Späten Weizen nicht zu tief säen!

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Späten Weizen nicht
zu tief säen!
Sortenwahl und Anbaustrategie beeinflussen
den Erfolg einer Spätsaat
erheblich. Worauf Sie
achten sollten, erklärt
Dr. Schönberger, Flensburg
N
och vor 10 Jahren wurde der
meiste Weizen in Deutschland im Oktober bestellt. Die normale Saatzeit hat sich
mittlerweile deutlich nach vorne verlagert.
Die Aussaat Ende Oktober oder gar noch
später erfolgt heute nur noch dann, wenn
die Vorfrüchte (meist Rüben oder Körnermais) vorher nicht geräumt werden
können.
Mit Ertragseinbußen von 10 bis 15 %
und mehr muss gerechnet werden, wenn
der Weizen bis zum Beginn des Langtages ab Anfang April nicht weit genug
entwickelt ist für den Übergang in die
generative Phase (= Ausbildung der
Ährchenanlagen) Dazu sind nach dem
Feldaufgang etwa 45 bis 50 Vegetationstage unter Kurztagsbedingungen notwendig.
Auf Standorten mit frühem Vegetationsbeginn Anfang März (z. B. im Rheinland) kann der Weizen etwa 14 Tage vor
Ende der Vegetation im Herbst auflaufen.
Er kann sich dann immer noch ausreichend kräftig entwickeln. In milden Wintern, wie in den beiden vergangenen Jahren, kann man im Rheinland selbst bei
Saatterminen im Dezember nicht mehr
von einer Spätsaat sprechen.
Anders sieht es dagegen in den höheren Lagen der Mittelgebirge oder in der
Uckermark aus. Selbst im Frühjahr 2000
setzte dort die Vegetation erst gegen Ende März ein, sodass im Frühjahr nur wenig Wachstum unter Kurztagsbedingungen zustande kam. Normalerweise setzt
die Vegetation dort erst Anfang April ein.
Wenn das Wachstum im Herbst um
den 10. November aufhört, muss der Wei-
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Übersicht: Der Feldaufgang beeinflusst
die Weizenentwicklung
Doppelring-Stadium
Spitzenährchen
Blüte
26.3.
19.3.
22.3.
28.3.
18.4.
17.4.
19.4.
21.4
4.6.
1.6.
31.5.
9.6
15.4.
8.4.
11.4.
18.4.
4.5.
29.4.
2.5.
6.5.
13.6.
8.6.
7.6.
20.6.
Feldaufgang 25.09.
Südbayern
Rheinland
Leipziger Bucht
Ostholstein
Feldaufgang 15.11.
Südbayern
Rheinland
Leipziger Bucht
Ostholstein
zen für eine optimale Entwicklung bis Anfang Oktober auflaufen, also Ende September gesät werden. Alles was danach
bestellt werden muss, ist als Spätsaat anzusehen.
Warum kann später Weizen
im Ertrag nicht mithalten?
Die milden Winter der letzten beiden
Vegetationsperioden begünstigten die
Entwicklung der später bestellten Weizenbestände. Dennoch fielen die Spätsaaten
häufig im Ertrag ab. Schuld daran ist der
Langtag, der den Weizen zum Schossen
zwingt. Damit wird die Anlage der Triebe
und die Ausdifferenzierung von Spindelstufen in den Ährenanlagen begrenzt.
Ein im September gesäter Weizen
kommt um den 20. März ins DoppelringStadium und beginnt mit der Ährchendifferenzierung. Dieselbe Sorte sechs
Wochen später bestellt, beginnt um den 15.
April mit der Ährchendifferenzierung. Der
Langtag lässt im frühen Weizen das Spitzenährchen gut vier Wochen später um den
22. April aufstellen. Der späte Weizen hat
aber nur knapp drei Wochen Zeit, bis er
das Spitzenährchen aufstellt und die Ährenanlage abschließt. Die Folge davon ist,
dass der frühe Weizen nicht nur mehr Triebe mit Ährenanlagen, sondern auch mehr
Ährchen je Ähre bilden und damit insgesamt mehr Ertragsorgane anlegen kann.
Der Langtag bewirkt zwar, daß sich ein
Unterschied in der Aussaat von sechs bis
acht Wochen beim Ährenschieben und in
der Blüte mit kaum mehr als acht bis zehn
Tage bemerkbar macht. Diese gute Woche ist aber ertragsentscheidend, vor allem, wenn die Abreife des späten Weizens
durch Hitze und Trockenheit schlagartig
einsetzt. Hinzu kommt, daß ab Ende Juni
die Tage wieder kürzer werden und die
tägliche Assimilationsleistung sowie die
Umverlagerung von Assimilaten in die
Ähre nachlassen. Der späte Weizen wird
davon stärker betroffen.
Fassen wir zusammen: Das kürzere
Wachstum im Kurztag begrenzt die mögliche Kornzahl je Ähre, vor allem an den
Nebentrieben im spät gesäten Weizen.
Die in der Regel ungünstigeren Abreifebedingungen wirken sich auf das Korngewicht (TKG) aus.
Auch hier gibt es Ausnahmen von der
Regel. Die späten Weizenbestände und
Sorten (!) profitierten im Jahr 2000 von
den im Juli einsetzenden Niederschlägen,
während die sehr frühen Bestände in der
Junihitze die Entwicklung vorzeitig abschlossen.
In diesem Jahr war die Situation wieder „normal“. Die frühen Bestände konnten ihre Ertragsbildung weitgehend ungestört abschließen, während der späte Weizen stärker unter den im Juli auftretenden
Hitzetagen litt und dann schnell abreifte.
Großes Manko von Spätsaaten ist oft die schlechte Wurzelausbildung. Trockene Bedingungen wirken sich positiv auf die Wurzelleistung aus.
Foto: Kropf
Wurzelbildung entscheidend
Als großes Manko der Spätsaaten erweist sich immer wieder die schlechte
Wurzelausbildung. Während der Septemberweizen vor Winter noch genügend Zeit hat und im Boden noch ausreichend Luft findet um in die Tiefe
zu wachsen, bleiben die Wurzeln des
späten Weizens, zumal in einem nassen Winter, im oberen Krumenbereich
hängen.
Bleibt das ganze Jahr ausreichend
feucht, bildet der späte Weizen deutlich
weniger Wurzeln und vor allem weniger
Wurzelhaare aus. Er leidet dann stärker
unter der späteren Hitze, das TKG wird
deutlich beeinträchtigt. Fällt der Boden
dagegen im Monat Mai schnell trocken,
dann reicht die Tiefenbewurzelung nicht
aus, um die Wasserversorgung des späten
Weizens sicherzustellen. Folge: Bestandesdichte und Kornzahl/Ähre werden reduziert. Der Weizen legt weniger Körner
je m2 an.
Ist der Herbst dagegen trocken und fallen auch über Winter und im Frühjahr wenig Niederschläge, wirkt sich das positiv
auf die Wurzelleistung des späten Weizens aus. Problematisch ist allerdings,
wenn die Vorfrucht (Zuckerrüben) bis
zum Schluss den Wasserhaushalt bean-
sprucht hat und der späte Weizen mit wenig Wasservorrat in die Frühjahrstrockenheit hineingerät.
Der Anbau von spätem Weizen ist deshalb auf Trockenstandorten und auf Standorten mit regelmäßiger Hitze während der
Abreife mit höherem Risiko verknüpft.
Hinzu kommt, dass die Bestellbedingungen nicht immer die besten sind und
später Weizen oft in den Boden hineingeschmiert werden muss. Besonders kritisch
ist es, wenn die Aussaat bereits unter widrigen Umständen erfolgte und es danach
weiter regnet. Dann begrenzt Luftmangel
das Wachstum erheblich.
Dagegen zeigte die Ernte nach der
Schlammschlacht 1998, dass sich auch der
späte, in den Boden hineingeschmierte
Weizen noch relativ gut entwickeln konnte. Vorausgesetzt, nach der Aussaat blieb
es einige Tage trocken, so dass sich die
Bodenstruktur stabilisieren konnte.
Welche Sorten
für die späte Aussaat?
Die Sorteneignung für späte Saaten
hängt entscheidend vom Standort ab. Auf
Standorten mit langer Vegetationsruhe
und spätem Start im Frühjahr wächst der
spät gesäte Weizen sofort in den Langtag
hinein, er kann nicht genügend bestocken.
Für Standorte mit meist spätem Vegetationsbeginn eignen sich Einzelährenertragstypen bzw. Kompensationstypen
mit hohen Ährenerträgen, die geringere
Ährenzahlen durch die bessere Bekörnung vor allem im Haupttrieb ausgleichen
können.
Lässt der Standort eine lange Abreife zu (z. B. Mittelgebirgslagen oder Küstenstandorte in Schleswig-Holstein und
Mecklenburg-Vorpommern), kommen für
die Spätsaat auch Sorten mit ausgeprägter
Langtagsreaktion in Betracht, die erst spät
anfangen zu schossen und damit mehr
Spindelstufen anlegen können. Beispiele
hierfür sind Atlantis, Petrus oder Zentos.
Etwas früher zum Ährenschieben kommen Complet, Drifter, Flair oder auch die
Hybridweizensorte Hybnos. Sie sind dann
auch für Standorte geeignet, auf denen der
Weizen schneller abreift. Diese Sorten eignen sich vor allem auch für schwierige Bestellbedingungen und auf tonigen Böden,
auf denen die Ährenzahl zu knapp wird.
Bei später Aussaat sollte nahezu auf Endbestand gedrillt werden, d. h. 450 bis 500
Körner. Enge Drillreihen bzw. Breitsaat
sind dann im Vorteil, weil die Saatkörner
nicht zu eng abgelegt werden.
Am meisten Probleme hat der spät gesäte Weizen auf Standorten mit langer
Vegetationsruhe, aber häufig hitzebedingt schnelle Abreife (z. B. im südlichen
Vorpommern und in Nordbrandenburg).
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Auf diesen Standorten ist die Weizenspätsaat generell in Frage zu stellen.
Ist dies nicht zu umgehen, sollten Weizensorten angebaut werden, die möglichst
früh zum Ährenschieben kommen. Das
sind zum einen die etwas frosthärteren
Wechselweizensorten (z. B. Thasos und
Naxos) sowie die Winterweizensorten
Complet, Drifter, Pegassos oder Caesar
und die Sorte Lars, die in Schweden stärker verbreitet ist. Auch Transit ist für die
Spätsaat unter diesen Bedingungen gut geeignet.
Thasos, Lars, Complet und Drifter sollten auf diesen Standorten bei später Aussaat als Einzelährentyp auf Endbestand
gesät werden. Caesar, Naxos und Pegassos können im Frühjahr frühzeitig mit
CCC behandelt werden, um die für diese
Sorten notwendige Bestandesdichte abzusichern.
Weniger problematisch ist die Spätsaat
auf Standorten mit frühem Vegetationsbeginn im Frühjahr. Als Sorten eignen
sich hier vor allem Korndichtetypen wie
z. B. Biscay, Contra, Contur, Greif, Tarso
oder Ritmo. Geeignet sind aber auch Sorten wie Toronto, Transit oder Aspirant,
die als Korndichtetypen geführt werden.
In Betracht kommen auch Wechselweizen
wie z. B. Anemos, Melon, Quattro, Triso
oder Tinos.
Aussaatstärken zwischen 350 und 370
Körner je m2 sind erforderlich, wenn der
Weizen nur noch zwei Blätter bilden
kann. Bis 420 Körner/m2 werden benötigt,
wenn er erst im Januar aufläuft und wenn
Gewaltakte bei der Bestellung erforderlich sind. Unter ungünstigen Bestellbedingungen können auf diesen Standorten
auch die oben aufgeführten Einzelährenertrags-Typen angebaut werden (Complet, Drifter, Flair usw.).
Muss regelmäßig mit früher Abreife
gerechnet werden, dann sind Bestockungstypen wie Aron, Pegassos, Caesar
oder Greif zu empfehlen, die nicht mit
mehr als 330 bis 350 Körner/m2 ausgesät
werden sollten.
Auch Ludwig als frühreifer Einzelährentyp eignet sich für späte Aussaaten auf
diesen Standorten, auf denen er frühzeitig
mit der Ährchendifferenzierung beginnen
kann. Das gilt vor allem bei ungünstigen Aussaatbedingungen. Dagegen eignet
sich diese Sorte weniger für späte Aussaaten auf Standorten mit spätem Vegetationsbeginn.
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Spät- und Frühsaat (rechts) im Vergleich.
Durch die längere Entwicklungszeit konnte der früh gesäte Weizen mehr kräftige
Triebe ausbilden.
Fotos: NU Agrar
Wann kommen Wechselweizen in Betracht?
Der Weizen benötigt für den Übergang
in die generative Phase zwischen 40 und
50 Tage mit kühlen Temperaturen im
Kurztag, damit die Schosshemmung abgebaut wird. Auf Standorten mit sehr frühem Vegetationsbeginn ist die ausreichende Vernalisation des sehr spät gesä-
Achtung:
Fusariumgefahr!
N
icht allein die Vorfrucht Körnermais ist Ursache dafür, dass der
späte Weizen vielfach stärker mit Ährenfusarien befallen wird. Vor allem
das Zusammentreffen von später Blüte und warmen Regen begünstigt den
Befall mit Ährenfusarien im späten
Weizen. Aus diesem Grunde sollten
anfällige Sorten auf Fusarium-gefährdeten Standorten nicht unbedingt auch
noch spät angebaut werden.
ten Weizens nicht in jedem Jahr gewährleistet. Deshalb haben z. B. Sorten mit
ausgeprägtem Vernalisationsbedarf (wie
Borenos im Rheinland) oft versagt.
Wechselweizensorten haben einen geringen Vernalisationsbedarf und sind deshalb für die späte Aussaat auf wintermilden Standorten zu empfehlen. Als zusätz-
lichen Vorteil erwies sich in Jahren mit
frühzeitiger Abreife das frühe Ährenschieben.
Die Wechselweizensorten bestocken
meist stärker als ausgesprochene Korndichtetypen. Im TKG liegen sie etwas niedriger. Wechselweizen sollten allerdings
nur angebaut werden, wenn die Bestellung eine ausreichende Bestockung zuläßt. Bei ausreichender Bestandesdichte
und hoher Korndichte/m2 reagieren die
Wechselweizensorten weniger empfindlich auf Hitze und Trockenheit während
der Abreife. Ausserdem sind sie toleranter gegenüber hoher UV-Strahlung.
Deshalb ist der Anbau von Wechselweizen auch in Süddeutschland zu empfehlen, weil dort aufgrund der Höhenlage
(über 400 m) die UV-Strahlung stark zunimmt. Wechselweizen sollten nicht angebaut werden
■ auf Standorten mit sehr spätem Vegetationsbeginn, auf denen sie die notwendige Korndichte nicht erreichen können;
■ wenn mit Frühjahrstrockenheit zu
rechnen ist und die Wasserkapazität des
Bodens gering ist;
■ wenn die Bodenstruktur oder Verdichtungen eine ausreichende Bestockung
nicht zulassen;
■ bei stauender Nässe;
■ wenn Zuckerrübenblatt oder Körnermais-Stroh nass eingepflügt wurde;
■ wenn mit Spätfrösten zu rechnen ist,
z. B. auf Niedermoorböden.