Lange Schnäbel und lange Nase

Notizen zum Medien-Apéro vom
21. Oktober 2015
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LANGE SCHNÄBEL UND LANGE NASE
Mitten im Gesicht und lang ausgezogen – das ist das gemeinsame
Merkmal der beiden unterschiedlichen Neuankömmlinge im Zoo Zürich.
Einerseits wurden Dottertukane neu in den Tierbestand aufgenommen;
andererseits ist ein Flachlandtapir hier geboren worden.
Lange Schnäbel: Südamerika beherbergt eine grosse Vielfalt farbenfroher und auffällig
«gestalteter» Vogelarten. Zu dieser Gruppe gehören zweifelsohne die Tukane mit ihren
mächtigen, langen Schnäbeln. Bezogen auf den Schnabel haben Tukane eine gewisse
Ähnlichkeit mit den Nashornvögeln. Diese sind aber in Afrika und Asien zuhause.
Systematisch gehören die Tukane zu den Spechtvögeln. Die auffälligste Gemeinsamkeit mit
den Spechten sind die Füsse: Zwei Zehen ragen nach vorne, zwei nach hinten. Der
mächtige Schnabel des Tukans ist leicht gebaut. Über seine Funktion wurden verschiedene
Theorien aufgestellt. Er spielt sicher in der innerartlichen Kommunikation eine Rolle. Mit
seiner Länge – beim Dottertukan misst er zwölf bis vierzehn Zentimeter – ist er hilfreich
beim Pflücken von Früchten an den dünnen Enden der Zweige. Und über die Durchblutung
des Schnabels kann der Vogel seine Körpertemperatur regeln. Dottertukane haben im
nördlichen Südamerika ein grosses Verbreitungsgebiet. Vier Unterarten werden
unterschieden, wobei eine genauere geographische Abgrenzung dieser Unterarten kaum
möglich ist, da sie in den Überlappungsbereichen miteinander hybridisieren. Die im Zoo
Zürich gezeigte Unterart entspricht der Nominatform (Ramphastos vitellinus vitellinus). Den
Lebensraum der vorwiegend baumbewohnenden Dottertukane bilden verschiedene
Waldtypen des Tieflandes bis hin zu Bergregenwäldern. Die Vögel halten sich gerne in
der Nähe von Gewässern auf. Sekundärwälder werden nur spärlich besiedelt.
Auf der Futtersuche sind die Dottertukane einzeln, paarweise oder in kleinen Gruppen
unterwegs. Auf dem Speiseplan stehen Palmfrüchte, Feigen und weitere Früchte, Insekten
und andere Wirbellose, gelegentlich auch kleine Wirbeltiere wie Echsen, Frösche und
gar Fledermäuse. Als Nesträuber haben die Tukane eine Vorliebe für Eier und Jungvögel.
Auch Blüten bestimmter Pflanzen werden ihres Nektars wegen aufgesucht. Ihren
Wasserbedarf decken die Tukane gerne mit dem in den Blattachseln der Bromelien
angesammelten Wasser. Dottertukane sind Höhlenbrüter. Geeignete Baumhöhlen werden
schon vor Brutbeginn bezogen und als Schlafplatz genutzt. Obwohl die Tukane zu den
Spechtvögeln gehören, können sie mit ihrem Schnabel bestenfalls in morschem Holz
bestehende Höhlen etwas erweitern. Das Gelege umfasst zwei bis vier Eier und wird von
Wer Tiere kennt,
wird Tiere schützen.
beiden Paar-Partnern während fünfzehn bis achtzehn Tagen bebrütet. Die Jungen – mit
ihrem noch verkürzten Schnabel erinnern sie an «Globi» – sind vom Typ Nesthocker und
öffnen ihre Augen erst mit zwei bis vier Wochen. Gefüttert werden sie von beiden
Elternteilen. Mit etwa vierzig bis sechzig Tagen werden sie flügge.
Unsere beiden Dottertukane sind Nachzucht-Vögel aus dem Weltvogelpark Walsrode.
Lange Nase: Am 28. September 2015 brachte das 15-jährige Flachlandtapir-Weibchen
Amapa ihr achtes Jungtier zur Welt. Vater des weiblichen Jungtiers ist der in Hamburg
geborene und seit 2002 in Zürich lebende Mato. Was am Jungtier auffällt, ist sein
Tarnkleid: Weissliche bis cremefarbene Längsstreifen, die sich stellenweise in Flecken
auflösen, überziehen den Körper. Flachlandtapire sind Waldbewohner. So lösen sich die
Konturen des Jungtiers im sich auf dem Waldboden abzeichnenden Spiel von Licht und
Schatten auf. Diese Tarnung kommt dem Jungtier insbesondere in den ersten Lebenstagen
zugute, wenn es als Ablieger seiner Mutter noch nicht überall hin folgt. Das Junge kam nach
einer Tragzeit von rund dreizehn Monaten mit einem Geburtsgewicht von etwa fünf bis
sechs Kilogramm zur Welt. Die Mutter legt sich zum Säugen nieder, und auch das Jungtier
trinkt im Liegen. Mit etwa zwei bis drei Wochen beginnen junge Tapire mit der Aufnahme
erster fester Nahrung. Die Säugezeit kann bis zum Alter von zehn Monaten andauern.
Die «lange Nase» der Tapire entstand aus der rüsselartigen Verschmelzung von Nase und
Oberlippe. Dieser Rüssel wird als sehr empfindliches Riech- und Tastorgan eingesetzt. Tapire
gehören systematisch in die Ordnung der Unpaarhufer. In dieser Verwandtschaftsgruppe hat
sich im Lauf der Stammesgeschichte die Zahl der Zehen von ursprünglich fünf auf drei bis
vier (Tapire, Nashörner) und eins (Pferde) reduziert. Die Tapire haben im Laufe ihrer
Entwicklung einen recht ursprünglichen Körperbau beibehalten. Die Zahl der behuften
Zehenglieder beträgt am Hinterfuss drei und am Vorderfuss vier (die vierte Zehe ist in der
Grösse reduziert). Einst recht weit verbreitet (u.a. auch in Europa), ist das Vorkommen der
heutigen vier rezenten Tapir-Arten auf die getrennten Verbreitungsgebiete Südamerika und
Südostasien beschränkt. Tapire ernähren sich im Wesentlichen von Gräsern, Laub, Wurzeln
und Früchten, fressen gelegentlich aber auch Fische oder Aas.
1934 kam das erste Paar Flachlandtapire nach Zürich, und bis 1943 wurden auch drei
Jungtiere geboren. Nach einem Unterbruch in der Haltung dieser Art erfolgte 1961 ein
Neuanfang. 29 Jungtiere sind bis dato im Zoo Zürich auf die Welt gekommen.
Die drei südamerikanischen Tapirarten – Flachland-, Baird’s- und Bergtapir – wie auch
der Schabrackentapir aus Südostasien sind in ihren Beständen gefährdet. Ihr Fleisch ist
begehrt und ihr Lebensraum wird zusehends zerstört und fragmentiert. Für die
Flachlandtapire wird ein Erhaltungszucht-Programm (EEP) geführt. Im Zuchtbuch waren
Ende 2014 342 Tiere (170.172) in 126 Institutionen aufgeführt.
Für weitere Informationen steht Ihnen gerne zur Verfügung:
Dr. Robert Zingg, Senior Kurator, Zoo Zürich
Telefon 044 254 25 00, [email protected]
Text- und Bildmaterial sind elektronisch erhältlich unter www.zoo.ch/medien
Wer Tiere kennt,
wird Tiere schützen.