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So regeln Sie den digitalen Nachlass | HVB
DIGITALES ERBE
So regeln Sie den digitalen Nachlass
Facebook, E-Mail, iTunes: Ein Teil unseres Lebens findet digital statt. Doch was ist,
wenn der Account-Inhaber stirbt? Auch das digitale Erbe muss geregelt werden.
> Warum Sie diesen Artikel lesen sollten: Für Angehörige können Verträge, die digital geschlossen
wurden, teuer werden. Denn der analoge Erbe übernimmt auch den digitalen Nachlass des Erblassers.
In der analogen Welt ist die Verwaltung des Nachlasses fast ein Kinderspiel im Vergleich zum
sogenannten digitalen Nachlass: Der Erbe öffnet die Briefe, die den Verstorbenen erreichen. Dazu ist er
berechtigt. Doch schon bei E-Mails an den Verstorbenen sieht die Sache ganz anders aus – mit weit
reichenden Folgen. Viele Verstorbene haben heute Verträge im Netz: das Online-Abo der Tageszeitung, die
Internet-Bank und ein Konto bei einem Musik-Streamingdienst. Aber das Netz vergisst nicht – für die
Hinterbliebenen können digital geschlossene Verträge, die einfach weiterlaufen, teuer werden.
Der Anspruch auf E-Mail-Einsicht ist unklar
Ohne Passwörter und andere Zugangsdaten wie die E-Mail-Adresse hat der Erbe Pech. In der Regel weiß er
erst gar nicht, wo der Verstorbene überall online aktiv war. Das ist aber eine wichtige Voraussetzung, um
die Rechte und Pflichten des Verstorbenen, die auf den Erben übergehen, erfüllen zu können. Gleiches
trifft – bei Online-Accounts bei Internet-Banken – für die Vermögensermittlung zu. Dazu gehört eben auch
das sogenannte digitale Erbe: Im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge und Vermögensermittlung wird der
Erbe, so bestimmt es das Erbrecht, Inhaber der Internetpersönlichkeit des Verstorbenen und damit der
digitalen Hinterlassenschaft.
„Die Grundrechte ‚Geheimhaltung’ und ‚Eigentum’ müssen vor Gericht
gegeneinander abgewogen werden.“
Professor Peter Bräutigam, Fachanwalt für Informationstechnologierecht Münchner Kanzlei Noerr
Kennt er die Zugangsdaten nicht, kann er dessen Nutzerprofile weder selbstständig einsehen noch
löschen. Er muss sich dann zum Beispiel für eine Profillöschung an den Anbieter des Dienstes wenden,
zum Beispiel an den E-Mail-Provider. „Nach geltendem Recht ist leider unklar, ob der Erbe einen Anspruch
hat, die E-Mails einzusehen“, sagt Professor Peter Bräutigam. „Anbieter können den Zugang unter Hinweis
auf das Telekommunikationsgeheimnis verweigern.“ Denn dadurch ist auch derjenige geschützt, mit dem
der mittlerweile Verstorbene kommuniziert hat. Bräutigam: „Die Grundrechte ‚Geheimhaltung’ und
‚Eigentum’ müssen vor Gericht gegeneinander abgewogen werden. Ganz aktuell hat das Landgericht
Berlin am 17. Dezember 2015 für Soziale Netzwerke entschieden, dass sich das Erbrecht auch online
durchsetzt und insbesondere Vorrang gegenüber dem Telekommunikationsrecht und dem
Datenschutzrecht genießt. Im vorliegenden Fall klagte die Mutter auf Zugang zum Facebook-Profil ihrer
verstorbenen Tochter. Das Soziale Netzwerk wurde verpflichtet, ihr Zugang zu dem vollständigen
Benutzerkonto und nicht nur auf den Gedenkzustand zu gewähren.“
https://dossiers.hypovereinsbank.de/erben-und-vererben/so-regeln-sie-den-digitalen-nachlass.html
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Entscheiden, was gelöscht werden soll
Auch unentgeltliche Nutzerkonten des Verstorbenen bei Sozialen Netzwerken und Versandhändlern
bleiben erst einmal bestehen. Pflichten für den Erben entstehen daraus zwar nicht, so Professor
Bräutigam. Er muss aber entscheiden, was erhalten und was gelöscht werden soll. Manche Angehörige
wünschen sich, dass der Tod bemerkbar ist und der Verstorbene im Netz nicht ewig weiterexistiert.
Andere möchten im Internet eine Gedenkstätte errichten, damit Freunde gemeinsam trauern können. Bei
Facebook etwa ist es möglich, das vorab zu regeln.
Auch Websites oder Blogs, die der Verstorbene betrieben hat, gehören zum digitalen Nachlass: „Hier tritt
der Erbe in die Rechtsposition des Erblassers mit der DENIC ein, dem Unternehmen, das diese Seiten
verwaltet“, sagt Professor Bräutigam. „Das Impressum muss dann entsprechend geändert werden, um
von Abmahnungen verschont zu bleiben.“
Um dennoch an die Daten zu kommen, gibt es zwei Möglichkeiten: Die Hinterbliebenen geben den
Computer des Verstorbenen zur Auswertung an ein Unternehmen für Computer-Forensik und erhalten
einen Überblick über vorhandene Dateien und Verträge im Internet, Online-Accounts, Profile in
Communitys und E-Mail-Kontakte des Verstorbenen. Allerdings bekommen so Dritte auch Einblick in und
Zugriff auf private Daten.
Alternativ empfiehlt Professor Bräutigam Dienstleister, die für die Hinterbliebenen Nachforschungen im
Internet anstellen. Dabei nimmt der Anbieter Kontakt mit den 160 gängigsten Online-Diensten auf und
recherchiert, ob der Verstorbene dort registriert war. Ermitteltes Online-Guthaben führt er treuhänderisch
den Erben zu. Öffentliche Nutzerprofile können deaktiviert werden.
Digitale Vorsorgevollmacht errichten
Internetnutzer, die zu Lebzeiten Vorsorge treffen, können Hinterbliebenen diese Umstände ersparen.
Professor Bräutigam rät zu einer digitalen Vorsorgevollmacht. In dieser Regelung ist festgelegt, welche
Person im Fall von Krankheit oder Tod die Zugangsdaten und Passwörter und damit Zugriff zu welchem
digitalen Konto bekommen soll und wie mit diesem Konto zu verfahren ist. Eine Liste aller Accounts sowie
der jeweiligen Passwörter sollte an einem sicheren Ort verwahrt werden. Da das digitale Leben
weitergeht, ist es wichtig, die Daten regelmäßig zu aktualisieren.
SO SICHERN SIE DEN DIGITALEN NACHLASS:
Als Erbe steht Ihnen auch der digitale Nachlass des Verstorbenen zu.
Der digitale Nachlass kann sich als störrischer erweisen als der analoge. Mit diesen Taktiken
kommen Sie weiter:
1. Passwörter suchen. Durchsuchen Sie die Unterlagen des Verstorbenen nach Passwörtern
und Zugangsdaten. Sie sind der einfachste Weg, um an die Nutzerprofile zu kommen. Gibt es
Daten auf Notebook, Smartphone, Tablet oder PC?
2. Urkunden beschaffen.
beschaffen. Um sich als Erbe zu legitimieren, sind zahlreiche Dokumente
erforderlich: Sterbeurkunde (beim Standesamt des Sterbeorts, 5 bis 12 Euro pro Exemplar);
Geburtsurkunde (beim Standesamt des Geburtsorts, 10 Euro); Erbschein (beim
Nachlassgericht, meist Amtsgericht am Wohnort des Verstorbenen). Die Kosten des Erbscheins
hängen vom vererbten Vermögen ab, bei 50.000 Euro Vermögen etwa 165 Euro.
3. Anbieter kontaktieren.
kontaktieren. Erben, die keine Zugangsdaten haben, sind auf die Hilfe der
Webanbieter angewiesen. Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Ebay,
Facebook und Co. Soziale Netzwerke gewähren meist keinen Zugriff auf das Nutzerprofil des
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Verstorbenen. Optionen sind „Löschen“ oder „In Gedenken erhalten“. Das Landesgericht Berlin
hat aber jüngst einen Zugriff der Erben auf ein Nutzerprofil bejaht.
4. Hilfe finden.
finden. Beim digitalen Erbe helfen spezialisierte Dienstleister. Sie können Urkunden
beschaffen und suchen sogar selbstständig nach Online-Accounts. Preis je nach Auftrag und
Leistung: etwa 50 bis 250 Euro.
5. Sichern und löschen.
löschen. Entscheiden Sie, welche Webaccounts des Verstorbenen Sie löschen,
in Gedenken erhalten oder weiter betreuen möchten, sofern möglich. Erhaltenswerte Fotos und
wichtige Texte vor dem Löschen des Webaccounts sichern.
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