Stellungnahme des Verbandes Wohneigentum (vormals Bayerischer Siedlerbund) Landesverband Bayern e.V. zur Anhörung des Ausschusses für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport des Bayerischen Landtags zu Art. 5 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) am Mittwoch, den 15. Juli 2015 von 09:00 Uhr bis ca. 13:00 im Konferenzsaal des Maximilianeums Fragenkatalog Fragen an alle Experten Zu Frage 1) Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen (nach der sog. Ersterschließung) durch die Kommunen stößt zunehmend auf Kritik und ist aus Sicht des Verbandes Wohneigentum (vormals Bayerischer Siedlerbund) weder erforderlich noch sinnvoll. Auf die finanzielle Beteiligung der Grundstückseigentümer (Anlieger) muss gänzlich verzichtet werden. Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ist ungleich, ungerecht und unsozial. Ungleich Ungleich, weil die Situation des Bürgers von der zufälligen Lage seines Grundstücks in dieser oder jener Kommune abhängt. Denn 1) Es gibt nicht in allen Ländern solche Folgeabgaben 2) In den Ländern, die ihre Kommunen hierzu ermächtigen, haben wiederum nicht alle solche Satzungen auf Grund der Ländergesetze 3) Manche Kommunen, die eine Straßenausbaubeitragssatzungen haben, wenden diese aber nicht an, und weiter kommt hinzu, 4) Dass bestehende Satzungen nicht in allen Kommunen gleich angewandt werden. Dadurch, dass die Kommunen Investitionen zu Lasten Dritter in Auftrag geben können, entsteht keinerlei Anreiz zu Wirtschaftlichkeit. Im Gegenteil: Es führt leider sehr oft zu einer gigantischen Steuer- und Abgabenverschwendung (sog. Luxussanierung). Der Vorwurf an die Kommunen wegen eines Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot des Artikels 3 des Grundgesetzes ist nachvollziehbar. Ungerecht Die Bundesautobahnen und Bundesstraßen werden vollständig vom Bund, die Landstraßen und Staatsstraßen vollständig von den Ländern bezahlt. Bei den kommunalen Straßen weicht man hiervon ab und bürdet die Kosten zum größten Teil den Anliegern auf. Das ist ungerecht, weil die kommunalen Straßen nicht nur von den Grundeigentümern, sondern ebenso von allen anderen, also der Allgemeinheit genutzt werden können und werden. Unsozial Die Wohneigentumsquote in der Bundesrepublik Deutschland liegt mit unter 45% weit unter denen anderer europäischer Staaten an vorletzter Stelle. Durch verschiedene Maßnahmen – Wohn-Riester, Baulandmodelle – ermuntert der Staat seine Bürger zur Schaffung von selbstgenutztem Wohneigentum. Vor allem junge Familien sparen für ein eigenes Haus und verzichten dabei auf viele Annehmlichkeiten. Mit dem Hausbau tragen sie dazu bei, dass viele regionale Unternehmen Arbeitsplätze schaffen und erhalten können. Ist dann das Haus abbezahlt und so die Investition auch im Sinne einer Altersvorsorge abgeschlossen, kommen vielfach erneut hohe Kosten für den Straßenausbau hinzu. Sozial ist das nicht Forderungen: Der Verband Wohneigentum fordert daher von Land und Kommunen: Herauslösung der Beitragspflicht für den Ausbau von Ortsstraßen aus dem Bayerischen Kommunalabgabengesetz Finanzierung der Ortsstraßen aus Steuermitteln Verpflichtung der Kommunen zur Errichtung eines nachhaltigen Straßenbaumanagements zur Kosteneinsparung für Kommunen und Bürger. Zu Frage 2) Der Verband Wohneigentum plädiert für die vollständige Abschaffung der Straßenausbaubeiträge nach Art. 5 KAG und eine steuerfinanzierte Sanierung der innerörtlichen Straßen. Die Frage, ob und ggf. welche Vor- und Nachteile die drei vorgegebenen Varianten (Soll-, Muss-, Kann-Regelungen) haben, stellt sich für uns deshalb nicht. Letztlich haben aber alle Varianten nur Vorteile für die Kommunen. Für die demnach zur Kasse gebetenen Bürger bleibt alles beim Alten. Zu Frage 3) Sollten die Kosten weiterhin über Beiträge finanziert werden, wäre einer jährlich wiederkehrenden Beitragserhebung – für alle Bürger - der Vorzug zu geben. Eine Wahlmöglichkeit der Kommunen für die Beitragserhebung, jährlich oder wiederkehrend sollte auf jeden Fall ausgeschlossen werden. Zu Frage 4) Wie erwähnt, tritt der Verband Wohneigentum für die vollständige Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ein. Insofern stellt sich die Frage nach den Vor- und Nachteilen (anderer) möglicher Modelle nicht, zudem auch hier wieder nur die Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigten herangezogen werden sollen. Zu Frage 5) Auf die Ausführungen zu 3) und 4) wird Bezug genommen. Zu Frage 6) Es ist bezeichnend, dass erst jetzt über eine Informationspflicht für die Kommunen im Zusammenhang mit Straßenausbaumaßnahmen nachgedacht werden soll. Eigentlich müsste dies bereits seit Einführung des BayKAG eine Selbstverständlichkeit für Bürgermeister, Stadtund Gemeinderäte sein, ihre Bürger auf Kosten hinzuweisen, die im Zusammenhang mit solchen Maßnahmen stehen. Zu Frage 7) Die bisherigen Regelungen zur Abgrenzung von Erschließung und Straßenausbau haben sich nicht bewährt. Hier wird auf eine Gesetzeslücke verwiesen, die den Kommunen die Möglichkeit bietet, eine sog. „fiktive Ersterschließung“ – teilweise nach mehreren Jahrzehnten - durchzuführen. Letztes markantes Beispiel die Gemeinde Ampfermoching, wie in der Sendung Kontrovers am 27.5.20145 eindrucksvoll dargestellt. Zu Frage 8) Eine Ausschlussfrist sollte (falls die Straßenausbaubeiträge nicht abgeschafft werden) mit dem Zeitpunkt des Abschlusses – d.h. wenn die Straße für den Verkehr wieder freigegeben ist - der Bauarbeiten beginnen und sich an die Verjährungsregeln BGB halten. Zu Frage 9) Hier wird auf die Antworten zu den Fragen 3), 4) und 5) verwiesen. Zu Frage 10) Die Bürger tragen mit ihren Steuern und Abgaben an die Kommunen dazu bei, dass alle kommunalen Mitarbeiter steuerfinanziert entlohnt werden. Es ist nicht einzusehen, dass Eigenleistungen der Kommunen nochmals umgelegt werden sollen. Zu Frage 11) Diese Frage stellt sich für uns bei einer Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ebenfalls nicht. Aber: Man kann doch nicht allen Ernstes die Bürger dafür verantwortlich machen, dass vom Staat bzw. staatlichen Behörden früher zugelassene Baumaterialien (z.B. Teer) nunmehr kostenaufwändig entsorgt werden müssen oder neue Bestimmungen für den barrierefreien Ausbau umgelegt werden. Zu Frage 12) Bei einer Umstellung auf eine steuerfinanzierte Sanierung des kommunalen Straßennetzes ergibt sich kein weiterer Änderungsbedarf (vgl. hierzu Forderungen unter oben 1). Schlussbemerkungen: Viele unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger erfüllen sich den Traum vom eigenen Häuschen und sparen sich dieses von ihrem Munde ab. Sie verzichten auf Vieles, sorgen auch für ihr Alter vor. Sie schaffen und erhalten durch ihre Bautätigkeit Arbeitsplätze in der Region und führen den Kommunen Steuern zu. Und dann kommen – manchmal sogar mehrfach – die Straßenausbaubeiträge. Mit dem lakonischen Hinweis – wir haben in Bayern das kommunale Abgabengesetz – wie es leider immer wieder geschieht, ist es sicherlich nicht getan. Das KAG wurde von Menschen geschaffen, es kann durch Menschen wieder abgeschafft werden. Der Verband Wohneigentum Bayern hat in den letzten Monaten seine Mitglieder gebeten, sich auf der Online-Plattform „openPetition“ für eine Abschaffung der Straßenausbaubeitragsatzung zu engagieren. Bayernweit haben wir dabei 51.906 Unterschriften gesammelt und uns – zusammen mit Haus und Grund Bayern, Eigenheimerverband Bayern und Vereinigte Bürgerinitiativen in Bayern – in der Annahme bestärkt, gegebenenfalls die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge mittels eines Volksbegehrens zu erreichen. Bamberg/Weiden, 23. Juni 2015 Siegmund Schauer Präsident
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