Im Bürosektor muss man surfen

Ausgabe 02_2014 www.private-banking-magazin.de
Ausgabe 02_2014 private-banking-magazin.de
Herausforderungen der Immobilienmärkte
Tür zu, es zieht
18 Euro
FAMILY OFFICE
„Im Bürosektor
muss man surfen“
Wo gibt es noch Raum für Rendite? Ist Value Add das neue Core?
Und wie viel Risiko müssen Investoren in Kauf nehmen?
Wir waren Medienpartner beim großen Immobilien-Roundtable
von UBS Global Asset Management
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FOTOS: TOM HÖNIG
private banking magazin: Gibt es das sichere langfristige Immobilien-Investment noch?
Gunnar Herm: Die Frage ist, ob es das jemals gab.
Wolfgang Kubatzki: Bis zum Platzen der Dotcom-Blase
im Jahr 2000 waren wir in einem Wachstumsmarkt.
Neue Flächen wurden einfach absorbiert, ohne dass
man alte angreifen musste. Das ist vorbei. Überspitzt
ausgedrückt braucht man heute keine zusätzlichen Flächen mehr, weder im Bürobereich noch bei Einzelhandelsflächen, höchstens noch bei Wohnungen. Wir sind
in einem saturierten Markt.
Warum steigen dann die Mieten?
Kubatzki: Es gibt gerade bei Büroimmobilien keine
Mietsteigerungen. Mieten unterliegen zwar zyklischen
Schwankungen, aber im Trend sehen wir auch bei langfristiger Betrachtung nur eine Seitwärtsbewegung.
Herm: Mit dem Platzen der Dotcom-Blase ist ein 30-jähriger Mega-Konjunkturzyklus zu Ende gegangen. Bis
dahin wurden durch den Übergang zur Dienstleistungsgesellschaft automatisch immer mehr Büroarbeitsplätze geschaffen. Auch die Erhöhung der Partizipationsquote der Frauen hat für Nachfrage gesorgt. Aber das
ist zu Ende, der demografische Knick ist schon längst
da. In Europa gibt es dementsprechend kein quantitatives Wachstum mehr, nur noch qualitatives.
Wie viel Rendite ist noch drin?
Tilman Hickl: Das kommt auf die Anforderungen des Investors an. Wir haben beispielsweise ein Einzelmandat
Die Teilnehmer des Immobilien-Roundtables (von links): Wolfgang
Kubatzki, Mitglied der Geschäftsführung, Feri Euro-Rating Services;
Gunnar Herm, Leiter Real Estate Research & Strategy Europa, UBS Real
Estate KAG; Oliver Voß, Geschäftsführer und Leiter Research, Institutional Investment Consulting Partners; Tilman Hickl, verantwortlich für das
europäische Immobiliengeschäft von UBS; Jan Borchers, Partner von
HQ Trust und verantwortlich für den Bereich Immobilien; Oliver
Weinrich, Vorstand Drescher & Cie. Immo Consult; Astrid Lipsky, private
banking magazin; Rodney Bysh, Geschäftsführender Gesellschafter,
Feldberg Capital; Malte Dreher, private banking magazin; Maik Rissel,
Leiter Immobilien-Portfoliomanagement, Marcard, Stein & Co.; Gaston
Brandes, Business Development Global Real Estate, UBS Deutschland
von einem großen Unternehmen, das 6 Prozent plus Inflationsausgleich anstrebt.
Ist das machbar?
Hickl: Nicht mit klassischen Core-Objekten, also Immobilien in sehr guten Lagen mit langfristig gebundenen,
guten Mietern. Im Fall des genannten Mandats kaufen
wir Core im Süden Europas. In den klassischen CoreMärkten wie Deutschland und Großbritannien machen
wir eher Value-Add-Maßnahmen. Wir kaufen also unterbewertete Immobilien und positionieren sie durch Renovierung oder Revitalisierung und Mieterwechsel neu.
Herm: Viele Investoren rechnen gedanklich immer noch
mit Staatsanleiherenditen von 4 Prozent. Sie wollen die
klassischen 6 Prozent mit Core-Objekten. Realistisch
sind unserer Meinung nach aber 2 Prozentpunkte über
der Staatsrendite. Da kommt man nicht auf 6, sondern
nur auf knapp 4 Prozent.
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„Viele Investoren wollen
immer noch 6 Prozent mit
Core-Objekten“
„Ich finde Büroobjekte in
guten Lagen momentan nur
noch begrenzt attraktiv“
Gunnar Herm (43) leitet seit 2006 den Bereich Real Estate
Research & Strategy Europa von der UBS Real Estate KAG
Jan Borchers (46) ist seit zwei Jahren Partner des Multi Family Office
HQ Trust und verantwortet den Bereich Immobilien
Jan Borchers: Schon 5 Prozent sind im Core-Bereich
kaum erreichbar. Höhere Renditen sind mit höheren
Risiken verbunden. Nur wenn man die Asset-Klasse Immobilie in einem anderen Umfeld betrachtet, als Alternative zu Aktien, sind auch 7 Prozent oder mehr drin.
Deutsche Core-Immobilien schaffen also gerade einmal
den realen Kapitalerhalt. Wenn ich als deutscher Investor in der Heimat bleiben will, was soll ich kaufen?
Maik Rissel: Da hilft das ABBA-Prinzip: Man kauft an
A-Standorten B-Lagen oder an B-Standorten A-Immobilien. Das funktioniert ganz gut etwa in Darmstadt,
Mannheim, Lüneburg, Rostock, Bonn oder Nürnberg.
Wir erzielen damit vernünftige Renditen. Und dann
mischt man ein paar Satelliten-Investments bei, auf der
Debt-Seite, Mezzanine- oder Joint-Venture-Strukturen.
Ist ABBA nicht langsam überholt?
Rissel: Die Frage ist doch die: In welcher Phase der
Nahrungskette wollen Sie dabei sein? Inzwischen müssen Sie mutiger sein und deutlich früher einsteigen.
75 Prozent aller unserer Deals in den vergangenen drei
Jahren waren Forward Deals.
Sie kaufen also vor Fertigstellung oder Baubeginn.
Rissel: Davon wollte damals niemand etwas hören.
Wie schätzen Sie die Kaufpreisentwicklung 2014 in Deutschland ein?
steigend
stabil
sinkend
Umfrage unter 100 deutschen Immobilieninvestoren
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„Wir empfehlen, Immobilien
beizumischen, die
Value-Add-Potenzial haben“
„Value Add ist süßes Gift“
Maik Rissel (40) leitet seit 2005 das ImmobilienPortfoliomanagement von Marcard, Stein & Co.
Oliver Voß (45) ist Geschäftsführer und Research-Leiter von
Institutional Investment Consulting Partners
Sollten Investoren jetzt dringend umdenken und stärker international streuen?
Oliver Voß: Die Situation in Übersee ist ähnlich wie in
Europa. Die Preise sind schon stark gestiegen, die Anfangsrenditen gesunken. Australien ist einer der weni-
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gen international etablierten Märkte, welcher der allgemeinen Entwicklung etwas hinterherhinkt.
Rodney Bysh: Es ist eher andersherum. Viele Investoren aus den USA und Asien schauen nach Europa, weil
sie denken, dass die Anfangsrenditen hier höher sind.
Laut einer CBRE-Umfrage ist Europa für 70 Prozent der
weltweiten Anleger Ziel Nummer 1.
Gaston Brandes: Viele Investoren suchen Core-Immobilien, haben aber Value-Add-Renditen vor Augen. Eine
Core-Immobilie in Europa ist aber ähnlich gepreist wie
beispielsweise eine Core-Immobilie in den USA.
Herm: Und zwischen Amerikanern und Asiaten muss
man sehr stark unterscheiden. Amerikaner suchen
keine Core-Objekte, weil
sie bereits aus einem entwickelten Core-Land kommen. Aber Investoren vor
allem aus China suchen
Core-Renditen, weil sie
die im Heimatmarkt nicht
beziehungsweise
kaum
finden. Vor allem Pensionskassen und Versicherungen brauchen sichere laufende Einkommensströme.
Die würden sie zwar auch
in den USA finden, aber in
der Europäischen Union
sind die Steuerstrukturen
offener als in den USA.
1b-Lage
Peripherie
QUELLE: EY REAL ESTATE
Heute ist es fast die einzige Alternative, um attraktive,
fertige Immobilien innerhalb von zwei Jahren ins Portfolio zu bekommen. Das bedeutet aber auch, dass man
die Zeit und das Know-how mitbringen muss. Die Due
Diligence ist eine ganz andere. Da haben Sie nichts
Greifbares, können keine Gebäude besichtigen und
müssen einen Haufen Papier wälzen.
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„Man braucht auf jeden Fall
viel pädagogisches Talent“
Rodney Bysh (43) ist seit 2009 Geschäftsführender
Gesellschafter von Feldberg Capital
„Jetzt schlägt die
Stunde der Allokatoren“
Oliver Weinrich (48) ist seit 2011 Vorstand von
Drescher & Cie. Immo Consult
Das Kapital, das Core-Return sucht, wird darum eher
nach Europa geleitet.
Oliver Weinrich: Also wenn man sich den Markt für
Immobilien-Manager ansieht, dann hat angesichts der
Core-Lastigkeit und des Home Bias in den vergangenen
Jahren sehr stark die Stunde der Operatoren geschlagen, der spezialisierten Anbieter in Nischen. Die haben
sehr viel Geld eingesammelt. Jetzt kommt die Stunde der
Allokatoren, der Manager, die die Märkte gut einschätzen können, das entsprechende Research und die internationale Präsenz haben.
Rissel: Wir schielen beispielsweise nach Spanien, nach
Madrid oder Barcelona. Inzwischen haben wir die besondere Situation, dass es wirklich mal Zyklen-Unterschiede
gibt. Vor der Krise haben wir einen einzigen Zyklus gehabt, egal ob A- oder B-Standort, egal ob in Rumänien
oder Paris. Das war alles synchron. Deshalb ist Übersee
interessant, weil es eine sehr ausgeprägte Zyklik gibt.
Nichtsdestotrotz, jeder der sich heute langfristig auf dem
Preisniveau einloggt, muss mit einem eventuellen Rückschlag durch das Zinsänderungsrisiko leben können.
Das Risiko ist ja nicht unerheblich.
Rissel: In einigen Peripherieländern ist das Krisenniveau aber bereits in den Mieten eingepreist. Da gibt es
durchaus Objekte, die man anfassen kann – wenn man
mutig ist und einen langen Atem hat.
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Borchers: Ich sehe das ein wenig anders. Wenn Sie bereit sind, in so opportunistische Märkte wie beispielsweise Griechenland zu gehen, sollten Sie sich überlegen, ob es nicht auch heute noch sinnvoller ist, über
Immobilienaktien zu investieren, wenn diese einen attraktiven Abschlag zum Nettoinventarwert haben.
Warum kaufen Investoren nicht stärker im Ausland?
Borchers: Die Immobilie wird teilweise noch zu emotional gesehen. Und häufig wird ein zu hoher Vermögensanteil in ein Objekt investiert. Sie würden ja nie auf die
Idee kommen, sich für 50 Prozent oder mehr Ihres Vermögens eine BASF-Aktie zu einem bestimmten Stichtag zu kaufen. Immobilien werden aber weit über das
eigentliche Vermögen hinaus gekauft und finanziert,
Streuung findet nicht statt. Man sollte Immobilien mehr
als Renditebringer sehen und entsprechend kleinteiliger investieren. Dann kann man auch in begrenzten
Vermögens- und Zeiteinheiten nach Asien oder Nordamerika gehen und treibt sich nicht nur in überteuerten
Core-Märkten herum.
Welche Segmente sind derzeit grundsätzlich attraktiv?
Voß: Die Renditekompression ist tendenziell in allen
Nutzungsarten schon sehr weit fortgeschritten. Ich
sehe hier keine großen Unterschiede. Wir empfehlen
unseren Investoren daher, ihren Portfolios auch Immobilien beizumischen, die Value-Add-Potenzial haben
oder zu Marktnischen gehören, etwa Parkhäuser, in
denen noch nicht so viele Investoren unterwegs sind.
„Wenn Value Add nicht
funktioniert, ist man bei
2 bis 3 Prozent Rendite“
Tilman Hickl (47) ist für das europäische
Immobiliengeschäft von UBS verantwortlich
Was ist mit Wohnen oder Logistik?
Brandes: Dort hat man ein operatives beziehungsweise
Betreiberrisiko. Ein solches Investment kann als Beimischung interessant sein. Als Kerninvestment für eine
Portfoliostrategie eines institutionellen Anlegers halte
ich es nicht für geeignet.
Kubatzki: Hinzu kommt, dass die Losgrößen relativ
klein sind. Und der Markt ist sehr regional. Das macht
die Analyse aufwendig.
Herm: Zum Thema Logistik: Es ist schön, dass DHL sehr
stark an die Städte herangeht. Aber die Logistikkonzepte wandeln sich enorm schnell. Sieht das technische
Umfeld für Mikrologistik in fünf bis zehn Jahren komplett anders aus, sind diese Immobilien einem sehr
starken Alterungsprozess unterworfen. Besser wäre es,
eine Logistik-Aktie oder einen Corporate Bond zu kaufen, um am Logistik-Trend der „Parcel Delivery Centers“
teilzunehmen.
Kubatzki: Das ist ein wichtiger Punkt. Wir erleben eine
gewaltige Umwälzung in der Immobilienwirtschaft,
auch was die Gebäudeplanung betrifft. Die Flexibilität
in der Nutzung wird immer wichtiger. Der Finanzsektor
beispielsweise gibt derzeit viele Büroflächen ab, die in
der Form auf wenig Nachfrage treffen. Das Problem ist:
Wo investiere ich heute, wohl wissend, dass ich in zehn
Jahren vielleicht kein marktgängiges Objekt mehr habe.
Von Werterhalt sind wir dann weit entfernt.
Wie muss eine zukunftsfähige Immobilie aussehen?
Borchers: Die Frage ist, wie sich das Nutzerverhalten
„Wir erleben eine
gewaltige Umwälzung in der
Immobilienwirtschaft“
Wolfgang Kubatzki (53) leitet seit 2005 den Bereich
Real Estate und ist Mitglied der Geschäftsführung von
Feri Euro-Rating Services
und die Anforderungen der nächsten Generationen an
das eigene Umfeld ändern. Das sind eher logistische
Fragen, die in alle Bereiche ausstrahlen. Beispiel Studenten: Was früher das WG-Zimmer war, ist heute eine
Art Hotelwohnen in möblierten Apartments. Alles soll
im Umfeld ohne Auto erreichbar sein, Online-Bestellungen müssen innerhalb von 24 Stunden zu Hause
angekommen sein. Den in zehn Jahren gefragten Immobilien-Typ, die dann notwendigen Nutzarten kann man
heute nur grob beschreiben. Dafür wandelt sich das
Umfeld zu schnell und zu unvorhersehbar.
Voß: Wichtig ist darum die Lage der Immobilien, weil
sie dauerhafte Vorteile bringen kann. Beispiel Logistik:
Wenn die Hallen stadtnah gelegen sind, können sie
langfristig leichter umgenutzt werden. Auch für Studentenwohnheime in der City gilt das.
Sinkende Nachfrage, sinkende Nutzungsdauer: Ist das
klassische Core-Büro überhaupt noch attraktiv?
Borchers: Nein, ich finde Büroobjekte in guten Lagen
momentan nur noch begrenzt attraktiv. Erstens wissen
wir nicht, ob die hohe Liquidität in den Märkten nicht
doch irgendwann stark zurückgeht und wie viel Arbeitsplätze und damit Bürofläche das kosten wird. Und
zweitens: Wenn man sieht, wo auf der Renditekurve
investiert wird und welche Restnutzungsdauern dafür
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No risk, no fun
Welchen der folgenden Aussagen zum deutschen Immobilientransaktionsmarkt stimmen Sie für 2014 zu?
Umfrage unter 100 deutschen Immobilieninvestoren
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Der Anteil an risikoreichen
Immobilieninvestments
wird steigen
%
Internationale Investoren
werden ihren Anteil am
Transaktionsvolumen in
Deutschland vergrößern
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Spekulative gewerbliche
Projektentwicklungen
nehmen 2014 zu
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Ich stimme zu
Ich stimme Ich stimme eher
eher zu
nicht zu
Ich stimme
nicht zu
QUELLE: ERNST & YOUNG REAL ESTATE
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angenommen werden, dann herrscht schon ein sehr
hohes Preisniveau. Wir müssen heute davon ausgehen,
dass eine Büroimmobilie alle 20 bis 30 Jahre revitalisiert werden muss. Das ist teilweise nicht eingepreist.
Voß: Vom Rendite-Risiko-Profil her sehe ich das auf
lange Sicht genauso. Büros unterliegen den ausgeprägtesten Marktzyklen, und der Aufschwung ist jetzt schon
relativ weit fortgeschritten. Darum weist der Bürosektor
auch im Vergleich zu anderen Nutzungsarten ein deutlich höheres Rückschlagsrisiko auf.
Rissel: Im Bürosektor muss man surfen können, um in
jedem Zyklus zumindest die halbe Welle mitzunehmen.
Auch im Segment Wohnen werden wir stärkere Zyklen
sehen. Wenn man sich ansieht, welche Rendite die Leute teilweise akzeptiert haben, kann das nicht gut gehen.
Ist Value-Add das neue Core?
Borchers: Kaum einer der großen Asset-Manager beherrscht Value-Add-Investitionen. Im Übrigen auch
nicht Core über verschiedene Segmente europaweit.
Wer also indirekt Value Add investieren will, muss nach
kleinen Nischenanbietern im Markt suchen. Das wiederum kann mit Family Offices funktionieren, in der Regel
aber nicht bei institutionellen Investoren. Bevor ich
überhaupt in andere Risikoklassen investieren kann,
stellt sich generell die Frage, mit wem ich Value Add
investieren kann.
Rissel: Aber Core kann hier jeder am Tisch, Value Add
keiner. Weil man dafür ein ganz anderes Know-how
braucht. Value Add ist süßes Gift. Dafür muss es eine
Risikoprämie geben. Das kann ziemlich bitter ausgehen. Ich bin mir nicht so sicher, dass das immer aufgeht. Man muss jemanden haben, der sich auskennt
und der die Zeit mitbringt.
Voß: Ohne Zweifel sind Value-Add-Investments mit Risiken verbunden. Aber sie weisen auch gewisse Vorteile im Vergleich zu den Core-Objekten auf, bei denen die Preiserholung schon sehr weit fortgeschritten
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ist. Wenn es zu einem Markteinbruch kommt, werden
Core-Immobilien stark davon getroffen. Bei Value-AddInvestments kann der Effekt zum Teil durch Maßnahmen des aktiven Managements, beispielsweise die
Sanierung oder Vermietung leer stehender Teilflächen,
ausgeglichen werden. Die Wertentwicklung basiert im
Bereich Value Add, anders als bei Core-Investments,
auf zwei verschiedenen Säulen.
No risk, no fun – sollte ich künftig auch bei Immobilien
einen Totalverlust nicht ausschließen?
Hickl: Nein, wenn Value Add nicht funktioniert, ist man
eher im Bereich von 2 bis 3 Prozent Rendite und verliert
nicht gleich alles.
Müssen Immobilien-Investoren flexibler werden?
Rissel: Ja. Um auf die Anfangsfrage zurückzukommen:
Das langfristige sichere Immobilien-Investment gibt es
nicht mehr. Es gab in der letzten Krise nur zwei AssetKlassen, die fast nichts abbekommen haben. Das war
die Fußgängerzone in guter Lage, nicht überall, aber
durchaus auch in kleineren Städten wie Bonn oder
Nürnberg. Und kleinere Gewerbeparks. Da gehe ich
nicht auf Zyklen, habe keine Wertänderungsrenditen,
aber gute Cashflows.
Kubatzki: Die Erkenntnis sollte sich durchsetzen, dass
bei jeder Immobilie in periodischen Abständen Investitionen notwendig sind, um die Wettbewerbsfähigkeit
zu erhalten.
Herm: Die Amerikaner etwa können mit den langen
Restnutzungsdauern in Europa überhaupt nichts anfangen. Unter einer Anfangsrendite von 7 Prozent steigen
sie nicht ein. Nach zehn Jahren wollen sie mit der Immobilie durch sein und wieder alle Optionen haben. Deshalb kaufen US-Investoren auch kaum Core-Immobilien
in Europa. Deutsche Investoren sollten mittelfristig
auch die Restnutzungsdauern prüfen.
Borchers: Dem stimme ich zu. Warum müssen Immobilien überhaupt eine Langfristanlage sein? In vielen
Sachanlageklassen kann ich gar nicht länger als 24
Monate denken. Warum dann bei Immobilien?
Was wäre der optimale Zeithorizont?
Borchers: Pauschal lässt sich das nicht sagen, insgesamt tendieren wir eher zu kürzeren Laufzeiten. Drei bis
fünf Jahre, in Ausnahmen auch länger. Im MezzanineBereich 6 bis 24 Monate. Bei größeren Portfolios und
Forward Deals prüfen wir derzeit bewusst, einen Teil früher zu veräußern, um Gewinne vorzeitig einzubuchen,
den anderen Teil halten wir dann länger im Bestand.
Können Sie Ihren Kunden vermitteln, dass man Immobilien auch einfach mal durchhandeln kann?
Bysh: Das ist bei vielen Kunden sehr schwierig, fast unmöglich. Man braucht auf jeden Fall viel pädagogisches
Talent. ■