Trauma und Beratung

Trauma und
Beratung
Michaela Huber
www.michaela-huber.com
www.dgtd.de
Copyright: Michaela Huber
Was passiert, wenn ein Trauma entsteht?
• Die integrative Kapazität des Gehirns wird überflutet mit „toxischem
Stress“.
• Hippocampus (biografisches, episodisches, raum-zeitliches und sprachlich
kodiertes Gedächtnis) schaltet ab, Präfrontalhirn „fährt herunter“
(Vorbereitung und Durchführung bewusster Handlungen)
• Stattdessen reagiert man „wie ein Tier“: Fluchtreflex, Kampfreflex, wenn
das nicht geht: Einfrieren, Schockstarre, totaler Zusammenbruch,
Erschlaffen als Vorbereitung zum Sterben….
• Dabei nimmt die Schmerzwahrnehmung ab, das Bewusstsein zersplittert,
Gedächtnisspeicherung fragmentarisch….
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Wie erkenne ich ein Trauma?
Ein Trauma ist eine „Wunde“. Nicht das Ereignis selbst ist
ein Trauma, sondern die körperlichen und seelischen Folgen!
Kennzeichen der Posttraumatischen Belastungsstörung
• Übererregung (innerlich ständig „auf dem Sprung“; nervös,
Konzentrationsstörungen, überängstlich, schnell wütend, Schlafstörungen…)
• Einschränkung (Rückzug, sich „wegträumen“, Vermeiden von allem, was mit dem
Ereignis zu tun hatte…)
• Wiedererleben schrecklicher Momente.
• Alles vor dem Hintergrund, dass jemand eine oder mehrere tiefe seelische
und/oder körperliche Erschütterungen (seelische oder körperliche Todesnähe)
erlitten hat und nachhaltig darunter leidet.
• Cave: „Abgestumpfte“ Menschen, die „gar nichts fühlen“, empfinden u.U. nicht
Leid…
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Folgen von Traumatisierungen
• Schlafstörungen (Folge: Nervosität, Erschöpfung…)
• Manipulation des Stoffwechsels, um sich in andere Zustände zu zwingen
(Einnahme psychisch wirksamer Substanzen wie Alkohol, Medikamente,
Drogen, viel Koffein…)
• Depressive Einbrüche (immer mal wieder, oder andauernde Depression)
• Angststörungen
• Einsamkeit, Isolation, Verzweiflungszustände
• Selbstbeschädigungen, Selbstverletzungen, Suizidalität
• Beziehungs- und Arbeitsplatzprobleme
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Wie ein Trauma überwinden?
• Nr. 1: Soziale Unterstützung.
• Nr. 2: Das Trauma muss „realisiert“ werden.
• Manche Menschen wollen/müssen es aber lange „wegdrücken“, etwa um
funktionieren zu können.
• Preis: Eingeschränkte Funktionsfähigkeit, Somatisierung, verminderte
Empathiefähigkeit und deshalb mangelnde Fähigkeit, sich fürsorglich zu verhalten.
• Darüber sprechen hilft, solange es der Integration und dem Wiederanknüpfen an
Bewältigungsverhalten und Aufbau neuer Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten
geht.
• Erst Stabilisieren, dann Trauma prozessieren, u.U. durch EMDR oder andere (Körper)Prozess-Techniken. Dabei ist der Erhalt oder Aufbau der Funktionsfähigkeit im Alltag
wesentlich, der durch Bearbeitungsphasen u.U. eingeschränkt sein kann. Diese Phasen
dürfen aber nicht zu lange dauern!
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Gemeinsamkeiten von Traumaberatung
und Traumatherapie
• Jede Person in Not braucht: Zuhören, vorurteilsloses Angenommensein,
Freundlichkeit, Sorgfalt und das Besprechen von Möglichkeiten und Grenzen.
Das gilt für Beratung UND Therapie.
• „Die gemeinsamen Ziele von Traumaberatung und Traumatherapie bestehen
darin, KlientInnen dabei zu unterstützen, ihr bisheriges selbstdestruktives
Verhaltens- und Kommunikationsmuster zu erkennen, sich davon zu
distanzieren und es zum Positiven zu verändern.
• KlientInnen sollen zu besserer Alltagsbewältigung befähigt werden, ihre
bisherige innere Überzeugung: „Alles wird scheitern, ich kann nichts, ich bin
nichts, es darf mir nichts gelingen, es wird nie besser werden“, soll sich
verändern, um neue erfolgreichere Erfahrungen zu ermöglichen.“ Marlene
Biberacher, in: Huber, 2011
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Unterschiede: Therapie zusätzlich:
• Traumakonfrontation
• Täterintrojektarbeit
• Innere Kind-Arbeit und intensive Arbeit auf der inneren
Bühne
• Psychoedukation zur Psychodynamik
Allerdings: In Ermangelung von Therapie-Möglichkeiten für
KlientInnen wird auch oft die Arbeit auf der inneren Bühne in
der Beratung gemacht.
Was haltet Ihr/halten Sie davon?
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Wichtig: Das Ganze der Persönlichkeit
ist mehr als die Summe ihrer Teile!
25.01.2016
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Jeder Mensch ist voller Wunder
• Welche besondere Kraft hat meine KlientIn?
• Was kann sie gut, was konnte sie schon mal und kann vielleicht wieder
anknüpfen? (Ressourcen- und Belastungsdiagramm?!)
• Am Ärmel zupfen, aber nicht über den Tisch ziehen! („Komm, du
kannst mehr!“ – aber nichts aufzwingen…)
• Verankerung von Ressourcen (Butterfly, Malen, einfach mal wieder
tun…)
• „Ich habe dir nicht versprochen, dass das Leben einfach ist. Aber es
kann sehr viel leichter werden“ – diese Grundhaltung ver-körpert die
BeraterIn (auch wirklich?)
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Unvermeidliche Verzweiflung?
Übertragung und Gegenübertragung
• Sichere Bindung bekommt man nur, wenn man destruktive
Bindung loslassen kann/muss! Das tut weh.
• Es geht immer (wie) „um Leben und Tod“.
• Täter – Opfer – Retter - Dreieck.
• „Ohnmächtiger Zeuge“ sein.
• Wir machen uns nicht zu Komplizen der schlechten
Verhältnisse. Wir können loslassen (können wir?).
• Aufgeregte HelferIn – eigene Probleme.
• Hohes Burnout-Risiko – hohe Befriedigung durch die
Arbeit.
• Immer im HelferInnen-Netzwerk arbeiten! Supervision und
Intervision, Fortbildungen – aber auch genug Freizeit!
25.01.2016
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Ein paar sinnvolle Arbeitstechniken
• Beratungsplanung mit realistischen Lebenszielen
• Raum des Nachdenkens errichten (alle starken Gefühle beiseite);
Reorientieren; Dissoziations-Stopp-Techniken
• Mentalisieren! (Wie finden Sie das etc.)
• Kaskaden-Technik und sokratischer Dialog
• „Hand aufs Herz“
• Körper einbeziehen (Wackelbrett; daheim Schaukelstuhl bzw.
Hängematte; Trampolin, im Wasser bewegen…; Klopftechniken…)
• Malen, Fotografieren und Gestalten – kreative Lösungs-Arbeit
„ohne Worte“!
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Weshalb alle HelferInnen HeldInnen sind…
• Weil wir nicht wegschauen und uns nicht mit Krankheitsbildern und
angeblich „normalen Therapieprogrammen“ für die Betroffenen
begnügen. Sondern dabei bleiben im HelferInnen-Netz.
• Weil wir uns anrühren lassen und einlassen, oft sehr existenziell. Und
lernen müssen, uns angemessen abzugrenzen, da wir die Arbeit sonst
nicht schaffen.
• Weil uns oft der Atem stockt ob der ungeheuerlichen Qualen, auch in
der Widerspiegelung in den KlientInnen – und wir trotzdem
weiterarbeiten.
• Weil es unendlich lange dauert. Und wir trotzdem weitermachen.
Obwohl wir manchmal nur ausgenutzt oder getäuscht wurden.
• Weil wir durchhalten. Das ist es, was am meisten gebraucht wird:
Verlässliche, freundliche Menschen, die lange durchhalten, bis die Kl. ihr
Leben selbst meistern können. DANKE!!
25.01.2016
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Verbale Prozess-Techniken helfen Mentalisieren
Sokratischer Dialog
Entweder Überzeugungen oder Symptome:
Vor allem Überzeugungen, Täterintojekte…
• Weil… weil… weil… ← (Trauma)
• Besser: Lieber weiter so, sonst… und
dann… und dann → (tödliche
Befürchtung)
• Anerkennen, dass das Symptom vor
Schlimmerem bewahrt.
• Wie lange denken Sie schon so?
• Und jetzt sind Sie ja schon … alt
• Dürfen wir diese Überzeugung ein
kleines Stück weit herausfordern?
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25.01.2016
Kaskadentechnik
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Wer hat das gesagt?
Ist das ok? Soll das so bleiben?
Wie finden Sie das?
Hatten Sie das schon von Geburt an?
Vorher schon? Schicksal?
• Ist das bei anderen auch so?
• Würde das Ihrer besten Freundin
passieren, dann…
• Wie klein waren Sie, wie groß war „er“?
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Bindung – Bearbeitung – Balance
Drei Schritte zur gesunden Nachreifung
• Problem: Stark wechselnde Beziehungen, Bindungsunsicherheit. Keine Stabilität.
• Lösung: Umgang mit Tätern beenden oder mindestens unterbrechen,
langfristige stabile Bindung anbieten. Dann (auch neuronales!) Wachstum.
Alltags-Begleitung wo nötig. UND:
• Im HelferInnen-Netz arbeiten!
• Problem: Wenig qualifizierte TherapeutInnen.
• Lösung: Qualifizierung in Traumapädagogik und Traumaberatung; oder
Weiterverweisen, wenn möglich..
• Problem: Affekt- und Impulskontrollstörung.
• Lösung: Steuerung der Impulse thematisieren! Konkret überprüfbare
Verhaltensschritte pro Sitzung erarbeiten.
25.01.2016
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