads im Filmbereich und in der
Musikindustrie. Es gibt hier auch einen Käufermarkt. Ohne einen, der illegal
runterlädt, funktioniert das illegale Geschäft nicht. Es gibt immer zwei Seiten, und
deshalb hat dieses beabsichtigte Kulturgutschutzgesetz auch die Bedeutung der
Sensibilisierung. Und deshalb eben auch die Zusammenarbeit mit dem AA. Der
Hinweis in den AA-Reisehinweisen auf die jeweiligen Ausfuhrbestimmungen der
Herkunftsstaaten für Kulturgüter ist zur Sensibilisierung immens wichtig. Genauso
wie der Hinweis zum Artenschutz, dass man beispielsweise kein Elfenbein mehr
kaufen darf.
Herr Dieter Löhr,
Deutschland e.V.:
Rechtsanwalt
und
Justiziar
Kunsthändlerverband
Beim Elfenbein gibt es aber auch viel Unsinn. Beispielsweise es muss nachgewiesen
werden, wenn ich ein Elfenbeinobjekt wieder ausführen will in ein Drittland, dann wird
neben der Tatsache, dass es sich um eine Antiquität handelt, so dass ausscheidet,
dass damit die Wildereikrise um sich greift und der Tierbestand vermindert wird, das
ist damit ausgeschlossen. Aber dennoch zusätzlich. Und man versteht wirklich nicht,
was das soll, muss noch nachgewiesen werden, von demjenigen, der es ausführen
will, insbesondere z. B. nach China der legale Besitz bzw. der legale Erwerb, und das
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ist in sehr vielen Fällen, gerade auch bei Objekten, die in den Auktionshäusern
gehandelt werden, überhaupt nicht möglich. Überhaupt nicht möglich. Lassen Sie
sich einmal in Thailand, wenn Sie da irgendetwas kaufen, bestätigen, dass Sie die
gültigen Quittungen haben, dass Sie das auf dem Nachtmarkt in Chiang Mai
erworben haben. Das geht einfach nicht. Oder bei älteren Objekten auch nicht. Und
deswegen die Frage, abstrahieren wir….
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Dann sage ich Ihnen einmal etwas ganz klar: Sie können leider in Bangkok viele
Kunstschätze aus den Tempelanlagen von Angkor Wat illegal kaufen. Ich habe vor
einiger Zeit fünf Jahre die kambodschanische Regierung in Governancefragen
beraten. Ich weiß, was an Raubzügen in Angkor Wat stattgefunden hat und leider
immer noch stattfindet. Der kambodschanische Staat hat die gesamten
Tempelanlagen unter Schutz gestellt. Sie dürfen heutzutage nichts aus Angkor Wat
erwerben. Und trotzdem wird offenbar immer noch - sogar per Bestellung - im
Dschungel von Angkor Wat geklaut. Und die Kunstwerke werden in Bangkok und
anderen asiatischen Umschlagplätzen natürlich illegal verkauft. Und deshalb ist es
für mich kein Argument zu sagen, was da alles möglich ist. Wir wollen, dass nichts
mehr aus den Tempelregionen hier in Deutschland im Antikenhandel auftaucht. Ich
habe schon mal auf einer Kunstmesse Fragen zu einem Objekt aus Angkor Wat
gestellt. Wo haben Sie dies eigentlich her? Und ich habe keine klaren Auskünfte
erhalten. Darum geht es, dass wir Sensibilität für die Frage des Kulturgutschutzes
wecken, dass es keine Käufer mehr für illegale Raubzüge gibt.
Herr Dr. Michael Müller-Karpe, Forschungsinstitut für Archäologie, RömischGermanisches Zentralmuseum:
Ich möchte unterstreichen, was Herr Parzinger gesagt hat. Wir als Archäologen
haben überhaupt nichts gegen den Kunsthandel, schon gar nicht gegen einen
seriösen Kunsthandel. Ein seriöser Kunsthändler verkauft auch heute schon kein
Kulturgut, vor allem kein archäologisches Kulturgut ungeklärter Herkunft, bei dem er
nicht nachweisen kann, dass diese Objekte nicht aus Raubgrabungen stammen, und
nicht aus illegaler Verbringung. Nur leider es gibt in Deutschland nach wie vor
Antikenhändler, die archäologisches Kulturgut unbekannter Herkunft verkaufen. Wir
müssen uns entscheiden. Wollen wir die archäologische Stätte als Informationsquelle
für die künftigen Generationen erhalten? Oder wollen wir weiterhin dulden, dass mit
archäologischem Kulturgut unbekannter Herkunft gehandelt wird, und die Händler
damit billigend in Kauf nehmen, dass diese Objekte nicht nur aus Raubgrabungen,
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aus Zerstörung, stammen und sie damit schuldig werden an Kulturzerstörung,
sondern dass sie damit auch unter Umständen Kriegsverbrechen sponsern? Und da
komme ich zu einem ganz entscheidenden Punkt, nämlich die Verjährungsfristen.
Seit 2002 haben wir hier in Deutschland das internationale Völkerstrafrecht. Danach
verjähren Kriegsverbrechen und die Finanzierung von Kriegsverbrechen nicht. Und
das ist ein ganz entscheidender Faktor für einen Handel, der im Wesentlichen von
den Verjährungsfristen profitiert und lebt. Denn Staatsanwälte werden sich an
Antikenhändler, Antikenhehlerei, nicht heranwagen, solange sie davon ausgehen
müssen, dass nach 5 Jahren ein Staatsanwalt sich eben dafür nicht mehr
interessiert, weil Hehlerei nach 5 Jahren verjährt. Wenn aber Kriegsverbrechen nicht
mehr verjähren, dann kriegen wir da ein Problem. Und da sehen ich tatsächlich einen
wichtigen Ansatzpunkt, dass wir uns klar machen müssen, dass der islamische Staat
ja nicht das Plündern von archäologischen Stätten erfunden hat. Das ist eine lange
existierende Praxis, dass Kriegsparteien sich aus dem archäologischen Erbe
bedienen und sich vom internationalen Antikenhandel die Kriegskassen füllen lassen.
Und das ist ein Punkt, wo wir uns überlegen müssen, was wollen wir.
Herr Landeskonservator a.D. Dr. Michael Henker, Präsident des Deutschen
Komitees des Internationalen Museumsrates (ICOM) Deutschland:
Es würde gut passen, gerade an das anzuschließen, was Herr Winands aus eigener
Erfahrung erzählt hat. Wir dürfen nicht so tun, als ob es den grauen Kunstmarkt erst
jetzt gäbe. Den gibt es übrigens auch schon, bevor es Ebay gab und bevor es das
Netz gab. Es hat schon immer Käufer gegeben für illegal gehandelte Antiken. Und da
ist unser Apell, dass das Gesetz so sein muss, das tatsächlich auch eine breite
Schnittstelle zum Strafrecht besteht oder auf Straftatbestände hingewiesen wird. Und
die Public Awareness, die bringt uns gerade nirgendwo hin, denn die gibt es ja schon
lange. Und die Leute, die das jüngst betreiben und auf Public Awareness setzen, die
gibt es auch schon lange. Aber daneben gibt es eben viele, die kümmern sich nicht
darum. Und die haben übrigens Elfenbeinsachen so lange gebracht, bis das unter
Strafe gestellt worden ist. Bis das Zeug beschlagnahmt worden ist und man nun auch
noch dafür bestraft wird. Ich würde sehr dafür plädieren, dass man tatsächlich so
etwas vorsieht. Dass tatsächlich auch bestraft wird. Als zweites, das hier auch sehr
gut passt, will ich erwähnen, dass wir ja von ICOM International in Paris das
International Observatory on Illicit Traffic in Cultural Goods haben. Das ist ein Portal
wo sie - weil Sie vorhin darauf verwiesen haben, dass die unterschiedlichen
Rechtstexte natürlich nicht jedem bekannt sein können - 400 Rechtstexte aus
unterschiedlichen Staaten und Bereichen finden, die sich auf den illegalen Handel
beziehen. Dort finden Sie aber auch die Verzeichnisse, wo gerade Raubgrabungen
stattfinden. Dort werden Maßnahmen koordiniert, mit denen versucht wird, so etwas
74
zu verhindern, und schließlich gibt ICOM die Roten Listen gefährdeten Kulturguts
heraus. Wir sind jetzt gerade dabei, die Rote Liste Irak neu zu fassen bzw. die
deutsche Übersetzung. Die Rote Liste Irak werden wir entweder hier oder an einem
anderen Ort in Deutschland vorstellen. Das ist einerseits ein Hilfsmittel für jene
Leute, die eben in die gefährdeten Länder fahren. Es gibt die Listen auch für
Mittelamerika, für China und weitere Länder, so dass man hier sowohl dem Zoll als
auch den Verfolgungsbehörden, aber auch den Touristen etwas in die Hand geben
kann, und sagen kann, das kaufst du bitte nicht. Hier hast du ein Verzeichnis und da
sind Beispiele abgebildet und beschrieben, da kannst du das leicht erkennen.
Herr Dieter Löhr,
Deutschland e.V.:
Rechtsanwalt
und
Justiziar
Kunsthändlerverband
Nur noch ganz kurz zur Provenienz, ob erforderlich oder nicht. Die Auktionshäuser
können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die schon von 1980
stammt, aber neuerdings bestätigt worden ist, ihre Haftung ausschließen unter der
Voraussetzung, dass sie ihre Sorgfaltspflicht erfüllt haben. So steht das in der
Entscheidung, und so wird sie auch immer wieder angewandt. Und für den
Nachweis, dass die erforderliche Sorgfalt bewiesen worden ist, wird nicht darauf
Bedacht genommen, dass das Auktionshaus, dass der Auktionator, nachweist, eine
Provenienzforschung durchgeführt zu haben oder eine Provenienzrecherche, um das
etwas kleiner zu haben. Also das zählt nicht zur Erfüllung der sogenannten ihm
obliegenden Sorgfaltspflichten. Wobei wir jetzt schon fast beim 3. Teil sind.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Gut, dann wären wir jetzt mit dem zweiten Block durch. Auch hier haben Sie eine
gute Überleitung geschaffen für das nächste Thema. Denn im dritten Themenblock
da reden wir genau über die Sorgfaltspflichten, wie wir die ausgestalten. Vielen Dank.
75
3. Themenblock:
Schaffung von Sorgfaltspflichten im Umgang mit Kulturgut in Anlehnung an das
Schweizer Modell
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Wir kommen jetzt zum Thema Sorgfaltspflichten. Ich will eingangs aufgreifen, worauf
Prof. Hanstein schon hingewiesen hat, nämlich dass es bereits heute im Kunsthandel
Ehrenkodizes gibt. Es sind quasi Selbstverpflichtungen. Jetzt soll es darum gehen,
ob das, was an Aufzeichnungspflichten derzeit schon besteht und an
Selbstverpflichtungen, wie sie der Kunsthandel sich selbst gegeben hat, reicht, oder
ob diesbezüglich noch gesetzlich nachzujustieren ist. Wir hatten Ihnen in unserer
vorbereitenden Aufzeichnung das einschlägige Schweizer Recht übermittelt. Im
geltenden deutschen Recht sieht § 18 Aufzeichnungspflichten im Kunst- und
Antiquitätenhandel für die Dauer von 10 Jahren vor. Die Schweizer haben eine
Aufzeichnungspflicht von 30 Jahren. Außerdem hat die Schweiz die Frage der
Sorgfaltspflichten eingehend gesetzlich geregelt, allerdings nur für den gewerblichen
Kunsthandel. Letzteres wirft die Frage auf : Sollte man Sorgfaltspflichten nur dem
gewerblichen Kunsthandel oder - wir haben das eben in Bezug auf das Internet
schon angedeutet - nicht auch dem „Normal-Verkäufer“ gewisse Sorgfaltspflichten
auferlegen? Sonst ist die Gefahr der Umgehung natürlich enorm. Also, das wäre zu
überlegen, in wieweit Sorgfalt beim Verkauf von Kulturgütern auch eine JedermannVerpflichtung ist und nicht nur eine des gewerblichen Kunsthandels. Das ist, glaube
ich, das Themenspektrum, worüber wir jetzt reden sollten. Dabei würde mich
insbesondere sehr interessieren, was die Seite des Kunsthandels davon hält, wenn
wir eine solche Aufbewahrungspflicht für eine Dauer von 30 Jahren einführen
würden. Wobei der Hintergrund auch folgender ist: In der heutigen digitalen Welt
kann auch eine elektronische Aufzeichnung stattfinden und das relativiert natürlich
die Frage der Dauer. Es ist ein Unterschied, ob jemand Aufzeichnungen in
Papierform 10 Jahre aufbewahren muss oder ob er alles in einer Datenbank
abgespeichert hat - was ja die Zukunft ist. Also, wenn 30 Jahre vorgeschrieben
würden, dann könnte man den Aufzeichnungspflichten selbstverständlich in
elektronischer Form genügen.
Für den Fall dass wir uns im Gesetzentwurf zudem an das Thema Wertgrenzen in
Bezug auf gesteigerte Sorgfaltspflichten heran wagen, habe ich dazu eine Frage:
Derzeit haben wir hier grundsätzlich eine Wertgrenze von 1.000 €. Ich hatte Sie so
verstanden, Herr Professor Hanstein, dass die Selbstverpflichtung im Kunsthandel ab
2.500 Euro gilt, bitte korrigieren Sie mich. (Einwurf Professor Hanstein: Ich habe
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gesagt, dass das Art-Loss-Register ab einem Schätzwert von 2 500 Euro...), gut,
dann habe ich das durcheinander gebracht.
Die Schweizer kennen eine Grenze von 5.000 Schweizer Franken. Also, die Frage
von solchen Wertgrenzen, das ist der Themenkomplex, über den wir vielleicht
ebenfalls jetzt reden sollten.
Herr Gordian Weber, Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Galerien und
Kunsthändler e.V. (BVDG):
Ja, zum ersten Punkt: Ich denke auch auf jeden Fall, dass wir eine Gleichstellung
gegenüber den Privat-Verkäufern oder welchen auch immer gearteten Verkäufern
brauchen. Weil, das sind ja im Zweifel diejenigen, von denen wir dann aus den
Sammlungen erwerben. Und die müssen natürlich die gleichen Rechte und Pflichten
erfüllen, damit wir sie dann wiederum überhaupt erfüllen können. Und, eine
Verlängerung der Aufzeichnungspflichten: Wir sind intern - wir können nur für die
Deutschen Kunsthändler sprechen, mit denen wir ja immer regelmäßig
kommunizieren - mit der Einführung des UNESCO-Kulturgutschutzabkommens in
2008 dazu übergegangen, alle Objekte unabhängig von einer Wertgrenze zu
dokumentieren und diese Dokumente auch keinem Haltbarkeitsdatum mehr zu
unterwerfen. Vorher galt ja die 10-Jahres-Pflicht für die Buchführung. Und - rein auch
im eigenen Interesse, weil die Provenienz ja immer wichtiger wird, Aufzeichnungen
über die Herkunft, die Sammlungsgeschichte immer wichtiger werden - sind wir dazu
übergegangen, also ad ultimo werden wir das auf jeden Fall nach vorne tragen und
deswegen 30 Jahre: warum nicht?
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Kann ich generell nachfragen: Wird da kein Problem gesehen? Also kann ich für den
Kunsthandel festhalten, dass 30 Jahre - wenn es auf dem Wege einer elektronischen
Aufzeichnung geschieht - akzeptiert würden?
Herr Gordian Weber, Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Galerien und
Kunsthändler e.V. (BVDG):
Dann würde ich nur die Problematik darin sehen: wir haben angefangen, Ende der
90er Jahre Computer einzuführen, und ich sehe nur, was an Datenträgern in der Zeit
schon historisch geworden ist. Ich erinnere an die alten flachen Disketten. Dann
wurden sie zu dünneren, die Sticks, die CDs. Ich wäre sehr, sehr vorsichtig. Wir
gehen also recht archäologisch damit um. Dass wir dann für jedes Objekt so ein
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Aktenschuber haben, wo wir das einfach dann nochmal in Xerox-Kopie hinterlegen.
Und natürlich zusätzlich digital. Aber ich warne nur davor, das passiert uns also in
aller Regelmäßigkeit, dass beim Computertransfer auch immer Verluste entstehen,
und wir sind keine Programmierer. Das ist einfach auch die menschliche Problematik,
dass einfach auch Dinge verloren gehen. Was auch vorhin zu den
Sammlungshistorien ja erwähnt wurde. Der Computer könnte die nächste große Falle
sein.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Die Bundesregierung hat sich als Ziel gesetzt, bis 2020 ein papierloses Büro
einzuführen, so wie es etwa die Versicherungen heute schon praktizieren. Also, wir
haben dann gar kein Papier mehr. Warten wir mal ab, ich will nur sagen, dass würde
als Alternative zugelassen. Natürlich können sie Aufzeichnungen weiter in
Papierform herstellen, wenn sie auf Nummer sicher gehen wollen, wofür ich auch
normalerweise plädiere. 30 Jahre würden dann also akzeptiert. Darum geht es mir
nur dabei.
Herr Dieter Löhr,
Deutschland e.V.:
Rechtsanwalt
und
Justiziar
Kunsthändlerverband
Da sind wir schon bei einem Detail angelangt, nämlich der bisherigen Regelung in
Deutschland bzw. im Absatz 2 des § 16 Kulturgüterschutzgesetz. Im Gegensatz zu
Ihnen, lieber Herr Weber, obwohl Sie die Stellungnahme ja mit uns gemeinsam
verfasst haben, möchte ich Ihnen widersprechen. Und zwar aus Rechtsgründen. Und
ich bitte jetzt schon Herrn Professor Siehr, mich nicht zu steinigen, wenn Sie
fundamental anderer Auffassung sind. Ich meine im Ergebnis, dass insbesondere
Artikel 16 Absatz 1 des KGTG, die Sorgfaltspflichten also, keine Vorbildrolle für eine
Übernahme ins deutsche Recht darstellen könnten. Dafür gibt es weder ein
rechtspolitisches Bedürfnis. Andererseits bestehen aber auch rechtssystematische
Bedenken gegen ein solches Vorhaben. Frau Müller-Katzenburg hatte ja schon
darauf hingewiesen, dass das Kulturgütertransfergesetz durchaus anders strukturiert
ist als unser bestehendes Gesetz und auch das geplante Gesetz. Und ich meine,
auch generell muss man immer vorsichtig sein bei Anleihen aus einer fremden
Rechtsmaterie. Insbesondere wenn die Anleihe nur eine teilweise ist, also nicht etwa
eine Übernahme. Artikel 16 des Kulturgütertransfergesetzes der Schweiz ist als
Norm mit Doppelcharakter auszulegen. Ihr kommt einerseits eine öffentlich-rechtliche
Funktion zu: Diese Norm fordert einen offenen und fairen Austausch von Kulturgütern
sowie die Verhinderung von Missständen auf dem Kunstmarkt. Andererseits hat sie
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aber auch einen zivilrechtlichen Charakter, indem sie nämlich für eine Vertragspartei
Grundlage gibt, sich darauf zu berufen. Das geschieht allerdings nicht, indem sie als
Verbotsnorm ausgestaltet ist und ein Verstoß gegen die entsprechende Bestimmung
nicht etwa, was auch in der Schweiz diskutiert wurde, die Nichtigkeit des Vertrages
zur Folge hat. Die entsprechenden Verpflichtungen, die also Absatz 1 des Artikels 16
vorsieht, bestehen als Vertragsverpflichtungen aber ohnedies und werden nicht etwa
nur erzeugt, indem sie durch Artikel 16 gestützt werden. Es erschließt sich deshalb
zumindest vorderhand nicht, welcher signifikant neue Inhalt sich aus der Norm
ergeben sollte, der über die in deutschem Recht verankerte im Verkehr erforderliche
Sorgfalt hinausgeht bzw. im Handelsrecht über die kaufmännischen
Sorgfaltspflichten, die ohnedies zu den Folgen führen, die eine verständige
Auslegung im Hinblick auf den hier geregelten Sachverhalt ohnedies erzeugen
würde, deren Nichtbeachtung im Rechtssinne einen Rechtsmangel ausmacht. Auch
rechtskundige Gesprächspartner, die ich dazu eigens in der Schweiz konsultiert
habe, stimmten mit mir in der Vorstellung überein, dass sich keine andere
Rechtslage ergeben würde, wenn diese entsprechenden Bestimmungen nicht
bestünden. Mit anderen Worten: Es wird darin etwas kodifiziert, was sich nach dem
Schweizer Zivilgesetzbuch und dem Schweizer Obligationenrecht - Professor Siehr
hatte schon vorher auf diese beiden Regelungsmaterien hingewiesen - ohnehin
ergeben würde. Auch in der Gesetzesbegründung wird gesagt, dass die
Sorgfaltspflichten des KGTG der herrschenden Lehre gemäß den allgemeinen
Bestimmungen des Rechts voll entsprächen. Wenn man dies anders sehen würde
und mehr dahinter vermuten würde als das, was sich ohnehin nach Schweizer Recht
ergibt, dann wäre hiermit ein Sonderrecht für eine bestimmte Kategorie von Gütern
geschaffen. Eine Aufteilung nämlich in Kulturgüter auf der einen Seite, die gesamten
anderen Güter auf der anderen Seite. Und gegen so eine Aufsplitterung des Rechts
der beweglichen Sachen besteht von Hause aus ein großes Bedenken. Man könnte
sonst ja auch für allen anderen, alle sonstigen möglichen Kategorien von Sachen
verlangen, dass sie spezifisch geregelt werden in den Folgewirkungen. Ich selbst
befasse mich also neben dem Kunstmarkt auch mit dem Recht der
Informationstechnologie, IT-Recht. Und auch da, in dieser Materie arbeiten wir voll
mit den Bestimmungen des Sachenrechts, ohne dass diese spezifisch zu ergänzen
wären wegen der Eigenart der Materie. In dieser Sicht der Dinge bin ich der Meinung,
dass keine Bestimmung entsprechend Artikel 16 Absatz 1 KGTG erwogen werden
und die öffentlich-rechtlichen Pflichten, die ja da auch drin stecken - ich sagte: Norm
mit Doppelcharakter - allenfalls dadurch erfüllt werden, dass die gebotenen
Abklärungen und Aufzeichnungspflichten gemäß unserem heutigen § 18 des
Kulturgüterrückgabegesetzes entsprechend weiter gelten. Und allenfalls erwogen
werden sollte oder könnte, ob man diese nicht ergänzen sollte durch die stärkere und
weitergehende Regelung des jetzigen § 16 Absatz 2 KGTG. Was allerdings auch für
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sich genommen bedenklich ist. Also, die Beschränkung auf die Übernahme nur des
Absatzes 2. Weil darin nämlich Dinge stehen, und da sind wir beim Ausgangspunkt,
über den wir schon gesprochen haben, die wir so nicht übernehmen könnten ohne
größere Bauchschmerzen. Nämlich einerseits ist es die übermäßig lange Frist der
Aufzeichnungspflichten. Ich erinnere mich noch, bei § 18 haben wir damals mit dem
Wirtschaftsministerium gesprochen, ob man das so in Kulturgüterrückgabegesetz
aufnehmen sollte, und da war auch die Vorstellung gekommen, man sollte die Frist
deutlich verlängern. Und da hat das Wirtschaftsministerium dem widersprochen und
hat gesagt: Nein, nein, das machen wir nicht. Wir müssen das angleichen an unsere
sonstigen Fristen wie im Sachenrecht. Die gelten sowohl im Steuerrecht wie auch im
Handelsrecht. Aber eine weitere Klausel - aus den anderen greife ich nur noch diese
raus - ist diese Regelung, dass eine Aufklärung über die Ausfuhr und EinfuhrVorstellungen bzw. Regelungen der jeweiligen Vertragsstaaten mitgeteilt werden
müsste. Dies scheint eine überobligationsmäßige Anforderung an den normalen
Kaufmann zu sein, so etwas entsprechend seinem Vertragspartner offen zu legen mit
der dafür notwendigen nicht nur Sach-, sondern auch Rechtskunde. Also, dies
erscheint auch eine nicht zumutbare Anforderung.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Können wir ein bisschen zum Schluss…
Herr Dieter Löhr,
Deutschland e.V.:
Rechtsanwalt
und
Justiziar
Kunsthändlerverband
Ja, ich bin sofort fertig. Aber wir müssen ein bisschen Diskussionsstoff haben.
Professor Siehr wird an mehreren Punkten angreifen. Ganz zum Schluss noch: Sie
haben ja zu recht schon darauf hingewiesen, dass Artikel 16 Absatz 1 nur für Partner
gilt, die Handel betreiben. Nicht für Sammler. Aber mittelbar, im Wege nämlich der
Reflexwirkung, könnten auch diese wegen der Bestimmung betroffen sein, die die
strafrechtlichen Folgen anordnet. Man könnte sich nämlich auf den Standpunkt
stellen, dass wegen dieser Folgewirkungen hier eine derartige Belastung des
Sammlers entstünde, der selbst verantwortlich gemacht werden kann, dass es sich
um einen Eingriff in das Eigentum handelt - um einen enteignungsgleichen oder
einen enteignenden Eingriff - der entsprechende Entschädigungen auslösen könnte
und würde. Auch diese Fragestellung wird im Schweizer Recht im Zusammenhang
mit dieser Bestimmung diskutiert. Dankeschön.
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Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Nur zur Klarstellung: wir meinen mit „allgemeinen Sorgfaltspflichten“, wenn
Verkäufer, die nicht gewerblich tätig sind, Kulturgut verkaufen, dass diese auch
gewisse Sorgfaltspflichten haben. Beispielsweise zu recherchieren, ist dies eine
legale Einfuhr gewesen, ja oder nein. Sicherlich wird man die Anforderungen nicht so
hoch stellen können wie beim gewerblichen Kunsthandel. Aber wir dürfen kein
Einfallstor schaffen. Es geht nicht, dass der gewerbliche Kunsthandel die ganzen
Aufzeichnungspflichten hat, und daneben entsteht ein Einfallstor für die Fälle, die
gerade Professor Parzinger aufgezeigt hat. Wir wollen daher regeln, dass auch der
normale Verkäufer gewisse Sorgfaltspflichten hat. Das meinten wir damit. Die
Schweizer Regelung ist nur für uns ein Anhaltspunkt, in welche Richtung es gehen
müsste. Dass wir dies natürlich nicht 1:1 übernehmen, ist auch klar.
Frau Dr. Dorothea Sommer, Vertreterin Deutscher Bibliotheksverband e.V.:
Ich möchte mit meinem Beitrag den Blick weniger auf dem Kunsthandel richten,
sondern nochmals zurück auf einen anderen Teil der Kulturgüter, nämlich auf die
Bibliotheken und auf das dort verwahrte Kulturgut zurückkommen, und hier
anmerken, dass Bibliotheken ja auch erwerben über Tausch und Schenkungen. Wir
erwerben aber auch antiquarisch und von privaten Verkäufern. Auf der einen Seite
sind Bibliotheken natürlich bemüht, einen sehr detaillierten Nachweis bzw.
Beschreibung eines Buchs oder einer Handschrift zu erbringen. Wir haben sehr
detaillierte Kataloge, nationalbiografische Verzeichnisse und entsprechende
Datenbanken. Wir sind auch zunehmend engagiert in Provenienzverzeichnungen.
Bei den in der Vorlage avisierten Sorgfaltspflichten begrüßen wir es daher
ausdrücklich, dass auch der fachkundige Verkäufer mit eingebunden wird, und
würden auch empfehlen, dass man den Antiquariatsbuchhandel in die Überlegungen
durchaus miteinbezieht. In diesem Zusammenhang wäre der Schwellenwert für den
Ankaufswert natürlich nicht so hoch wie beim Kunstmarkt, sondern den würden wir
etwas niedriger ansetzen wollen. Also dezidiert auch unter 5.000 €. Zu der
Aufbewahrungsfrist für Ankaufsunterlagen oder Verkaufsunterlagen: Wir bewahren
diese Dinge sehr lange auf. Wir halten eine Vorgabe von 30 Jahren eigentlich für zu
kurz.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Vielleicht zur Klarstellung: Im Gesetz sollen die Sorgfaltspflichten für denjenigen, der
Kulturgut in den Verkehr bringt, geregelt werden, aber nicht Sorgfaltspflichten des
Käufers. Frau Sommer, Sie sind natürlich auf einer Käuferebene tätig und als
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Bibliotheksverantwortliche haben Sie ganz allgemeine Dienstpflichten, die Sie zu
beachten haben. Die profanste Dienstpflicht ist, dass Sie nichts „Gestohlenes“
kaufen. Wir regeln auch nicht die Sorgfaltspflichten eines Sammlers. Der Sammler ist
im eigenen Interesse gehalten, auf Provenienznachweise zu achten; wenn er
nämlich einmal verkaufen will, muss er dem Kunsthändler beziehungsweise einem
Käufer die Provenienz darlegen. Also nochmals zur Klarstellung, geregelt werden soll
die Sorgfaltspflicht desjenigen, der Kulturgut in den Verkehr bringt. Damit wir uns
nicht falsch verstehen.
Herr Ralf Jacob, Vorstandsmitglied Verband deutscher Archivarinnen und
Archivare e.V.:
Für den Verband der Archivare nur noch ganz kurz der Anschluss an die
Bibliotheksäußerung: auch von unserer Seite die Bitte, Sorgfaltspflichten für private
Anbieter, für private Verkäufer mitzudefinieren - in angemessener Art und Weise, wie
es für einen privaten Anbieter möglich ist - und auch hier noch einmal die Frage der
Bagatellgrenze mitzubeachten. Das kann man schlecht mit Zahlen benennen. Das ist
auch nicht, glaube ich, der Weg, sich jetzt hier darüber zu unterhalten, ob 5.000 Euro
oder 1.000 Euro der richtige Wert sind. Wir haben nur die Bitte: nicht nur für den
qualifizierten Handel - und wenn ich vom qualifizierten Handel spreche, dann ist das
eine Art von Wertschätzung. Wir alle, die wir hier im Raum sind, werden uns
gegenseitig hier in die Augen gucken können und auch das in den nächsten 10 und
15 Jahren tun wollen. Und in dem Sinne helfen klare Regeln immer weiter. Die
Aufbewahrungsfristen für die Unterlagen kann jeder für sich selber über den
gesetzlichen Rahmen hinaus festlegen. Das muss er für sich entscheiden. Wir haben
die Erfahrung gemacht, dass Kaufleute, die lange aufbewahrt haben, die lange
nachweisen können, stolze Kaufleute sind und das entsprechend auch mit gutem
Gewissen tun können.
Frau Prof. Dr. Friederike Fless, Präsidentin des Deutschen Archäologischen
Instituts:
Zum einen habe ich eben verstanden, dass auch die lückenlose Provenienz
eigentlich ein Ideal ist. Auch im Kunsthandel und natürlich auch bei den Museen.
Dass sie natürlich nicht immer zu erreichen ist, weil Objekte vielleicht schon sehr,
sehr lange im Umlauf sind und dann im Krieg die Dinge verloren gegangen sind. Ich
würde aber immer - das war bei dem vorherigen Block manchmal ein bisschen
unscharf - die Objektkategorien trennen. Denn natürlich spielt die Zeit des Dritten
Reiches für bestimmte Gemälde eine große Rolle. Für archäologische Objekte wäre
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man schon sehr froh, wenn man seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts und
des vorletzten ungefähre Angaben hätte, woher die Dinge kommen, und die
Provenienz sehr viel klarer gefasst wird. Und damit wäre ich bei der Frage, an wen
sich Sorgfaltspflichten wenden. Indirekt wenden sich Sorgfaltspflichten dann auch an
Käufer. Die werden dann zwar nicht rechtlich klar positiv definiert. Aber wenn ich hier
vor dem BVG-Schalter eine Fahrkarte für 1 € erwerbe, eine Monatskarte, hat die
BVG mir vorher schon gesagt, dass das nicht gutgläubig sein kann. Mir wird häufiger
irgendetwas angeboten als Präsidentin des DAI und das ist ziemlich klar, bei
Mosaiken aus Syrien - wenn sie einem jetzt angeboten werden - da kann ich mich
selbst als Nichtfachmann schlecht auf Gutgläubigkeit zurückziehen. Deswegen
würde ich denken, dass man schon auch in der Formulierung klar machen muss, was
ein Verkäufer leisten muss und was ein Händler. Was hat aber auch ein Käufer zu
erwarten. Also nicht, was er leisten muss, sondern was er zu erwarten hat. Was ist
eigentlich eine Provenienzangabe? Also „griechisch“, „römisch“ oder „alter vorderer
Orient“? Sehr beliebte Provenienzangaben sind meines Erachtens keine wirklichen.
Das muss also genauer gefasst werden auch nach den modernen Staatengrenzen.
Und was eine zunehmende Rolle spielt - was einen Archäologen wieder beglückt,
wenn er durch manche russische Privatsammlung geht -, dass ein Großteil gefälscht
ist. Ich meine, dass es nicht so viel originales skythisches Gold ist, was man bei
manchen sieht, sondern sehr zu unserer Freude sind da offenbar viele beschäftigt
worden und haben Geld verdient an der Fälschungsherstellung. Aber es ist ein
Riesenproblem und natürlich auch ein Problem für den Handel mit archäologischen
Artefakten. Ich weiß, moderne Kunst wird noch gnadenloser gefälscht. Das habe ich
auch gelernt. Aber man sollte klar definieren: was hat am Ende ein Käufer zu
erwarten, auch in dem Fall, dass er hinterher selber wieder zum Verkäufer wird. Also
ganz heraus lassen kann man ihn nicht. Nichts vorschreiben, aber die Dinge so klar
definieren, dass er einfach weiß, was eigentlich ein Objekt als Kulturgut im Handel
definiert.
Frau Dr. Astrid Müller-Katzenburg, Rechtsanwältin, International Association of
Dealers in Ancient Art (IADAA):
Einmal noch mal kurz zu den 30 Jahren zurück bzw. dazu, dass Herr Weber sagt, er
kann damit gut leben: Es ist tatsächlich so, dass für den Antikenhandel, für die, die in
einem
sehr
hochpreisigen
Segment
arbeiten,
die
Erfüllung
von
Aufzeichnungspflichten ein etwas anderes Thema ist als für die Kunsthändler, die mit
Objekten von geringerem Wert handeln. Und da müssen Sie sehen, dass das im
gesamten Kunsthandel natürlich die Objekte des Durchschnitts sind. Eben wurde ja
auch bei den Versteigerungen der Durchschnittswert von 3.000 oder 2.500 € in dem
Bereich genannt. An mich sind sehr viele Kunsthändler heran getreten, die gesagt
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haben: Schon die zehn Jahre finden sie eine Katastrophe. Und wenn sie jetzt sogar
noch 30 Jahre aufbewahren müssten, dann müssen sie zusätzliche Leute einstellen,
und dann quillen ihre Ordner über. Es ist jedenfalls im Hinterkopf zu behalten, dass
diejenigen, die eher mit Massenware handeln, andere Anforderungen haben. Damit
ist sehr viel Bürokratie verbunden. Das zu den 30 Jahren. Dann zu den
Sorgfaltspflichten: Frau Professor Fless, für Käufer gilt das schon nach allgemeinem
Recht. Aber das wissen Sie ja selber. Deswegen haben Sie ja hier speziell für die
Verkäufer die Regelung erwähnt. Grundsätzlich findet der Kunsthandel das gut,
wenn hier Sorgfaltspflichten statuiert werden. Eigentlich gehen wir davon aus, dass
es nicht erforderlich ist, weil es jetzt schon gilt. Dies zwar nicht über die
Gutglaubensregelung - die betrifft eben nur die Käufer - aber über das
Mängelgewährleistungsrecht. Wenn Sie etwas verkaufen, und es stellt sich heraus,
dass es nicht echt ist, oder es stellt sich heraus, dass es illegal exportiert ist, das wird
je nachdem als Mangel angesehen. Dazu gibt es auch Rechtsprechung, auch
international: Das gilt als „cloud on the object“. Und insofern gelten sowieso auch da
Sorgfaltspflichten. Aber wir haben überhaupt kein Problem mit dem, was sowieso gilt.
Dann soll es gerne auch noch einmal ausdrücklich statuiert werden. Und es ist
natürlich auch für den Kunsthandel eine gute Möglichkeit, sich noch einmal
abzusetzen. Was wir ja auch immer wieder betonen: Im seriösen Kunsthandel
werden diese Sorgfaltspflichten sowieso praktiziert und insofern ist da gar kein
Problem. Also im Grunde können Sie hier Artikel 16 fast abschreiben. Wogegen wir
strikt sind, ist die Verpflichtung gemäß Artikel 16 Absatz 2 b): „ihre Kundschaft über
bestehende Ein- und Ausfuhrregelungen von Vertragsstaaten zu unterrichten“. Also
wenn schon hochqualifizierte Juristen riesige Probleme damit haben, das
unüberschaubare Dickicht an den ganzen Im- und Exportregelungen exakt zu
überschauen, dann darf ganz bestimmt nicht, das sage ich mal so despektierlich,
dem „Otto-Normal-Kunsthändler“ das aufgebürdet werden. Wenn Sie sowieso
vorhaben, ein tolles Portal mit den ganzen Gesetzen zu erstellen, dann schreiben Sie
doch je nachdem rein: „und der Kunsthändler ist verpflichtet, seinen Verkäufer auf
dieses Portal hinzuweisen“. Denn es kann wahrscheinlich nicht unterstellt werden,
dass Kunsthändler per se intelligenter sind als alle anderen Menschen. Wenn
Kunsthändler das dann verstehen sollen, müssten es ja eigentlich auch die Käufer
verstehen. Wenn Sie also ein richtig gutes Portal schaffen, kann da gerne rein
geschrieben werden: „Kunsthändler sind beim Verkauf verpflichtet, ihre Käufer auf
dieses Portal hinzuweisen“.
Ein letzter Punkt noch: Sorgfaltspflichten sind ja ganz oft ausfüllungsbedürftige
Regelungen. Es wäre daher sehr schön, wenn diese noch präziser gefasst würden,
weil Rechtssicherheit für den Kunsthandel ein ganz wichtiger Aspekt ist. Die
Kunsthändler wollen sich rechtstreu verhalten. Nur ist es schwierig, daraus zu
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erkennen, was denn genau verlangt wird, wenn zum Beispiel in dem Gesetz steht:
„wenn nach den Umständen angenommen werden darf, dass es nicht gestohlen ist“.
Dass es zum Beispiel ausreicht, beim Art-Loss-Register zu fragen? Oder was auch
sonst immer? Der einzelne Kunsthändler ist auch teilweise überfordert. Der weiß
überhaupt nicht mehr, was er denn noch machen soll. Dann sagen Sie doch bitte,
was denn genau gemacht werden soll, und nicht nur, was man „den Umständen
nach annehmen darf“. Sondern meinetwegen: der Kunsthändler soll eine Abfrage
beim Art-Loss-Register und bei dem von Ihnen zu schaffenden Portal machen. Und
dann sollte bitteschön auch möglichst die Konsequenz gelten, dass, wenn der
Kunsthändler hier all seinen Verpflichtungen nachkommt, dass er sich dann auch
darauf verlassen kann, dass er auch wirklich als jemand gilt, der das rechtmäßig
veräußert hat, und dass er dementsprechend dann keine Ansprüche mehr
gewärtigen muss. Danke.
Frau Dorothea Kathmann, Leiterin der Präsidialabteilung, Hauptverwaltung
Stiftung Preußischer Kulturbesitz:
Ich möchte Ihnen jetzt nicht diktieren, was in dieses Gesetz soll. Ich glaube, das
wissen Sie auch so. Ich möchte nur noch einmal sagen, Sorgfaltspflichten würde ich
schon für alle Seiten sehen, auch für den qualifizierten Kunden, der etwas kaufen
möchte. Den muss ich nicht anders schützen als den Händler. Und bei dem Händler
würde ich auch denken, dass man dem auch zumuten kann, das, was es an Ausfuhroder an Einfuhrbestimmungen gibt, tatsächlich auch für das Einzelstück, das er
verkauft, zu ermitteln und offen zu legen. Diese Offenlegung würde ich schon zu den
Sorgfaltspflichten zählen, die an einen versierten Sachverständigen zu stellen sind.
Für die Museen gilt auf unserer Seite schon lange sehr viel intensiver, dass wir
unseren Sorgfaltspflichten insofern nachkommen, wir führen Inventare, um
Sammlungsgeschichte zu dokumentieren und auch der Aspekt „Herkunft“ muss da
hinein. Und da reicht die letzte Herkunft nicht aus. Gerade bei den Antiken haben wir
in den zurückliegenden Jahrzehnten ganz häufig die Angaben gehabt: „aus
Schweizer Privatbesitz“. Das werden sie auch kennen. Damit will ich auch
niemandem unterstellen, dass das sozusagen mit Absicht gemacht worden ist. Aber
das sind Angaben, die heutzutage einfach nicht mehr ausreichen, und da kann ich
nur für die Staatlichen Museen zu Berlin und für die Stiftung insgesamt sagen, es
wird solche Ankäufe nicht mehr geben. Das reicht einfach nicht aus und ich glaube,
da sind beide Seiten aufgefordert, auch umzudenken.
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Herr Robert Kugler, Rechtsanwalt:
Ich wollte nur eine kurze technische Anmerkung machen zu dem ganzen Komplex.
Die Sorgfaltspflichten sind ja eigentlich ein Begriff, der über die UNIDROITKonvention in Artikel 10 der Richtlinie eingeführt worden ist. Eigentlich ein
zivilrechtlicher Mechanismus, den das deutsche Recht ja auch durchaus kennt. Und
die Formulierung oder Festsetzung ganz konkreter Sorgfaltspflichten birgt natürlich
immer die Gefahr, dass sie entweder zu weit oder zu knapp gefasst sind, was ja auch
im deutschen Zivilrecht letzten Endes die Einzelfallbetrachtung erfordert. Und die
Prinzipien, die von der deutschen Rechtsprechung über Jahrzehnte entwickelt
worden sind, sollten bei der möglichst weiten oder nicht weiten Fassung hier
berücksichtigt werden. Möglicherweise auch im Rahmen der Gesetzesbegründung,
um keine allzu große Diskrepanz zwischen dieser immer noch öffentlich-rechtlichen
Norm, die es ja dann auch bleiben wird, und dem Zivilrecht zu schaffen. Denn
möglicherweise sind immer noch Eigentumsansprüche in der Verhandlung oder in
der Diskussion, und man sollte weder durch zu knappe noch durch zu weite
Formulierungen hier eine abweichende Handhabung des Sorgfaltsmaßstabes oder
dieses generellen Erfordernisses erzielen.
Herr Prof. Dr. Eckart Köhne, Präsident des Deutschen Museumsbund e. V.:
Danke. Wir haben ja vorhin den sehr berechtigten Appell gehört, dass man den
Kunsthandel nicht gleichsetzen möge mit dem Handel mit Gefahrengütern wie z.B.
Elfenbein. Ich habe aber das Gefühl, dass die juristische Diskussion über den
Umgang im Handel mit den Objekten auf diesem Niveau jetzt angekommen ist. Denn
wir könnten den Begriff Kulturgut auch ersetzen durch diese anderen Objekte. Ich
würde es gerne eben wieder zum Kulturgut zurückführen. Der Handel hat ja - was wir
ausgesprochen positiv sehen - sich sehr gewandelt in diesem Punkt über die
Selbstverpflichtungen. Er hat seine Rolle am Anteil am Schutz des Kulturgutes und
der Verbreitung des Kulturgutes ja immer betont. Und hier wäre doch eine gute
Gelegenheit, gerade durch eine Mitarbeit bei der Dokumentation der
Objektbiografien, dafür wirklich etwas zu tun. Wir haben ja das Thema mit dem
Pedigree und dieser Objektbiografie seit - also ich verfolge es seit - 25 Jahren. Als
ich Archäologie studiert habe, ging das schon los und damals gab es internationale
Bemühungen, darüber zu sprechen, eben solch eine Objektbiografie dem Objekt
anzufügen. Leider ist es nicht dazu gekommen. Denn wenn wir das die letzten 25
Jahre gemacht hätten, säßen wir heute nicht hier. Ich kann nur appellieren, damit
anzufangen,
und
deswegen
würde
ich
sagen,
dass
man
diese
Dokumentationspflichten vorsehen sollte - und zwar beim Käufer, beim Händler,
damit da die Information möglichst gesichert werden. Danke.
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Herr Dr. Michael Müller-Karpe, Forschungsinstitut für Archäologie, RömischGermanisches Zentralmuseum:
Vielleicht eine kleine Ergänzung. Zwei Punkte: Kleine Ergänzung spontan zu dem,
was Herr Köhne gerade gesagt hat. Einen Pedigree haben wir längst. Wir haben
Gesetze. Wir haben Antikengesetze, und wenn ein archäologisches Objekt legal
ausgegraben, legal ausgeführt wurde, gibt es amtliche Dokumente. Solche
Dokumente sind immer entstanden, wenn Objekte rechtmäßig ausgegraben und
exportiert wurden. Da muss nichts Neues eingeführt werden. Es ist die Frage, ob wir
als Gesellschaft ein Interesse daran haben können, illegal ausgeführtes
Raubgrabungsgut zu legalisieren und zu legalem Handelsgut zu machen. Punkt 1.
Punkt 2: Artikel 16 Kulturgütertransfergesetz sollte in einem Punkt, meine ich, nicht
Vorbild für uns sein. In Absatz 2 Buchstabe c wird der Händler verpflichtet, den
Ursprung des Kulturgutes aufzuzeichnen, soweit er bekannt ist. Die Vorgabe der
UNESCO-Konvention ist diesbezüglich völlig eindeutig. Dort wird gefordert, dass der
Händler die Herkunft des Kulturgutes aufzeichnet. Gemeint war natürlich der
Nachweis der legalen Herkunft, denn es gibt kein Land, wo man Objekte illegaler
Herkunft verkaufen könnte. Insofern konterkariert der Zusatz „soweit bekannt“ die
Idee, den Geist der UNESCO-Konvention und auch den Buchstaben der Konvention.
In der Konvention steht: „es ist der Käufer, der Verkäufer und die Herkunft
aufzuzeichnen“. Und damit ist quasi die Vorgabe der UNESCO-Konvention, dass die
Herkunft aufgezeichnet wird, natürlich die legale Herkunft. Weil, wie gesagt, illegale
Herkunft keinen Sinn macht, das kann man nirgends. Die UNESCO kann also nur
damit gemeint haben, dass der Nachweis der legalen Herkunft erbracht werden
muss. Dieser Zusatz konterkariert genau diese Intention, die dem Wortlaut zu
entnehmen ist, und deshalb meine Empfehlung: nehmen wir diesen Zusatz wieder
heraus und verwirklichen die Intention der UNESCO. Wie der Wortlaut ihn wiedergibt.
Herr Prof. Dr. Bernhard Weisser, Zweiter Vorsitzender der Numismatischen
Kommission der Länder, Direktor des Münzkabinetts der Staatlichen Museen
zu Berlin:
Die Numismatische Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland ist
eine wissenschaftliche Organisation der Bundesländer, die sich für die Förderung der
Aufarbeitung der Münz- und Geldgeschichte in Deutschland einsetzt. Wir begrüßen
ausdrücklich die neue Gesetzesinitiative. Wir weisen allerdings auch darauf hin, dass
bei der großen Anzahl der antiken Münzen die Arbeit der Numismatischen
Kommission, wie auch der einzelnen Mitglieder, das sind u. a. die großen Museen,
aus unserer Sicht von der Novellierung des Kulturgutschutzes auch entscheidend
betroffen sein wird. In dem Zusammenhang auch ein Hinweis, der uns sehr wichtig
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ist: Zum einen denken wir, dass Kulturgüterschutz mit der Dokumentation der
eigenen Bestände in den eigenen Museen beginnt. Wir glauben, dadurch dass wir,
wenn wir musterhafte Beschreibungen von Objekten vorlegen, dass wir da dann
auch Vorlagen liefern können für Länder, die weder über die Bibliotheken noch über
die Beschreibungskapazitäten verfügen. Das ist das Eine. Und das Andere ist eben
auch der Hinweis darauf - und das gilt auch für andere „kleine Fächer“-, dass wir in
den letzten 20 Jahren im Bereich der Numismatik im öffentlichen Bereich
dramatische Stelleneinbußen zu verzeichnen hatten. Seit 1993 ist die Anzahl der
offiziellen Stellen in der Numismatik um mehr als 36% von 40 auf 25,5-Stellen
gesunken. Vor diesem Hintergrund wollen wir uns einerseits anbieten, bei der
Erstellung von Instrumenten zur Dokumentation und Erforschung von Kulturgut
mitzuhelfen, bitten allerdings dann auch um die Möglichkeit und Unterstützung, ein
solches Instrument zu schaffen. Durch die Digitalisierung sind wir tatsächlich
erstmals in der Lage, Massenobjekte wie Münzen flächendeckend zu erfassen.
Vielen Dank!
Herr Thole Rotermund, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Deutscher
Galerien und Kunsthändler e.V. (BVDG):
Meine Anmerkung ist jetzt schon etwas veraltet. Ich wollte mich eigentlich auf meinen
dritten Vorredner beziehen, der nochmal die Dokumentationspflicht des Handels
angemahnt hat. Ich glaube, da müssen wir gar nicht diskutieren. Ich glaube, der
deutsche Kunsthandel dokumentiert seine Werke so gut er es irgendwie kann. Und
das ist - glaube ich - ein ganz wichtiges Stichwort, das wir hier nicht vergessen
dürfen. Es ist in meinem Interesse als Händler, dass ich alles, was ich über ein Werk
weiß und herausfinden kann - und es wird natürlich „intensivst“ recherchiert, das
kann ich Ihnen versichern -, dass ich das auch dokumentiere und dass ich das einem
Kunden oder einem mutmaßlichen Käufer in die Hand gebe. Natürlich wird eine
Arbeit immer - ich nenne es immer auf hochdeutsch ein bisschen „artgelost“ - auch
dass das alles abgecheckt ist. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass es Grenzen
gibt. Die haben wir vorhin schon angesprochen. Und für diese Grenzen müssen wir
Lösungen haben, denn es ist einfach Fakt, dass bestimmte Dinge nicht
nachvollziehbar sind. Immer wieder wird dieser schöne Vergleich gebracht mit den
Wurstwaren und Elfenbein usw. Wenn wir es mit solchen Dingen zu tun hätten,
säßen wir wahrscheinlich gar nicht so lange hier, dann hätten wir die Veranstaltung
heute Mittag schon beenden können. Denn dort ist es relativ einfach: ein Mittel, was
nicht in der Wurst sein darf, das können Sie chemisch nachweisen. Ich glaube, unser
Hauptproblem ist, das es immer wieder um weiche Kriterien geht. Erstmal um die
Frage natürlich, wie ein nationales Kulturgut sich überhaupt definiert. Das ist ein
Thema, das - glaube ich - gar nicht eindeutig zu fassen ist. Dann gibt es viele andere
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weiche Kriterien, wie gesagt, die die Dokumentation betreffen, und dafür brauchen
wir dann eine Lösung, um nicht bei einer Lücke gleich ein negatives Testat
auszustellen. Ich glaube, darum wird es auch gehen hierbei.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Ich möchte dazu noch etwas anmerken. Natürlich kennen wir die Schwierigkeiten der
Provenienzforschung. Wir kennen das aus unseren eigenen Einrichtungen, aus den
Museen. Ich habe gerade dienstlich mit dem Gurlitt-Fall zu tun, ich weiß daher zu
Genüge, wie schwierig es ist, im Nachhinein Provenienzen festzustellen. Worum es
eigentlich in diesem Gesetzentwurf geht, ist eben auch eine Bewusstseinsänderung,
die im seriösen Kunsthandel doch auch angekommen ist. Genauso wie Sie es
dargestellt haben: Sie werden doch im höchsten Eigeninteresse alles dokumentieren,
weil ein Kunstwerk oder ein antikes Stück, dass eine Dokumentation hat, einen viel
höheren Wert besitzt, d. h. die Dokumentation ist auch ein Wertfaktor. Deshalb ist es
zum Teil Eulen nach Athen tragen, was wir mit dem Kulturgutgesetz planen; unser
Problem ist eigentlich - und das nehme ich sehr ernst - was ist mit der
Vergangenheit? Das ist unser Hauptproblem. Für die Zukunft können wir uns alle
ganz gut darauf verständigen, dass natürlich Provenienzen aufgezeichnet werden,
und wenn Sie Erwerbungen und Weiterverkäufe tätigen, dass Sie im höchst eigenen
Interesse Provenienzen klären.
Was vielleicht außerdem noch eine Schwierigkeit bei der Formulierung von
Sorgfaltspflichten ist, wurde eben angedeutet. Als Kunsthändler schauen Sie in das
Art-Loss-Register in London. Dies ist allerdings ein privates Register. Die Frage stellt
sich, was kann der Gesetzgeber diesbezüglich vorschreiben; wo muss man
reinschauen? Wir haben in Deutschland noch LostArt in Magdeburg, wenn es um die
NS-Zeit geht, aber die Frage bleibt: Welche Register muss man einsehen?
Dr. Christoph Andreas, Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Galerien und
Kunsthändler e.V. (BVDG):
Ich wollte das gerade nur ergänzen. Es ist in der Tat so, dass wir als Kunsthändler
großen Wert darauf legen, möglichst eine Aufhebepflicht über die 30 Jahre hinaus zu
machen, das wird Herr Hanstein bestätigen können. Wir haben beide Betriebe, die
lange vor dem Krieg schon entstanden sind. Unser größter Verlust ist nicht das, was
wir im Krieg an Ware verloren haben. Der größte Verlust sind tatsächlich die Akten
und Unterlagen und Provenienzen. Denn auf die werden wir immer wieder
angesprochen, auch natürlich von den Museumsleuten. Das ist das, was uns fehlt,
die persönlichen Unterlagen. Und deswegen haben wir großes Interesse daran, so
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lange es irgendwie geht, Provenienzen und Unterlagen aufzuheben. Was wir nicht
können, ist natürlich Daten unserer Kunden einfach so herauszugeben. Es gibt auch
ein Persönlichkeitsrecht des privaten Kunstbesitzers. Wo wir dann am Ende sagen
müssen: „kommt aus einem Besitz in Deutschland, Name ist uns bekannt, seit
Jahren unser Kunde“, aber den Namen können wir natürlich nicht preisgeben.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Sie, die Vertreter des Kunsthandels, sprechen ja für Ihre Verbände, Frau MüllerKatzenburg spricht, so habe ich es verstanden, eher für einzelne Kunsthändler, mit
denen sie zu tun hat. Ich hatte eben die konkrete Frage an den organisierten
Kunsthandel gerichtet, würden Sie mit den 30 Jahren konform gehen? Das wurde
von Ihnen so ein bisschen bestritten, Frau Müller-Katzenburg, da gäbe es viele, die
hätten Probleme mit den 30 Jahren. Für mich ist nur die Frage: ich habe das jetzt so
verstanden - auf der linken Seite sitzen mehr die Verbandsvertreter -, dass Sie als
organisierte Verbände jedenfalls mit 30 Jahren leben können. Ja? Ok.
Wir reden über ein Preislimit, die 2.500 Euro, wenn Sie reinschauen in das Art-LossRegister in London, ist das eine Größe, über die man vielleicht auch im Hinblick auf
gesteigerte Sorgfaltspflichten nachdenken könnte. Wir sind da noch nicht festgelegt.
Aber man muss überlegen, ab welcher Größenordnung die Pflicht gilt.
Herr Prof. Henrik Hanstein, Kunsthaus Lempertz Köln, Bundesverband
Deutscher Kunstversteigerer e. V. (BDK):
Ich habe keine Probleme. Wir Versteigerer haben mit den 30 Jahren grundsätzlich
keine Probleme, da wir die Protokolle eh stets aufheben. Da steht der Einlieferer drin,
da steht der Käufer, teilweise noch die Unterbieter. Wir haben immer wieder
Schwierigkeiten, die Adressen ausfindig zu machen, und wenn Sie eben sagen, sie
müssen die Provenienz angeben, da steht dann „Süddeutscher Privatbesitz“,
„Rheinischer Privatbesitz“. Das Dümmste finde ich immer: „europäische Sammlung“.
Das sehe ich in der Schweiz immer, im Grunde genommen heißt das „Handel“. Es
gab noch Ergebnislisten in London bei den Auktionen, Mitte der 70er Jahre, da
standen in den Ergebnislisten noch die Namen der Käufer. Es lädt ja ein zum
Diebstahl, zum Einbruchdiebstahl, und das wurde dann sehr schnell gekappt. Also
Vorsicht, wir können die Namen nicht nennen, denn wenn Sie ein Auto kaufen und
es steht noch im Laden, da steht auch nicht drauf: „Verkauft an Herrn Dr. Günter
Winands, Berlin/Bonn.“ Steht dort auch nicht, das geht eben nicht und die Besitzer
sagen uns: „Ich möchte nicht, dass mein Name da drin steht: Provenienz: Sammlung
90
Dr. Winands, Berlin“ und wir versteigern das für Sie. Wenn Sie es einliefern würden,
würde ich in dem Falle vorschlagen, es zu tun, es ist ja qualitätssteigernd.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Ich hätte damit kein Problem.
Herr Prof. Henrik Hanstein, Kunsthaus Lempertz Köln, Bundesverband
Deutscher Kunstversteigerer e. V. (BDK):
Nein, Spaß beiseite. Es hat ganz hübsche Nachteile. Ich sage Ihnen immer, Sie sind
bekannt, Sie können eruiert werden. Über Google können Sie alles herausfinden.
Der Diebstahl ist ein Problem und dann gibt es auch eine Angst bei vielen Leuten
natürlich vor dem Finanzamt, das möchte ich nochmal so in den Raum stellen. Was
die 2.500 Euro betrifft. (Zwischenrufe unverständlich) Naja, früher gab es ja mal die
Vermögenssteuer, jetzt gibt es sie nicht.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
… aber da sind wir uns einig, dass wir die nicht zu schützen haben, oder?
Herr Prof. Henrik Hanstein, Kunsthaus Lempertz Köln, Bundesverband
Deutscher Kunstversteigerer e. V. (BDK):
Habe ich kein Problem mit. Ich wollte nur sagen, bei den 2.500 Euro Bagatellgrenze
für Art-Loss-Register ist dies ein bisschen ein Unterschied, bei dem einen höher, bei
dem anderen ein bisschen niedriger, z.B. bei Antiquaren. Viele kaufen 1.000 Bücher
auf einen Schlag. Wenn wir die alle inventarisieren müssten: da sind gerade einmal
20, die wirklich relevant sind, das ist unverhältnismäßig. Die 2.500 sind nur
deswegen für uns maßstäblich, weil wir für alle Objekte, seitdem es das Art-LossRegister gibt, alles über 2.500 Euro lückenlos abchecken lassen. Was soll ich da
rückrecherchieren, wenn die unter 2.500 sind? Wir müssen eine Bagatellgrenze
haben, sonst ist die Recherche höher als unser Verdienst. Das ist der Grund, warum
wir die 2.500 Euro haben. Sie haben sich buchstäblich aus den Kosten errechnet.
Eine Bagatellgrenze macht eben Sinn wegen der Bürokratie. Wir reden hier aber nur
von der Art-Loss-Register-Kontrolle.
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Herr Gordian Weber, Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Galerien und
Kunsthändler e.V. (BVDG):
Darf ich das nochmal wegen des Art-Loss-Registers einbringen: wir wären sehr dafür
und würden das gerne auch an Sie weitersagen, dass wir ein separates Register
erhalten, also wir müssen zurzeit dafür zahlen. Das ist ein hoher Aufwand, den wir
betreiben mit jedem „Search“, den wir dort durchführen lassen, und es wäre sehr
sinnvoll, wenn wir ein öffentliches Register bekommen würden, vielleicht angelehnt
an das Interpolregister, weil das große Problem ist - und das hatten wir, glaube ich, in
der Vergangenheit auch immer mal wieder erwähnt: vom Art-Loss-Register erhalten
wir ein Papier, ein Zertifikat, das belegt, dass wir diese Suche durchgeführt haben,
dass wir unserer Sorgfalt nachgekommen sind. Wenn wir an Interpol herantreten,
dann würden wir das Portal einfach nur besuchen. Die sehen, dass wir das Portal
besucht haben, aber wir kriegen in keiner Weise eine Aussage von Interpol. Das
bringt uns nicht weiter. Wir müssen praktikable Lösungen haben, die uns an die
Hand gegeben werden, die uns ermöglichen zu sagen, ja, schaut her, hier, so haben
wir gearbeitet. Weil wir selbstverständlich unseren Beitrag dazu leisten wollen. Auch
nochmal einmal zur Provenienzrecherche: das ist ein lustiges Geschichtchen, da ist
Herr Hanstein indirekt mit involviert. Wir sind hier in der kölschen Runde. Ich habe
ein Haus im Kölner Süden gekauft vor 10 Jahren. Die Kinder kamen auf die Welt und
dann fragte mich der Verkäufer: „Was machst du denn so?“. Ich sagte: „Ich bin
Spezialist für Archäologie, Kunsthändler in der zweiten Generation für Archäologie.“
„Ach ja, das ist ja interessant“, da waren wir schon beim Notar, „da haben wir noch
eine Kiste unten im Keller vom Vater“. Und da waren wiederum alte
Sammlungssticker drauf, also Inventar aus dem Hause Lempertz, zum Teil aus den
50er-Jahren. Das waren kleine römische Gläschen, die waren damals 100 Mark, 200
Mark wert, die werden Sie nie wieder aus diesem Lempertz-Archiv finden, das ist
eine Suche im Heuhaufen dort. Wir wissen aber, aha, das sind alte Nummern von
Lempertz. Ich habe die Kiste selber dann im Keller begutachten können. Solche
Geschichten gibt es viele. Und anzunehmen, dass nur das, was eine Exportlizenz
des Ursprungslandes hat und mit osmanischen Gesetzen zu kommen … oder mit
etwas zu kommen, was also seit 100 Jahren…, das ist eine Totalforderung, dem
können der Großteil der Museen nicht nachkommen. Da werden sie Ihre Lager, Ihre
Bestände, wenn Sie die alle mit größter Sorgfalt sichten, so wie wir es auch
versuchen, dann können Sie Ihre Museen dicht machen. Allein aus moralischen
Gründen, weil diese Exportlizenzen, die werden Sie nicht haben in Ihrem Inventar, ob
kriegsbedingt oder nie erhalten. Wir wissen aber, dass in Ägypten bis 1983 ein
legaler Antikenmarkt und auch ein Ausfuhrmarkt möglich war, von denen wir in
unseren Verbänden natürlich jetzt anfangen: „Oh, diese Exportlizenzen“, viele haben
sie weggeschmissen, da steht dann drauf: „ein Karton Antiken, 150 Objekte“. Das
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waren ägyptische Exportlizenzen! Wir können nur versuchen, das in Zukunft besser
zu machen, zu dokumentieren, wirklich nach vorne zu schauen und zu sagen: wir
leisten unseren Beitrag dazu. Aber immer in der Vergangenheit rumzustochern - es
ist ein Fass ohne Boden. Danke.
Herr Dr. Klaus-Rainer Brintzinger, Vorsitzender des Vereins Deutscher
Bibliothekare e. V.:
Ich wollte nochmal den Blick auf den Aspekt der Abstufung der Sorgfaltspflichten
lenken. Mein Plädoyer, unsere Ansicht ist, dass wir diese Abstufung zwischen
gewerblichen Händlern und privaten Händlern keinesfalls zu tief vornehmen sollten.
Das freut jetzt vielleicht die Händler hier im Raum. Ich habe nämlich gerade mal hier
ein Zufallsfeldversuch gemacht und habe bei ebay „Inkunabel“ eingegeben, und
wenn Sie das machen, dann können Sie in drei Stunden von S.B. (Anm.: aus
persönlichkeitsrechtlichen Gründen nicht wiedergegeben) ein paar Seiten vom
„Narrenschiff“ kaufen, Sie können von U.T. (ebenso) auch ein paar Seiten vom
„Layenspiegel“ in drei Stunden bei Ebay ersteigern. Das eine ist eine Inkunabel, das
andere eine Post-Inkunabel, beide Werke sind recht bekannt und in recht hoher
Auflage vorhanden. Daher kann dies durchaus alles legal sein; die Angebote können
aber auch aus einem Bibliotheksband herausgeschnitten worden sein. Die
Verkäuferin ist sogar mit Bild da: „S.69“ (ebenso). So nun wissen Sie jetzt: Frau S.69
verkauft das Ganze, und da würde ich mir schon wünschen, dass wir, wenn wir
Sorgfaltspflichten festlegen, diese nicht zu tief abstufen, denn heute kann jeder auf
ebay oder auf anderen Internetplattformen verkaufen. Und hier findet ein Markt statt,
den niemand kontrollieren kann, und da würde ich mir wünschen, dass wir hier
etwas über die Provenienz sagen könnten: Wo kommen diese einzelnen Seiten her,
wer hat die rausgeschnitten oder wer hat diese legal vor langer Zeit weitergegeben?
Deshalb mein Plädoyer: nicht zu tiefe Abstufung zwischen gewerblichem Händler
und nicht gewerblichem Händler, das hat im Internetzeitalter keine Bedeutung mehr.
Frau Dr. Astrid Müller-Katzenburg, Rechtsanwältin, International Association of
Dealers in Ancient Art (IADAA):
Vielleicht nur eine Klarstellung. Ich spreche heute hier nicht nur für einzelne Händler,
sondern ich spreche auch für den Kunsthändlerverband Deutschland. Ich spreche für
den Verband der Antiquare, ich spreche für den niedersächsischen
Kunsthändlerverband und ich spreche für den hessischen Kunsthändlerverband. Wir
haben gestern nochmal zusammengesessen und uns abgestimmt. Wir haben mit
dem BVDG uns hinsichtlich einzelner Themen - also gerade bezüglich der 30 Jahre 93
nicht mehr abgestimmt. Aber insofern hatten Sie eben eigentlich schon das ganz
Wichtige dazu gesagt, was die Sorgfaltspflichten anbelangt und auch die Zeit bzw.
den Zeitraum, wie lange ich etwas aufbewahre: Jeder Kunsthändler wird in seinem
ureigenen Interesse so viel Sorgfalt aufbringen und vor allen Dingen so viel
dokumentieren und auch so lange dokumentieren wie nur möglich, weil es den Wert
steigert. Bei einem Objekt, was ich nicht dokumentieren kann, da habe ich riesige
Schwierigkeiten, es zu verkaufen. Und es macht tatsächlich einen Riesen-Sprung
bzw. einen Riesen-Unterschied - wenn ich es verkaufen kann - im Verkaufswert, ob
und wie gut ich ein Objekt dokumentieren kann. Insofern führt das, was als „Job“
sozusagen der öffentlichen Hand und der Museen dabei ist, wenn die Museen also
jetzt sagen: „wir kaufen nur noch mit Provenienz“ usw. dazu: da beißt sich quasi die
Katze in den Schwanz, da die Händler auch an die Museen verkaufen. Das treibt
auch weiter den Preis möglichst umfassend dokumentierter Objekte hoch. Und umso
mehr werden natürlich die Kunsthändler auch da wieder aus ganz ureigenem
Interesse alles so gut wie möglich und so lange wie möglich dokumentieren. Es
macht nur einen Unterschied: Was hat je nachdem für mich Konsequenzen in der
Form, dass ich mich sogar strafbar mache? Oder was mache ich sowieso aus
eigenem Interesse? Und was hat es für Konsequenzen, wenn ich es nicht kann,
wenn ich nicht darüber hinaus dokumentieren kann, obwohl ich es gerne will? Da
eben wollen wir uns wehren: dass da noch eine Konsequenz drangeschlossen wird.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Ich habe die Dauer der Aufzeichnungspflicht deshalb nochmals eben angesprochen,
weil Sie die 30 Jahre in Frage stellten. Ich hatte den Eindruck gewonnen, dass die
auf der linken Seite des Raumes sitzenden Vertreter des Kunsthandels mit 30 Jahren
kein Problem haben und Sie hingegen hatten vorher erklärt, Sie hätten ein Problem
damit, wenn der Zeitraum länger als 10 Jahre gewählt wird. Jetzt entnehme ich aber
Ihrer Wortmeldung, dass auch Ihre Verbandsmitglieder aus eigenem Interesse diese
Dokumentationen dauerhaft aufbewahren. Deshalb einfach nochmals die konkrete
Frage. 30 Jahre: ein Problem oder kein Problem? Das ist auch an Sie die Frage, weil
wir eigentlich großes Einvernehmen herstellen möchten, auch mit dem Kunsthandel,
dass wir über 30 Jahre reden können.
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Frau Dr. Astrid Müller-Katzenburg, Rechtsanwältin, International Association of
Dealers in Ancient Art (IADAA):
Als gesetzliche Verpflichtung mit der Konsequenz, dass das dann je nachdem
Herausgabepflichten oder einen Strafbarkeitsvorwurf begründet, nein. 30 Jahre ist da
zu viel. Die Kunsthändler versuchen sowieso, so lange wie möglich es
aufzubewahren.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Von Strafbarkeit reden wir nicht, wobei im Übrigen natürlich diese Regelung auch
machen für den Rechtsnachfolger gilt. Es muss derjenige Aufzeichnungspflichten
beachten, der Kulturgüter in den Verkehr bringt oder dessen Rechtsnachfolger ist.
Frau Dr. Astrid Müller-Katzenburg, Rechtsanwältin, Internation Association of
Dealers in Ancient Art (IADAA):
Naja, Sie werden ja Konsequenzen dran knüpfen, sonst stünde es nicht im Gesetz.
Es wird schon irgendwelche Konsequenzen haben - und insofern nochmal: Jeder
Kunsthändler macht im eigenen Interesse das so gut wie möglich. Nur haben eben
gerade die, die mehr mit Massenware handeln, da größere Schwierigkeiten. Und
deswegen wäre unser Petitum, nicht die 30 Jahre reinzuschreiben, sondern
höchstens 10 Jahre. Und davon abgesehen machen das die Händler sowieso.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Wir unterhalten uns hier nicht über Massenware. Also dass Sie nicht für einen Pokal wenn das hier ein Pokal wäre für 10 Euro - 30 Jahre Aufzeichnungspflichten haben,
darüber reden wir nicht. Wir reden über eine Wertgrenze 2.500, 3.000, die Schweizer
kennen 5.000 Franken bzw. Euro. Also darüber müssen wir reden, aber nicht über
den kleinen Pokal, der 10 Euro kostet.
Frau Birgit Maria Sturm, Geschäftsführung des Bundesverbandes Deutscher
Galerien und Kunsthändler e.V. (BVDG):
Noch eine Verständnisfrage: Im Moment reden wir auch über das Alter von Objekten,
denn es gibt auch Galerien, die mit ganz jungen zeitgenössischen Künstlern handeln.
Klar, die werden auch älter, die Zeit schreitet voran. Die müssen dann auch
beginnen, Verkäufe, Ankäufe usw. aufzuzeichnen, was ja sie ja für das Finanzamt
sowieso tun müssen. Das Problem ist: Es gibt bei jungen Galerien eine extreme
95
Fluktuation. Viele schließen nach 10 - 15 Jahren, das ist ein Erfahrungswert. Die
Hälfte aller neu gegründeten Galerien, wenn nicht gar mehr, schließen innerhalb
dieses Zeitraums, weil sie sich wirtschaftlich nicht über Wasser halten können.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Wenn ich Inhaber einer jungen Galerie bin, Frau Sturm, helfen Sie mir. Jetzt gehe ich
leider in die Insolvenz. Meine Kunstwerke, die werfe ich ja nicht weg, sondern ich
versuche, sie noch zu verkaufen. Dann brauche ich auch Dokumente. Zum Beispiel:
Sie arbeiten mit einem Künstler zusammen, dann haben Sie natürlich die Provenienz
aufgeschrieben, weil Sie die Werke sonst nicht veräußern können. Also auch die
junge Galerie wird im eigenen Interesse - damit sie überhaupt Kunstwerke verkaufen
kann - doch eine Provenienz dokumentieren. Vielleicht nicht in der Perfektion, aber
Sie wird doch eine Provenienzdokumentation anfertigen.
Frau Birgit Maria Sturm, Geschäftsführung des Bundesverbandes Deutscher
Galerien und Kunsthändler e.V. (BVDG):
Die Galerien sind ja heutzutage technisch bestens ausgerüstet und erfassen die
natürlich alles über ihre Websites und durch ihre Galeriensoftware usw. Natürlich
machen die das, das ist ganz klar.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Ja, und wenn sie die Werke an den Künstler zurückgeben, dann sind diese wieder
beim Künstler.
Frau Birgit Maria Sturm, Geschäftsführung des Bundesverbandes Deutscher
Galerien und Kunsthändler e.V. (BVDG):
Was in der Regel passiert, denn Galerien arbeiten ja vornehmlich auf dem Wege der
Kommission direkt mit dem Künstler zusammen.
Herr Ulrich Künker, Verband der deutschen Münzenhändler e.V.:
Ich habe eigentlich zwei Punkte. Ich wollte einmal, was die Aufbewahrungspflichten
angeht, nochmal darauf hinweisen: ich weiß, das sage ich jetzt schon zum dritten
Mal, aber ich will trotzdem darauf hinweisen. Wir reden im Münzmarkt nicht nur von
großen Auktionshäusern, von großen Häusern mit mehr als 10 Angestellten, sondern
96
es gibt auch viele Einzelkämpfer, die in den kleinen Ladengeschäften stehen. Also
da möchte ich Sie bitten, daran zu denken, wenn Sie die Sorgfaltspflichten
definieren, dass das auch von der Mannstärke her machbar sein muss. Das ist
vielleicht mit dem Bagatellgrenzen möglich, aber das ist nur ein Hinweis. Ich denke
mal, immerhin für 150 Mitglieder unserer Verbände ist das schon wichtig. Der zweite
Punkt, der mir hier so ein bisschen zu kurz gekommen zu sein scheint, ist - Herr
Hanstein hatte das schon mal angesprochen - das Thema der Sammler. Ich sehe es
eigentlich so - und ich höre es hier heraus -, dass die Sorgfaltspflichten auch für
Sammler gelten. Wir müssen daran denken, dass die Sammler eben einen Großteil
Ihres Vermögens in Ihre Sammlungen stecken und insofern natürlich sehr großes
Interesse daran haben, dass Ihr Vermögen auch privat ist, dass sie das vererben
können. Insofern würde ich Sie bitten, die Sammler noch mit anzuhören. Ich finde es
schade, dass sie heute Abend nicht hier sind.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Das Gesetz regelt das Inverkehrbringen von Kulturgütern. Indirekt hat natürlich jeder,
der etwas kauft, bestimmte Obliegenheitspflichten, im eigenen Interesse. Ich habe
auch gewisse Sorgfaltspflichten als Käufer eines Autos, denn wenn ich erkenne,
dass der Wagen gestohlen ist, dann kaufe ich ihn tunlichst nicht, weil ich dann
nämlich kein Eigentum erwerbe. Also nochmals, das Gesetz regelt das
Inverkehrbringen. Es regelt nicht Sorgfaltspflichten von Sammlern, damit wir uns
nicht falsch verstehen. Für den Sammler gelten allgemeine Pflichten, wie für jeden
Käufer auch. Jeder Käufer hat gewisse Sorgfaltspflichten, wenn Sie die nicht
beachten, können Sie nachher Pech haben. Aber es gibt natürlich eine gewisse
Nachwirkung, wenn der Käufer eines Kunstwerkes oder einer teuren Münze weiß,
dass der Händler gewisse Sorgfaltspflichten hat, z. B. eine Dokumentationspflicht.
Dann fragt er natürlich im eigenen Interesse nach der Provenienz und
entsprechenden Belegen, damit nicht später jemand kommt und sagt „Das ist mir
gestohlen worden“. Im eigenen Interesse dokumentiert ein Käufer, dass ein
erworbener Gegenstand ihm gehört.
Oder nehmen Sie die Fälle der Washingtoner Erklärung. Es möchte doch heute
niemand mehr in die Situation kommen, zwar Eigentum erworben zu haben, es aber
aus moralischen Gründen herausgeben zu müssen. Sammler werden künftig viel
stärker darauf achten, dass diese Aufzeichnungs- und Sorgfaltspflichten von seinem
Verkäufer erfüllt werden. Im höchsten Eigeninteresse. Und er ist natürlich betroffen:
Wenn jemand in Thailand Kulturgut in Kenntnis eines Ausfuhrverbotes erwirbt, macht
er sich bei einer Ausfuhr aus Thailand strafbar. Wir wollen, wie bereits erwähnt,
künftig in den Reisehinweisen für Touristen mitteilen, welche Kulturgutbestimmungen
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in dem jeweiligen Reiseland gelten. Die Interessensphäre der Sammler ist also durch
das Gesetz nicht direkt spezifisch betroffen, aber sie betrifft es natürlich indirekt, ja
klar.
Herr Ulrich Künker, Berufsverband des Deutschen Münzenfachhandels:
Ich glaube, dass es die Sammler sehr direkt betrifft. Also, in meiner Klientel, die
Sammler sind verunsichert und da möchte ich Sie einfach darauf hinweisen: das
wäre gut, wenn Sie sie einladen würden. Die Deutsche Numismatische Gesellschaft
hat Ihnen auch ein Schreiben geschickt, die ist leider heute nicht eingeladen worden,
das bedauere ich sehr, weil die Sammler eben betroffen sind. Das ist mein Hinweis.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Entschuldigen Sie, dass ich mich wiederhole. Der Sammler ist dann tangiert, wenn er
ein Kunstwerk kauft, das gestohlen worden ist. Da ist er aber heute auch schon
betroffen, und jetzt ist die ganze Frage, ob er gegebenenfalls gegen seinen
Verkäufer Regress nehmen kann. Und wenn er in einem solchen Fall nachweisen
kann, dass der Verkäufer die erforderliche Sorgfaltspflicht nicht erfüllt hat, ist es gut
für Ihren Sammler, weil er in diesem Fall gegen den Verkäufer erfolgreich vorgehen
kann. Der Sammler, für den sind höhere Sorgfaltspflichten im Kunsthandel daher
geradezu in seinem ureigensten Interesse. Da der Sammler nämlich dann, wenn ihm
etwas verkauft wird, was nicht in Ordnung ist, Regress nehmen kann.
Herr Ulrich Künker, Verband der deutschen Münzenhändler e.V.:
Ich möchte nur mal auf die Besonderheit bei Münzen hinweisen. Wir haben keine
lückenlose Provenienz. Ganz besonders bei der Massenware Münze kriegen wir das
sehr schwer nur hin. Und da möchte ich…
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Wir wissen, dass der Wert vieler Münzen, auch wenn sie sehr alt sind, gar nicht so
hoch ist, besonders wenn es Massenware ist. Aber es gibt auch Münzen, die haben
einen Wert von 5.000 Euro und mehr. Das werden wir schon beachten. Dies ist
genauso beim Briefmarkenhandel. Ich weiß nicht, ob Sie für die Philatelisten
mitsprechen, dort ist die Problematik ähnlich. Aber es gibt eben auch die Blaue
Mauritius und ganz teure Briefmarken, es gibt ganz teure Münzen und es gibt die
Massenware, und diese Unterschiede werden wir schon gebührend berücksichtigen.
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Wir wollen natürlich nicht den gesamten numismatischen Handel und auch nicht den
ganzen Briefmarkenhandel einschränken.
Herr Ulrich Künker, Berufsverband des Deutschen Münzenfachhandels:
Entschuldigung. Ein Punkt noch zu dem, was Herr Weber vorhin angesprochen hat:
Es ist nicht unüblich im Münzenhandel oder im Münzmarkt, dass man eben eine
Kiste Münzen findet, wo niemand mehr weiß, wo sie herkommen. Das ist nicht
unüblich und daran muss gedacht werden. Danke.
Herr Dr. Michael Müller-Karpe, Forschungsinstitut für Archäologie, RömischGermanisches Zentralmuseum:
Wir hatten da in der letzten halben Stunde eine streckenweise etwas gespenstische
Diskussion. Es ging um die Sorgfaltspflichten des Antikenhandels, und wenn wir in
dem Zusammenhang von Art-Loss-Register und einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Art-Loss-Registers hören, muss ich sagen, ist das einfach
daneben. Denn das Art-Loss-Register hat natürlich nur Dinge registriert, die
gemeldet sind, und Raubgräber melden natürlich nicht ihren Warenbestand. Wenn
ein Käufer eine solche Bescheinigung vorgelegt bekommt, dann lässt er sich nur
dadurch beschwichtigen, weil er eben weggucken will. Was ich allerdings bedenklich
finde, ist, dass ich in der Vergangenheit mehrfach in Einstellungsverfügungen von
Staatsanwaltschaften gelesen habe in Ermittlungsverfahren gegen Antikenhändler in Hehlerverfahren -, wo darauf hingewiesen wurde, dass der Antikenhändler seiner
Sorgfaltspflicht genüge getan hat, indem er im Art-Loss-Register nachgeguckt hat, in
der Datenbank von Lost-Art und auch von Interpol. Da grenzt es an den Vorsatz der
Irreführung, denn jeder muss wissen, dass dies kein Nachweis einer Sorgfalt ist, im
Gegenteil, dass hier Sand in die Augen der Käufer gestreut wird. Bedenklich, wenn
ein Staatsanwalt das zur Begründung dafür nimmt, dass er sein Verfahren einstellt.
Frau Dr. Gabriele Pieke, Mitglied des Vorstandes des Deutschen
Nationalkomitees des Internationalen Museumsrats (ICOM) Deutschland,
Sammlung Altägypten, Wissenschaftliche Sammlungsleiterin:
Danke, ich knüpfe so ein bisschen an, an dem, was gerade gesagt wurde, wobei ich
es ein bisschen in die andere Richtung drehen möchte. Denn wenn es um
archäologische Artefakte aus internationalen Kontexten geht, ist es einfach sehr
schwierig, weil zahlreiche Objekte einfach nicht in internationale Datenbanken
eingetragen werden. Ich kann es vor allem für die arabische Welt sagen, dass selbst
99
im Jahre 2011, wo große Diebstähle unter anderem auch im Ägyptischen Museum in
Kairo von prominentester Natur stattgefunden haben. Diese Stücke wurden jedoch
nicht alle in Suchlisten eingetragen und lassen sich heute nur partiell in den Listen
von Interpol finden. Das heißt, es gibt eigentlich kaum Möglichkeiten, die illegale
Entwendung zu recherchieren. Und was der Kollege hinter mir angesprochen hat, ist
zumindest für Ägypten ganz essentiell. Legale Ausfuhrbelege sind im Prinzip sehr
vage gehalten und da steht dann: so etwas wie „Sarg“. Wie groß dieser Sarg ist,
welche Farbe er hat, welche Ausmaße wird leider nicht genannt. Bis in die 70er,
frühen 80er wurden Objekte legal verkauft und jedoch in den damit verbundenen
Ausfuhrbelegen nicht genauer differenziert. Es gibt häufig keine fotografische
Dokumentation, so dass es wirklich sehr schwer ist, solch vage Papiere mit einem
expliziten Objekt abzugleichen. Und selbst mit bester Absicht ist dies einfach nicht
möglich, weil es wirklich keine eingetragenen Register gibt, in denen geklaute
Objekte aus Grabungsmagazinen etc. registriert sind. Dies ist wirklich ein Problem
der Archäologie und auch der Museen in zahlreichen Ländern. Es kommt also auf
das zurück, was ich schon vorhin gesagt habe, dass Raubgräberei nur zu bereinigen
ist, wenn man das Übel auch an der Quelle anpackt.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Wobei es Staaten gibt, die überhaupt keine Ausfuhr von Antiken mehr zulassen,
dann ist es relativ klar.
Frau Dr. Gabriele Pieke, Mitglied des Vorstandes des Deutschen
Nationalkomitees des Internationalen Museumsrats (ICOM) Deutschland,
Sammlung Altägypten, Wissenschaftliche Sammlungsleiterin:
Bestimmt, aber wenn ich so eine alte Ausfuhrgenehmigung vorliegen habe und ich
weiß, dass auch in meinen Museen solche Papiere dann in den Inventarbüchern
existieren als Beleg, die aber im Prinzip gar nicht abgeglichen werden können mit
den Objekten. Die sind zwar reingelangt mit den Objekten…
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Es gibt auch gefälschte Dokumente. Andererseits, wenn sie gefälscht sind und dies
wird nachgewiesen, dann macht sich sowohl derjenige strafbar, der solche
Dokumente fälscht als auch derjenige, der diese Fälschungen wissentlich nutzt. Es
wird zudem Dokumente geben, die im Wege von Korruption in den Herkunftsstaaten
entstehen. Das wird es auch geben. Dies stellt aber nicht das Prinzip in Frage. Und
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die Sorgfaltspflicht bezieht sich natürlich auch darauf, dass ein Händler ein solches
Dokument auf seine Echtheit hin prüft, wenn dazu erkennbar Anlass besteht. Mit
solchen Fälschungen von amtlichen Dokumenten wird man immer wieder zu tun
haben. Das bleibt nicht aus, wir wollen wir uns hier auch gar nichts vormachen.
Frau Dr. Gabriele Pieke, Mitglied des Vorstandes des Deutschen
Nationalkomitees des Internationalen Museumsrats (ICOM) Deutschland,
Sammlung Altägypten, Wissenschaftliche Sammlungsleiterin
Ich wollte einfach nur anmerken, dass es einfach ein großes Problem ist, dass für
archäologische Artefakte aus internationalen Kontexten keine allumfassenden
Registrarbücher, Datenbanken etc. existieren, die global verfügbar sind, und dass die
Interpol-Listen nicht ansatzweise ausreichend sind.
Herr Dr. Hubert Lanz, Verband der deutschen Münzenhändler e.V.
Die Aufbewahrungspflichten: also, zufällig ist meine Frau aus Thailand. Sie hat mir
jetzt gesagt: „Der Keller muss geräumt werden“. Ich habe dort Auktionsprotokolle seit
1972 aufgehoben. 1972 bis 1980 in Graz, wo ich angefangen habe mit meinem
Vater, von 1977 bis jetzt hier. Meine Frau ist wie gesagt, Thailänderin, sagt „Weg mit
dem Zeug“, also braver Ehemann, habe ich es weggeschmissen. Ich bin eine
Einzelfirma, ich bin keine Firma wie Künker mit 40 Angestellten, obwohl ich auch
inzwischen 20 habe. Aber ich hatte den Kellerraum nicht.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Bei 20 Mitarbeitern müssten Sie aber einen Keller haben. Bei 20 Mitarbeitern?
Herr Dr. Hubert Lanz, Verband der deutschen Münzenhändler e.V.
Ja aber nicht in (unverständlich)block, da können Sie sich keinen Keller leisten für
diese ganzen Geschichten. 30 Jahre lang aufheben! Da muss ich ja noch in meinen
Auktionsprotokollen dann die Objekte trennen, die Seiten rausreißen, wo die Münzen
für 100, 200, 300 Euro drin sind, die muss ich herausreißen - händisch. Da sitze ich
hier drei Jahre dabei und lasse nur die drinnen, die über 5.000, 2000 irgendwas
bringen…. (Zwischenruf „Scanner“) Scanner? Wo sind Sie denn? Ich schicke Ihnen
meine Protokolle und Sie scannen es bitte.
101
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Aber bei 20 Mitarbeitern bekommt man, glaube ich, den Keller irgendwo hin.
Herr Dr. Hubert Lanz, Verband der deutschen Münzenhändler e.V.
Und außerdem, 30 Jahre, noch einmal: ich habe angekündigt, am 30.01.2043 eine
Auktion zu machen mit allen meinen Fälschungen zu meinem 100. Geburtstag. Nach
Ihren Ansichten muss ich das alles bis 2045 aufheben.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
30 Jahre.
Herr Dr. Hubert Lanz, Verband der deutschen Münzenhändler e.V.
30 Jahre. Also 45, dann bin ich 102.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Sie ja nicht, aber ich hoffe, Ihr Rechtsnachfolger. Ich hoffe ja, dass Sie Ihre Firma
verkaufen oder übertragen können.
Herr Dr. Hubert Lanz, Verband der deutschen Münzenhändler e.V.
Mein Sohn studiert politische Wissenschaft.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Aber, dass Sie die Firma verkaufen können.
Herr Dr. Hubert Lanz, Verband der deutschen Münzenhändler e.V.
Wie bitte?
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Die Firma verkaufen können.
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Herr Dr. Hubert Lanz, Verband der deutschen Münzenhändler e.V.
Einen Münzhandel kauft keiner.
Herr MinDir Dr. Winands:
Ok.
Herr Prof. Markus Hilgert, Direktor des Vorderasiatischen Museums der
Staatlichen Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz:
Die von uns allen ja sehr begrüßte gesetzliche Regelung der Sorgfaltspflichten ist
dann besonders effektiv, wenn diese Sorgfaltspflichten auch kontrolliert werden. Es
gibt ja im Schweizer Gesetz einen entsprechenden Absatz, der sagt: „Auskünfte sind
zu erteilen an die entsprechende Fachstelle“. Sind die Fachstellen in Deutschland die
Gewerbeaufsichtsämter und haben die die Kapazitäten, um hier die neu geregelten
gesetzlichen Sorgfaltspflichten dann auch zu kontrollieren? Ist das etwas, was
zusätzlich geregelt werden muss im Gesetz, dass das dann auch tatsächlich
geschieht? Oder ist es etwas, was sich ohnehin von selbst versteht?
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Zunächst ist das Wichtigste bei der Sorgfaltspflicht das Verhältnis zwischen dem
Händler und dem Käufer, denn dort wirkt es sich unmittelbar aus. Diese
Sorgfaltspflicht wird im Grunde am stärksten über den Markt kontrolliert. Denn ein
Käufer verlässt sich darauf, dass sein Kunsthändler die im Kunsthandelsverkehr
erforderliche Sorgfalt als die kaufmännische Sorgfalt erfüllt, die damit indirekt
definiert wird. Was generell in der Tat zu prüfen ist, ist, ob die Einhaltung der
Regelungen zum Kulturgutschutz wirklich in Deutschland ausreichend kontrolliert
wird. Darüber müssen wir im Einzelnen noch auf staatlicher Ebene, etwa mit dem
Bundeskriminalamt, reden. Wir sollten im Übrigen jetzt die Rednerliste schließen,
sonst schaffen wir 18.00 Uhr als Endpunkt nicht; also mit diesen Rednern, glaube
ich, schaffen wir aber eine Punktlandung.
Herr Prof. Dr. Eckart Köhne, Präsident des Deutschen Museumsbund e. V.:
Ich mache es auch ganz kurz. Es ist auch das letzte Mal, dass ich mich heute melde.
Wir sind als Museum auch damit beauftragt, für die Landesregierung von BadenWürttemberg diese Ausfuhrgenehmigungen für unser Bundesland zu bearbeiten.
Insofern hätten wir großes Interesse daran, dass man eben die Sorgfaltspflicht, die
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man da von Objekt zu Objekt abliest, möglichst präzise definiert. Es ist nämlich bei
uns im Moment so, dass wir ein Verfahren mit unserem Ministerium abgestimmt
haben, und wir erhoffen uns von dem Gesetz etwas mehr Rückendeckung, qualitativ
besser diesen Prüfvorgang durchführen zu können. Der zweite Punkt betrifft noch ein
technisches Detail, was mich gewundert hat: die Schweiz hat bei ihren Bußgeldern
oder bei ihren Strafen, wenn das also strafbewehrt ist, wie es jetzt auch für das
Gesetz vorgesehen ist, eine Prozentregelung. Da werden die Sünder nach ihrem
Einkommen bewertet. Ich könnte es mir hier vorstellen, dass eben die
Strafbewehrung nach dem Wert des Objektes bemessen wird, um das es geht, und
nicht mit feststehenden Sätzen. Denn der Schaden, der da angerichtet wird, ist ja
proportional zum Wert oder zur Bedeutung des Objektes, und das wäre doch
vielleicht eine interessante Sache, wenn man die Strafsätze daran orientieren würde.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Das Strafrecht in Deutschland kennt Tagessätze. Wenn jemand verurteilt wird, erhält
er als Strafe x Tagessätze, und der Tagessatz richtet sich nach den jeweiligen
Einkommensverhältnissen, was auch gerecht ist. Das bedarf also keiner spezifischen
Regelung im Kulturgutschutzgesetz, weil die Strafbarkeit nach Tagessätzen
geltendes allgemeines Strafrecht ist.
Herr Michael Becker, Berufsverband des Deutschen Münzenfachhandels:
Herr Dr. Winands, Sie hatten vorhin gesagt, dass eine Wertgrenze von 2500 Euro o.
ä. möglicherweise angedacht ist. Ich bin allerdings nicht sicher, ob der Herr MüllerKarpe das auch so sieht, was jetzt den Bereich der Münzen betrifft. Vorhin ging es
einmal um römische Münzen, die ein oder zwei Euro wert sind, wo er, wenn ich Ihn
richtig verstanden habe, auch einen lückenlosen Nachweis der Provenienz fordert,
der aus heute eigentlich vielfach, mehrfach geschilderten Gründen nicht erfolgen
kann und auch bei einer Aufbewahrungsfrist, egal wie lange sie ist, aufgrund der
Wertigkeit überhaupt nicht durchgeführt werden kann. Das möchte ich gerne
festgehalten wissen, dass wir bei allem über eine zukünftige Wertgrenze reden und
nicht unter dem Aspekt, dass es archäologisch ist, weil es vor mehr als 100 Jahren
im Erdboden vergraben oder verloren wurde, dann plötzlich ohne Wertgrenze
dasteht. Dankeschön.
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Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Wir müssen bei archäologischen Objekten schon genau hinsehen. Wenn Sie in
Brandenburg graben und finden dort Münzen, dann kommt es darauf an, ist das
archäologisches Gut oder nicht. Da ist es nicht so einfach mit einer Wertgrenze
getan, in einem solchen Fall kommt es auf den archäologischen Hintergrund an.
Herr Michael Becker, Berufsverband des Deutschen Münzenfachhandels:
Aber dafür haben wir das Schatzregal und wenn man sich da falsch verhält, ist es
Fundunterschlagung und es ging darum, dass auch für bestehende Münzen, die
möglicherweise vor ein paar hundert Jahren von geringem Wert irgendwo in der Erde
gefunden wurden oder vor Jahrzehnten eine lückenlose Provenienz nachgewiesen
werden soll. Anderenfalls sollen sie nicht mehr gehandelt werden dürfen, weil man ja
keine vollständigen Papiere vorlegen kann und das ist ein Punkt, da wird gesagt,
wenn man das per heute sieht: Ab heute darf der Handel nur noch Münzen
verkaufen, die eine lückenlose Provenienz haben. Es gibt Museen, die haben bereits
jetzt die Anweisung, nur noch Gegenstände einzukaufen, die über eine lückenlose
Provenienz verfügen. Aber die Bestände, die in den Museen sind, wurde vorhin
gesagt, da wissen die Museen selbst nicht oder können nicht für alle Artikel die
Provenienz nachweisen, weil die Provenienzforschung ein sehr aufwendiges Feld ist.
Es würde aber dann nach den Vorschlägen von Herrn Müller-Karpe zukünftig für den
Handel verlangt, dass ab sofort nur noch Münzen mit vollständigen Papieren, egal
wie gering der Wert ist, in Verkehr gebracht werden dürfen. Das würde quasi den
Münzhandel zum Erliegen bringen für alle Münzen, die älter als 100 Jahre sind.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Wir werden versuchen, den Besonderheiten des Münzhandels - dies sage ich Ihnen
zu -, gerecht zu werden, vor allem auch flexible Regelungen zu schaffen. Allerdings
nochmals: wenn es Kulturgut ist, das aus archäologischen Grabungen kommt, kann
die Wertgrenze nicht bei 2.500 Euro liegen, sondern sie muss dann niedriger sein,
denn das verträgt sich sonst nicht. Wenn hingegen Münzen aus einer lange
zurückliegenden alten archäologischen Grabung stammen und diese Münzen sich
seit Jahrzehnten in Sammlungen befinden, ist dies wiederum anders zu bewerten.
Für einen solchen Fall haben Sie natürlich Recht. Also wenn jemand zum Beispiel
eine numismatische Sammlung hat und die ist seit 30 Jahren in seinem Besitz, dann
kann man nicht im Nachhinein die einzelnen Münzen rekonstruieren. Wir werden
versuchen, dafür flexible Regelungen zu finden.
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Herr Landeskonservator a.D. Dr. Michael Henker, Präsident des Deutschen
Nationalkomitees des Internationalen Museumsrats (ICOM) Deutschland:
Ich mache es auch kurz, noch einmal im Anschluss an den Kollegen Hilgert. Der
Kulturgütertransfergesetz, § 16 Absatz 2 Buchstabe d, diese Fachstelle, die da
angesprochen worden ist: habe ich in Ihrer Antwort recht verstanden, die würden Sie
beim Bundeskriminalamt ansiedeln und die würden dann die Auskunft geben oder
wie muss man sich das vorstellen? Nein, aber hier ist ja von der Fachstelle, da ist
von einer Institution die Rede. Wenn Sie sagen, wir wollen das gerne übernehmen,
weil das ein gutes Vorbild ist, das Schweizer Kulturgütertransfergesetz, dann möchte
ich schon wissen, wie das in Deutschland aussehen sollte.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Ich habe gesagt, das ist eine Anleihe, aber der föderale Aufbau in der Schweiz sieht
anders aus als in Deutschland. Und ich habe erwähnt, dass wir einen gelebten
Föderalismus in Deutschland haben. Dies wird sich auch bei den Zuständigkeiten im
Hinblick auf den Vollzug des Kulturgutschutzgesetzes widerspiegeln.
Frau Dr. Astrid Müller-Katzenburg, Rechtsanwältin, International Association of
Dealers in Ancient Art (IADAA):
Sie hatten eben bei dem Redebeitrag von Frau Dr. Pieke gesagt: „das ändert ja am
Prinzip nichts“, und Frau Dr. Pieke hatte darauf hingewiesen, dass es teilweise
schwierig ist, den Sorgfaltspflichten nachzukommen, weil teilweise die Dokumente
fehlen oder die Dokumente sehr vage Bezeichnungen haben und es sonst keine
Möglichkeit gibt, bestimmte Sachen in Erfahrung zu bringen. Zu dem Prinzip
deswegen nochmal von uns die Anregung: Dass die Sorgfaltspflichten hoch sind, das
ist sicher richtig, und das Prinzip, dass die UNESCO-Konvention, dass die möglichst
umgesetzt und die Umsetzung gestärkt wird, ist auch richtig. Nur wir regen hiermit
nochmal an, dass doch auch möglichst die Verpflichtungen, die in der UNESCOKonvention stehen für die Herkunftsstaaten, dass die auch ernst genommen werden
sollen. Denn da steht ja z. B., dass die Herkunftsstaaten ihre Objekte möglichst
aufzeichnen. Das geht nicht immer, bei den Raubgrabungen ist das richtig. Aber es
geht vielfach. Viele Herkunftsländer hatten jetzt 30 oder 40 Jahre Zeit, auch ihre
Hausaufgaben zu machen. Deswegen fanden wir damals bei der Umsetzung der
UNESCO-Konvention das gesetzestechnisch durchaus auch einen guten Weg, den
anderen Vertragsstaaten eine zusätzliche Motivation zu geben, ihren Verpflichtungen
nachzukommen - denen sie gemäß der Konvention sowieso nachkommen müssen -,
wenn man daran eben Konsequenzen anknüpft.
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Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Frau Müller-Katzenburg, ich meine, es wird jetzt schwierig: Wir können nicht von
Deutschland aus ultimativ einfordern, dass andere Staaten ihr Kulturgutschutzrecht
und ihre Praxis nach unseren deutschen Vorstellungen ändern. Irgendwo sind
Begrenzungen, aber es gibt selbstverständlich Verständigungen auf internationalen
Konferenzen. Im Mai steht wieder eine entsprechende UNESCO-Konferenz in Paris
an; dort diskutiert man auf internationaler Ebene den Schutzstandard. Die
Vorstellung, die deutsche Bundesregierung soll jetzt allen Ländern dieser Welt
sagen, was sie zu machen haben, das geht nicht.
Frau Dr. Astrid Müller-Katzenburg, Rechtsanwältin, International Association of
Dealers in Ancient Art (IADAA):
Das ist ja auch nicht der Punkt. Der Punkt ist: Wenn wir gesetzestechnisch eben an
die Erfüllung von Verpflichtungen Konsequenzen knüpfen, das steht durchaus in
unserer Macht. Und wenn wir es ernst nehmen, dass wir wirklich Kulturgüter
möglichst effizient schützen wollen, dann ist es doch in unserem Interesse, dass die
Herkunftsstaaten ihre „Hausaufgaben“ auch machen. Dieser Weg, den ich gerade
genannt habe, der besteht auch für Deutschland. Und das wäre eine effiziente
Möglichkeit, um Kulturgüterschutz wirklich zu stärken.
Herr Prof. Dr. Bernhard Weisser, Zweiter Vorsitzender der Numismatischen
Kommission der Länder, Direktor des Münzkabinetts der Staatlichen Museen
zu Berlin:
Ich finde man sollte beides, das eine tun und das andere nicht lassen. Dass darüber
gesprochen worden ist, dass die Listen nicht vorhanden sind, das bedeutet nicht,
dass es nicht in Zukunft solche Listen geben wird. Ich komme noch einmal auf das
Thema Digitalisierung zurück. Wir sind eigentlich erst im Jahr 2007 ernsthaft in die
Digitalisierung eingetreten und in den letzten Jahren gibt es diese Community der
Wissenschaftler, die sich entwickelt. Aber das ist etwas, was wir trotzdem tun
werden. Ich würde sagen, der Weg, der jetzt beschritten wird, ist ein sehr guter Weg.
Der bedeutet aber unbedingt, dass die Partnerländer Bulgarien, Griechenland, wer
auch immer, sich an einer übernationalen Initiative zur Dokumentation von Kulturgut
und insbesondere von Antiken beteiligen sollten.
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Herr Prof. Henrik Hanstein, Kunsthaus Lempertz Köln, Bundesverband
Deutscher Kunstversteigerer e. V.:
Ich habe schon genug gesagt. Ich wollte nur, weil Sie es eben nochmal
angesprochen haben mit dem Art-Loss-Register, und dann fiel hier auch nochmal
LKA und Interpol. Das Problem ist, und das wäre eine Aufgabe für Sie, das in Brüssel
anzustoßen: Das Art-Loss-Register nimmt natürlich nur das, was von Privaten oder
Museen da eingestellt wird, hat aber leider nicht die Datenbank des BKA, der LKAs
und vor allem von Interpol. Meine Erfahrung mit der Polizei, allerdings leider auch
leidgeprüft, wir sind auch schon bestohlen worden, gerade vorige Woche noch. Aber
es ist schon erstaunlich, was das LKA, das BKA dann in zweiter Linie oder auch
Interpol findet, das soll man nicht unterschätzen. Die können sich nur leider nicht
vernetzen, und das ist ein ganz großer Nachteil. Ich verstehe das natürlich, dass die
staatlichen Stellen ihre Listen nicht an das Art-Loss-Register, was privat organisiert
ist, weiterreichen können. Es wäre schon eine Aufgabe, darüber müsste man
ernsthaft diskutieren. Ich meine, wir sind ja alle angestoßen worden zu dieser
Tagung im Dezember und auch heute letztendlich über das, was Grauenhaftes da im
Orient, in Afghanistan usw. passiert. Wir haben aber heute richtig dargelegt, die
Digitalisierung bietet unglaubliche Chancen! Also, das Ding, was uns vorige Woche
gestohlen worden ist, was wir nächste Woche hier in Berlin versteigern wollten, das
stand natürlich eine halbe Stunde später im Art-Loss-Register. Das ist ein ganz
großer Vorteil und diese ganzen Gräueltaten, die da im Orient passieren: man kann
schon etwas tun, wenn man Fotos hat und wir wollen den Illegalen Handel damit
unterbinden. Es ist eine enorme Hilfe und das wäre schon notwendig, dass man das
staatlich - also öffentlich - organisiert, weil damit diese Bestände zusammen kommen
können. Also, ein ganz wesentlicher Bestandteil ist ja eben in den Händen der
Polizei, der nicht mit dem Art-Loss abgeglichen ist.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Herr Prof. Hanstein, ich nehme das gerne auf. Ich hatte bereits ausgeführt, dass wir
auf staatlicher Ebene noch Vollzugslücken haben, genau das, was Sie ansprechen.
Ich glaube auch, dass die Sensibilität gerade jetzt aufgrund der Vorgänge im Nahen
Osten unheimlich gewachsen ist. Ich gehe nicht soweit, der IS finanziert sich in ganz
großem Umfang über Antikenverkauf. Entsprechende Nachweise gibt es bislang
noch nicht. Trotzdem ist eine große Sensibilität in diesem Bereich entstanden, und
wir werden natürlich auch mit dem Bundesinnenministerium besprechen, inwieweit
auf der kriminalpolitischen Seite ggfs. noch Verbesserungen notwendig sind, die ich
genauso sehe, wie Sie.
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Herr Dr. Michael Müller-Karpe, Forschungsinstitut für Archäologie, RömischGermanisches Zentralmuseum:
Ich bin von Herrn Künker angesprochen worden bezüglich der Frage, ob Münzen
anders bewertet werden sollen als andere archäologische Objekte. Ich meine, nein.
Die ganze Diskussion ist, finde ich, viel zu sehr auf Objekte fokussiert. Für uns
Archäologen sind Objekte insofern wertvoll, als sie Informationsträger sind. Unter
diesem Gesichtspunkt, meine ich, sollten wir auch die Diskussion führen und das
Problem sehen. Worum es eigentlich geht, sind die archäologischen Stätten und die
im Fundkontext erhaltenen Informationen. Das sollte unser Anliegen sein, dass diese
Informationen geschützt werden. Das Entscheidende ist, dass durch Sondengänger
oder andere Raubgräber eben diese Informationen undokumentiert zerstört werden,
wenn diese Objekte, die dann verkauft werden, aus dem Boden gerissen werden.
Und da haben die Münzen nun einen ganz besonderen Wert. Münzen werden nicht
dadurch wertlos oder billig, das es Massenware ist. Nein, gerade im Gegenteil.
Dadurch, dass es Massenware ist und sie gut erforscht sind, ist ihr Wert für die
Archäologie, für die Datierung von Fundkomplexen, ganz besonders hoch, und
deswegen meine ich, müssen wir gerade bezüglich Münzen besonders sensibel
umgehen. Das sollten wir im Auge behalten bei dieser Diskussion. Es geht nicht in
erster Linie um Objekte, sondern es geht um die Informationen. Wie können wir diese
Informationen für künftige Generationen bewahren?
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
So, jetzt die letzte Rednerin.
Frau Prof. Dr. Friederike Fless, Präsidentin des Deutschen Archäologischen
Instituts:
Das deutsche Archäologische Institut gehört ja nun einmal zum Auswärtigen Amt,
und ich wollte dann doch noch eine Lanze brechen für die Hausaufgaben der
Herkunftsländer oder der anderen Länder. Man muss schon auch berücksichtigen,
dass die teilweise sehr gute und teilweise auch sehr wirksame Antikengesetze
haben, und dass es auch in Syrien immer noch die entsprechenden Behörden gibt ob man nun mit dem Regime zusammenarbeitet oder nicht. Aber es gibt die
engagierten Kollegen, die dann Ausfuhrgenehmigungen erteilen müssten, wenn es
denn überhaupt möglich wäre. Also man sollte schon gerade bei archäologischen
Objekten, die in jüngster Zeit - ich komme jetzt nicht wieder auf die Mosaiken zurück,
die mir angeboten wurden - auf den Markt kommen, eher davon ausgehen, dass es
keine legale Grundlage dafür gibt. Und da muss man auch keine Wertgrenzen oder
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Beschreibungsgrenzen einsetzen. In der gesetzlichen Definition, wie Sie sie
vorhaben, da wir die gültigen Antikengesetze der Länder ernst nehmen, ist auch
gleichzeitig impliziert, was das für Konsequenzen hat für Dinge, die angeboten
werden, weil es dann bestimmte Nachweise geben muss. Und ich finde auch, früher
die „Kiste Antiken“, wir wissen, wie das gehandhabt wurde. Man muss mal
irgendwann anfangen, zu dokumentieren und auch bei Münzen kann man das
machen. Dass einfach klar ist, was kommt woher. Ich habe russische Kollegen, die
mir dann immer schön erzählen, was gerade wieder irgendwo leergeräumt wird, weil
sie genau wissen, woher die Sachen kommen, also welche Grabungsstätten gerade
raubgegraben werden. Also das muss man einfach auch berücksichtigen. Die
Aussage, man sei im Kunsthandel auch an der Provenienz interessiert, aber an der
Aufbewahrung der Dokumentation nicht: das ist für mich einfach ein prinzipieller
Widerspruch. Also ich denke auch, dass es irgendwo einen Kern geben muss.
[Unverständlicher Zwischenruf] Nein, es war aber so, zwischendurch die Reduktion
der Zeiträume gab es schon, also ich denke, dass man einfach jetzt mal damit
anfangen muss, und es auch versuchen sollte, soweit man es machen kann,
zurückzuverfolgen.
Herr MinDir Dr. Günter Winands:
Meine Damen und Herren, vielen Dank, dass Sie solange ausgehalten haben. Vielen
Dank auch für die engagierte Diskussion, die wir geführt haben. Auch für die
sachliche Diskussion möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Und dies bei einem
Thema, bei dem auch immer Emotionen mithochkochen; das ist das Schöne an der
Kultur, das sie nicht immer emotionsfrei ist, sondern Kultur hat einen besonderen
Wert, der einen zu Emotionen verleiten kann. Tut mir leid, ich war irgendwann auch
einmal in dieser Veranstaltung emotional etwas aufgeladen, als es um den illegalen
Handel mit geraubtem Kulturgut ging. Ich will nur sagen, vielen Dank nochmals.
Zum weiteren Prozedere: wir sind eng getaktet. Wir werden versuchen, Frau
Staatsministerin Grütters hat das ja dargestellt, im Sommer einen Referentenentwurf
vorzulegen. Wir werden versuchen, diesen Gesetzentwurf intensiv zu erörtern,
insgesamt sehr transparent zu handeln, und wir hoffen, dass dann auch in der 1.
Jahreshälfte 2016, abhängig vom parlamentarischen Verfahren, das Gesetz im
Bundesgesetzblatt stehen wird. Vielen Dank für Ihr Kommen und eine gute
Heimreise.
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