Beiträge zur Kenntnis der Ernährung des Regenwurms

Beiträge
zur Kenntnis der Ernährung
des Regenwurms
Lumbricus terrestris L Müller.
Auszug
aus der
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde.
Genehmigt von der philosophischen Fakultät
der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität
zu Bonn.
Von
Hans Krieg
aus Bad K r e u z n a c h .
Promoviert Mai 1922.
Buchdruckerei Franz Rauh, Bad Kreuznach.
Berichterstatter: Professor Dt. R. Hesse.
Von der ausführlichen Arbeit befindet sich je ein
Exemplar in der Staatsbibliothek in Berlin, in der
Universitätsbibliothek in Bonn und im zoologischen
Institut in Bonn.
l. Reaktionen des Verdauungskanals.
Zu diesen Untersuchungen wurden Lumbricus terrestris
L. rubellus, Allolobophora chlorotica und A. longa verwandt. Geprüft
wurde mit Lakmus, Methylorange, Brillantgelb, Kongorot und
Metanilgelb. Gefüttert wurde mit Fliesspapier oder mit Stärkekleister, denen jedes Mal eine der oben genannten Farben beigegeben war. Der Darm der Versuchstiere war vorher durch 2
Wochen lange Verfütterung von Fliesspapier und Stärkekleister
von Erde und sonstigen Fremdkörpern gereinigt worden. — Die
Hälfte der gefütterten Tiere wurde in destilliertem Wasser durch
Zugabe von Alkohol betäubt, die andere Hälfte viviseziert. Der
Verdauungskanal wurde, nachdem die stets alkalisch wirkende
Leibeshöhlenflüssigkeit mit destilliertem Wasser sorgfältigst (nach
Öffnen der Leibeshöhle) entfernt war, geöffnet.
Die Reaktion des Schlundes, sowie die der Flüssigkeit,
die die Würmer aus ihm nach aussen ausstossen, ist stets alkalisch
(Darwin). Nach meinen Feststellungen stammt das ausgestossene
Sekret — im Gegensatz zu ändern Ansichten — aus den Drüsen,
die der Pharynxtasche aufsitzen und in dieselbe münden; denn die
ausgestossene Flüssigkeit wie der Inhalt der Pharynxtasche haben
die gleiche starke Reaktion, während der Darmsaft bedeutend
schwächer reagiert; ferner war nach Verfütterung von Farbstoffen
die nach einiger Zeit ausgeschiedene Flüssigkeit völlig farblos,
während der Inhalt von Darm und Muskeimagen gefärbt waren.
Die alkalische Reaktion des Schlundes muss also dem Pharynxsekret zugeschrieben werden. Dieses bedingt auch in der Hauptsache die alkalische Reaktion von Osophagus und Kaumagen,
wenn auch hierbei noch die Drüsen im Osophagus mitwirken.
Mehr Schwirigkeiten bot es, ein einigermassen klares Bild
über die Reaktion des Darmes zu gewinnen. Die Angaben
früherer Untersucher widersprechen sich hier sehr stark. Auch
meine Untersuchungen ergaben trotz sorgfältigster Durchführung
zum Teil ganz verschiedenartige Reaktionen. Der Anfangsteil des
Darmes zeigte mit Ausnahme eines Falles, wo auch er sauer war,
stets alkalische Reaktion seines Inhaltes. Dagegen war der Inhalt
des Darmes bei Tieren gleicher Art, die bei gleichem Futter zusammen gehalten waren, oft verschieden, In vielen Fällen war
Darminhalt (wie auch Kot) alkalisch, In ändern nahm der Inhalt
des Darmes mehr oder weniger gegen das Ende zu säurt Reaktionen an. Der Kot war dann immer sauer. Ein Tier, das Tags
zuvor alkalischen Kot abgegeben hatte, wies am nächsten Tage
saure Reaktion seines Kotes und Enddarmes auf. Anfänglich vermutete ich als Ursache dieser Verschiedenheiten Mikroorganismen
(zumal sich oft in Schnittpräparaten nach Färbung mit Heidenhain's
Hämatoxylin im Darmlumen zahlreiche, stäbchenförmige, bakterienartige Gebilde fanden), doch fand ich später, dass auch die Darmwände nach sorgfältiger Reinigung verschieden reagierten. Und
zwar ergaben Mikrotonschnitte: Sauer reagierten nur Darmepithelien in denen sich Exkretzellen befanden, die am Durchbrechen
ins Darmlumen waren, während der Darm bei alkalischer Reaktion
seiner Wände keine oder noch unentwickelte Exkretzellen aufwies.
Diese Ergebnisse führen alle zu dem Schlüsse, dass das Sekret
der Darmdrüsen, wie auch gewöhnlich der Darminhalt, (auch bei
freilebenden Tieren) alkalisch sind, dass dagegen die Ausscheidung
der Exkrete die Reaktion zeitweilig ändert. Für dies Ergebnis,
sprechen noch die Tatsachen, dass auch das Exkret der Nephridien
wie der Vakuoleninhalt der Amöbocyten, die mit den Exkretzellen
gewisse Ähnlichkeiten besitzen und aus denen diese vielleicht
hervorgehen, sauer reagieren. Sodann wäre das Darmdrüsensekret
in saurem Zustande auch nutzlos, da seine eiweisspaltende, Wirkung
in saurer Lösung für die Verdauung des Wurmes gar nicht in
Frage kommt.
2. Der Schlund und seine Drüsen.
Von Drüsen, die in den Verdauungskanal münden, sind
zuerst die Drüsen der Pharynxtasche zu nennen. Obwohl Polozow
(1904) und Meyer (1913) diese Drüsen mit ihren Ausfuhrgängen
beschreiben (Angaben mit denen ich in vielen Punkten nicht übereinstimme) sind sie doch in der weiteren Literatur meist unbekannt
geblieben.
Die Pharynxtasche ist eine dorsale Ausstülpung des
vorderen Verdauungstraktus. Sie besitzt einen besonders dorsal
stark ausgebildeten Wulst von Muskeln, die in verschiedenen
Richtungen verlaufen und ist durch zahlreiche Retraktoren mit dem
Hautmuskelschlauch verbunden. Auf dem Muskelwulst liegen zahlreiche Drüsen in dicker Schicht. Das Lumen der Parynxtasche
wird durch mit starken Flimmerhaaren versehene, hohe zylindrische
Zellen ausgekleidet, die durch eine basale, homogene Membran
Von der darüber liegenden Muskelschicht getrennt werden. Zwischen
den Epithelzellen liegen die bauchig erweiterten Mündungen der
Drüsenzellen, die durch lange, den Muskelwulst durchsetzende Kanäle
mit ihrem kernhaltigen Teil in Verbindung stehen.
Über die Aufnahme der Nahrung sind Pontallié und Jordan
verschiedener Meinung. Pontallié behauptet, dass der Wurm mit
seinem vorgestülpten Rüssel Nahrung erfasst, während Jordan
dies in Zweifel zieht und erklärt, der Pharynx diene als Saugorgan
und durch Erweiterung seines Lumens werde die Nahrung angezogen. Ich kam - zu folgenden Ergebnissen: Die Kopflappen und
das erste Segment dienen sicher in vielen Fällen als Ränder einer
Saugscheibe, in deren Mitte der Mund des Tieres liegt. Wenn
man jedoch die Kleinheit des durch Auseinanderziehen des
Prostomiumlumens entstehenden Hohlraumes bedenkt, so muss man
bezweifeln, dass hierdurch Arbeiten, wie das Absaugen des Parenchyms von Pflanzenteileti, vollzogen werden können; zumal die
Pharynxtasche für eine Saugwirkung durch Erweiterung ihres
Lumens nicht in Frage kommt, sonst müsste sie sich ebenso wie
das Prostomium mit Erde und aufgenommener Nahrung füllen.
Dies ist aber nie der Fall. Dagegen beobachtete ich, dass die
Pharynxtasche vorgestülpt wird. Das Epithel der Tasche, das die
Drüsenmündungen enthält, kommt dabei auf die Aussenseite des
kuglig vorgestülpten Teils zu liegen. Sein Inneres besteht ausser
Leibeshöhlenflüssigkeit und Muskulatur aus dem grössten Teil der
Pharynxdrüsen. Zweck dieser Vorrichtung ist in erster Linie ein
tüchtiges Benetzen der aufzunehmenden Substanzen mit dem
schleimigen Sekret der Pharynxtasche. Wahrscheinlich können die
Tiere mit der schleimigen vorgestülpten Schlundtasche auch Gegenstände erfassen und mit sich ziehen. Auf jeden Fall ist der Wurm
aber im Stande, beim Einziehen der Schlundtasche, das durch zahlreiche Retraktoren erfolgt, eine äusserst starke Saugwirkung hervorzurufen. Die zum Teil starken Retraktoren sitzen an der Schlundtasche an und erstrecken sich von dort, zum Teil die hinteren
Septen des 5. und 6. Segmentes durchbrechend, in die Längsmuskulatur. Die Ausstülpung der Tasche erfolgt durch die Leibeshöhlenflüssigkeit. Wird auf diese durch Kontraktion der hinteren
Septen, des 5., 6., 7. Segmentes, die in Ruhlage in ihrer Mitte sehr
weit nach rückwärts ausgebuchtet und von denen letztere sehr
muskulös sind, sowie durch die Ringmuskulatur der vorderen
Segmente stärkerer Druck ausgeübt, so wird dann der Pharynx
handschuhförmig ausgestülpt.
Die zahlreichen Drüsenmassen des Pharynx setzen sich
aus lauter einzelligen Drüsen zusammen. An jeder Drüse lassen
sich 3 Abschnitte unterscheiden. Ein grosser birnförmiger kernhaltiger Teil der im Plasma lappige, chromatinartige Fäden enthält.
Dann verengen sich die Drüsen zu ihrem zweiten Teil, einem
schlauchartigen Drüsengang, der im Innern einen feinen Schleimstrang birgt. Auf günstigen Schnitten (bei Färbung mit Delafield'schem Hämatoxylin) lässt sich das Drüsensekret in den
Kanälchen genau verfolgen; dazwischen liegen die Wandungen
der Drüsenkanäle, die als eine homogene Plasmamasse erscheinen.
Ich muss das Plasma für zur Drüsenzelle gehörig halten; denn
es fehlen Zellkerne. Wo solche auftreten, gehören sie vorgelagerten
Drüsenzellen an. Auch Bindegewebe kommt nicht in Frage.
Besonders sprechen für meine Auffassung die Verhältnisse bei den
Osophagusdrüsen, die den Pharynxdrüsen gleichen, nur dass hier
die Anhäufung der Drüsen nicht so gross und ihre Anordnung
eine regelmässigere ist. Ferner teilt sich bei seiner Annäherung
an die Basalmenbran der aus den Drüsengängen bestehende Strang
allmählich in viele Äste auf (ohne dass jedoch die einzelnen
Schleimkanäle sich spalten). Diese treten in die Basalmenbran des
Epithels ein, die an den Eintrittsstellen röhrenförmig vorgestülpt
ist. Innerhalb des Epithels erfolgt die vollständige Trennung der
einzelnen Kanäle der Drüsenzellen. Sie bilden vor ihrer Ausmündung eine bauchige Anschwellung, die ich als dritten Teil
der Drüse bezeichne. Sie liegt unter der Flimmerschicht im
Epithel und hat eine deutliche wenig färbbare Wandung (die
Fortsetzung der Drüsengangwand), die die im Zustande der Füllung
einen keulenförmigen Schleimklumpen umschliesst. Sie dient als
Reservoir für den Schleim der Drüsengänge. Zwischen den
bauchigen Teilen der gefüllten Reservoirs sind die Epithelzellen
kaum noch zu erkennen, da sie durch die sich fast berührenden
erweiterten Ausführgänge stark zusammengedrückt werden. Gegen
das Lumen der Pharynxtasche nehmen sie wieder an Ausdehnung
stark zu, während die Ausführgänge spitz zulaufen. Der Druck
der Epithelzellen bildet hier einen Ventilverschluss, wie dies auch
bei den Darmdrüsen der Fall ist. Die Pharynxdrüsen (wie auch
die Osophagusdrüsen) des Regenwurmes gleichen in vielem den
Septaldrüsen (am Schlunde) von Pachydrilus litoreus (Hesse).
3. Ösophagusdrüsen.
Diese Drüsen liegen in kleinen, blumenstraussartigen Bündeln
um den ösophagus. Nach der Leibeshöhlung zu wird das Bündel
von einer dünnen homogenen Bindegewebsmembran umhüllt,
welcher meist noch Peritonealzellen und Amibocyten aufsitzen.
Nach dem Osophaguslumen zu verengen sich die Drüsenzellen zu
dünnen Kanälchen, die das Drüsensekret enthalten und sich zu
einem Strang zusammenlegen, der zwischen der Längs- und Ringmuskulatur hindurch geht. Dann spalten sich die Stränge auf und
treten zwischen die Epithelzellen des Pharynx, nachdem sie deren
homogene, bindegewebige Basalmembran durchsetzt haben. Die
Ausfuhrgänge erweitern sich zu keulenförmigen Gebilden, wie bei
den Pharynxdrüsen.
4. Darmdrüsen
Die Darmdrüsen sind schon zur Genüge bekannt. Neu
fand ich im vorderen Teile der Drüse häufig eine Sekretkugel.
Während ich im übrigen Darm in den tieferen Teilen der Drüsen
mit Delafields Hämatoxylin sich rötlich-blau färbende Cromatinartige Substanzen fand, waren die langgestreckten Drüsen der
Typhlosolis nur sehr wenig färbbar; doch konnte ich keine Unterschiede der verdauenden Wirkung von Typhlosolis und übrigem
Darm nachweisen. Nach meinen Untersuchungen wird die gefüllte
Darmdrüsenzelle durch den Druck der umliegenden Epithelzellen
zur Entleerung gebracht.
5. Fermente.
Durch Prüfung der Säfte aus der Pharynxtasche und demDarm,
der zerriebenen Sekretdrüsen sowie durch Fütterungsversuche suchte
ich ein Bild der vorhandenen Verdäuungsfermente, ihres Ursprungs
und ihrer Wirkungweise zu gewinnen. Ich fand immer, dass sowohl
das aüssgestossene Sekret, wie das Extrakt aus zerriebenen drüsenhaltigen Schichten des Pharynx oder Ösophagus, ebenso wie das
schleimige Sekret aus der Pnarynxtasche Stärke oder Stärkekleister
selbst bei Temperatur von 36° nach 54 Stunden nicht verändert
hätte. Im Darm (sowohl in geriebenen Teilen von Typhlosolis
wie von übrigen Darm besonders aber im Darmsaft von Hungertieren war eine stark wirkende Amylase festzustellen, sofern man
Stärkekleister benutzte. Nicht dagegen konnte ich Stärkekörner
von Kartoffel und Gerste, selbst nach längerer vorheriger Behandlung mit kaltem Wasser zur Verzuckerung bringen. Bei Allolobo-
phora chlorotica, die ich zu diesem Versuche verwandte, verliessen
die verfütterten Stärkekörner (allein oder mit Fliesspapier verfüttert)
den Darmtraktus, der vorher von erdigen Teilen befreit war, unverändert. Ebenso fand sich eine gut wirkende Maltase vor. Wie
Stärke wird auch Glykogen gehalten. Das Auftreten von Invertase
ist äusserst zweifelhaft auf jeden Fall für den Wurm ohne Bedeutung.
Cytase fehlt ganz. Lipase und ein tryptisches Ferment sind im
Darmsaft vorhanden. Neben dieser Fermentwirkung ist sicher die
mechanische Wirkung des Kaumagens bei Anwesenheit von Sand
oder andern harten Teilen von Bedeutung. Gab ich nämlich bei
dem vorhin erwähnten Versuch Allolobophora chlorotica zu der
Kartoffelstärke Sand, so zeigten die Stärkekörner im Kaumagen
(natürlich auch im Darm) starke Zertrümmerungserscheinungen,
während sie sonst ganz blieben. Eine Tatsache, die für die Erschliessung pflanzlicher Nahrung um so wichtiger ist, da dem
Wurm eine Cytase fehlt.
6. Aufnahme und Speicherung von Fett.
Das Fett gelangt bis in den Darm, wo es gespalten wird.
Nie - obwohl alle Stadien von Fettaufnahme zu sehen waren, fand
sich Fett im Stäbchensaum und der darunter liegenden Zone der
Resorptionszellen des Darmes. Phagocytose findet sicher nicht
statt. Die Spaltprodukte (Fettsäuren und Glycerin) diffundieren
in die Zelle und werden hier erst wieder zu Fett aufgebaut, um
vor Übergang in die Blutbahnen anscheinend recht bald wieder
gespalten zu werden. Die Fettbildung in der Aufnahmezelle dient
sicher mehr der Verbesserung und Steigerung der Aufnahmefähigkeit
durch Steigerung und Aufrechterhaltung des Diffussionsgefälles. Ich
fand nun, dass nur im Darm Nahrung aufgenommen wird und zwar
sind es stets nur Stäbchenzellen, die Nahrung aufnehmen. Stäbchenzellen und Wimperzelle sind aber nur verschiedene physiologische
Zustände ein und derselben Zelle. Im Zustand der Nahrungsaufnahme (gleichgültig welcher Art diese ist), werden die Zilien
eingezogen, um sich nachher wieder neu zu bilden. Die Unterschiede
zwischen Typhlosolis und übrigen Aufnahmezellen, des Darmes die Typhlosoliszellen sind bei gutem Ernährungszustande der Tiere
gänzlich flimmerlos, während die übrigen Darmzellen doch bisweilen
Flimmern tragen; bei Hunger tragen die Typhlosoliszellen hie und
da Flimmern, während die übrigen Darmzellen dicht damit besetzt
sind - erkläre ich mit einer gewissen Differenzierung früher gleichartiger Elemente. Gespeichertes Fett findet sich wenig reichlich
in gewissem Bindegewebe, in Phagocyten und im Peritoneum.
Im Blut und in den Zellen der Exkretionskanäle der Nephridien fand
ich es in Form seiner Spaltprodukte; während es in Muskelzellen
und Drüsenzellen des Verdauungstraktus nicht zu finden war.
Dagegen war jn den Exkrektionszellen des Darmes ein äusserst
starkes Auftreten von Fett festzustellen. Diese Zellen vergrössern
ihr Volumen sehr stark durch Bildung von Vakuolen, die bis 12 µ
Durchmesser erreichen, und drängen die umliegenden Zellen sehr
zusammen, bis sie ins Darmlumen durchbrechen. Die Kerne der
Exkretionszellen sind bei vorgeschrittenen Stadien stark deformiert
und in die Räume, die zwischen den Vakuolen bleiben, hineingepresst. Man kann in einzelnen Gebilden, 5—15, sogar bis
25 Kerne auf Schnittserien zählen. Zellgrenzen sind nicht mehr zu
erkennen. Neben einer gelben Flüssigkeit enthalten die Vakuolen
sehr viel Fett, das aus den Blutbahnen aufgenommen wird und
zur Ausscheidung kommt, Mir scheint auf Qrund der an sich
geringen Fettspeicherung und dieser Fettausscheidung der Schluss
gerechtfertigt, dass der Fettbedarf der Würmer ein sehr geringer
ist und dass Fett in ihrem Stoffwechsel nur eine bescheidene Rolle
spielt. Im Zusammenhang damit steht auch die Beobachtung, dass
der in den Nephridien lebende Nematode Rhabditis pellio (Ant.
Schneider) grosse Kugeln Fett speichert.
7. Aufnahme und Speicherung von Kohlehydraten
Ganz im Gegensatz zur geringen Bedeutung des Fettes für
den Regenwurm steht die des Glykogen. Ein Auftreten von Glykogen
in den Aufnahmezellen des Darmtraktus konnte ich nur ganz selten
und vereinzelt selbst bei Verfütterung von Stärkekleister, wobei im
übrigen Gewebe stärkste Glykogenspeicherung beobachtet werden
konnte, feststellen. Ich glaube daher, dass in den Aufnahmezellen
des Darmes der aufgenommene Zucker meist nicht in dieses
Polysaccharid verwandelt wird, sondern dass gebildete mehrwertige
Zucker bald wieder in Monosaccharid gespalten und von dem
Blut aufgenommen werden. Durch dieses gelangt der Zucker zu
den Orten des Verbrauches oder der Speicherung, die in Form
von Glykogen stattfindet. Hauptspeicherplatz ist, wie schon Willem
und Minne angeben, das Peritoneum und zwar sind es besonders
die den Nephridien aufsitzenden Zellen, die bei gutem Ernährungszustand ganz mit Glykogen erfüllt sind. Eine Tatsache, die sich
durch die starke Durchblutung der Nephridien leicht erklärt. Auch die
anderen Zellen des Peritonealepithels, auf den Septen, dem Muskelschlauch und dem Nervenstrang, weisen reichlich Glykogen auf.
Die Chloragogenzellen, die differenzierte Peritonealzellen darstellen,
sind ebenfalls mit Glykogen gefüllt. Sie erfüllen neben der Exkretion
eine gewisse Speicherfunktion. Ferner enthält dieEpidermis Glykogen.
In der Muskulatur sind die Muskelzellen stets glykogenfrei; dagegen
ist das die Muskeln begleitende Bindegewebe oft mit Glykogen
beladen. Besonders die zu den Muskeln hinführenden Fortsätze
sind oft voll Glykogen, sodass die Muskelzellen förmlich auf der
einen Seite in einer Hülle von Glykogen ruhen. Das Bindegewebe
der Muskulatur bildet hier gewissermassen einen Speicher an
Betriebsstoff für die Muskeln.
Bei Lumbricus terrestris, L. rubellus und Allolobophora chlorotica
fand ich regelmässig das Auftreten von Glykogen in Nervenzellen bei
ganz normalen Tieren nach Verfütterung von Stärkekleister. (In dem den
Nervenstrang umhüllenden Peritoneum und dem darunter liegenden
Bindegewebe lag das Glykogen dann in Form von kleineren und
grösseren Kugeln und Schollen; die homogene Membran, die das
Nervengewebe umhüllt, war glykogenfrei.
Dagegen fand es sich im
Plasma der Hüllgewebszellen, die unter ihr liegen, die Neurochorde und
Nervenzellen und Stränge umhüllen und sich zum Teil besonders mit
ihren Fortsätzen zwischen letztere erstrecken. Hier war es meist nur
in kleinen Kügelchen von höchstens 2 µ Durchmesser zu finden und
zwar am stärksten in Zellen, die in der Nähe von Blutgefässen liegen.
In vielen Fällen war Glykogen aber in einzelnen Nervenzellen (etwa dem
fünften Teil) deutlich erkennbar. Die übrigen waren frei von diesem
Polysaccharid, doch war da, wo es auftrat, seine Anhäufung stärker als
in den Hüllgewebszellen. Seine Verteilung war in den eirizelnen Zellen
(ein und desselben Tieres) eine ganz verschiedene, ohne dass ein
Zusammenhang mit der Ernährung (wie dies Ehrhardt für Helïx pomatia
angibt) festzustellen war.
Ferner tritt Glycogen in Oocyten auf, die sich am Ende ihrer
Wachstumsperiode befinden und schon eine Eihülle tragen. Ausserdem
fanden sich in den Samensäcken neben reifen Spermien Glykogenführende
Fäden, die der Ernährung der reifen Spermatozoen dienen. Nie fand
ich Glykogen in den Drüsen des Pharynx, Osophagus und Darmes,
auch die Gefässwände der Blutbahnen sind glykogenfrei. Desgleichen
kam es nie in den Wänden der Nephriden vor. Das Gleiche gilt von
den Organen, die unter dem Namen Morrensche Drüsen bekannt sind,
und deren Funktion sicher ebenfalls eine exkretorische ist.
Lebenslauf.
Geboren wurde ich am 29. Dezember 1891 als Sohn des Kaufmanns Adolf Krieg und seiner Frau Eleonore geb. Winckler zu Calcutta.
Ich besuchte das Königliche Gymnasium zu Kreuznach, wo ich Ostern
1911 die Reifeprüfung bestand. Von Ostern 1911 bis Herbst 1912 studierte
ich an der Universität Marburg und hörte hauptsächlich Mathematik
und Naturwissenschaften. (Zologie: Prof. Korscheit. Botanik: Prof. Meyer.
Chemie: Prof. Fries). Von Herbst 1912 bis Kriegsausbruch 1914
studierte ich in München Zoologie bei den Professoren; Hertwig,
Goldschmidt, Maass, Buchner, Frisch und Zimmer.), Botanik (bei den
Professoren v. Göbel und Hegi) Geologie (bei den Professoren: Rothpletz
und Stromer v. Reichenbach) und Chemie (bei Professor v. Bayer.)
Sofort bei Kriegsausbruch trat ich als Freiwilliger im Kgl. Bayr. InfanferieLeibregiment ,ein und stand bis September 1910 im Felde mit Ausnahme des Jahres 1915, das ich zur Wiederherstellung nach einer
schweren Verwundung in der Heimat verbringen musste. 1916 wurde
ich Reserveoffizier im Bayr. Inf. Regt. 18 und führte von Frühjahr
1917 bis Januar 1910 eine Sturmabteilung tier 30. bayr. Res-Div.,
von da ab eine Kompagnie des bayr. Inf. Regt's Nr. 25. Januar 1919
nahm ich meine Studien an der Universität Bonn wieder auf, studierte
hier ausser Zoologie, Botanik (bei Prof. Fitting und Küster), Geologie
{Prof. Steinmann), Chemie (Prof. Anschütz) und arbeitete im Bonner
zoologischen Institut. Die Anregung zu vorliegender Arbeit erhielt ich
im Frühjahr 1920 von Herrn Prof. Dr. R. Hesse. Das Examen bestand ich am 1. Februar 1922. Für die vielen Anregungen und Ratschläge, sowie für das lebhafte Interesse, mit dem er die Entwicklung
meiner Arbeit verfolgte, fühle ich mich meinem hochverehrten Lehrer,
Herrn Prof. Dr. Hesse zu besonderem Dank verpflichtet. Auch den
Herren Dr. Titschak, Privatdoz. Dr. Krüger und Dr. Herfs danke ich
für manchen Ratschlag.