Friedrich Glauser – Ce n`est pas très beau

Medienmitteilung, 13.01.2016
Ausstellung im Strauhof thematisiert Leben des «W achtmeister Studer»Autors
strauhof
Friedrich Glauser –
Ce n’est pas très beau
M it den W orten «Ce n’est pas très beau» beendet Friedrich Glauser
(1896–1938) ein Jahr vor seinem frühen Tod seinen Lebensbericht. Dada
und M orphium, psychiatrische Anstalten und die Fremdenlegion, eigene
Inhaftierungen und Kriminalromane bestimmten sein Dasein. Seit
«W achtmeister Studer» (1936) gilt Glauser als einer der ersten
deutschsprachigen Krimiautoren. Die Ausstellung «Ce n’est pas très beau»
im Strauhof in der Altstadt von Zürich, welche am 5. Februar im Rahmen
des Jubiläums dada100zuerich2016 eröffnet wird, zeichnet die Stationen
von Glausers Leben nach und horcht auf die Zwischentöne seines
Schreibens. Sie dauert bis 1. M ai. Am 3. Februar findet ein
Presserundgang* statt, die Vernissage ist einen Tag später, am 4. Februar,
anlässlich des 120. Geburtstags von Friedrich Glauser.
Glauser ist als einziger Schweizer Autor 1916 an der
Entstehung der Dada-Bewegung in Zürich beteiligt,
doch erst 20 Jahre später feiert er mit dem
«Wachtmeister Studer» einen ersten Erfolg. Die
nüchterne, mit Dialekt versetzte Sprache, das
Wechselspiel zwischen wirklichkeitsnaher Inszenierung
und dramatisierter Wirklichkeit sowie Abgründe und
Schicksalsschläge sind die Bausteine von Glausers «nicht
ganz so schöner» Welt. Ob Psychiatrie,
Gartenbauschule, Bauernhof oder Fremdenlegion –
seine eindringlichen Milieustudien und seine
Schilderungen menschlicher Abgründe wirken bis heute. Diese Stimmungen finden sich
entsprechend in der Ausstellungsarchitektur und der Lichtführung wieder.
Friedrich Glauser im Strauhof
Die Ausstellung beginnt mit fünf zentralen Themen von Glausers Leben und Literatur:
Glauser als Fall für die Behörden; Glauser und das Schreiben; Glauser und der «Cafard»;
Glauser als Un/Schweizer sowie Glauser als Internierter. Folgende Expertinnen und
Experten verschiedener Fachgebiete kommentieren dazu ausgewählte Zitate: Sabina
Altermatt (Autorin), Christa Baumberger (Co-Kuratorin), Hannes Binder (Illustrator),
Bernd Echte (Verleger), Martin Killias (Kriminologe) und Daniel Strassberg (Psychiater).
Ihre gefilmten Statements gewähren erste Einblicke in Glausers Welt. Die
unterschiedlichen Aussagen spiegeln zudem die Bandbreite der Zugänge zu Glauser wie
auch seine Aktualität. Die Runde versammelt sich am 7. April um 19.30 Uhr zu einem
Gespräch im Literaturhaus Zürich, das von Manfred Papst moderiert wird.
Es folgt der Lebensweg des Schriftstellers: Friedrich Glauser, als Sohn eines Schweizers
und einer Österreicherin 1896 in Wien geboren, verbrachte über zehn Jahre in
psychiatrischen Kliniken und Haftanstalten - diese Internierungen erlaubten ihm aber
auch, seiner schriftstellerischen Berufung nachzugehen. 1938 verstarb er, am Vorabend
seiner Hochzeit, mit nur 42 Jahren.
Seit den 1980er Jahren illustriert
Hannes Binder Glausers Werke.
Er prägt mit seinen grossformatig
reproduzierten Zeichnungen die
Atmosphäre der Räume im
Obergeschoss. Am Anfang seines
literarischen Schaffens stehen
Glausers Auftritte an den
Zürcher «Dada»-Soiréen, von
denen nur spärliche Spuren
erhalten sind. Durch diesen
Zugang erschliessen sich drei
Räume, die seine Hauptwerke «Gourrama» und «Matto regiert» sowie seinen
Protagonisten «Wachtmeister Studer» thematisieren. Abschliessend wendet sich die
Ausstellung diversen Originaldokumenten zu Leben und Schreiben Glausers zu. Die
Dokumente und Akten, Manuskripte und Erstausgaben stammen aus den Beständen des
Schweizerischen Literaturarchivs (SLA), aus dem Stadtarchiv Zürich und der
Privatsammlung des Verlegers Bernhard Echte.
Literarische Hinterlassenschaft
Der Fremdenlegionsroman «Gourrama» schildert den weitgehend ereignislosen Alltag in
einem abgelegenen Posten in der marokkanischen Wüste. Analphabeten und Adlige,
Dichter und Säufer machen aus dem Posten eine Bühne für Gestrandete aus ganz
Europa. Statt Abenteuer schildert Glauser Charaktere – ganz langsam nur verdichten sich
die Spannungen zwischen den Legionären zur Revolte aus Langeweile.
Zu «Matto regiert» schreibt Glauser: «Daneben spukt mir ein großer Roman über
Münsingen im Kopf herum, aber ich hab Angst dranzugehen. Wissen Sie, es müßte so
eine Art Querschnitt werden, mit den tenants et aboutissants der Insassen eines solchen
Baues; die Grenzenlosigkeit des Netzes, das um die Anstalt liegt, mit den verschiedenen
Schicksalfäden, die sich kreuzen u. knoten, müßte möglichst deutlich herausgearbeitet
werden» (Brief an Gertrud Müller, 7. Februar 1932). Es dauert weitere vier Jahre bis der
Roman erscheint. Die Ermittlungen um den verschwundenen Direktor bieten
umfassenden Einblick in den Betrieb einer psychiatrischen Anstalt um 1930.
In den letzten drei Lebensjahren schreibt er fünf Romane,
in deren Mittelpunkt ein eigensinniger
Fahnderwachtmeister der Berner Kriminalpolizei steht.
Der gmögige Brissagoraucher folgt mit Geduld und viel
Verständnis für die Gestrauchelten seiner Intuition,
verfügt aber auch über Kenntnisse der neuesten
Ermittlungsmethoden. Spielfilme, Theaterinszenierungen
und Hörspiele von den 1940er Jahren bis in die
Gegenwart belegen die Beliebtheit der Figur Studer
ebenso wie Glausers anhaltende Aktualität: Verfilmungen
von Leopold Lindtberg (1939) und Sabine Boss (2001);
Hörspiel von Markus Michel (2007); Dokumentarfilm von Christoph Kühn (2012);
vertonte Lesung des Glauser Quintetts (2012); Aufführung im Schauspielhaus Zürich
(2014).
*Am 3. Februar findet von 10 bis 12 Uhr ein Presserundgang mit den
Verantwortlichen** statt, die Vernissage einen Tag später am 4. Februar.
Sie beginnt um 18.30 Uhr mit einem Kurzprogramm des Glauser
Quintetts und Ansprachen in der Kirche St. Peter. Um 19.15 Uhr eröffnet
die Ausstellung im Strauhof mit Grog auf dem Augustinerplatz. Die
Ausstellung dauert vom 5. Februar bis 1. M ai. Für den Rundgang und die
Vernissage können sich interessierte M edienschaffende bei Caroline Meier
akkreditieren. Das weitere Rahmenprogramm steht hier zum Download
bereit, Bildmaterial finden Sie hier. Für Interviewanfragen oder weitere
Informationen melden sich M edienschaffende bitte bei eggliwintsch.
**Verantwortliche der Ausstellung:
Kuration: Christa Baumberger (SLA) und Rémi Jaccard (Strauhof)
Szenografie: Simon Husslein
Grafik: POL Grafik / Juliane Wolski
Video: Georg Lendorff
Rahmenprogramm: Gesa Schneider, Philip Sippel und Rémi Jaccard
Zur Ausstellung erscheint der Reader «Friedrich Glauser - Ce n’est pas très beau», eine
abgründige Sammlung von Texten, Dokumenten und Fotografien von und über Glauser.
Herausgegeben von Christa Baumberger und Rémi Jaccard, gestaltet von POL Grafik
(Juliane Wolski).