AR 14/2015, Anhang - PM EU

Europäische Kommission - Pressemitteilung
Verkehr: Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren wegen
Anwendung des deutschen Mindestlohngesetzes im Verkehrssektor ein
Straßburg, 19 Mai 2015
Die Europäische Kommission hat heute beschlossen, bezüglich der Anwendung des deutschen
Mindestlohngesetzes im Verkehrssektor ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland
einzuleiten. Nach einem Informationsaustausch mit den deutschen Behörden und nach einer
eingehenden rechtlichen Prüfung der deutschen Vorschriften hat die Kommission nun ein
Aufforderungsschreiben an Deutschland geschickt. Dieses Schreiben ist der erste Schritt eines
Vertragsverletzungsverfahrens.
Die Kommission unterstützt zwar voll und ganz die Einführung eines Mindestlohnes in Deutschland,
vertritt aber die Ansicht, dass die Anwendung des Mindestlohngesetzes auf alle Verkehrsleistungen, die
deutsches Gebiet berühren, eine unverhältnismäßige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit und des
freien Warenverkehrs bewirkt.
Nach Ansicht der Kommission lässt sich insbesondere die Anwendung der deutschen Vorschriften auf
den Transitverkehr und auf bestimmte grenzüberschreitende Beförderungsleistungen nicht
rechtfertigen, weil dadurch unangemessene Verwaltungshürden geschaffen werden, die ein
reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts behindern. Nach Meinung der Kommission gibt es
angemessenere Maßnahmen, die zum sozialen Schutz der Arbeitnehmer und zur Gewährleistung eines
lauteren Wettbewerbs ergriffen werden können und gleichzeitig einen freien Waren- und
Dienstleistungsverkehr ermöglichen.
Nächste Schritte: Die deutschen Behörden haben nun zwei Monate Zeit, um auf die von der
Kommission in ihrem Aufforderungsschreiben vorgebrachten Argumente zu antworten.
Das Aufforderungsschreiben betrifft nur den konkreten Fall dieses deutschen Gesetzes und lässt
sonstige Initiativen unberührt, die die Kommission zur Klarstellung der Vorschriften beispielsweise im
Zusammenhang mit dem noch in diesem Jahr zur Verabschiedung anstehenden Paket zur
Arbeitskräftemobilität ergreifen kann.
Hintergrund
Die Kommission begrüßt die Einführung eines Mindestlohns in Deutschland, denn dies steht im Einklang
mit den sozialpolitischen Zielvorstellungen dieser Kommission. Als Hüterin der Verträge muss die
Kommission aber auch dafür Sorge tragen, dass die Anwendung der nationalen Maßnahmen voll und
ganz mit dem EU-Recht vereinbar ist, vor allem mit der Arbeitnehmer-Entsenderichtlinie
(Richtlinie 96/71/EG), dem geltenden EU-Verkehrsrecht und den in den Verträgen verankerten
Grundsätzen des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs. Außerdem muss dabei der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.
Deutschland ist das 22. Land in der EU, das einen Mindestlohn eingeführt hat. Das Gesetz trat am
1. Januar 2015 in Kraft. Der deutsche Mindestlohn beträgt 8,50 EUR. Das Gesetz gilt auch für alle
Unternehmen mit Sitz außerhalb Deutschlands, die Dienstleistungen in Deutschland erbringen. So sind
ausländische Unternehmen in bestimmten Wirtschaftssektoren, darunter auch im Verkehrsbereich,
verpflichtet, ihre Tätigkeiten beim deutschen Zoll mit besonderen Formularen, die von den deutschen
Behörden ausgegeben werden, anzumelden. Die deutschen Zollbehörden sind für die Kontrolle der
gemeldeten Tätigkeiten zuständig. Die Sanktionen belaufen sich bei Verstößen gegen diese Meldepflicht
auf bis zu 30 000 EUR und auf bis zu 500 000 EUR, falls die gezahlten Löhne gegen das deutsche
Mindestlohngesetz verstoßen.
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