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4. Pro Carton Kongress
Verpackung, Design und Marketing
Packmittelhersteller treffen Markenartikler – auch so hätte das Motto des 4. Kongresses von Pro Carton
heißen können. Annähernd 200 Interessierte folgten Ende März den
Vorträgen namhafter Referenten im
Congress Centrum Hamburg.
> „Eine gut gestaltete Verpackung sollte dem Patienten keine Kopfschmerzen
bereiten“, sagte Verena Klose, Product
Managerin bei Bayer Vital. Sie diskutierte gemeinsam mit Klaus Henke, Huber
Group, Rüdiger Maaß, Value Magazin,
und Franz Rappold, Mayer-Melnhof Karton, über „Verpackungen als Instrumente der Markenführung. Dass die Verpackung im Pharmabereich an Bedeutung gewinnt, unterstrich die Product
Managerin bereitwillig. Mit Phantasie –
also auch über die Verpackung – müsse
ihre Industrie die engen Spielräume nutzen und den Verbraucher an sich binden.
Auch Klaus Henke brachte seine Sicht
der Dinge auf den Punkt: „Wo das Auge
keinen Halt findet, gehen auch die Füße
weiter“, sagte er. Soll heißen: Der Farbenhersteller Huber Group stellt seinen
Kunden Know how zur Verfügung, damit der Kunde länger vor der Verpackung im Regal verweilt. Mal ist es ein
Haptiklack, mal die Metallisierung der
Farbe, die eine Kaufentscheidung unterstützen. Henke nennt das auch „Effekte
liefern“. Was die Packmittelhersteller besonders gefreut haben dürfte: Nach
Aussagen von Franz Rappolder nimmt
die Faltschachtelbedarfsmenge in
nächster Zeit von 7,3 auf 8 kg pro Jahr zu.
Gute Aussichten für die Mitglieder von
Pro Carton.
Über die Wahrnehmungspsychologie von Verpackungen sprach Martina
Kunert, Böhm Design. Ihre These lautete:
„Am Regal setzt der Verstand aus“. Sie
widmete sich in ihrem Vortrag der Neuroökonomie. Diese junge Wissenschaft
hat sich zum Ziel gesetzt, die Handlun-
Dr. Peter Haller, Serviceplan Gruppe.
Martina Kunert, Böhm Design.
Prof. Dr. Peter Wippermann, Trendbüro Hamburg.
Diskussion: Verpackungen als Instrument der Markenführung. (Fotos: Pro Carton)
gen des Menschen naturwissenschaftlich zu erforschen. Wirtschaftswissenschaftler interessieren sich für die Hirnforschung. Sie messen u.a. Hirnaktivitäten im Zusammenspiel mit der Wahrnehmung von Marken. „Bei Instinkt- und
Emotionsentscheidungen ist das Hirn zu
irrationalen Handlungen bereit“, postulierte Kunert. „Wollen statt brauchen“
liege der Kaufentscheidung von Marken
zugrunde. Dies sei der so genannte Markeneffekt. Je stärker die Marke, desto
stärker sind die Hirnaktivitäten. Hoch aktiviert sind dabei Regionen des Hirns, die
für Emotionen und Instinkte zuständig
sind. „Down reguliert“, so Kunert, „sind
dann jene Areale im Vorderhirn, die für
die Ratio verantwortlich sind.“ Fazit: Sobald Signale da seien, die die Instinktund Emotionszentren ansprächen, spare
sich das Hirn den Weg über die Ratio.
Auf diese Weise komme es schneller und
effizienter zu einer Entscheidung. „Bei
Marken setzt tatsächlich der Verstand
aus“, sagte sie.
„Kaufe Gefühle, statt Produkt“
Über die „klassische Werbung – was
nun?“ sprach Dr. Peter Haller von der
Serviceplan Gruppe. Er hatte ein Paket
geschnürt, das neue Werbevarianten in
sich hatte: Vom interaktiven TV bis hin
zur multimedialen Außenwerbung.
Sein Credo: Die Massenkommunikation
werde sich künftig individualisieren sowie sich auf urbane Trendzentren konzentrieren und „Online“ bleibe das am
schnellsten wachsenden Werbemedium.
„Verpackungstrends im Wertewandel
der Konsumentensehnsüchte“ hatte Prof.
Peter Wippermann, Trendbüro Hamburg,
ins Visier genommen. Menschen seien
fremdgesteuert, hatte er ausgemacht.
Vor dem Verkauf stehe die Kommunikation. „Strategien müssen einfacher werden, denn mehrere Möglichkeiten bedeuten Orientierungsverlust“, lautete einer
seiner Kernsätze. Weniger sei eben mehr.
Marken könnten Emotionen binden. Auf
den Punkt gebracht, bedeute dies: Der
Verbraucher „kauft Gefühle, statt Produkt“. >|
mar