Kompost für... - Goossens Flevoplant

Bild | Egbert Jonkheer/Ruth van Schriek
Jos Goossens, Spezialist für Erdbeer-Vermehrung: „Seit ich
meinen Ackerflächen regelmäßig Kompost zuführe und die
Mineraldüngung angepasst habe, geht es dem Boden und den
Pflanzen deutlich besser.“
Boden
„Jetzt macht mir der
Beruf wieder Spaß!“
Kompost für die Bodenfruchtbarkeit. Wie wichtig es ist, den Boden gesund zu
erhalten, hat Ackerbauer Jos Goossens leidvoll erfahren, als seine Produktion stagnierte. Er ist einer der größten Erzeuger von Erdbeerpflanzen in den Niederlanden.
Heute sind Kompost und Langzeitdünger unverzichtbar für sein Ackerbausystem.
E
s ging einfach nicht mehr“, berichtet
Jos Goossens, Landwirt und Inhaber
der Firma Flevoplant in Ens in den Niederlanden. ,,Seit 2004 verschlechterten
sich die Erträge und die Qualität meiner
Erdbeerpflanzen von Jahr zu Jahr. Ich
fühlte mich ständig von den Ereignissen überholt. Immer öfter musste ich
mit Wasser und Dünger korrigieren;
dennoch wollten die Pflanzen einfach
nicht richtig wachsen.“
Dann beschloss der Ackerbauer,
Sjoerd Smits, einen ausgewiesenen Bodenexperten von der Gartenbauberatung Hortinova miteinzubeziehen. Der
kam dem Problem schnell auf die Spur.
Smits stellte fest, dass die von Goossens
bewirtschafteten Böden an vielen
Standorten viel zu wenig organische
Substanz enthielten. Auf einigen Parzellen wurde nur ein Gehalt von 0,5 % organischer Substanz gemessen. Außerdem war kaum noch Bodenleben nachweisbar. Goossens erinnert sich: „Ich bin
ganz schön erschrocken. Besonders, als
mir klar wurde, dass ich selbst diesen
Aspekt völlig übersehen hatte. Für mich
war es schon fast zu einem Reflex geworden, nach einem kurzen Regenschauer den Düngerstreuer anzuhängen, um noch mehr „Stoff“ zu geben.
Heute ist mir klar: Ich habe zu lange nur
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die Symptome bekämpft und nicht die
tatsächliche Ursache des Problems behoben.“
Kompost belebt den Boden
Versuche mit Kompost, der reich an Bodenleben war, überzeugten ihn völlig.
„Auf den Streifen, wo dieser Kompost
ausgebracht worden war, wuchsen die
Pflanzen deutlich besser“, fasst der Spezialist für Erdbeerpflanzen zusammen.
In den folgenden Jahren brachte er
auf seinen eigenen Feldern immer die
Höchstmenge Kompost aus, etwa sechzig Kubikmeter pro Hektar und Jahr. Er
berichtet von seinem Zögern zu Beginn
der Aktion: „Im ersten Jahr dachte ich
mir: Das soll schon alles sein? Dann sah
ich die Rechnung des Kompostlieferanten und ich fing wieder an zu zweifeln.
Aber schon bald konnte ich sehen, dass
die Jungpflanzenernte viel regelmäßiger war als vorher. Mit dem Kompost
kam eindeutig wieder ein Puffer in den
Boden. Und das bedeutete, dass ich
meine Wasser- und Düngergaben zurückfahren konnte. Ab diesem Punkt
war ich defintiv überzeugt.“
Düngungkonzept optimiert
Angeregt durch diese guten Ergebnisse
wollte Goossens unbedingt mehr wis-
sen über die Beziehung zwischen Boden und Pflanzen: „Erst wenn man sich
da hineinvertieft, merkt man, wie viel
Wissen uns verloren gegangen ist. Wir
haben vergessen‚ von der Pflanze aus
zu denken. Auch viele Berater sind fixiert auf die verschiedenen Pflanzenschutz- und Düngungsstrategien. In
Wirklichkeit kann man der Pflanze viel
mehr selbst überlassen.“
Wir haben vergessen, von der
Pflanze aus zu denken. Auch viele
Berater sind fixiert auf die verschiedenen Pflanzenschutz- und Düngungsstrategien.“
Jos Goossens, Ens/Niederlande
Die Düngung zum Beispiel packt
Goossens derzeit ganz anders an als früher. Wenn die Erdbeerpflanzen gesetzt
sind, düngt er sehr vorsichtig. „Ich lasse
die Pflanzen erst selber Wurzeln ausbilden, um Nährstoffe zu finden. Eine hohe
anfängliche Stickstoffgabe verursacht
ein viel zu salziges Umfeld, in dem sich
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Mit eigenen Anbauversuchen testet der
Ackerbauer, wie seine Pflanzen auf
unterschiedliche Arten (angereicherten) Komposts und Dünger reagieren.
Die Produktion von Erdbeerpflanzen ist ein hochspezialisierter Zweig
des Ackerbaus und setzt Fachkenntnisse und einen angepassten
Maschinenpark voraus.
die Wurzeln nicht wohlfühlen.“ Von
Standard-NPK-Mischungen hat der Vermehrer von Erdbeerpflanzen umgeschaltet auf Langzeitdünger, angereichert mit Magnesium. „Der hohe pHWert des Bodens rund um unseren
Standort Ens sorgt dafür, dass viele Spurenelemente und Nährstoffe schlecht
aufgenommen werden. Die Pflanzen
haben zum Beispiel ständig Magnesiummangel. Mit unserer neuen Düngungsstrategie lösen wir das Problem.“
Darüber hinaus düngt er nur strikt
nach Bedarf anhand von Pflanzensaftmessungen an alten und neuen Blättern.
So konnte Goossens seine mineralische
N-Gabe im Vergleich zu 2004 halbieren.
Phosphat streut er nur noch gezielt in
Bereichen mit niedrigen Bodenvorräten.
Kali bringt er gar nicht mehr aus. Dieser
Nährstoff ist im Kompost ausreichend
vorhanden. Und weil der Ackerbauer
weniger Stickstoff und Phosphat einsetzt, bleibt in der Nährstoffbilanz mehr
Spielraum übrig für Kompost. So stabilisiert sich das System selbst.
Die Qualität der Erdbeerpflanzen ist
deutlich besser geworden. Sie haben
ein stärkeres Wurzelsystem und sind
weniger anfällig für Krankheiten. Goossens kann es zwar nicht mit harten Zahlen belegen, aber er schätzt, dass er
durchschnittlich 20 % weniger Pflanzenschutzmittel braucht, vor allem Fungizide. Auch seine Abnehmer bemerken
die Qualitätsverbesserung. Sie sehen,
dass die Pflanzen durch ihre starken
Wurzeln einfach besser wachsen. Die
große Wurzelmasse hat jedoch auch
eine Kehrseite. „Früher ernteten wir
sechs, manchmal sieben Hektar an einem Tag. Jetzt kommen wir meistens
nicht über vier Hektar pro Tag hinaus.
Auch brauchen wir wegen des größeren Pflanzenvolumens mehr Kisten für
die Lagerung“, berichtet der Ackerbauprofi.
sens auch eine Lösung für die von ihm
gepachteten Parzellen. Denn dort
wachsen derzeit die meisten seiner Erdbeerpflanzen. Es handelt sich um einen
sogenannten „landpool“, in dem etwa
1 500 Hektar Land zusammengefasst
sind. Um die Felder, auf die viele Bauern
zurückgreifen, sorgt er sich am meisten.
,,Niemand fühlt sich verantwortlich für
die Fruchtbarkeit des Bodens. Die meisten Pächter befürchten, dass sie dem
Nachbarn Geld schenken, wenn sie
Kompost ausbringen. Um die Kosten zu
senken, habe ich mit Reihenanwendungen experimentiert. Aber das ist keine
Lösung; man muss einfach flächendeckend einen Puffer aufbauen. Ich versuche darum, Vereinbarungen mit allen
Benutzern des Landpools zu treffen,
und zwar so, dass jeder jährlich eine
kleine Menge Kompost ausbringt.“
Pachtland wird verbessert
Zuschüsse vom Staat
Nun, da er auf seinem eigenen Land
eine bessere, deutlich wirksamere Anbaustrategie gefunden hat, sucht Goos-
Goossens hat für sein regionales Projekt
einen Zuschuss bekommen, um mit einer Gruppe von vierzehn Unterneh-
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Bilder | Egbert Jonkheer/Ruth van Schriek
Die Qualität der Erdbeerpflanzen ist
deutlich besser geworden. Sie wachsen
mit ihren starken Wurzeln besser an,
was die Abnehmer zu schätzen wissen.
Mit rund 60 m3 Kompost pro ha und
Jahr hat Jos Goossens den Gehalt
seiner Böden an organischer
Substanz nach oben korrigiert.
Boden
Flevoplant im Überblick
Jos Goossens ist mit seiner Firma Flevoplant
einer der größten Erzeuger von Erdbeerpflanzen in den Niederlanden. Das Unternehmen
produziert an drei Standorten in den
Niederlanden, Polen und der Ukraine, auf einer
Gesamtfläche von 200 ha. Der Hauptstandort
des Unternehmens befindet sich in Ens
(Noordoostpolder). Hier sind ungefähr hundert
Hektar in Kultur. Das meiste Land wurde in der
Umgebung gepachtet. Die leichten Böden
haben sehr wenig organisches Material (0,5 bis
2 %). Intensive Landnutzung und der hohe
pH-Wert sorgen dafür, dass die organische
Substanz rasch abgebaut wird.
Rund 80 % des angebotenen Komposts
sind Müll, schätzt der Ackerbauer.
Guter, reifer Kompost stinkt nicht und
fühlt sich locker an.
mern, die wie er Land benutzen, Bodenverbesserungen durchzuführen. Es handelt sich nicht nur um Ackerbauern,
sondern auch um Gärtner, Milchviehhalter und Erzeuger von Blumenzwiebeln. Bis jetzt ist die Gruppe begeistert.
Die Frage ist, ob das Projekt später ohne
die Subvention auch noch gelingen
wird. „Ich hoffe es“, ist Goossens zuversichtlich, „unser Projekt läuft seit mehreren Jahren und die Teilnehmer merken
den Unterschied. Auch die Viehhalter,
die den größten Teil des Landes besitzen, sind mehr und mehr überzeugt
von der Notwendigkeit, die Qualität des
Bodens zu verbessern. Guter Boden stimuliert nämlich den Futterwert und fördert die Gesundheit der Tiere.“
Landesweite Bodentests
Inzwischen spielt Flevoplant auch eine
zentrale Rolle in einem nationalen Projekt zur Bodenverbesserung, das unter
die Federführung des Landwirtschaftsministeriums (EL & I) fällt. Flevoplant ist
hierbei der wichtigste Antragsteller. Die
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teilnehmende Gruppe von Landwirten
im Projekt bekommt einen Zuschuss,
aber die Unternehmer geben auch selber Geld dazu. In drei weiteren Orten in
den Niederlanden – Nord-Holland,
Drenthe und Limburg – wird auf ähnliche Weise an Bodenverbesserungen
gearbeitet wie in Ens.
Um voneinander zu lernen, wurde
Erde aus den verschiedenen Provinzen
zu Flevoplant gebracht, wo sie in einem
Test verschiedenen Behandlungen unterzogen wurde. Jos Goossens berichtet: „Es ist viel Arbeit, aber sehr lehrreich.
Das Land in Drenthe ist ganz anders als
hier. Dort enthält der Boden mehr als
genug organische Substanz, aber dennoch ist das Bodenleben stark unterentwickelt. Um Abhilfe zu schaffen, ist frisches organisches Material notwendig.“
Goossens ist inzwischen überzeugt,
dass guter Kompost die wichtigste
Maßnahme ist, um den Boden schnell
wieder auf Kurs zu bekommen. „Aber
guten Kompost muss man suchen. 80 %
von dem, was angeboten wird, ist Müll.
Guter Kompost riecht nicht, ist gut ausgereift und fühlt sich lose an. Es kostet
zwar gutes Geld, aber das zahlt sich
doppelt aus.“
Allerdings ist Kompost nicht das
ganze Erfolgsgeheimnis. Angeregt
durch seine Ergebnisse will Goossens
mehr wissen über die Beziehungen zwischen Boden und Pflanzen. „Die Versorgung mit organischem Material ist der
erste Schritt. Dann beginnt die Feinabstimmung während des Wachstums. Da
gibt es noch viel Spielraum. Das ist eine
reizvolle Herausforderung für mich. Vor
sechs Jahren habe ich meine Arbeit viel
zu sehr nach Schema F gemacht − mit
immer weniger Freude. Aber jetzt macht
mir der Beruf wieder Spaß.‘‘
||
Autor
Egbert Jonkheer,
Freier Journalist
Telefon: +31-6 23 86 69 79
E-Mail: egbertjonkheer@
gmail.com
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