AUS DER PRAXIS Personzentriert-Integratives Coaching Christiane Hellwig Zusammenfassung: Mit den folgenden Fallbeispielen soll dargestellt werden, dass Personzentriert-Integratives Coaching (PIC) (dessen Theorie und Konzept bereits in Ausgabe 2/2014 dieserZeitschrift vorgestellt wurde) an der Theorie Rogers' ansetzt - mit ihren Bedingungen, Thesen und Entwicklungsstufen der Persönlichkeit im Prozess - und gleichzeitig ihre verfahrensübergrei/enden Aspekte auch pragmatisch nutzen kann. Damit werden Prozessstrukturierung und Handlungsorientierung auf dem Fundament der Personzentrierten Haltung ermöglicht. Es wird dargestellt, dass sich PIC auch der Überschneidungen und Wechselwirkungen des Außeren und Inneren Bezuges bewusst ist. Mit dem "Integrativen" soll auch expliziert werden, dass eine bedingungsfreie Beziehung nicht nur durchs "Gespräche-Führen" angeboten werden kann und sollte, sondern dass das "In-Kontakt-kommen" auch durch passende, methodisch-integrative Angebote unterstützt werden kann. Dies gilt vor allem auf grund psychosozialer Bedingungen, die das gemtin personzentrierte Angebot (noch) nicht zulassen können: etwa für Coachees,bei denen noch "eine Abneigung besteht, sich selbst mitzuteilen ': diejedoch "so lange einem Klima des Akzeptierens ausgesetzt werden ': in dem sie sich "als anerkannt" erfahren, sodass die ,,Ausdrucksweise hinsichtlich Themen beweglicher wird': die mit dem "Selbst nichts zu tun haben" (Rogers, 2002). Dieses Klima wird im PIC durch die an der Person und dem Kontext orientierten Methoden integrativ gerahmt. Damit wird strukturiert personzentrierte Handlungsorientierung unterstützt. Schlüsselworte: PIe, Coachingbeziehung, Coachingkontakt Einleitung Der Personzentrierte Ansatz "wirkt". Er entfaltet seine Potenziale besonders auf der Basis einer vertrauensvollen Beziehung, durch die kreative, entwicklungsfördernde Prozesse unterstützt werden. Dies gelingt durch die humanistische, "rogerslike" Haltung dem Menschen gegenüber - sofern diese nicht griffig auf drei Komponenten oder auf ,,Aktives Zuhören" reduziert wird. Personzentriertes Vorgehen wirkt "leise": Ohne spektakuläre Methoden und exotisch anmutende Etiketten erreicht es vor allem solche Menschen, die sich selbst erreichen wollen. Die keine ausgefallenen Methoden oder extravaganten Namen benötigen, um ihr Unterstützungsgesuch zu begründen. Personzentrierte Angebote inkludieren immer häufiger auch Techniken angrenzender humanistischer Verfahren: solche, die dem Menschen helfen, zu sich zu kommen und in sich zu schauen, die kreative Selbst-Entwicklungen fördern, ein Erleben im Hier-und-Jetzt unterstützen und dieses dem Klienten zur Verfügung stellen. 158 Gesprächspsychotherapie und Personzentrierte Beratung 3/15 Wozu also ein Personzentriert-Integratives Coaching-Konzept? Ein Konzept, das - natürlich - auch die Theorie Rogers', als conditio sine qua non, als Basis für seine Umsetzung nimmt? Kurz: Das PIC zielt auf eine handlungs- und damit zielorientierte Umsetzung der Erkenntnisse ab - parallel zur personzentrierten und beziehungsrelevanten Haltung. Dabei wird von einem allgemeinen Coachingverständnis ausgegangen, das eine temporäre Unterstützung, vorwiegend im beruflichen Kontext, mit entsprechenden Themen und Läsungserwartungen, inkludiert. Doch gerade in Bezug auf ein so definiertes Coachingformat lauten die Vorbehalte, mit denen Coaching nach dem PZA konfrontiert wird, häufig: Dieses sei nicht zielorientiert, richtet sich danach aus, was gerade so kommt. In der Folge werden Prozesse nicht oder nur wenig strukturiert und das Vorgehen ist nicht oder nur wenig handlungsorientiert (Behrendt, 2014). Da das Konzept des PIC an anderer Stelle bereits ausführlich dargestellt wurde (Hellwig, 2014), soll es hier nur kurz skizziert werden: PIC nutzt auch die Aspekte der Rogers-Theorie, die strukturierenden Charakter aufweisen (Rogers, 1985), ohne sich dabei vom personzentrierten Beziehungsangebot zu entfernen. Dazu integriert das Konzept zum einen die von Rogers einbezogenen verfahrensübergreifenden Zusammenhänge (GT, ST, PA & VT) und macht zum anderen die Differenzierung zwischen dem Inneren und Äußeren Bezugsrahmen deutlich (Rogers, 2009): das Bewusstsein darüber, vollständig mit dem, über den oder für den Coachee zu denken (Rogers, 1985) und ihm diesen Bezug zur Verfügung zu stellen - situationsbegleitend und mit Techniken. die an seiner Person orientiert sind. Die sachbezogenen Erfordernisse, die die spezifische (Coach-)Berufsrolle inkludiert (Rogers, 1985), werden damit für eine verantwortungsvolle (Coaching-) ProzessfUhrung elementar: Es entsteht ein Wechselspiel zwischen Rahmenbedingungen, Rollenverantwortung und einer Unterstützung der Entwicklung des individuellen So-Seins. In der Folge assimiliert das PIC-Konzept Zieldefinition, Prozess> strukturierung und Handlungsorientierung / Umsetzungsunterstützung und kann diese Merkmale 1. personzentriert so umsetzen, dass Themen-Eigenverantwortung des Coachees und Prozessoffenheit mit der Ausrichtung an aktuell sich zeigenden Selbstanteilen das Fundament bleiben. 2. ergebnisorientiert dokumentieren. Dies geschieht aus der Verantwortung einer "Qualitätssicherung im Coaching" heraus, die die Prozesse nachvollziehbar und nachprüfbarer machen will und z. T. muss. PIC kann damit auch solchen Prozessen gerecht werden, die rigiden kontextuellen Voraussetzungen unterworfen sind, und solchen, die durch Strukturierung, Ziel- und Handlungsorientierung fruchtbarer werden (Hellwig, 2013). werbung vor etwa acht Monaten ü engt ihn immer mehr ein und be teres Arbeiten auf dieser Position bevorstehende "Pflicht-AC" veru schätzen kann, was "die von ihm Zwei Fallbeispiele Meine Interventionen, die Herrr schung aufnehmen wollen, werd angebot trifft auf latenten Widen zu diesem Zeitpunkt diffus. Sein gelehnten internen Bewerbung, ( seiner Chefin und seine Kontakt nur allgemein "Kompetenzgeran~ ben" notieren. Aufgrund des Wide Raum, seine Darstellungen sachlk stufigen Vorgehen, das sich bis in: ihm ein kognitiv-ressourcenorient kann er seine Arbeitssituation au raus betrachten, außerdem erhält ( wusst Werte und Wünsche zu ex\ al., 19791; Rogers XVI. These? un seine Arbeitssituation und -aufgab sich für ihn jetzt "voll bestätigt", Aufgaben hinaus arbeitet. Die Ur! rungsschwäche seiner Chefin und Meine Interventionen dazu werde frage noch einmal explizit nach, 01 Thema für ihn sei ("nein "). Das T wichtig. Herr A. wirkt angespannt Bei mir blinkt: ,,Achtung! Akt ner wieder benannten Unsicher on das Richtige für ihn ist, biete die Bearbeitung seiner "Karriereal These) an. Das ist für Herrn A. ,,\ mit dem ausgefüllten Test motiv Ich bitte Herrn A. zu berichten, VI überraschend und welche vorhers ehen er einverstanden und mit VI ist. Die damit verbunden Nebentl Bearbeitung nur so auf: Es sind I verpassten Chancen, verbunden J wartungen. Kurz: seine (beruflid unsicherung. Doch mit den aktue liehen Positionierung" ist Herr A. ich auch sehe, dass sich sein Proi "irgendwie" etwas als "komisch". mit diesem seltsamen Gefühl un takt umgehen will. Mit den beiden folgenden Fallschilderungen soll das Personzentriert-Integrative Vorgehen in seiner Charakteristik skizziert werden. Die Beispiele sind danach ausgewählt, dass im Verlauf dieser Coachings zur Unterstützung explorativer Erfahrungen eher kognitive Techniken von mir genutzt worden sind - in Gegenüberstellung zu der eher körperorientiert-emotionalen Technikund Methodenvielfalt im PZA. Die erstgenannten werden mit Verweisen auf die hier vorrangig gesehenen "Thesen der Theorie des Verhaltens" (Rogers, 1985) sowie auf die Reflexionsstufen I Prozessphasen (Rogers, 2002) der Coachees versehen. Die entsprechenden Fußnoten können dabei nur einen stark verkürzten Hinweis dazu geben, aus welchen Zusammenhängen heraus die Interventionen gewählt worden sind. Fall 1: "Klare Kommunikation" Herr A. ist 38 Jahre alt und Sachbearbeiter bei einem ~ konzern; innerhalb des Unternehmens hat er mehrere Abteilungswechsel vorgenommen. Seit drei Jahren ist er Stellvertreter einer Vertriebsabteilung des Konzerns. Coachinganlässe, die Herr A. im Vorgespräch nannte, waren seine zunehmende allgemeine Unzufriedenheit im Job sowie ein anstehendes internes Assessmentcenter (AC). Als erstes Ziel zeigte sich zu diesem Zeitpunkt die "berufliche Positionierung". Die Vorbereitung auf das AC, "dessen Sinn er nicht nachvollziehen kann", wurde von Herrn A. ausschließlich mit "verbesserter Selbstdarstellung" zweites Ziel - benannt, denn es gab schon ein internes AC, vor zwei Jahren, das war nicht "so toll". Herr A. möchte sich auf eine andere Position, ggf. eine Leitungs-Position, intern bewerben weiß aber nicht, ob er sich letztere zutraut. Für das Coaching wurde ein zeitlicher Umfang von (ggf. zunächst) sechs Treffen verabredet, mit Konzentration zunächst auf die "berufliche Positionierung", bis kurz vor dem AC-Termin. Während des ersten Treffens machte Herr A. deutlich, dass seine Unzufriedenheit besonders daraus resultierte, dass der größte Teil seiner Aufgaben die Aufgaben seiner Chefin sind, er jedoch für "alles zuständig" sei, aber auf "taube Ohren" bei Umsetzungen stoße. Er übernehme Teamleiteraufgaben, jedoch ohne entsprechende Vollmachten. Seine Führungskompetenz schätzt Herr A. besser ein als die seiner Chefin, die "völlig unklar ist". Die letzte interne Be- Phasen der Selbstöffnung: Kognitive Funktionen stehen im Dienst einer starren Deutung. Gefahr der Aktivierung der Abwehrmechanismen: Rigidität vs. Umorganisation Bewertung I Klärung von Werten; diese werden ggf. in verzerrter Form wahrgenommen.
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