DIE »HERRSCHAFT DES WEIBLICHEN«

DIE »HERRSCHAFT
DES WEIBLICHEN«
Elvira Grübel
V
on zeitgenössischen Ka ri katu ren
bis h i n zu neueren Fi l men wu rde d ie
u nter dem Pseudonym George Sand
beka n nt gewordene fra nzösische
Sch riftstel leri n oft a ls Fem me fata le –
i n Mä n nerkleidern u nd Ziga rre ra uchend – da rgestel lt. N ach mei ner a usg iebigen Beschäftig u ng m it i h rer Biog rafie ( 1 ) ist es m i r ei n An l iegen,
d iese u ngewöh n l iche u nd m utige Fra u
»i n ei n besseres Licht« zu rücken .
Sch l ießl ich wu rden i h re Werke zu i hren Lebzeiten i m 1 9 . J a h rh u ndert i n
ga nz E u ropa gelesen, m it Begeisteru ng oder m it E m pöru ng, a ber n iema ls
g leichg ü ltig . »Lest mich, aber lest
(Son ne O pposition Ch i ron ) . I h re M utter Sophie, Tochter ei nes Vogel hä ndlers a n der Sei ne, d ie i h r Vater a uf einem Feldzug ken nen gelernt hatte,
verzichtet zwei J a h re später a uf d ie
Vorm u ndschaft zug u nsten ei ner Rente,
d ie i h r von der Schwiegerm utter a usgesetzt wi rd . Sie verspricht i h rer kleinen Tochter, sie nach Pa ris nachzu holen, tut d ies a ber n ie, wom it sie i h r d ie
g rößte Wu nde i h res Lebens (Ch i ron
O pposition Son ne, Mond wi rd von
Ma rs reg iert) zufügt, wie George
Sand später i n ei nem i h rer Werke
sch rei bt. Dies hat ei ne frü he Präg u ng
i h res Bezieh u ngsverha ltens (Ven us)
zu r Folge: d ie Angst vor ei nem erneuten Verlassenwerden . Als U ra n us Ende
1 8 1 1 ü ber Li l ith tra nsitiert u nd g leichzeitig ei n Quad rat zu r Ven us bi ldet,
klä rt i h re Großm utter sie u nsa nft
ü ber d ie d u n kle, i n i h ren Augen
u n mora l ische ( Li l ith ) Verga ngenheit i h rer M utter a uf, u m den
Sch merz des Ki ndes zu »m i ldern« . Doch d ie klei ne Aurore
lädt Sch u ld a uf sich .
mich ganz, bevor ihr über mich urteilt«, la utete ei n ma l i h re Antwort a n
i h re Kriti ker. ( Ei n Satz, den ma n a uch
ma nchen Kriti kern der Astrolog ie
gerne na he legen wü rde. )
I ch werde h ier vor a l lem a uf d ie
Rol le, d ie Ma rs u nd Ven us i n i hrem H oroskop ei n neh men, fokussieren (Sch riftstel leri n m it Stier–
Ma rs i n H a us 3 u nd Gel iebte m it
Löwe – Ven us) . I h r E ngagement i n
der Gesel lschaft a ls Rebel l i n u nd
a ls Visionä ri n ord ne ich i h rem Wasserma n n – Aszendenten u nd N eptu n i n
Skorpion zu – i nsgesa mt a lso vier Archetypen, d ie a ls Besetzu ng des fixen
Kreuzes i n i h rem H oroskop hera usragen . An ha nd von Tra nsiten mache ich
H a lt a n ma rka nten Lebensstationen,
u m so d ie Mosa i kstei ne zu ei nem a ussagekräftigen Bi ld zusa m menzufügen .
Gustave Flaubert hat i h r ei n ma l folgende Frage gestel lt: ( 2 )
»Unter welcher Konstellation sind
Sie nur geboren, dass Sie in Ihrer
Person so unterschiedliche, so zahlreiche und so seltene Eigenschaften
vereinen ?«
Der von Flaubert gewü rd igte Facetten reichtu m d ieser Fra u spiegelt sich
bereits i n der Besetzu ng a l ler zwölf
Tierkreiszeichen u nd som it g leich mäßigen Beton u ng der E lemente u nd Qual itäten :
Ka r d i n a l
Feu er
E rd e
L uft
Wa s s e r
Mond
Chiron
J u p., U ra.
Son ne
F ix
Ven us
Ma rs
AC, n.MK
Neptu n
B ewe g l i c h
MC
Saturn
Merkur
Pl uto
Abb. 1 : George Sa nd
(Ama ntine Aurore Lucile Dupin)
04.07. 1 804, 22:1 7 LMT, 22:08 GMT
Pa ris/F, 2 E20, 48 N 5 1 , Quel le: 800 Horoskopen va n bekende mensen
Häuser: Koch
George Sand trägt
archetypisch den
»Kampf der Geschlechter«
als Aufgabe mit sich herum.
FRÜ H E VERLUSTE
UN D VERLETZUNGEN
Sie wi rd a m 1 . J u l i 1 8 04 u m 2 2 : 1 7
LMT ( 3 ) i n Pa ris a ls Amantine Aurore Lucile Dupin, U ru ren kel i n von
August dem Starken, geboren . Als sie
vier J a h re a lt ist, verl iert sie i h ren Vater
Maurice Dupin , a ls d ieser bei ei nem
nächtl ichen Ga lopp vom Pferd stü rzt
»Mir war, als hätte ich innerlich eine große Brandwunde und an der
Stelle des Herzens eine große Leere.
(...) Wenn meine Mutter verächtlich
und hassenswert war, so war ich, ihr
Kind, es auch.«
Ma rs steht i n Stier i n H a us 3 – u . a .
dem H a us der Geschwister. Ei ne Woche vor dem U nfa l l i h res Vaters sti rbt
i h r j ü ngerer Bruder i m Alter von 1 2
Wochen nach den Stra pazen ei ner
la ngen Reise ( Ma rs wi rd von N eptu n
aspektiert) .
Aus ei ner Bezieh u ng i h res Vaters zu
ei nem Dienstmädchen g i ng i h r zwei
J a h re ä lterer H a l bbruder Hippolyte
hervor. E r wu rde n icht a nerka n nt
( Ma rs O pposition N eptu n ), sei ne M utter m usste vom Sch loss verschwi nden .
Fü r d ieses u nehel iche Ki nd wi rd zwa r
fi na nziel l gesorgt ( Ma rs i n Stier), es
wächst i n der N ach ba rschaft bei einer Bä ueri n a uf ( Ma rs i n H a us 3 ), der
Aspekt zu N eptu n deutet jedoch a uf
d ie Gehei m ha ltu ng oder N ichta nerken n u ng h i n .
Betrachten wi r Ma rs u nd Son ne, so
sehen wi r, dass beide i n Aspektm uster
ei ngebu nden si nd, d ie a uf ei n verletzMeridian 5/20 06
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tes (Son ne O pposition Ch i ron ) oder
geschwächtes ( Ma rs O pposition N eptu n, Ma rs i m Exi l : er wi rd von Ven us
reg iert) mä n n l iches Bi ld sch l ießen lassen . Viel leicht kon nte i h r Bruder sei nen
Platz n icht ei n neh men, wei l der » E rstgeborene« n icht a nerka n nt worden ist.
ERSTE SPI RITUELLE
ERFAH RUNGEN
Das durch Venus
repräsentierte klassische
Bild der gefühlvollen,
erotisch attraktiven und
harmoniebedürftigen Frau
wird bei George Sand
durch ein Quadrat von
Venus zur Skorpion–Lilith
provoziert.
Aurore wächst n u n bei i h rer Großm utter Aurore Dupin m it den Ki ndern der
bä uerl ichen U mgebu ng von Sch loss
N oha nt a uf, u nter denen sich a uch
der verhei m l ichte Bruder befi ndet. Sie
gen ießt zu m ei nen d ie u n konventionelle E rzieh u ng d u rch ei nen H a usleh rer,
zu m a ndern ü bt d ie Großm utter, Anhä ngeri n von Voltaire u nd Rousseau ,
ei nen sta rken Ei nfl uss a uf sie a us. Oft
streu nt sie a l lei n d u rch d ie Wi ld n is
(Widder – Mond ) . M it »Corambé«, einer sel bst a usgedachten Gottheit
( N eptu n ), legt sie sich i h re eigene spirituel le Welt zu recht. Tief i m Pa rk errichtet sie fü r i h n ei nen Alta r u nd vertra ut i h m i h re Gesch ichten a n, i n denen das Gute ü ber das Böse siegt
( N eptu n O pposition Ma rs) . Als U ran us 1 8 1 2 i n Kon j u n ktion m it i h rem Rad ix – N eptu n steht, setzt d ieser Tra nsit
i h ren Trä u men ( N eptu n ) ei n jä hes E nde, »Corambé« verstu m mt.
I m Alter von 1 3 J a h ren wi rd das »verwi lderte« Mädchen ( Ma rs Quad rat
Ven us) zu den eng l ischen Aug usti neri n nen nach Pa ris gesch ickt, u m dort
sta ndesgemäße Ma n ieren u nd höhere
Bi ld u ng (Sch ütze – MC) zu erfa h ren .
Sie rebel l iert erst, doch a ls Satu rn sich
i h rem Pl uto nä hert u nd ei n Trigon zu
i h rer Krebs – Son ne bi ldet, g i bt i h r der
Aufentha lt i m Kloster Stru ktu r u nd Sicherheit. Es folgt ei ne Zeit g roßer
Fröm m ig keit. Ei n Bi ld von der Bekehru ng des Hl. Augustinus löst ei n mystisches E rlebn is i n i h r a us (Satu rn – Opposition ) .
»Ich atmete eine Luft von unaussprechlicher Süße, und ich atmete sie
mehr mit der Seele als mit den Sinnen. Plötzlich ging eine mir unerklärliche Erschütterung durch mein ganzes Wesen, mir wird schwindlig vor
den Augen, ein weißes Licht hüllt
mich ein. Ich glaubte eine Stimme zu
hören, die mir ins Ohr flüsterte: tolle,
lege (nimm und lies). Ich wandte
mich um, doch ich war allein.« ( 4 )
Da nach fä l lt sie i n ei ne Art rel ig iösen
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Wa h n u nd Verzücku ng ( Pl uto i n Fische
i n Rezeption m it N eptu n i n Skorpion )
u nd sieht das Kloster a ls i h re wa h re
Berufu ng a n ( MC Sch ütze, N eptu n =
elevierter Pla net) . Ku rz nachdem i h re
Großm utter sie nach N oha nt zu rückholt, erkra n kt d iese schwer u nd wi rd
von i h rer E n kel i n gepflegt. 1 82 1 sti rbt
sie u nd Aurore wi rd m it 1 7 J a h ren Allei nerbi n von Sch loss N oha nt. Sie
zieht zu i h rer M utter, lernt ba ld da ra uf
Baron Casimir Dudevant ken nen u nd
fl üchtet 1 8 jä h rig i n ei ne E he m it i h m .
Die Rechte a n den Ei n na h men, d ie
das Gut N oha nt a bwi rft, gehen d u rch
d ie H ei rat a n i h n ü ber.
UNGLEICH E RECHTE
Als sie 1 9 J a h re a lt ist, kom mt i h r Soh n
Maurice zu r Welt. Anfa ngs schei nt sie
noch seh r g l ückl ich i n i h rer Ehe, doch
la ngsa m erken nt sie, dass i h r E hema n n i h r E rbe d u rch bri ngt u nd sich
m it den Dienstboti n nen verg n ügt, was
bei i h r zu ei nem i n neren Aufru h r fü h rt
gegen d ie u ng leichen Rechte ei ner
Ehefra u ( U ra n us – Quad rat zu r Rad ix –
Stel l u ng i n Waage i n H a us 8 ) . I h re
Ven us herrscht ü ber H a us 8 u nd bi ldet
ei n Trigon zu m MC: Das Thema
»Gleich berechtig u ng i n der Bezieh u ng« wi rd fü r sie ei nes der H a u ptthe-
men, das sie u mtrei bt. Die beiden
» Freigeister« U ra n us u nd J u piter i n
Waage, d ie Ven us »i m Rucksack« hat
u nd d ie a uch a ls Achsen herrscher von
Bedeutu ng si nd, u nterstützen sie dabei, u ngewöh n l iche Wege ei nzusch lagen .
Da sie i h re l itera rischen, kü nstlerischen
u nd ph i losoph ischen I nteressen ( Merku r Sexti l Ven us) n icht m it Casimir teilen ka n n, ist d ie E he schon seh r ba ld
zu m M isserfolg veru rtei lt. I m Dezember 1 82 7 trifft sie i n Pa ris i h ren J ugendfreu nd Stéphane Ajasson de
Grandsagne . Gerüchten zufolge entspri ngt d ieser Lia ison i h re Tochter Solange, d ie a m 1 3 .09 . 1 82 8 zu r Welt
kom mt, a l lerd i ngs von Casimir a ls
Tochter a nerka n nt wi rd .
Betrachtet ma n i n George Sands H oroskop d ie Verkn ü pfu ng der Dispositoren (a uf d ie d rei Dispositoren ketten
gehe ich a usfü h rl ich i n mei ner Biog rafiea rbeit ei n ), so sticht i ns Auge, dass
es ei nen verbl üffenden Kreisla uf g i bt:
Auffa l lend ist, dass d ie si n n l ichen u nd
ei nfü h lsa men Yi n – Pla neten Ven us u nd
Mond ( I nd i katoren fü r i h re wei bl iche
Seite) d ie Dispositoren von Ma rs u nd
Son ne si nd .
Gerechtig keitsha l ber m uss a ber erwä h nt werden, dass wiederu m Mond
von Ma rs reg iert wi rd u nd Ven us von
Son ne – den Pla neten, d ie fü r d ie a ktive, mä n n l iche Ya ng – E nerg ie stehen .
I h r Auftreten i n der Gesel lschaft entspricht n icht gerade den ku ltu rel len
Stereotypen ei ner »fem i n i nen« Fra u
u nd erregt ei n iges Aufsehen .
Ma rs steht zudem i n ei ner spa n n u ngsgeladenen Bezieh u ng m it sei ner Dispositori n Ven us: George Sand trägt
a rchetypisch den » Ka m pf der Gesch lechter« a ls Aufga be m it sich heru m . Letztend l ich wi rd sie sich a ber
m it wei bl ichen M ittel n d u rchsetzen .
Auch m it i h rem Kleid u ngssti l wa r sie
i h rer Zeit 1 00 J a h re vora us. H eute bewegt sich jede Busi nessfra u (oder u nsere Bu ndeska nzleri n ) i m H osena nzug . I h r Mond (Sch utzh ü l le) wi rd von
Ma rs reg iert. Was l iegt da nä her, a ls
i n Mä n nerkleid u ng (oder i n ei ne Rüstu ng ) zu sch l ü pfen, u m sich u n bemerkt
i n d ie Literatencafés begeben zu können u nd i n der Mä n nerdomä ne »Stud ien« zu betrei ben, d ie später i n i h re
Roma ne ei nfl ießen . Aus den Biog rafien erfa h ren wi r a l lerd i ngs a uch, wie
seh r sie i m H i n bl ick a uf i h re Kleid u ng
frü h geprägt wu rde. So l ieß i h re M ut-
ter ei ne U n iform fü r sie a nfertigen, u m
den Vater zu »erfreuen«, den sie i m
Spa n ien krieg besuchen, a ls sie vier
J a h re a lt ist. I h re Großm utter steckte
sie hä ufig i n J u ngen kleider, wei l d ie
klei ne Aurore sie so seh r a n i h ren verstorbenen Soh n Maurice eri n nert. U nd
sch l ießl ich d ie E m pfeh l u ng i h res H a usleh rers Deschartres, bei den gewagten Ausritten, d ie sie täg l ich zusa m men
u nterneh men, Mä n nerkleid u ng zu tragen, wei l d iese pra ktischer sei .
Die Tatsache, dass der Mond Dispositor i h rer Son ne ist, verlei ht i h r d ie Fäh ig keit, sowoh l i h re l u na ren a ls a uch
i h re sola ren Qua l itäten zu leben .
DI E GELI EBTE
Es g i bt viele Beispiele von Fra uen m it
Löwe – Ven us – Konstel lationen (Madon-
na, Greta Garbo, Gina Lollobrigida),
d ie fü r i h ren sprü henden Cha rme u nd
i h re stra h lenden Auftritte beka n nt geworden si nd . Doch i n H a us 6 si nd weder Stolz noch Sel bstverl iebtheit gefragt. Ven us a ls I nd i kator fü r d ie H i nga be steht i n dem H a us, das dem
J u ngfra u – Pri nzi p zugeord net ist. Tatsäch l ich ist sie eher sch üchtern i n der
Konta kta ufna h me, oft u n beholfen . Von
i h rer M utter wu rde sie kritisiert, sie sei
n icht wei bl ich u nd a n m utig . Als Folge
h iervon u nd da n k i h res rebel l ischen
Tem pera ments wol lte sie n ie kokett
sei n oder sich u nterord nen . Den noch
weiß sie i h re exotisch – mag isch wi rkenden Reize (Ven us ist a uch H errscheri n von Waage i n H a us 8 ) ei nzusetzen, u m ü ber den U mweg der Liebesbezieh u ng (Ven us) Verbi nd u ngen
zu Persön l ich keiten herzustel len, d ie
i h rer Ka rriere a ls Autori n n ützl ich si nd
(Trigon zu m MC) . U nd i m mer, wen n
ei ne a ufregende Liebesgesch ichte zu
Ende geht, sucht u nd fi ndet sie Ausg leich u nd Erfü l l u ng i n Freu ndschaften, was a uf den Gegen pol i h rer Löwe – Ven us h i nweist: das Zeichen Wasserma n n, i n dem i h r Aszendent u nd
der a ufsteigende Mond knoten stehen .
Sowoh l Ma rs a ls a uch Ven us si nd i n
ei n T – Quad rat m it N eptu n ei ngebu nden . Wie sich das a uswi rken ka n n,
wi rd i n dem folgenden Zitat seh r bi ldhaft besch rieben :
»Die Suche nach dem Absoluten verführt sie oft dazu, den Geliebten zu
wechseln auf der Jagd nach der einzigen, der vollkommenen Liebe, in
der sie alles hingeben und alles emp-
George Sand spricht von
der Sexualität als einem
sakralen Akt und hebt in
ihren Romanen die
Trennung zwischen Heiliger
und Hure auf (T–Quadrat
von Venus, Mars und
Neptun).
fangen möchte.« ( 5 ) Sie spricht von
der Sexua l ität a ls ei nem sa kra len Akt
u nd hebt i n i h ren Roma nen d ie Trenn u ng zwischen H ei l iger u nd H u re a uf.
Die N eptu n – Aspekte zu Ma rs, Ven us,
Li l ith u nd Mond ( 6 ) wi rken sich a uf
i h r Bezieh u ngsverha lten idea l isierend
a us, lassen sie a ber a uch gelegentl ich
das O pfer von Tä usch u ngen u nd I l l usionen werden .
DI E REBELLI N
Das d u rch Ven us repräsentierte klassische Bi ld der gefü h lvol len, erotisch attra ktiven u nd ha rmon iebed ü rftigen
Fra u wi rd d u rch ei n Quad rat zu r S korpion – Li l ith provoziert. Sie erlebt es a ls
H era usforderu ng, d ie von der Gesel lschaft a usgeblendeten Schattenthemen ( Li l ith ) i ns Bewusstsei n zu heben .
»Jedes Mal geht sie ein wenig stärker, ein wenig gereifter aus einem
´Skandal ´ hervor, genau so, als ob
sie die Erfahrungen zu ihrer Selbstfindung brauche [...], steigt sie aus
diesen Prüfungen heraus wie Phönix
aus der Asche.« ( 7)
George Sands Plädoyer fü r ei ne Reform der Fra uen rechte, z. B. fü r ei ne
eben bü rtige Stel l u ng sowoh l i n der
Bezieh u ng a ls a uch i n der Gesel lschaft oder das Recht a uf Si n n l ich keit
( Ma rs i n Stier) g i ng i h re Kriti k vora us,
dass Gl ück n icht mög l ich ist i n ei ner
Gesel lschaft, i n der ei ne Fra u d ie Dieneri n i h res Ma n nes, d ie Sklavi n i h res
H errn u nd Meisters ist. H ier h i nterlässt
a uch Li l ith i h re H a ndsch rift, d ie sich i n
ei ner Bezieh u ng n icht beugen wi l l ( Lil ith Quad rat Ven us) . George Sand i nstru menta l isiert i h re Roma n held i n nen,
d ie a usgesprochen u na ngepasst, i nd ivid uel l u nd i rrationa l si nd, von i h ren
emotiona len Bed ü rfn issen u nd von
Lust reden, gegen d ie gesel lschaftl ichen N ormen u nd Konventionen rebel l ieren oder Klassensch ra n ken ü berwi nden . (Ven us herrscht ü ber H a us 8
u nd hat d ie Freigeister U ra n us u nd J upiter »i m Rucksack« ) .
1 84 8 betei l igt sie sich a ktiv a n der Revol ution i n Pa ris u nd u nterstützt d ie sozia l istischen Repu bl i ka ner. M it feu rigen »offenen Briefen« ruft sie d ie
Mächtigen, den M ittelsta nd u nd das
ei nfache Vol k zu r Ei n heit a uf. Pl uto
u nd U ra n us si nd i n den verga ngenen
J a h ren – schon fast i n Kon j u n ktion –
meh rfach ü ber i h ren Rad ix – Mond
tra nsitiert. Sie hatte sich m it der Revol ution identifiziert. I h r Ka m pf fü r das
Recht a uf Sch u l bi ld u ng ( Merku r Trigon J u piter), u m sich a us der Abhä ng ig keit zu befreien ( U ra n us i n H a us
8 ), wi rd von vielen Zeitgenossen a ls
utopisch belächelt. Dieses Ziel wu rde
noch i n i h rem J a h rh u ndert fü r a l le erreicht. Es wi rd hä ufig erwä h nt, dass
d ie Visionä ri n George i h rer Zeit vora us gewesen sei . Ei n J a h rh u ndert
später macht i h r kl uger Fem i n ism us
Sch u le m it der rechtl ichen Gleichstell u ng der Fra uen u nd der Li bera l isieru ng der E he.
Als Zusa m menfassu ng i h rer wei bl ichen Seite zitiere ich Corinne Pulver
( 8 ), i n deren Besch rei bu ng wi r sä mtl iche Konstel lationen wiederfi nden :
Die Sch lossherri n trägt zwa r i n i h rer
J ugend ( u nd a uch später) m it Vorl iebe
Mä n nerkleid u ng ( Mond wi rd von
Ma rs reg iert), a ber i n i h ren U mga ngsformen ( m it Ma rs i n Stier setzt sie sich
m it Cha rme u nd Di plomatie d u rch )
u nd i h rer verletzl ichen Em pfi ndsa m keit
( Krebs – Son ne i n O pposition zu Ch iron ) blei bt sie Vertreteri n der Wei bl ich keit. Von der Großm utter ( 9 )
wi rd sie d ie ku ltivierte Grazie u nd den
g uten Gesch mack (Ven us i m kön ig l ichen Zeichen Löwe), d ie l i bera le Ei nstel l u ng u nd d iese seh nsüchtige N osta lg ie zu m u ntergega ngenen »J a h rh u ndert des Lichts« ( N eptu n i n H a us
9 ) des schöngeistigen » Dixh u itième«
u nd der verlorenen N oblesse (Waage –J u piter) beha lten, frei l ich gepaa rt
m it der Kriti k a n der U ngerechtig keit
der versch iedenen Klassen ( U ra n us
Quad rat Merku r), von Reich u nd Arm,
wie sie sie d u rch sch merzl iche E rfa hru ngen m it der M utter, dem ei nfachen
Ki nd (Widder– Mond ) a us dem Vol k,
ü bernom men hat.
DI E SCH RI FTSTELLERI N
1 82 9 beg i n nt sie zu sch rei ben, wom it
sie sich Frei heit i n nerha l b der E he verschafft. E rwa rtu ngsgemäß ist U ra n us
m it i m Spiel, der i h re i n der Rad ix
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n icht aspektierte Mond knotenachse
(Wasserma n n – Löwe) a n kickt: I h r Talent wi rd a ns Licht gehoben . Von Casimir verla ngt sie nach heftigen Auseina ndersetzu ngen ei ne i n ei nem E hevertrag festgelegte Pension, d ie es i h r
gestattet, jewei ls ei n ha l bes J a h r i n Paris zu leben .
Sie ist ei ne der wen igen Fra uen i h rer
E poche, d ie den Wu nsch hat, fi na nziel l u na bhä ng ig zu sei n ( Ma rs a ls
H errscher von H a us 2 i n H a us 3 :
Geld verd ienen m it eigener H ä nde Arbeit) . Später gehört sie zu den bestbeza h lten Sch riftstel lern i h rer Zeit u nd
verd ient fü r da ma l ige Verhä ltn isse U nsu m men m it i h ren Büchern .
I n Pa ris stü rzt sie sich i n das l itera rische Leben, a rbeitet a ls J ou rna l isti n
u nd veröffentl icht 1 8 3 0 gemei nsa m
m it Jules Sandeau , der a uch i h r Gel iebter ist, ei nen Roma n . (J u les Sa ndea u, 1 9 . 02 . 1 8 1 1 , 7:0 0 LMT, 6 :5 1
GMT, Au busson, Creuze/F, 2 E 1 0,
45 N57, Quel le: sta ndesa mtl iche Zeit)
Schon 1 8 3 1 sch rei bt sie erfolg reich
i h ren ersten eigenen Roma n Indiana
u nter dem Pseudonym George Sand .
Fü r d ieses entscheidet sie sich, u m i n
der mä n n l ichen Vorherrschaft a uf dem
Buch ma rkt bestehen zu kön nen . Ma n
kön nte a uch sagen, dass nach ei nem
Pl utotra nsit (Quad rat Son ne) n ichts
meh r so ist, wie es vorher wa r.
I h r d ritter Roma n Lélia bri ngt i h r 1 8 3 3
endg ü ltig Ru h m u nd Anerken n u ng ei n
(Satu rn – Wiederkeh r), löst a l lerd i ngs
g leichzeitig bei der doppel böd ig – mora l ischen Gesel lschaft ei nen S ka nda l
a us (Satu rn i n H a us 7 i n J u ngfra u ), a ls
beka n nt wi rd, dass sich h i nter dem
Pseudonym George Sand ei ne Fra u
verbi rgt, d ie es wagt, fü r d ie freie Liebe u nd d ie Sel bstbesti m m u ng der Fra u
zu pläd ieren .
UN ERLÖSTE
LI EBESGESCH ICHTEN
Ei ne leidenschaftl iche Bezieh u ng entwickelt sich m it dem Roma nti ker Alfred de Musset, m it dem sie 1 8 3 3 ei ne
Reise nach Vened ig a ntritt. Der tra nsitierende N eptu n vernebelt m it ei nem
Trigon i h ren a nsonsten rationa len Versta nd (Satu rn i m Zeichen J u ngfra u )
u nd lässt sie d u rch d ie »rosa rote Bri lle« scha uen . Al lerd i ngs deleg iert sie
woh l d iese neptu n ische Energ ie a n
Musset, wen n er zu Prostitu ierten, Alkohol u nd O pi u m fl üchtet, wä h rend
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Meridian 5/20 06
George Sand hatte keine
Mühe damit, täglich
mehrere Stunden zu
schreiben. Energielieferant
hierfür ist zweifelsohne ihr
Mars in Haus 3, sozusagen
»Triebfeder« für ihr
literarisches Arbeiten.
Abb. 2: Frédéric Chopin, 22.02.1 8 1 0
1 8:00 LMT, 1 6 : 36 GMT, Zelazowa Wola
bei Wa rscha u/PL, 2 1 E02, 52 N 1 3
Quel le: biog rafische Anga be
sie täg l ich meh rere Stu nden sch rei bt.
Als er schwer erkra n kt, hä lt sie viele
N achtwachen zusa m men m it dem
Arzt Pietro Pagello, i n den sie sich
sch l ießl ich verl iebt. De Musset tritt vor
i h r d ie H ei m reise a n . Es g i bt noch weitere Begeg n u ngen u nd d ra matische
Tren n u ngen m it de Musset, endg ü ltig
i m Mä rz 1 8 35 bei m d ritten Ü berga ng
des U ra n us ü ber i h ren Aszendenten .
1 8 3 6 setzt sie d ie schwierige gerichtl iche Tren n u ng von Casimir Dudevant
d u rch u nd gewi n nt das verlorene E rbe
u nd i h re Ki nder zu rück.
Ende 1 8 37 besucht sie m it Heinrich
Heine ei n Konzert von Frédéric Chopin . Ei n ha l bes J a h r später wi rd a us
den beiden das berü h mte Liebespaa r.
Ei n neuer Aufbruch : U ra n us steht i m
Trigon zu i h rer Son ne. Sie tritt m it
Chopin u nd i h ren beiden Ki ndern d ie
berü h mte Reise nach Ma l lorca a n .
Trotz schwieriger ä ußerer U mstä nde
ist der Aufentha lt fü r beide ei ne kü nstlerisch prod u ktive Phase: Sie sch l ießt
den mystischen Roma n Spiridion a b.
Chopin gel i ngen dort so bemerkenswerte Kom positionen wie d ie » Regentropfen – Prél ude«, nachdem er sich
ei n Klavier hat kom men lassen, das
heute noch i m ehema l igen Kloster
Va l ldemosa steht. Ei n ha l bes J a h r später treten sie wegen der schweren E r-
kra n ku ng von Chopin d ie Rückreise
a n . I m O ktober richtet sich George
Sand i n Pa ris ei n u nd es da uert n icht
la nge, bis i h r sechs J a h re j ü ngerer Gel iebter bei i h r ei nzieht. Bis 1 846 gen ießt sie n u n m it Chopin a bwechsel nd
das gesel lschaftl iche Leben i n Pa ris,
wä h rend sie i n N oha nt, wo sie d ie
Som mer verbri ngen, a l les Störende
von i h m fern hä lt, da m it er sich ga nz
dem Kom pon ieren wid men ka n n .
Wi r fi nden i n der Synastrie der beiden
sei ne kom plementä re Ergä nzu ng der
klassischen Pla neten . Bei George
Sand stehen d iese i n den Zeichen
Widder bis Waage, bei Frédéric
Chopin i n den Zeichen Sch ütze bis Fische. Sie bri ngen den Kreis zu r Vol lend u ng nach dem Motto: »Du bist alles,
was mir fehlt.« Dies eri n nert sta rk a n
den » Kugel mythos« bei Platon , i n
dem sich der Mensch a ls H a l bkugel
nach der gegengesch lechtl ichen H ä lfte seh nt, u m sich m it i h r wieder zu einer vol l kom menen Gesta lt zu vereinen .
»Der herbe Reiz des Männlichen, der
die Freundin umgibt, zieht ihn so an
wie sie der Reiz des Femininen, der
in seinem Wesen erkennbar ist. Chopin verweigert sich nicht ihrer Dominanz und George Sand nicht seiner
Schutzbedürftigkeit. Die Gegensätze
ihrer Charaktere scheinen sich anzuziehen.« ( 1 0)
Bei der Tren n u ng von de Musset tra nsitierte U ra n us ü ber i h ren Aszendenten (= O pposition DC) . Als sie von
Chopin verlassen wi rd, si nd Satu rn
u nd N eptu n a uf i h rem AC zu Gast.
George Sand hatte kei ne M ü he dam it, täg l ich meh rere Stu nden zu sch reiben . E nerg iel iefera nt h ierfü r ist zweifelsoh ne i h r Ma rs i n H a us 3 , sozusagen »Triebfeder« fü r i h r l itera risches
Arbeiten . Ven us i n H a us 6 spricht fü r
i h re oft erwä h nte » Liebe zu r Arbeit«.
Das Sexti l, das Ven us zu Merku r i m
Dom izi l (Zwi l l i nge) a m I C bi ldet, verweist a uf i h r Ta lent fü r S prache u nd
Ausd ruck (d ie klassische Sch riftstel lerkonstel lation ) . Sie lebt d iesen Aspekt
a ber a uch ga nz pra ktisch, i ndem sie
i h re eigenen Liebesgesch ichten pu bl iziert, was wiederu m Ska nda le hera ufbeschwört (Ven us Quad rat Li l ith ), u m
d ie sie sich jedoch herzl ich wen ig
kü m mert. 1 847 erschei nt der Roma n
Lucrezia Floriani, i n dem sie d ie Liebesgesch ichte m it Chopin vera rbeitet
hat. E r wi l l sich a l lerd i ngs n icht erken-
nen i n der Fig u r des Fürsten Karol . I m
J a h r 1 859 – zwei J a h re nach dem
Tod von Alfred de Musset – veröffentl icht George Sand den a utobiog ra ph ischen Roma n Elle et Lui, i n dem sie
»das Liebesd ra ma von Vened ig« besch rei bt.
VENUS UN D MARS
I N I H REN ROMAN FIGUREN
Den Stoff fü r i h re Roma ne schöpft sie
a lso hä ufig a us i h rer eigenen Fa m i l iengesch ichte ( Merku r a m I C) . Als Verfasseri n em pa nzi patorischer Liebesroma ne wi rd sie beka n nt, sel bst ta bu isierte Themen bri ngt sie a uf den Tisch
( Li l ith bi ldet ei n exa ktes Qu i n ku nx m it
Merku r) . Sie steht zu i h rer Si n n l ich keit
( Ma rs i n Stier) u nd sucht sich i h re
Liebha ber sel bst a us, gena uso wie d ie
H eld i n nen i n i h ren Roma nen, d ie n icht
etwa wa rten, bis sie erwä h lt werden
(Ven us Quad rat Ma rs) . Die mä n n l ichen Roma nfig u ren si nd oft ü berhöhte
I dea lgesta lten, nach denen sie sel bst
i h r ga nzes Leben la ng gesucht, d ie sie
a ber n ie gefu nden hat ( Ma rs O pposition N eptu n ) .
I h re Roma ne si nd ei ne H om mage a n
i h re H ei mat (= I C), das Berry, dessen
Bewoh ner sie l iebevol l sch i ldert u nd i n
ü berl ieferte mystische E rzä h l u ngen
ei nfl icht. Oft stattet sie d ie H eld i n nen
u nd H elden m it seherischen Fä h ig keiten a us ( Ma rs u nd Ven us si nd von
N eptu n aspektiert) . Auch gesch ichtl iche E reig n isse l iefern den H i nterg ru nd
fü r ei n ige i h rer Roma ne, i n denen sie
d ie Rechtlosig keit der Arbeiter u nd
des ei nfachen Vol kes a n pra ngert u nd
so versucht, d ie Menschen a ufzu rüttel n u nd fü r Reformen zu sensi bi l isieren . 1 84 1 leh nt i h r Verleger Buloz es
a b, i h re Roma ne Horace u nd Consuelo zu d rucken, da sie sozia l istisches
Geda n keng ut entha lten . Sie bekom mt
den Satu rn – Tra nsit d u rch i h r 1 0. H a us
zu spü ren, der g leichzeitig i m Quadrat zu m Rad ix – Satu rn steht: I h re neuen Roma ne entsprechen n icht den gesel lschaftl ichen N ormen ( U ra n us i n
O pposition zu Satu rn ) . N ach dem
Bruch m it Buloz g rü ndet sie m it dem
Sozia l utopisten Pierre Leroux d ie Revue Indépendente, keh rt a ber 1 85 8
zu i h rem ersten Verleger Buloz zurück. E r g i bt d ie Revue des Deux
Mondes hera us – da ma ls bedeutendste Zeitsch rift Fra n kreichs, i n der n u n
fast a l le i h re Werke veröffentl icht u nd
Das Sextil, das Venus
zu Merkur im Domizil
(Zwillinge) am IC bildet,
verweist auf ihr Talent
für Sprache und
Ausdruck (die klassische
Schriftsteller–
konstellation).
i h re Fi na nzen sa n iert werden (Tra nsit –
Satu rn i m Quad rat zu r Mond –J u piter– Achse i n den H ä usern 2 u nd 8 ) .
DI E MYSTI KERI N
UN D VISIONÄRI N
George Sa nd hat a uf der Suche nach
Grenzerfa h ru ngen a uch Konta kt m it
Gehei m bü nden, wie i n Theosophie,
Esoterik und Magie im Werk der George Sand ( 1 1 ) nä her a usgefü h rt
wi rd . Das H i ngezogensei n zu psycholog ischen u nd pa ra psycholog ischen
Phä nomenen d ü rfte a ber a uch ei n Generationsaspekt der u nter der N eptu n – Pl uto – Rezeption Geborenen sei n .
George Sand möchte den gehei m n isvol len Bereich der Gefü h le u nd des
U n bewussten (Wasserhä user 4 u nd 8 )
m it den menta len Pla neten Merku r, J upiter u nd U ra n us ( i n den Luftzeichen
Zwi l l i nge u nd Wasserma n n ) d u rchd ri ngen, i ntel lektuel l erfassen u nd
d u rch Erforsch u ng verstehen ( N eptu n
u nd U ra n us sta nden zwischen 1 8 35
u nd 1 844 i n wechselseitiger Rezeption ) . Am 23 . 9 . 1 846 gel i ngt Johann
Gottfried Galle d ie Sichtu ng von N eptu n . Die d rei ma l ige Satu rn/N eptu n –
Kon j u n ktion i m g leichen J a h r fi ndet
ziem l ich exa kt a uf i h rem AC statt
(2 7 ˚ 05 Wasserma n n ) . Die Roma nti k,
d ie den Menschen nach sei nen i mag inativen u nd spi rituel len Bestrebu ngen
u nd nach sei ner emotionel len Tiefe
bewertet, steht a uf i h rem H öhepu n kt.
Ei n weiteres Merkma l ist d ie Seh nsucht nach Vol l kom men heit u nd d ie
I dea l isieru ng der kü nstlerischen Kreativität. George Sand »verkörpert« m it
i h rem E ngagement, Kü nstler der M usi k, der Literatu r u nd der Ma lerei a uf
Sch loss N oha nt zusa m menzu bri ngen,
a bsol ut d iesen »Zeitgeist« (Tra nsit –
N eptu n a m AC) .
George Sand blei bt das erste Ma l
den Wi nter ü ber i n N oha nt, nachdem
Chopin sie verlassen hat.
SYMBIOSE
UN D RIVALITÄT
I h rem Soh n Maurice ermög l icht sie
d ie Ausbi ld u ng bei dem a ngesehenen
Ma ler Eugène Delacroix, der sich
meh rma ls i n N oha nt a ufhä lt u nd berü h mte Porträts von i h r a nfertigt.
Die Löwe – Ven us fi ndet sich bei beiden Ki ndern wieder. Das Verhä ltn is zu
i h rem Soh n Maurice ist seh r sym biotisch . (Sie ha ben Son ne, Merku r u nd
Ven us i n Kon j u n ktion ) . E rst a ls U ra n us
ü ber i h ren I C tra nsitiert, d u rchtren nt
sie d ie N a belsch n u r zu Maurice, dessen Ma rs i n exa kter Kon j u n ktion m it
i h rem I C steht.
Die Bezieh u ng zu i h rer Tochter Solange ist h i ngegen zeitlebens von S pa nn u ng u nd Riva l ität besti m mt, obwoh l,
oder besser gesagt, wei l M utter u nd
Tochter sich la ut Biog rafien i n i h rer
Wesensa rt seh r ä h n l ich si nd . Solange,
d ie a ls la u n isch u nd exzentrisch g i lt,
spiegelt i h r d iejen igen (eher d u n klen )
wei bl ichen Schattenseiten, d ie George Sand a n sich sel bst n icht wa h rnehmen möchte. Solanges Li l ith ( Rachegötti n ) steht i n Kon j u n ktion m it der Ven us i h rer M utter, was bei d ieser den
roten Knopf d rückt (Ven us – Li l ith –
Quad rat i n der Rad ix von George
Sand) u nd zu hä ufigem Zoff i n der Fam i l ie fü h rt. D u rch I ntrigen zieht Solange Chopin a uf i h re Seite u nd sch reckt
n icht davor zu rück, i h rer M utter den
Liebha ber a bspenstig zu machen .
1 847 hei ratet Solange den Bi ld ha uer
Clésinger. Wegen fi na nziel ler Forderu ngen, d ie George Sand n icht zu erfü l len bereit ist, kom mt es ba ld zu
ha ndg reifl ichen
Ausei na ndersetzu ngen zwischen dem j u ngen Ehepaa r
u nd George Sand . Chopin erfä h rt
von Solange n u r deren Version u nd
stel lt sich a uf i h re Seite, was zu m
Bruch m it George Sand fü h rt. I n d iesen Tagen macht George Sand i h r
Testa ment u nd sch rei bt i h ren letzten
Brief a n Chopin .
MARS– N EPTUN
ALS TODESSEH NSUCHT
Sowoh l d ie sta rke Besetzu ng der
Wasserzeichen i n i h rer Rad ix ( i h re
Krebs – Son ne i m Trigon zu Pl uto u nd
i m Andertha l bq uad rat zu N eptu n, der
sich wiederu m m it Pl uto i n Rezeption
befi ndet) a ls a uch der Pl uto – U ra n us –
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Tra nsit (Tod a ls Befrei u ng ) ü ber i h ren
Mond kön nten d ie Todesseh nsucht erklä ren, d ie sie von Zeit zu Zeit befä l lt.
Al lerd i ngs kokettiert sie a uch m it der
Mela nchol ie u nd dem Leiden, wie sie
fü r d ie roma ntische Dichterepoche
(» Les enfa nts d u siècle«) cha ra kteristisch ist. Schon öfters hatte sie m it dem
Geda n ken a n Sel bstmord gespielt:
»Besonders das Wasser zog mich ich
an (Neptun in Skorpion). (...) Mal
hatte ich eine eigentümliche Erregung beim Umgang mit Waffen
(Mars), wenn ich meine Pistole lud,
dann wieder verursachten mir die
Medizinfläschchen mit Opiumextrakt
(Neptun) der Großmutter einen sonderbaren Schwindel.« ( 1 2 )
Den Reigen der Tra nsite ü ber i h re persön l ichen Pla neten eröffnet U ra n us m it
Widder– Mond i m J a h r 1 85 0, dem i n
den nächsten 26 J a h ren Begeg n u ngen m it Ma rs i n Stier, Merku r i n Zwi ll i nge, Krebs – Son ne u nd Löwe – Ven us
folgen .
1 857 – U ra n us lä uft das 3 . Ma l ü ber
i h ren Rad ix – Ma rs – macht sie i m
Odéon d ie Beka n ntschaft von Gustave Flaubert. Ei ne tiefe geistige Freu ndschaft, d ie m it ei nem Sch riftwechsel
ü ber Flauberts Madame Bovary bega n n, verbi ndet d ie beiden bis a n i h r
Lebensende.
Die zweite Satu rn – Rückkeh r i ns 7.
H a us ( 1 8 62 ) wi rkt sich sta bi l isierend
a us. Manceau ist i h r seit 1 857 a ls
Sekretä r ei ne g roße Stütze (Satu rn i n
J u ngfra u ) u nd hat i h r a uch a ls Gel iebter ( i n H a us 7) u nd »Seelengefä h rte«
1 5 J a h re la ng jeden Wu nsch von den
Li ppen a bgelesen . N achdem i h r Soh n
wieder ei n ma l Front gemacht hatte
gegen i h ren Gel iebten, wie frü her
schon bei Chopin , zieht sie sich m it
Manceau zu rück nach Ga rg i lesse. I n
der E nd phase sei ner Kra n kheit pflegt
sie i h n a ufopfernd, bis er 1 8 65 a n Tuberku lose sti rbt.
I n i h rem a nti kleri ka len Roma n Mademoiselle La Quintinie, der nach ei ner
Vati ka n reise entsta nden ist, kritisiert
George Sand d ie Schei n hei l ig keit u nd
Amora l der kathol ischen Ki rche. 1 8 63
(d rei ma l ige Kon j u n ktion des U ra n us
m it Merku r) wi rd sie wegen i h rer
fei nd l ichen Gesi n n u ng gegen d ie
pä pstl iche Ki rche exkom m u n iziert u nd
i h r Werk a uf den I ndex gesetzt. 1 8 67
wi rd i h r gesa mtes Œuvre vom fra nzösischen Senat a us den öffentl ichen
Bi bl iotheken verba n nt.
22
Meridian 5/20 06
George Sand ist als Frau
an ihrem Ziel angekommen
und als »Muse der
Republik« in die Literatur
eingegangen.
U n berü h rt davon lebt sie i n nerl ich frei
u nd a uthentisch ( U ra n us Quad rat U ran us) . I n N oha nt wei len n u n hä ufig beka n nte Sch riftstel ler u nd Kü nstler wie
Alexandre Dumas d. J., Théophile
Gautier, Gustave Flaubert, Ivan Turgenjev u nd d ie Sä ngeri n Pauline Viardot zu Besuch . Sie g i bt ku ltu rel le
Abendgesel lschaften, u nd nach den
festl ichen Men üs werden zu r Erheiteru ng des Pu bl i ku ms oft bis i n d ie Morgenstu nden i h re neuen Stücke a ls
Theater– oder Ma rionettenspiele a ufgefü h rt.
DI E GUTE FRAU
VON NOHANT
Das Thema i h rer Ven us i n H a us 6 wiederholt sich i m Aspekt Ven us – Merku r
sowie d u rch Satu rn i m Zeichen J u ngfra u – i n H a us 7 ei ngesch lossen . Äh nl ich ist a uch das Achsenthema »Einer
Aufgabe dienen« ( 1 3 ) fü r d ie Mondknotenachse H a us 6 – H a us 1 2 . I h r
sozia l kritisches E ngagement g i lt den
Schwächergestel lten, sie fü h lt sich zu m
Außenseitertu m h i ngezogen ( nörd l icher Mond knoten i n H a us 1 2 ) . M it
dem süd l ichen Mond knoten i n Löwe
i n H a us 6 verfügt sie ü ber das Ta lent,
m it spielerischer Freude ( Löwe) a n d ie
Arbeit zu gehen ( H a us 6 ), was sie ü brigens a uch a ls H ei l m ittel bei Depressionen ( H a us 1 2 ) a nwendet. I m Alter
spricht ma n i n i h rer U mgebu ng von i h r
a ls »bonne dame de Nohant«, d ie i h r
Wissen u m Krä uter a ls H ei leri n ei nsetzt, u m kra n ken u nd bed ü rftigen
Menschen zu helfen .
1 875 erschei nt i h r letzter Roma n Nanon . I n der Gesch ichte ei nes Ba uernmädchens, das d ie Klasseng renzen
ü berwi ndet u nd zu ei ner sel bststä nd igen, kl ugen u nd freien Fra u wi rd, spiegelt sich der U ra n ustra nsit ü ber i h re
Ven us. George Sand bri ngt da m it i h r
Lebenswerk, das a us ca . 1 8 0 Romanen, Theaterstücken u nd pol itischen
Sch riften besteht, zu ei nem g uten Absch l uss.
1 876 sch rei bt Flaubert fü r sie i n g roßer Vereh ru ng Ein einfaches Herz .
Sie kom mt n icht meh r dazu, es zu le-
sen . E nde Ma i erkra n kt sie a n ei nem
Da rmversch l uss u nd sti rbt a m 8 . J u n i
1 876 . Pl uto steht exa kt a uf i h rem
Ma rs, der d i rig ierte MC a uf 2 2 ˚ 3 0
bi ldet m it Ma rs u nd N eptu n ei n Spa nn u ngsd reieck – i h re Lebensenerg ie erl ischt. Ku rz nach i h rem Todestag fa nd
d ie d ritte Kon j u n ktionen des tra nsitierenden U ra n us m it i h rer Ven us statt. I h r
H a u pta n l iegen, fü r d ie Befrei u ng der
U nterd rückten ( U ra n us i n H a us 8 ) u nd
fü r d ie Gleich berechtig u ng der Fra uen
i n der E he ( U ra n us i n Waage) zu
kä m pfen, wu rde d u rch d ie Kon j u n ktion der beiden Sig n ifi katoren a n i h rem
Lebensende erfü l lt u nd a bgesch lossen .
Der prog ressive Mond hat zu m d ritten
Ma l i h ren Sch ütze – MC erreicht: Sie
ist a ls Fra u a n i h rem Ziel a ngekom men
u nd a ls »Muse der Republik« ( 1 4 ) i n
d ie Literatu r ei ngega ngen . Das J u bi läu msja h r 2 004 – i h r 2 00. Gebu rtstag,
wu rde i n Fra n kreich zu m » George–
Sand –J a h r« erna n nt. Elvira Grübel, J g . 1 953, gepr. Astrologin
( DAV), lebt in Konsta nz; a usgebildet in
psycholog ischer Astrologie u nd Astrod rama ( Friedel Roggenbuck) .
Anmerkungen:
1 ) Meine a usfü h rliche astrologische Biog rafiea rbeit ü ber George Sa nd steht
beim Ch iron –Verlag a ls Down load u nter
www.astronova . net zu r Verfüg u ng .
2 ) Gustave Flaubert George Sand – Eine
Freundschaft in Briefen , S. 85 .
3 ) Quel le: 8 00 H oroskopen va n bekende
mensen; zitiert nach Petra N ieha us, »Sternenl ichter 1 989«.
4) Fra ncine Ma l let, Die Muse der Republik, S. 37 f.
5 ) Fra ncine Ma l let, a.a. O., S. 37.
6) Neptu n u nd Mond sind in zwei miteina nder verbu ndene Yod – Fig u ren eingebu nden, a n denen noch Satu rn u nd ih r
Wasserma n n –AC beteiligt sind .
7) Fra ncine Ma l let, a.a. O.,
8 ) Corinne Pu lver, S. 1 1 0.
9) Aurore Dupin de Francueil, u nehel iche, a ber nach la ngem Ka m pf a nerka nnte Tochter des Moritz von Sachsen .
1 0) J ü rgen Lotz, Frédéric Chopin , S. 92 .
1 1 ) Dissertation von Ute K. Müller.
1 2 ) George Sa nd, Histoire de ma vie, IV.
Teil, Ka p. 6, S. 1 095 ff., zitiert nach Corinne Pulver, a .a .O., S. 1 24 f.
1 3 ) Eva Sta ngen berg, Die Spirale der
Mondknoten , S. 5 1 , 1 1 6.
1 4) So la utet der Titel der Biog rafie von
Francine Mallet.