Spot-Duell: Smiley gegen Clooney

Medien & Kommunikation
Spot-Duell:
Smiley gegen
Clooney
Kaffee macht wach und glücklich. Wenn wir
uns mit einer guten Tasse Kaffee belohnen,
schüttet das Gehirn Glückshormone aus.
Schaffen das die Werbespots auch?
Autoren: James Miller und Elke Schwarz
Die Deutschen sind Kaffeetrinker.
Belohnung beim
162 Liter des anregenden Getränks
Konsum des Kaftrinkt jeder Deutsche durchschnittfees.
lich pro Jahr – das bedeutet im LeFür die Entbensmittelhandel einen Umsatz von
stehung und Ver3,3 Milliarden Euro.
arbeitung dieser
Derzeit macht der Marktführer mal
Antizipation ist
wieder von sich reden. Mit einer großen
die Aktivierung
Crossmediakampagne begleitet Tchibo
des Belohnungszentrums, also eines
seine neueste Kreation „For Black ’N
Teils des ventralen Striatums, verWhite“. Daneben wirbelt vor allem der
antwortlich. Misst man die Aktivität
Nestlé-Konzern mit der Kapselmarke
dieses Gehirnareals mithilfe der funkNespresso seit Jahren den Markt auf.
tionellen Magnetresonanztomografie
Doch welche Marke belebt nicht nur
(fMRT), lassen sich Kaufentscheidunden Geist, sondern weckt auch unsere
gen bis zu sechs Sekunden vor der beRezeptoren im Hirn?
wussten Entscheidung vorhersagen.
Ein Vergleich des Subconscious
Man vergleicht dazu die Aktivität im
Decision Marketing Index (SDMI), der
ventralen Striatum mit den Aktivitäten
von der Ratingagentur Advertising exin den Teilen der Insula, die Schmerklusiv für absatzwirtzempfindung signaschaft durchgeführt
lisieren. In diesem
Kaufentscheidungen
wird, gibt Aufschluss
Fall entsteht die unfallen im
über die wichtigsten
bewusste
SchmerUnterbewusstsein
Prozesse, die im Unzempfindung, weil
terbewusstsein auf
wir uns von unsedie Kaufentscheidung einwirken. Welrem Besitz, also Geld, trennen. Ist die
che Kaffee-Werbung spricht uns nacherwartete Belohnung höher als der
haltig an?
Trennungsschmerz, entsteht „Desire“.
In diesem Vergleich tritt Nespresso
Dieser Desire wird vom orbitofrontamit dem 30-Sekünder „How far would
len Cortex überprüft, der im vorderen
you go?“ an. Als Testimonial setzen
Stirnlappen angesiedelt ist und in Mildie Schweizer seit Jahren auf George
lisekunden alle relevanten, emotionaClooney. Der Schauspieler ist eines der
len Erinnerungen abruft, die mit dem
bekanntesten Gesichter Hollywoods.
Produkt oder der Marke verbunden
Er hat Charme, Charisma und gilt bei
sind. Ist die Bewertung positiv, fällt die
Frauen (und vielen Männern) fast aller
Entscheidung zum Kauf.
Altersklassen als attraktiv und begehDoch Clooney allein richtet es nicht.
renswert. Das Unterbewusstsein beLeider versäumen es die Schweizer, ihwertet diese Eigenschaften emotional
rem Testimonial mit einer guten Stohoch und verknüpft sie mit der dazu
ryline im Unterbewusstsein noch mehr
gehörigen Marke. Die direkte Folge ist
Überzeugungskraft zu verleihen. Kurz
eine hohe Antizipation auf emotionale
zur Erinnerung: George Clooney be-
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absatz
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Mithilfe von
George Clooney
verleiht Nespresso
seinen Spots
einen besonderen
Charme. Auch in der
neuen Kampagne
schlürft er wieder
Espresso –
und gibt für eine
Tassesogar seine
guten Schuhe her.
Unterstützt wird er
im aktuellen Spot
von Jean Dujardin
findet sich im Garten einer Villa an einem See in einer grünen Bergkulisse. Er
geht zu einer Nespresso-Maschine und
findet nur eine Kapsel. Die allerdings
hält Jean Dujardin, ebenfalls ein bekannter Schauspieler, in der Hand. Um
an seinen Kaffee zu kommen, tauscht
Clooney Kapsel gegen Schuhe. In dem
Moment, als er den ersehnten Kaffee
endlich genießen will, tritt eine schöne
Dame an ihn heran, und Clooney, ganz
Gentleman, überlässt ihr das begehrte
Getränk. Sie wiederum reicht den Kaffee an Jean Dujardin.
Das Problem an dieser eigentlich
originellen Wendung ist, dass sich der
Zuschauer zu diesem Zeitpunkt sehr
stark mit Clooney identifiziert und somit auch dessen Emotionen nachempfindet. Wir kennen diesen Effekt zum
Beispiel aus Kinofilmen – wer hat nicht
schon einmal in einer traurigen Szene
ein Tränchen verdrückt? Verantwortlich für diesen Effekt sind die sogenannten Spiegelneuronen im Gehirn.
Das Gefühl, hintergangen worden zu
sein, kombiniert mit dem Verlust des
herbeigesehnten Preises, lösen im Unterbewusstsein Flucht- und Kampfreaktionen sowie eine emotional negative
Speicherung aus. Beides mindert die
Kaufmotivation. Wäre Clooney dagegen
als Sieger aus der Geschichte hervorgegangen, wäre die verkaufsfördernde
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FOTOS: PR
Die neue Werbekampagne „For
Black N‘ White“
von Tchibo setzt in
den Spots auf
modernen und
schnellen Filmschnitt. Auf Testimonials und Storytelling verzichtet
der Kaffeehersteller
allerdings – möglicherweise auf
Kosten der Einprägsamkeit
Werbewirkung deutlich höher ausgefallen. Die Macher des Films scheinen sich
dieser Mechanik durchaus bewusst gewesen zu sein. In einem zweiten Teil des
Spots erzählen sie die Geschichte weiter
und zeigen, wie Clooney am Ende doch
noch obsiegt. Ob das allerdings reicht,
um die negative Prägung wiederaufzuheben, darf bezweifelt werden. Unterm
Strich erreicht der Spot im Emotion-Index des SDMI auf einer Skala von -100
bis +100 nur 38 Punkte. Ein Rating von
über 80 Punkten ist das Ziel.
Immerhin aber sorgt dieser Spannungsbogen im Impuls-Index und im
Memoryindex für hohe Ratings. Clooney als Testimonial und die von Anfang
an produktbezogene und spannende
Story sorgen für eine sehr hohe Speicherung. Verantwortlich hierfür ist die
Reaktion des Gehirns auf Erzählungen und Geschichten. In fMRT-Studien an der Stanford University konnte
gezeigt werden, dass ein Zuhörer-/
Zuschauergehirn Geschichten deutlich aktiver verarbeitet als Fakten oder
Kernbotschaften, was zu einer stärkeren Speicherung führt. Nespresso setzt
Storytelling exzellent um und erzielt
im Memoryindex 78 Punkte und im
Impulsindex 88 Punkte.
Im Umkehrschluss gilt, dass Werbende, die das Mittel der Story nicht
nutzen, eines der stärksten Instrumen-
und oft wiederholt, was maßgeblich
te ignorieren und
für den Wert von 38 im Memory-Index
dadurch
ihren
sorgt. Für einen Spot ohne Story und
Return on Invest
ohne „Schock“-Prinzipien ist dies ein
deutlich schmähoher Wert.
lern. Mit einem
Der Slogan „Für deine beiden SeeVerzicht auf eine
len“ dürfte in Marktforschungsbefragute
Storyline
gungen zu guten Ergebnissen führen.
entscheidet man
Unterbewusst wirkt er allerdings versich für weniger
kaufshemmend, da er negative, somaAufmerksamkeit,
tische Marker im Unterbewusstsein
weniger
Speider Zuschauer setzt. Wer zwei Seelen
cherung und die
hat, ist möglicherweise mental instaGefahr, dass die
bil, nicht aufrichtig oder unreif. Das
Werb eb ots chaft
Unterbewusstsein wertet diese Unterwirkungslos
stellungen als Minderung der eigenen
verpufft.
Beim
sozialen Position, was unterbewusste
Tchibo-Spot
zu
Vermeidungsreaktionen auslöst. Da die
„For Black and
Kernbotschaft „Schmeckt vollmundig
White“ haben die
mit und ohne Milch“ zudem keine klaWerbenden diese
re Unterscheidung zu anderen Kaffees
Entscheidung gezulässt, setzen lediglich die attraktiven
troffen. Der Spot
Damen und die lebendige, freudige Muverzichtet auf eisik positive Kaufimpulse.
ne Story und setzt
Und noch etwas fällt auf: Die einzige
stattdessen den
Szene, in der jemand Kaffee trinkt und
Schwarz-weißnicht nur eine Tasse ins Bild hält, zeigt
Kontrast effekteine junge Frau auf einem Sofa. Hinter
voll in Szene. In schnellen Schnitten
ihr befinden sich fünf Menschen, die
werden auf einem zweigeteilten Bildsich freudig unterhalten. Die Kaffee
schirm jeweils eine in schwarz und eitrinkende Frau wird
ne in weiß gehaltene
von den anderen
Szene
präsentiert,
Menschen allerdings
untermalt von rhythGeschichten
vollkommen
ignomischer Musik. Gut
wirken besser als
riert.
Unterbewusst
gelaunte, freudig blireine Fakten
löst diese Szene das
ckende
Menschen
negative Gefühl der
und
Produktbilder
Ausgrenzung aus. Nachweisbar ist das
wechseln sich ab, aber eine zusammenan einer erhöhten Aktivität in der Insuhängende Geschichte ist nicht erkennla, einer Gehirnregion, die für aversive
bar. Dafür sendet der Tchibo-Spot eine
Emotionen verantwortlich ist. Als Folklare Botschaft: Schwarz und Weiß. Sie
ge generiert und speichert das Gehirn
wird auditiv wie visuell stark untermalt
unterbewusste
Vermeidungsskripte,
die wiederum am Point of Sale gegen
den Kauf stimmen.
Nespresso setzt dies deutlich besser
Nespresso
Tchibo
um. Alle Schauspieler begehren und
Emotion67
-7
konsumieren genüsslich den Kaffee.
Benefit73
6
Die handelnden Personen verfügen erHormon62
-12
kennbar über hohen sozialen Status.
Memory78
38
Beides interpretiert der Zuschauer unImpuls88 34
terbewusst positiv. Insbesondere die
Gesamt76
11
Erhöhung der sozialen Stellung ist ein
treibendes neurobiologisches GrundbeDie Methode: Der Subconscious
dürfnis, das Kaufmotivation auslöst.
Der Kaffee-SDMI
Decision Marketing Index (SDMI)
ist ein softwaregestütztes
Analyseinstrument zur Messung
der Werbewirkung im Unterbewusstsein.
Fazit: Wer sich im Kaffee-Segment werblich gegen Nespresso
durchsetzen möchte, benötigt eine
sehr gute Story, die die Kunden emotional packt.
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