Die Swissness bleibt aufrecht, die Schweiz ist aber politisch gefordert

Die Swissness bleibt
aufrecht, die Schweiz ist
aber politisch gefordert
Schlussbericht
Credit Suisse Identitätsbarometer 2015
Spezialteil zum 39. Credit Suisse Sorgenbarometer
Im Auftrag der Credit Suisse
Projektteam
Claude Longchamp Politikwissenschafter,
Lehrbeauftragter der Universitäten Bern, Zürich und St. Gallen
Lukas Golder Politik- und Medienwissenschafter
Martina Mousson Politikwissenschafterin
Cloé Jans Politikwissenschafterin
Stephan Tschöpe Politikwissenschafter
Johanna Schwab Sekretariat und Administration
Sabrina Schüpbach Sozialwissenschafterin
Inhaltsverzeichnis
1
EINLEITUNG ................................................................................................3
1.1 Fragestellung ........................................................................................3
1.2 Die Datenbasis ......................................................................................3
1.3 Bisherige Erkenntnisse .........................................................................5
2
BEFUNDE .....................................................................................................6
2.1 Schweiz gegenüber Ausland und EU ....................................................6
2.1.1
Das Zugehörigkeitsgefühl zur Schweiz ....................................9
2.2 Dafür steht die Schweiz – ihre Stärken...............................................11
2.3 Schweizer Identität: positive und negative Faktoren ..........................15
2.4 Die Entwicklung des Nationalstolzes ..................................................22
2.4.1
Finanzplatzfragen ....................................................................27
3
SYNTHESE .................................................................................................29
4
ANHANG ....................................................................................................31
4.1 gfs.bern-Team .....................................................................................31
Bern, der 14. September 2015
Copyright by gfs.bern
Für die Publikation bestimmt
Publikation im Rahmen des Bulletins der Credit Suisse
2
1
Einleitung
Die Schweiz ist eine Willensnation, die durch den Willen zur Gemeinsamkeit
erschaffen wurde. Sie ist keine Einheitsnation, die durch eine Einheit der Kultur
gebildet wird. Das hat Auswirkungen auf die persönliche Identifikation mit dem
Land als Ganzes.
Dank den Möglichkeiten der direkten Demokratie sind die BürgerInnen gemeinsam mit den drei Ebenen des Staates (Bundesstaat, Kantone und Gemeinden) in der Lage, verschiedene Bereiche dieser Nation direkt und unmittelbar zu gestalten und zu verändern. Darin und in den Leistungen, die der Staat
zur Verfügung stellt, aktiviert sich der Wille zum Zusammengehen. Die Politik
ist jedoch nicht das einzige Element, das für den Zusammenhalt des Landes
wichtig ist. Andere Faktoren, so zum Beispiel die Wirtschaft, spielen hier eine
ebenso wichtige Rolle.
1.1
Fragestellung
Mit dem Teil Identität im Rahmen der Sorgenbarometerbefragung wird versucht, die für den Zusammenhalt und die persönliche Identifikation wichtigen
Elemente langfristig zu analysieren. Neben der individuellen Verbundenheit und
der Bewertung des Landes und seiner Leistungen interessieren wahrgenommene Bedrohungen. Konkret stehen folgende Fragen im Zentrum:

Wie stolz sind die Stimmberechtigten auf die Schweiz als Ganzes? Wie
stolz sind sie auf die Schweizer Politik und Wirtschaft?

Welche positiven Faktoren und Stärken werden mit der Schweiz verbunden?

Welche Aspekte gefährden die Schweizer Identität und wo werden
Schwächen geortet?

Wie werden die staatlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leistungen eingeschätzt?

Wo steht die Schweiz in zehn Jahren?
Diese Fragestellungen werden bereits seit mehreren Jahren untersucht, was
Aussagen über die Zeit hinweg ermöglicht. Seit 2009 haben wir auch Fragen
zum Image sowie zum Verhalten der Schweizer Politik im Ausland aufgenommen:

Wie schätzen die Stimmberechtigten das Image der Schweiz im Ausland
ein und wie hat sich diese Wahrnehmung in jüngster Zeit verändert?

Wie wird das Verhalten der Schweizer Politik im Ausland wahrgenommen? Welches Verhalten wünschen sich die Stimmberechtigten?
1.2
Die Datenbasis
Grundlage des Sorgenbarometers ist eine jährliche Befragung der Stimmberechtigten in der ganzen Schweiz. Die Daten werden mittels persönlicher Interviews (so genannter Face-to-Face-Interviews) erhoben. Die Interviews wurden
zwischen dem 24. Juli und dem 17. August 2015 durchgeführt. Insgesamt wurden 1'009 repräsentativ ausgewählte Personen befragt.
3
Tabelle 1
Technischer Kurzbericht Sorgenbarometer 2015
Auftraggeber
Credit Suisse
Grundgesamtheit
Stimmberechtigte mit Wohnsitz in der Schweiz
Herkunft der Adressen
Telefonverzeichnis der Swisscom (gepoolt)
Datenerhebung
Face-to-Face
Art der Stichprobenziehung
geschichtet nach
Zufallsauswahl der Orte, Quotenauswahl der Befragten,
Sprachregion
Befragungszeitraum
24.07. – 17.08.2015
Mean Day 05.08.2015
Stichprobengrösse
minimal 1'000, effektiv 1'009
n DCH: 709, n WCH: 250, n ICH: 50
Stichprobenfehler
±3.2 Prozent bei 50/50 und 95-prozentiger
Wahrscheinlichkeit
Quotenmerkmale
Geschlecht/Alter interlocked
Befragungsdauer
Mittel
Standardabweichung
63 Minuten
5.8 Minuten
Publikation
2. Dezember 2015
© gfs.bern, Sorgenbarometer 2015
Angaben aus repräsentativen Stichprobenerhebungen unterliegen einem statistischen Stichprobenfehler. Dieser resultiert daraus, dass man nur einen systematisch ausgewählten Teil und nicht alle Mitglieder der Grundgesamtheit aller
Schweizer Stimmberechtigten befragt hat. Dabei gilt: Je mehr Mitglieder der
Grundgesamtheit interviewt werden, desto mehr nähert sich das Befragungsergebnis dem Resultat in der Bezugsgruppe an. Die Annäherung wird allerdings
immer langsamer, je mehr Interviews realisiert werden. Aufgrund des abnehmenden Grenznutzens wird die Entscheidung für die zu realisierende Zahl Interviews anhand Aufwand- und Ertrag-Abwägungen gefällt. Im Falle des Sorgenbarometers liegt sie bei jeweils circa 1'000 Befragten. Der so verbleibende
statistische Stichprobenfehler beträgt ±3.2 Prozentpunkte. Das heisst nichts
anderes, als dass ein Wert, der mit 50 Prozent angegeben wird, (mit 95%-iger
Wahrscheinlichkeit) zwischen 46.8 und 53.2 Prozent liegt. Maximale Abweichungen sind dabei unwahrscheinlich, minimale wahrscheinlicher.
Die Interviews wurden vom gfs-Befragungsdienst realisiert. Instruierte BefragerInnen führten die persönlichen Interviews vor Ort. Die Fragebogen beinhalteten sowohl die im vorliegenden Bericht vorgestellten Fragestellungen als auch
jene, die für den Spezialteil des Sorgenbarometers zum Bild der Schweiz formuliert sind. Beides wurde jeweils im gleichen Interview erfasst. Die Interviews dauerten im Schnitt circa 62 Minuten.
Die Datenanalyse erfolgte nach den üblichen statistischen Grundsätzen. Die
Kommentierung von Abweichungen innerhalb des Stichprobenfehlers ist sehr
zurückhaltend. Damit wird der Möglichkeit falscher Schlussfolgerungen Rechnung getragen. Der Zusammenhang zwischen zwei Variablen wird doppelt bestimmt: Zunächst mit Signifikanztests, dann mittels Korrelationsanalysen. Ersteres sagt, ob von einem Zusammenhang im statistischen Sinne überhaupt
gesprochen werden darf. Zweites legt nahe, wie stark ein existierender Zusammenhang ist. Werden gleichzeitig mehrere Einflussfaktoren getestet, wird
die Regressionsanalyse eingesetzt. Diese quantifiziert die Einflüsse der einzelnen Faktoren auf ein Ergebnis.
Um der aktuellen wirtschaftlichen Situation und dem internationalen Umfeld, in
dem sich die Schweiz befindet, besser Rechnung tragen zu können, wurde der
Fragebogen des Sorgenbarometers ab 2009 jeweils jährlich leicht angepasst.
Dies bezieht sich zum einen auf die möglichen Problemfelder und wahrgenommenen Stärken und Schwächen der Schweiz. Hier wurden neben mögli4
chen aktuellen Problemen (z.B. Benzin-/Erdölpreis, Börsenkrise, Finanz-/
Bankenkrise, religiöser Fundamentalismus, Bankkundengeheimnis, Seuchen)
weitere Präzisierungen der bestehenden Probleme vorgenommen (z.B. Ergänzung der Wirtschaftsentwicklung um die Begriffe Wirtschaftskrise und Konjunktur). Zum anderen wurden neue Items rund um die Situation mit der EU in die
Sorgenliste integriert.
1.3
Bisherige Erkenntnisse
Aufgrund der 2006 gewonnenen Ergebnisse konnte festgehalten werden, dass
sowohl die Wirtschaft als auch die Politik Kernelemente der Schweizer Identität
sind, die in der Wahrnehmung der Bevölkerung mehr Stärken als Schwächen
haben. Diese Erkenntnis bestätigte sich auch in den folgenden Jahren. Der
Stolz darauf, Schweizerin oder Schweizer zu sein, wurde zum einen durch politische Kernelemente wie Unabhängigkeit, Neutralität oder Volksrechte begründet. Zum anderen baute der Stolz auch auf wirtschaftlichen Kernelementen
(starke Marken, KMU, Schweizer Qualität) auf. Der Stolz auf die Schweiz nahm
von 2006 auf 2007 deutlich zu und blieb auch 2011 auf hohem Niveau erhalten.
Während die von innen wirkenden Faktoren als positiv empfunden wurden,
sahen die Stimmberechtigten Gefahren von aussen auf die Schweiz zukommen. Dies gilt im Speziellen für die Migration und die internationale Öffnung
der Schweiz. Oder in den Worten aus dem Jahr 2007: Die Schweiz ist mehr als
"nur" eine politische Willensnation. Sie ist eine "Bastion gegen die Globalisierung". Daneben wurden aber auch innere Schwächen erkannt. Problematisch
erschienen vor allem die hohe Regeldichte respektive das Zuviel an Gesetzen.
Die Wirtschaftskrise 2008 hat das Selbstverständnis der Schweizer Stimmberechtigten 2009 auf drei Ebenen verändert. Auf Ebene der Werthaltungen wurden traditionelle und heimatbezogene Werte wichtiger, auch ausgedrückt durch
die Betonung der Landschaft und Alpen sowie die Verteidigung der Schweiz
vor äusseren Einflüssen. Zu den Pfeilern der Identität im Bereich der Wirtschaft
und Politik hat sich in der bewegten Zeit ein nostalgischer Landschafts- und
Heimatbegriff stärker etabliert. Dies kann als eigentlicher "Swissness-Trend"
gewertet werden. Auf die Aussenpolitik bezogen, wuchs die Angst vor Einwanderung und internationaler Öffnung und man wünschte sich, dass die
Schweizer Politik offensiver gegenüber dem Ausland geführt werden soll. Diese Haltung gegenüber äusseren Einflüssen machte sich jedoch nicht nur in
migrationspolitischen Bereichen breit, sondern auch in Bezug auf die Wirtschaftspolitik. So wurde auch der Wunsch laut, binnenwirtschaftliche Aspekte
der Schweiz sollen gestärkt und teilweise auch protektionistische Massnahmen
ergriffen werden. Gewünscht wurde eine starke Wirtschaft mit freiem Wettbewerb, die der Finanzkrise trotzen kann. Gefährdungen kommen aus dem
Ausland und sie bringen Unsicherheit – Lösungen muss die Schweiz für sich
alleine suchen.
2013 gewann die Assoziation der Sicherheit verbunden mit den politischen
Elementen der Neutralität und Eigenständigkeit wieder an Bedeutung. Das
schweizerische Verständnis von Identität erschien damit wieder selbstsicherer
mit klarem Willen, gegen aussen dieses Schweizgefühl mit der wiedergewonnenen Selbstsicherheit zu verteidigen.
Im Jahr 2014 – die Befragung fand gut fünf Monate nach dem knappen Ja zur
Masseneinwanderungsinitiative statt – erreichte der Swissness-Trend im Rahmen der EU-Krise einen neuen Höhepunkt und die Bindung nahm angesichts
des wirtschaftlichen Erfolgs der Schweiz nochmals zu. Das Selbstbewusstsein
drückte sich auch in der Zuversicht aus, dass eine pragmatische Lösung mit der
EU zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative gefunden werden könnte. Die langfristig gestärkte Schweizer Identität führte zu einem eigentlichen
Nationalstolz, der auch die Bindungen an die Kantone und Gemeinden schrittweise ablöste.
5
2
Befunde
2.1
Schweiz gegenüber Ausland und EU
Im wahrgenommenen Verhalten der Schweiz gegenüber dem Ausland markiert
das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative einen eigentlichen Wendepunkt.
Noch 2009 beurteilten gerade einmal 16 Prozent das Verhalten der Schweizer
Politik gegenüber dem Ausland als sehr oder eher offensiv. Dieser Anteil stieg
dann auf Werte gegen 30 Prozent zwischen 2011 und 2013. 2014 beurteilten
49 Prozent das Verhalten als offensiv. 2015 sind es weiterhin beachtliche 44
Prozent. Praktisch der gleiche Anteil beurteilt das Verhalten als sehr oder eher
defensiv.
Grafik 1
Trend Verhalten Schweizer Politik gegenüber dem Ausland
"Wie verhält sich die Schweizer Politik gegenüber dem Ausland, wenn es um die Anliegen des Landes geht? Ist
die Schweizer Politik Ihrer Meinung nach sehr offensiv, eher offensiv, eher defensiv/zurückhaltend oder sehr
defensiv/zurückhaltend?"
in % Stimmberechtigter
19
13
17
14
14
7
12
40
37
45
38
44
48
sehr defensiv
eher defensiv
49
4
7
weiss nicht/keine
Antwort
17
8
21
10
41
21
20
14
26
eher offensiv
33
21
sehr offensiv
19
11
9
8
6
4
2
2
August 2009 August 2010 August 2011 August 2012 August 2013 August 2014 August 2015
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
Noch 2014 stützte sich die wahrgenommene offensive Verhaltensänderung auf
einen sehr verbreiteten Wunsch nach einem ebensolchen Verhalten. Dies kann
mit Bezug auf das Ausland als Höhepunkt des politischen Aspekts des Swissness-Trends gewertet werden. Demütigungen wie noch 2009 durch Libyen
oder in der Finanzkrise durch die USA sollten nicht mehr einfach so hingenommen werden und die Euro-Krise bekräftigte den Eindruck, dass die Schweiz
eigenständig und offensiv in den Verhandlungen mit der EU zur Umsetzung der
Masseneinwanderungsinitiative vorgehen könnte.
2015 zeigt nun erstmals eine Nuancierung, die bei einer Minderheit als Reflexion der Diskussion zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative interpretiert werden kann. Mit 30 Prozent, die sich ein sehr oder eher defensiveres
Verhalten der Schweiz wünschen, erreichte der Wunsch nach Mässigung einen
neune Höchststand.
6
Grafik 2
Trend Gewünschtes Verhalten Schweizer Politik gegenüber
dem Ausland
"Und wie sollte sich die Schweizer Politik gegenüber dem Ausland verhalten, wenn es um die Anliegen des
Landes geht? Sollte sie sich viel offensiver, eher offensiver, eher defensiver oder viel defensiver verhalten?"
in % Stimmberechtigter
1
2
3
4
4
6
8
8
8
viel defensiver
15
17
18
12
24
4
23
20
6
8
16
eher defensiver
6
47
43
45
weiss nicht/keine
Antwort
59
53
43
46
eher offensiver
26
23
25
21
20
18
18
viel offensiver
August 2009 August 2010 August 2011 August 2012 August 2013 August 2014 August 2015
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
Der Wunsch nach einer defensiveren Ausrichtung ist überall steigend. Das gilt
in deutlichem Mass auch für die Befragten der italienischsprachigen Schweiz,
die signifikant stärker für ein defensiveres Verhalten einstehen als noch 2014.
Die genauen Prozentsätze gilt es jedoch auf Grund der geringen Befragtenzahl
in der italienischsprachigen Schweiz mit einiger Vorsicht zu interpretieren. Es
ist mit einem Stichprobenfehler von rund 14 Prozent zu rechnen.
Grafik 3
Trend Gewünschtes Verhalten Schweizer Politik gegenüber dem
Ausland nach Sprachregion
"Und wie sollte sich die Schweizer Politik gegenüber dem Ausland verhalten, wenn es um die Anliegen des Landes geht?
Sollte sie sich viel offensiver, eher offensiver, eher defensiver oder viel defensiver verhalten?"
in % Stimmberechtigter
3
5
1
6
2
9
11
21
19
26
5
3
15
6
2
4
4
15
2
24
19
2
5
17
18
4
5
2
7
14
14
21
4
14
15
15
16
15
14
22
4
3
60
46
viel defensiver
34
eher defensiver
6
8
weiss nicht/keine Antwort
59
24
58
43
32
42
14
22
42
43
2
16
26
11
8
50
6
2
4
14
15
17
47
8
44
48
46
59
42
14
55
32
58
eher offensiver
24
42
40
14
ICH 2015
ICH 2014
ICH 2013
ICH 2012
ICH 2011
FCH 2015
10
ICH 2010
13
ICH 2009
14
FCH 2014
FCH 2013
16
viel offensiver
24
17
FCH 2012
FCH 2010
18
FCH 2009
38
25
FCH 2011
20
DCH 2015
22
DCH 2014
18
DCH 2013
24
DCH 2012
21
DCH 2011
24
DCH 2010
DCH 2009
24
32
30
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000), sig.
Das verstärkt gewünschte defensive Verhalten deckt sich auch mit dem erhöhten Anteil, welcher das Ansehen der Schweiz im Ausland als sehr oder eher
schlecht beurteilt. Konstant geht zwar eine klare Mehrheit von einem guten
7
Image aus; hier markierte aber das Jahr 2013 den Höhepunkt, als 91 Prozent
der Stimmberechtigten von einem sehr oder eher guten Ansehen ausgingen,
2015 sind es noch 73 Prozent.
Grafik 4
Trend Ansehen/Image der Schweizim Ausland aktuell
"Wie ist Ihrer Meinung das Ansehen/Image der Schweiz im Ausland? Ist es sehr gut, eher gut, eher schlecht
oder sehr schlecht?"
in % Stimmberechtigter
1
1
1
1
2
6
8
11
13
13
3
14
sehr schlecht
3
8
23
3
2
5
2
eher schlecht
62
67
63
65
61
68
53
weiss nicht/keine
Antwort
eher gut
16
20
22
29
21
20
sehr gut
13
August 2009 August 2010 August 2011 August 2012 August 2013 August 2014 August 2015
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
Die Entwicklung des Images der Schweiz beurteilen immer mehr Stimmberechtigte in die eine oder andere Richtung, allerdings besteht Uneinigkeit, in
welche Richtung es mit dem Ansehen der Schweiz geht. Der Anteil Befragter,
der von einem gleich bleibenden Ansehen ausgeht, reduzierte sich von mehr
als einem Drittel bis auf aktuell noch 18 Prozent. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2009 beurteilten aber höhere Anteile das Image als verschlechtert (45
Prozent viel schlechter und eher schlechter) als zurzeit (38 Prozent). Bis 2013
wuchs der Anteil, der Verbesserungen wahrnahm. Er stagniert seither bei 40
Prozent, die nach der Finanzkrise auch eine klare oder tendenzielle Verbesserung sehen.
8
Grafik 5
Trend Veränderung Ansehen/Image der Schweiz im Ausland
"Wie hat sich das Ansehen/Image der Schweiz im Ausland in den letzten 12 Monaten verändert? Ist es viel
besser, eher besser, eher schlechter oder viel schlechter geworden?"
in % Stimmberechtigter
3
2
3
10
26
35
6
22
4
24
18
37
30
6
4
8
4
7
4
5
27
28
gleich geblieben
viel schlechter
8
32
28
weiss nicht/keine
Antwort
32
eher schlechter
23
37
33
31
24
33
32
eher besser
26
viel besser
15
8
8
6
4
3
2
2
August 2009 August 2010 August 2011 August 2012 August 2013 August 2014 August 2015
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
Ein Teil der nationalen Identität hängt vom Austauschverhältnis mit anderen
Nationen ab. Hier zeigen sich vor allem, was das politische Verhalten der
Schweiz und was das vermutete Ansehen der Schweiz betrifft, erstmals Nuancierungen. Eine relevante Minderheit vermutet Verschlechterungen und
wünscht sich auch ein defensiveres politisches Verhalten. Unmittelbar nach
Annahme der Masseinwanderungsinitiative im Jahr 2014 war diese Wahrnehmung noch weniger verbreitet und das nationale politische Selbstbewusstsein
in allen Kreisen stärker oder sogar auf einem Höhepunkt.
2.1.1 Das Zugehörigkeitsgefühl zur Schweiz
Das Selbstbewusstsein der Schweizer Bevölkerung drückte sich 2014 auch
anhand des höchsten in der Erhebung je gemessenen Anteils Befragter aus,
der sich direkt der Schweiz zugehörig fühlte. Weiterhin ist der Anteil hoch und
die Bindung an die Wohngemeinde deutlich tiefer als etwa noch 2004.
9
Grafik 6
Trend Zugehörigkeit geographische Einheit (1. und 2. Nennung) (1)
"Welcher dieser geographischen Einheiten auf dieser Liste fühlen Sie sich in erster Linie und in zweiter Linie zugehörig?"
in % Stimmberechtigter
2. Nennung
1. Nennung
35
20
22
21
22
13
24
11
11
18
17
21
19
15
40
32
27
22
26
29
31
33
26
33
37
36
27
25
Wohngemeinde 2012
Wohngemeinde 2011
Wohngemeinde 2010
Wohngemeinde 2009
Wohngemeinde 2008
Wohngemeinde 2007
Wohngemeinde 2006
Wohngemeinde 2005
Wohngemeinde 2004
Schweiz 2015
Schweiz 2014
Schweiz 2013
20
Schweiz 2012
Schweiz 2011
Schweiz 2010
Schweiz 2009
20
Schweiz 2008
12
39
17
19
Wohngemeinde 2015
30
Schweiz 2007
Schweiz 2005
Schweiz 2004
24
26
Schweiz 2006
30
12
44
Wohngemeinde 2014
21
19
20
12
Wohngemeinde 2013
19
9
16
24
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
Auch die Bindung an den Kanton ist langfristig eher abnehmend. Die klassischen politisch-kulturellen Einheiten Gemeinde und Kanton verlieren damit an
Bindungskraft. Erhöht ist zurzeit allerdings die sprachregionale Bindung. Mit der
leichten Abnahme des Swissness-Trends im Bezug auf das politische Verhalten
hat sich auch die Bindung an das Land nicht weiter verstärkt und die Orientierung an der eigenen Sprachkultur nimmt ähnlich wie während der Finanzkrise
wieder zu.
Grafik 7
Trend Zugehörigkeit geographische Einheit (1. und 2. Nennung) (2)
"Welcher dieser geographischen Einheiten auf dieser Liste fühlen Sie sich in erster Linie und in zweiter Linie zugehörig?"
in % Stimmberechtigter
2. Nennung
1. Nennung
32
34
31
23
28
19
26
12
29
23
30
. 14
20
19
19
15
21
8
9
11
12
14
Sprachregion 2008
Sprachregion 2009
Sprachregion 2010
Sprachregion 2011
Sprachregion 2004
Wohnkanton 2015
16
Sprachregion 2007
24
14
Wohnkanton 2014
16
24
13
Sprachregion 2006
22
Sprachregion 2005
20
Wohnkanton 2013
18
Wohnkanton 2012
18
Wohnkanton 2011
Wohnkanton 2009
18
Wohnkanton 2010
21
16
Wohnkanton 2008
19
Wohnkanton 2007
21
Wohnkanton 2006
21
Wohnkanton 2005
Wohnkanton 2004
19
17
23
20
13
Sprachregion 2015
24
Sprachregion 2014
30
Sprachregion 2013
30
Sprachregion 2012
29
28
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
Europa und die Welt lösen weiterhin nur bei geringen Anteilen Zugehörigkeitsgefühle aus. Eindeutige Trends lassen sich nicht erkennen.
10
Grafik 8
Trend Zugehörigkeit geographische Einheit (1. und 2. Nennung) (3)
"Welcher dieser geographischen Einheiten auf dieser Liste fühlen Sie sich in erster Linie und in zweiter Linie zugehörig?"
in % Stimmberechtigter
2. Nennung
1. Nennung
8
2
2
6
5
5
Welt 2012
Welt 2013
Welt 2014
3
3
6
6
3
Welt 2015
4
Welt 2010
6
3
Welt 2009
3
4
Welt 2008
4
5
Welt 2007
6
5
Welt 2006
4
5
5
4
Welt 2005
5
6
Welt 2004
7
Europa 2015
2
6
11
Europa 2014
2
3
Europa 2013
6
Europa 2012
3
9
Europa 2011
5
8
Europa 2010
4
Europa 2007
2
Europa 2005
Europa 2004
4
Europa 2006
7
12
8
10
Europa 2009
7
Europa 2008
9
Welt 2011
12
9
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
2.2
Dafür steht die Schweiz – ihre Stärken
Die Schweiz steht für Neutralität in erster Linie, Sicherheit und Frieden in zweiter Linie. Diese Assoziationen unterstreichen, dass das politische Verhalten
gerade nach dem Zweiten Weltkrieg weiterhin zentral für das spontane Identitätsempfinden ist. Erst dahinter folgen Symbole wie Banken, Qualität, Ordnungsbewusstsein oder Sauberkeit, die auch typisch für die Vorstellung von der
Schweiz im Ausland sind. Nicht unwichtig sind auch die Assoziationen Solidarität, Demokratie und Meinungsfreiheit.
11
Grafik 9
Drei Dinge, wofür die Schweiz steht
"Sagen Sie mir bitte drei Dinge, wofür die Schweiz für Sie persönlich steht."
in % Stimmberechtigter
Neutralität
32
Sicherheit, Frieden
19
Landschaft
13
Banken
12
Heimat, Heimatland
10
qualitätsbewusst
10
ordnungsbewusst, Präzision
10
gutes Schulsystem, hohes Bildungsniveau
10
Solidarität, Sozialstaat
9
Demokratie
8
Freiheit, Meinungsfreiheit
8
sauber, Sauberkeit
8
Wohlstand, Geld, Luxus
7
Finanzplatz
6
Tradition
6
Industrie
6
Schokolade
6
Freundlichkeit
6
Berge, Alpen
5
Selbstständigkeit, Unabhängigkeit
5
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = 1009)
Mit der Diskussion zum Jahrestag der Schlacht von Marignano wurde die Assoziation zur Neutralität offenbar aktualisiert. Sie wird heute im Vergleich zu
anderen Assoziationen so verbreitet wie nie seit 2004 spontan mit der Schweiz
in Verbindung gebracht. Gestiegen ist im Vergleich zum Vorjahr auch die Assoziation mit Banken.
Grafik 10
Trend Drei Dinge, wofür die Schweiz steht (Auswahl)
"Sagen Sie mir bitte drei Dinge, wofür die Schweiz für Sie persönlich steht."
in % Stimmberechtigter, Mehrfachnennungen
32
29
28
26
Neutralität
28
27
27
21
21
21
20
21
19
15
23
19
20
11
15
19
15
18
14
14
20
19
15
18
13
15
13
13
Sicherheit, Frieden
20
20
Landschaft
14
12
9
7
10
9
8
7
2004
2005
2006
6
2007
2008
Banken
6
2009
4
4
2010
2011
4
2012
2013
5
2014
2015
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
Auch bei der kartengestützten Frage zu den Stärken der Schweiz wird die Karte
zur Neutralität am meisten gewählt, wenn es um die fünf grössten Stärken der
Schweiz geht. Das zeigt, dass die Assoziationen Neutralität in der Regel positiv
ist. 48 Prozent (15 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr) wählen die Neutralität
unter die grössten fünf Stärken der Schweiz. Damit liegt die Neutralität deutlich
12
vor allen anderen Stärken. Noch an fünfter Stelle folgt die Schweizer Qualität,
die lange Zeit führend war, unter den wahrgenommenen Stärken. Schweizer
Qualität gehört für ähnliche Anteile zu den grössten Stärken wie die Bildung,
das Zusammenleben der Kulturen, die Stabilität und die Ordnung und Sauberkeit. Die Mitspracherechte gehören für 27 Prozent zu den grössten Stärken und
haben kurzfristig deutlich an Strahlkraft eingebüsst.
Grafik 11
Trend: Stärken der Schweiz 2015 (1)
"Auf diesen Kärtchen sehen Sie einige Stärken der Schweiz, über die in der letzten Zeit diskutiert und geschrieben worden ist:
Sehen Sie sich bitte alle Kärtchen an, und legen Sie mir dann von allen Kärtchen jene fünf heraus, die Sie persönlich als die
fünf wichtigsten Stärken der Schweiz ansehen." (Mehrfachnennungen)
in % Stimmberechtigter
50
45
36
35
23
Neutralität
47
48
40
45
36
25
50
48
Bildung
45
42
35
50
48
31
29
38
38
29
46
42
36
39
34
34
31
34
31
31
29
27
25
26
23
36
35
35
37
38
41
38 41
35
34
33
33
30
28
25
33
31
29
23
23
19
Frieden
35
32
33
31
28
26
29
28
24
Zusammenleben der
Kulturen
30
26
27
Schweizer Qualität
25
Mitspracherecht
19
19
Stabilität
Ordnung und
Sauberkeit
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
Die Pharmaindustrie rangierte längere Zeit für geringe Teile unter den wichtigsten Stärken – mit einem Viertel gehört diese Stärke aber nun zu den wichtigeren. Auch der Finanzplatz und die Banken legten kurzfristig deutlich zu. Langfristig gehört die Uhrendindustrie immer mehr zu den Stärken. Die international
anhaltend erfolgreichen Bereiche der Wirtschaft legen in dieser Hinsicht also
zu.
13
Grafik 12
Trend: Stärken der Schweiz 2015 (2)
"Auf diesen Kärtchen sehen Sie einige Stärken der Schweiz, über die in der letzten Zeit diskutiert und geschrieben worden ist:
Sehen Sie sich bitte alle Kärtchen an, und legen Sie mir dann von allen Kärtchen jene fünf heraus, die Sie persönlich als die
fünf wichtigsten Stärken der Schweiz ansehen." (Mehrfachnennungen)
in % Stimmberechtigter
Pharmaindustrie
Gesundheitswesen
32
30
29
32
Soziale Sicherheit
29
28
28
25
25
19
23
18
19 19
18
21
18
17
16
15
12
12
11
9
10
14
11
5
2007
16
17
15
16
2008
2009
2010
26
21
10
25
Finanzplatz/Banken
24
22 22
21
21
19
20 20
15
18 18
17
Individuelle Freiheiten
17
12
14
11
7
22
18
11
10
9
2006
15
15
14
16
11
19
26
24
23
Uhrenindustrie
13
10
Föderalismus
6
2011
2012
2013
2014
2015
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
Verloren hat seit 2010 der Bereich Freizeit und Tourismus und seit 2011 die
starke Wirtschaft generell. Weniger zu den Stärken zählen auch die Infrastruktur, die humanitäre Tradition oder die Löhne.
Grafik 13
Trend: Stärken der Schweiz 2015 (3)
"Auf diesen Kärtchen sehen Sie einige Stärken der Schweiz, über die in der letzten Zeit diskutiert und geschrieben worden ist:
Sehen Sie sich bitte alle Kärtchen an, und legen Sie mir dann von allen Kärtchen jene fünf heraus, die Sie persönlich als die
fünf wichtigsten Stärken der Schweiz ansehen." (Mehrfachnennungen)
in % Stimmberechtigter
Freizeit/Tourismus
Starke Wirtschaft
generell
27
27
Infrastruktur
25
22
22
17
16
12
11
10
8
4
2006
15
15
11
14
10
10
9
9 9
8
2007
2008
9
2009
21
19
17
18
11
12
24
19
18
15
14
16 16
13
8
2010
13
12 12
20
19
16
16
11 11
Landwirtschaft
19
17
17
16
14
12
11 11
12
Humanitäre Tradition
9
9
2011
15
Löhne
2012
2013
2014
2015
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
14
2.3
Schweizer Identität: positive und
negative Faktoren
In einer Batterie haben wir den Stolz zu Elementen der schweizerischen Politik
erfragt. Nicht überraschend ragt auch hier die Neutralität heraus. Nicht weniger
als 96 Prozent sind sehr oder eher stolz auf die Neutralität. Nur die Unabhängigkeit kommt auf ein ähnliches Niveau, wenn man den Anteil berücksichtigt,
der angibt, sehr stolz darauf zu sein. Breite Teile sind aber mindestens eher
stolz auf die Volksrechte, die Bundesverfassung, das Zusammenleben der
Sprachkulturen, die Bundesverfassung und den Föderalismus. Etwas mehr
Widerspruch kommt bei der Sozialpartnerschaft, auf die aber nach wie vor 81
Prozent sehr oder eher stolz sind. Am Schluss der Rangliste stehen die Konkordanz und das Milizsystem. Noch ein Viertel ist sehr stolz auf diese Elemente, aber jeweils klare Mehrheiten sind auch darauf stolz. Insgesamt bietet das
spezielle Zusammenspiel der politischen Institutionen der Schweiz eine Vielzahl
von Identifikationsmöglichkeiten.
Grafik 14
Stolz auf Dinge der schweizerischen Politik
"Gibt es bestimmte Dinge, auf die Sie an der schweizerischen Politik besonders stolz sind? Sagen Sie mir
anhand dieser Liste jeweils, ob Sie 'sehr stolz', 'ziemlich', 'eher nicht' oder 'überhaupt nicht stolz' sind?"
in % Stimmberechtigter
Neutralität
50
Bundesverfassung
48
Volksrechte
38
Unabhängigkeit
39
Zusammenleben
33
Konkordanz
31
Milizsystem
sehr stolz
ziemlich stolz
31
45
13 3
50
2
45
35
Föderalismus
Sozialpartnerschaft
46
1
46
48
48
27
50
34
43
weiss nicht/keine Antwort
eher nicht stolz
1
2
11
4
1
13
5
2
12
5
14
5
2
3
8
15
15
5
7
überhaupt nicht stolz
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = 1009)
Da sehr hohe Anteile jeweils mindestens eher stolz auf die jeweiligen Elemente der Schweizer Politik sind, kann die Dynamik eher mit der starken Identifikation und damit anhand der Anteile, die auf das Element sehr stolz sind, diskutiert werden. Hier hat die Neutralität zuletzt etwas an starker Identifikationskraft
gewonnen. Auch die Eigenständigkeit und die Volksrechte sind nicht mehr so
uneingeschränkt identitätsstiftend wie noch 2013. Die Fundamente der Identifikation sind stabil und die Neutralität wird sogar im Rahmen der Debatte über
Marignano noch häufiger als Stärke gesehen, trotzdem nimmt auch hier die
Nuancierung der Eigenständigkeit der Schweiz und ihres Verhaltens gegenüber
dem Ausland zu.
15
Grafik 15
Trend Stolz auf Dinge der schweizerischen Politik
"Gibt es bestimmte Dinge, auf die Sie an der schweizerischen Politik besonders stolz sind? Sagen Sie mir, ob Sie sehr stolz,
ziemlich, eher nicht oder überhaupt nicht stolz sind."
sehr und ziemlich stolz
in % Stimmberechtigter, sehr und ziemlich stolz
85
96
93
89
84
81
83
81
79
79
77 77
88
87
86
79
Neutralität
Bundesverfassung
Volksrechte
Unabhängigkeit
Föderalismus
Zusammenleben
60
Konkordanz
55
Milizsystem
Sozialpartnerschaft
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
Neben den politischen Identifikationsmöglichkeiten bietet auch die gut funktionierende Wirtschaft ein hohes Potenzial zur Identifikation. Trotz Diskussion der
kritischen Auswirkungen der Frankenstärke namentlich auf die Industrie und
gehen unverändert sehr hohe Anteile davon aus, dass die Schweizer Wirtschaft
sehr oder eher gut dasteht im Vergleich zur ausländischen Wirtschaft. Selbst
auf dem Höhepunkt der Finanzkrise war dieses Gefühl kaum gefährdet.
Grafik 16
Trend Schweizer und ausländische Wirtschaft im Vergleich
"Wie steht die Schweizer Wirtschaft im Vergleich zur ausländischen Wirtschaft da? Ist sie sehr gut, eher gut,
eher schlecht oder sehr schlecht im Vergleich zum Ausland?"
in % Stimmberechtigter
1
21
3
4
1
4
4
12
4
1
6
1
8
1
6
3
2
6
3
14
16
sehr schlecht
6
6
5
63
62
62
69
75
60
67
69
65
eher schlecht
69
72
64
weiss nicht/keine
Antwort
28
August 2015
28
August 2014
27
August 2013
August 2010
35
30
August 2012
21
August 2011
22
August 2009
33
September 2008
August 2007
17
August 2006
September 2004
8
14
September 2005
30
eher gut
seht gut
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
Die Schweizer Wirtschaft bietet ebenfalls eine Vielzahl an Identifikationsmöglichkeiten, auf die eine sehr klare Mehrheit der Stimmberechtigten mindestens
eher stolz ist. Am ehesten kritisch betrachtet werden internationale Firmen und
16
Konzerne mit Sitz in der Schweiz, der Finanzplatz und das Bankkundengeheimnis. Aber auch hier sind klare Mehrheiten von über drei Vierteln der Stimmberechtigten mindestens eher stolz. Nimmt man die besonders starke Identifikationskraft zum Massstab, so erzielen die Uhrenindustrie, die Maschinenindustrie, der internationale Qualitätsruf und die Pharmaindustrie Anteile von über 50
Prozent, die angeben, sehr stolz darauf zu sein. Bei den politischen Elementen
erreichen nur die Unabhängigkeit und die Neutralität so hohe Werte.
Grafik 17
Stolz auf Dinge der schweizerischen Wirtschaft
"Gibt es bestimmte Dinge, auf die Sie an der schweizerischen Wirtschaft besonders stolz sind? Sagen Sie mir
anhand dieser Liste jeweils, ob Sie 'sehr stolz', 'ziemlich', 'eher nicht’ oder 'überhaupt nicht stolz' sind."
in % Stimmberechtigter
Uhrenindustrie
61
erfolgreiche KMU`s
36
47
Maschinenindustrie
49
50
starke Schweizer Marken im
Ausland
52
47
Service-Public-Unternehmen
42
47
internationale Firmen/Konzerne
mit Sitz in der Schweiz
Finanzplatz
Bankkundengeheimnis
sehr stolz
ziemlich stolz
41
41
42
37
131
39
Forschung
Innovationskraft
31
47
56
Pharmaindustrie
31
46
48
internationaler Qualitätsruf
21
14 2
2
51
39
44
41
weiss nicht/keine Antwort
43
37
eher nicht stolz
1
2
2
1 8
2
3
2
1
36
7
7
17
13
6
15
5
überhaupt nicht stolz
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = 1009)
Die Wirtschaft gewinnt seit 2013 wieder deutlich an starker Identifikationskraft.
Sie ist darin auch dynamischer als die Politik. Hoch ist vor allem der Stolz auf
die Uhrenindustrie und auf den internationalen Qualitätsruf. Auch starke
Schweizer Marken im Ausland sowie weltweit erfolgreiche KMU's schätzen die
allermeisten befragten Stimmberechtigten. Die Orientierungskraft der Schweizer Wirtschaft ist wieder sehr hoch.
17
Grafik 18
Trend Stolz auf Dinge der schweizerischen Wirtschaft (1)
"Gibt es bestimmte Dinge, auf die Sie an der schweizerischen Wirtschaft besonders stolz sind? Sagen Sie mir anhand dieser
Liste jeweils, ob Sie sehr stolz, ziemlich stolz, eher nicht stolz oder überhaupt nicht stolz sind."
(sehr und ziemlich stolz)
in % Stimmberechtigter
99
98
98
94
94
93
95
93
93
93
92
93
91
90
89
96
96
95
95
97
96
96
96
93
97
98
97
91
93
94
90
91
89
88
97
97
94
93
91
95
95
95
93
96
95
95
94
91
92
91
Uhrenindustrie
97
96 96
internationaler
Qualitätsruf
95 95
93
starke Schweizer
Marken im Ausland
90
erfolgreiche KMU's
86
Maschinenindustrie
82
80
Pharmaindustrie
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
Bemerkenswert ist auch der Aufstieg der Pharmaindustrie, die in den Jahren
vor 2014 deutlich weniger Identifikationskraft ausstrahlte. Auch der Finanzplatz
und das Bankkundengeheimnis sind weniger umstritten als zuvor. Zunächst
nach der Finanzkrise und danach im Umfeld der Debatte über Abzockerei fehlte
es der Wirtschaft deutlicher an Identifikationskraft, als dies jetzt der Fall
scheint.
Grafik 19
Trend Stolz auf Dinge der schweizerischen Wirtschaft (2)
"Gibt es bestimmte Dinge, auf die Sie an der schweizerischen Wirtschaft besonders stolz sind? Sagen Sie mir anhand dieser
Liste jeweils, ob Sie sehr stolz, ziemlich stolz, eher nicht stolz oder überhaupt nicht stolz sind."
(sehr und ziemlich stolz)
in % Stimmberechtigter
Innovationskraft
96
92
90
90
86
85
81
80
76
89
82
81
93
93
94
87
87
91
90
86
86
83
83
84
84
91
91
86
83
84
82
84
81
81
81
80
83
80
82
77
80
77
74
75
75
72
76
71
89
82
79
76
89 89
88
82
80
78
Forschung
Service-Public-Unternehmen
internationale Firmen/
Konzerne mit Sitz in der
Schweiz
74
Finanzplatz
67
Bankkundengeheimnis
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1’000)
Die Schweiz bietet nach wie vor eine Vielzahl von Identifikationsmöglichkeiten,
auf die eine breite Mehrheit mindestens eher stolz ist. Gerade im letzten Jahr
kamen die wahrgenommenen Gefährdungen sehr deutlich von aussen. Die EUProbleme und die Einwanderung wirkten am ehesten gefährdend. Neu werden
18
aber auch der Egoismus und der Reformstau als Gefährdung von innen wahrgenommen. Auch die internationale Öffnung und die Polarisierung gelten für
eine Mehrheit als Gefährdung.
Grafik 20
Argumente Gefährdung der Schweizer Identität
"Man hört verschiedene Argumente, wieso die Schweizer Identität gefährdet werden könnte. Sagen Sie mir, ob
sie durch folgende möglichen Ursachen die Schweizer Identität sehr gefährdet, eher gefährdet, eher nicht
gefährdet oder überhaupt nicht gefährdet sehen.."
Egoismus "Durch den zunehmenden Egoismus in der Schweiz."
EU-Probleme "Durch die EU und ihre Probleme"
Einwanderung "Durch die zunehmende Einwanderung."
Reformstau "Durch den zunehmenden politischen Reformstau."
Internationale Öffnung "Durch die zunehmende internationale Öffnung der Schweiz."
Polarisierung "Durch die zunehmende politische Polarisierung in der Schweiz."
in % Stimmberechtigter
Egoismus
28
43
EU-Probleme
27
44
Einwanderung
27
43
Reformstau
20
Internationale
Öffnung
24
Polarisierung
23
sehr gefährdet
eher gefährdet
1
3
5
42
weiss nicht/keine Antwort
1
3
eher nicht gefährdet
9
18
2
47
35
19
23
26
8
20
8
20
8
10
13
überhaupt nicht gefährdet
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = 1009)
Der Egoismus gilt heute viel verbreiteter als Element der Gefährdung als noch
2009 und 2010 zum Höhepunkt der Finanzkrise. Mit dem Aufstieg der Elemente Reformstau und Polarisierung sind weitere von innen verursachte Probleme
deutlich aufgestiegen. Die internationale Öffnung, die Einwanderung und die
Probleme der EU gelten zwar weiterhin für eine Mehrheit als Gefährdung, sie
führen aber nicht mehr die Rangliste an, wie dies noch 2014 der Fall war. Auch
hier kann dies rückblickend als Höhepunkt der politischen Swissness gewertet
werden.
19
Grafik 21
Trend Argumente zur Gefährdung der Schweizer Identität
"Man hört verschiedene Argumente, wieso die Schweizer Identität gefährdet werden könnte. Sagen Sie mir, ob Sie durch
folgende möglichen Ursachen die Schweizer Identität sehr gefährdet, eher, eher nicht oder überhaupt nicht gefährdet sehen."
(sehr und eher gefährdet)
in % Stimmberechtigter, sehr und eher gefährdet
Egoismus
73
68
52
51
47
74
76
71
63
62
59
60
57
58
60
56
57
48
56
54
71
61
58
57
54
76
71
64
65
67
47
75
71
73
73
71
64
70
67
60
68
66
59
57
52
72
77
79
78
58
51
49
53
48
50
44
58
52
63
48
54
Einwanderung
EU-Probleme*
Reformstau
Internationale Öffnung
45
40
42
Polarisierung
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
*2012 neu befragt
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
In der Diskussion der Schweizer Identität haben wir stets vereinfachend zwei
Pfeiler betont: Die wirtschaftliche und die politische Identität. Anhand einer
Faktoranalyse zum Stolz auf politische und wirtschaftliche Elemente sowie den
Argumenten zur Gefährdung lässt sich dies nun etwas weiter differenzieren.
Insbesondere bei der Gefährdung wurde über die Zeit klar, dass Identität auch
negativ im Sinne einer Abgrenzung definiert werden kann. Die Faktoranalyse
identifiziert 2015 unabhängige Muster gleichgerichteter Bewertungen in Fragen, die für die Schlussfolgerungen besonders relevant erscheinen.
Es lassen sich 2015 acht Faktoren unterscheiden. Wir haben diesen zur einfacheren Unterscheidbarkeit jeweils Namen zugeordnet.
Die kulturelle Identität: Da diese in der Schweiz nicht durch die Sprache gebildet wird, kann hier das Zusammenleben der Sprachregionen als kennzeichnend gesehen werden. Ebenfalls zu diesem Faktor gehören die Konkordanz, die
Sozialpartnerschaft und die Unabhängigkeit. Hier spiegelt sich auch in den
Antworten der Befragten demnach die "Willensnation" Schweiz besonders
deutlich.
Die Polit-Identität: Das Milizsystem, die Volksrechte und der Föderalismus
sind genuine Kennzeichen eines sehr eigenständigen Zusammenspiels politischer Systemkomponenten. Sie machen einen Teil der Schweizer Identität aus.
Es ist die politische Identität im engeren Sinn.
Die Verfassungs-Identität: Auch diese Identität kann zwar im weiteren Sinn
politisch gelesen werden, der Stolz auf die Neutralität und die Verfassung ist
aber ein eigenständiger Faktor.
Die Swiss-Made-Identität: Dies ist einer der wirtschaftlichen Identifikationsfaktoren. Die Uhren- und die Maschinenindustrie sowie starke Schweizer Marken im Ausland und der internationale Qualitätsruf machen einen eigenständigen Faktor aus.
Der Globalisierungs-Optimismus: Es ist der einzige Faktor, der Gefährdungen
und Stolz-Fragen vereint. Wer Einwanderung nicht als gefährdend wahrnimmt,
ist typischerweise stolz auf internationale Konzerne und auf erfolgreiche KMU's
auf der ganzen Welt. Er ist eher wirtschaftlich zu verstehen.
20
Die Grosskonzern-Identität: Ist ein rein wirtschaftlicher Faktor der Identität. Er
vereint erneut den Stolz auf Konzerne, diesmal aber mit dem Stolz auf den Finanzplatz und auf die Pharmaindustrie.
Die Gefährdung von aussen: Die internationale Öffnung, die EU und ihre
Probleme sowie der Reformstau werden als eigenständiges Muster gelesen.
Gerade der Reformstau verweist darauf, dass in diesem Bereich die momentanen Herausforderungen der Schweiz vor allem mit Blick auf die EU bewertet
werden.
Die Gefährdung von innen: Die Polarisierung und der Egoismus als Gefährdungsmomente der Identität machen einen eigenständigen Faktor aus.
Die nachstehende Tabelle fasst diese Faktoren und die ihnen zugrunde liegenden Fragen zusammen.
Tabelle 2
Kulturelle
Identität
Polit-Identität
GlobalisierungsOptimismus
Grosskonzern
Identität
VerfassungsIdentität
Swiss MadeIdentität
Gefährdung von
innen (negative
Identität)
Gefährdung von
aussen (negative
Identität)
Faktoren der Identität
Internationale
Öffnung
Polarisierung
Uhrenindustrie
Bundesverfassung
Internationale
Firmen/
Konzerne
mit Sitz in
der
Schweiz
Internationale
Firmen/
Konzerne
mit Sitz in
der Schweiz
Milizsystem
Konkordanz
Reformstau
Egoismus
Maschinenindustrie
Neutralität
Finanzplatz
erfolgreiche
KMU's
Volksrechte
Sozialpartnerschaft
Pharmaindustrie
Einwanderung
nicht gefährdend
Föderalismus
Zusammenleben
EUProbleme
starke
Schweizer
Marken im
Ausland
Internationaler
Qualitätsruf
Unabhängigkeit
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015
Basis: Faktoranalyse von Stolz auf Dinge der schweizerischen Wirtschaft, Stolz auf Dinge der schweizerischen Politik und
Argumente zur Gefährdung der Schweizer Identität
In einem zweiten Schritt lassen sich nun anhand der Zustimmungen die Entwicklungen dieser acht Identitätsfaktoren seit 2006 abbilden. Dabei stützen wir
uns auf die Anteile, die bei den Identifikationsmerkmalen sehr stolz auf einen
Faktor sind und definieren diese als starke Identitäten (Mittelwerte der Anteile,
die sehr stolz sind). Bei den negativen Identitäten ist die Varianz grösser, so
dass auch die Anteile, die ein Element "eher" als Gefährdung betrachten, berücksichtigt werden können. Deshalb sind methodenbedingt die Mittelwerte
bei den beiden Gefährdungs-Identitäten höher als diejenigen zum starken Stolz.
Die Dynamik ist aber eindeutig: Die Gefährdung von aussen stand im Vorjahr
auf einem Höhepunkt und ist nun etwas rückläufig, was vor allem auf den Reformstau zurückzuführen ist, der stärker als Gefährdung betrachtet wird. Die
Gefährdung von innen wurde am wenigsten während der Finanzkrise problematisiert, nimmt nun aber deutlich zu und steht auf einem Höhepunkt. Die genuine Polit-Identität und die kulturelle Identität hatten 2011 bereits einen Höhepunkt. Gerade die kulturelle Identität nimmt nun etwas ab. Die (starken) wirt21
schaftlichen Identitäten nehmen dagegen wieder zu und die Identifikationskraft
der Grosskonzerne und der Industrie dank Swiss Made nehmen im Vergleich
zum Vorjahr zu. Es lassen sich typische Phasen erkennen. Mit der Finanzkrise
wurde die kulturelle Identität gestärkt und weniger Gefährdung von innen
wahrgenommen. Rund um die Debatte zur Abzocker-Initiative verloren Grosskonzerne systematisch an Identifikations-Kraft. Mit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative und der Aufgabe des Euro-Mindestkurses stiegen zunächst die wahrgenommenen Gefährdungen von aussen sprunghaft an, nun
steigen aktuell die wahrgenommenen Gefährdungsmomente von innen.
Grafik 22
Entwicklung Faktoren der Identität
in % Stimmberechtigter
69
68
64
65
63
62
58
57
61
60
56
54
51
50
50
42
41
35
40
48
42 42
39
41
33
33
33
2006
30
28
2007
2008
2009
2010
2011
38
35
35
33
37
35
2012
33
33
33
30
Globalisierungs-Optimismus
37
40
37
44
46
43
35
34
Grosskonzern-Identität
47
42
49
46
50
45
45
43
40
37
Verfassungs-Identität
49
48
Swiss-Made-Identität
56
52
48
37
57
54
53
53
31
Gefährdung von Innen
(negative Identität)
60
53
Gefährdung von Aussen
(negative Identität)
61
62
33
65
65
64
31
32
Kulturelle Identität
31
2013
2014
Polit-Identität
33
2015
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
2.4
Die Entwicklung des Nationalstolzes
Auch wenn heute verstärkt auch Gefährdungsmomente von innen wahrgenommen werden und ein Reformstau droht, so steht der Nationalstolz dennoch
erneut auf einem Höhepunkt, wenn man auf die Anteile, die sehr oder eher
stolz sind, Schweizer oder Schweizerin zu sein, abzielt. Die Nuancierung zeigt
sich auch hier nur anhand der Anteile, die sehr stolz sind. Demnach erreichte
die starke Identifikation mit dem Land 2014 einen Höhepunkt (45 Prozent, die
sehr stolz waren), aber die Identifikation an sich ist neu auf einem Höchststand
mit 94 Prozent, die sehr oder eher stolz sind.
22
Grafik 23
Trend Stolz Schweizer/Schweizerin zu sein
"Und jetzt zur Schweiz ganz allgemein. Sind Sie stolz, Schweizer/Schweizerin zu sein? Würden Sie sagen, Sie
sind …"
in % Stimmberechtigter
2
3
3
4
4
5
5
5
1
6
6
8
8
1
10
8
9
8
10
12
1
überhaupt nicht
12
2
2
2
3
15
17
13
2
solz
2
4
1
3
6
43
44
45
44
41
42
38
50
55
eher nicht stolz
50
48
54
weiss nicht/keine
Antwort
30
September 2004
September 2005
43
29
42
42
40
40
45
36
39
36
eher stolz
August 2015
August 2014
August 2013
August 2012
August 2011
August 2010
August 2009
September 2008
August 2007
August 2006
21
sehr stolz
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
Seit 2012 steigt der Nationalstolz aber ebenso in der französischsprachigen
Schweiz. Der Swissness-Trend der letzten Jahre ist demnach auch stark in den
französischsprachigen Teilen der Schweiz erkennbar und kann als nationaler
Trend interpretiert werden.
Grafik 24
Trend Stolz Schweizer/Schweizerin zu sein nach
Sprachregion
"Und jetzt zur Schweiz ganz allgemein. Sind Sie stolz, Schweizer/Schweizerin zu sein? Würden Sie sagen, Sie
sind …"
in % Stimmberechtigter, die sehr/eher stolz sind, Schweizer/Schweizerin zu sein
94
93
92
91
91
90
88
85
83
81
93
94
94
DCH
79
70
57
51
66
62
56
53
52
68
49
August 2015
August 2014
August 2013
August 2012
August 2011
August 2010
August 2009
September
2008
August 2007
August 2006
September
2005
September
2004
FCH
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
Spätestens seit 2007 identifizieren sich die allermeisten Personen, die sich
selber rechts positionieren mindestens eher mit der Schweiz. Der zunehmende
Swissness-Trend ist nach 2007 geprägt von Personen, die sich selber links der
politischen Achse verorten und sich ebenfalls immer stärker mit der Schweiz
23
identifizieren. Der linke Nationalstolz ist heute Common Sense und kaum mehr
ein Tabu. Es ist ein eigentlicher Einstellungswandel. 91 Prozent der Personen,
die sich links positionieren, sind mindestens eher stolz auf die Schweiz.
Grafik 25
Trend Stolz Schweizer/Schweizerin zu sein nach LinksRechts-Einschätzung
"Sind Sie stolz, Schweizer/Schweizerin zu sein? Würden Sie sagen, Sie sind sehr stolz, eher stolz, eher nicht
stolz oder überhaupt nicht stolz?"
in % Stimmberechtigter, die sehr/eher stolz sind, Schweizer/Schweizerin zu sein
97
95
95
91
90
90
88
90
84
87
77
82
95
94
91
92
88
92
90
81
89
80
83
78
93
84
94
84
Links
78
74
66
Mitte
71
61
61
Rechts
55
August 2015
August 2014
August 2013
August 2012
August 2011
August 2010
August 2009
September 2008
August 2007
August 2006
September 2005
September 2004
53
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
In der Mitte und rechts ist im Vergleich zu den Vorjahren der Anteil jedoch deutlich rückläufig, der sehr stolz auf das Land ist und damit einen ausgeprägten
Nationalstolz zum Ausdruck bringt. Dies dürfte mit den genannten Nuancierungen in der politischen Identität im Zusammenhang stehen. Es gibt eine gewisse
Verunsicherung, die von innen genährt wird und zu etwas Zurückhaltung
mahnt. Umgekehrt sind die Verhältnisse bei den Linken: Erstmals ist in dieser
Gruppe der starke Nationalstolz mehrheitlich vorhanden.
Grafik 26
Trend Stolz Schweizer/Schweizerin zu sein
"Sind Sie stolz, Schweizer/Schweizerin zu sein? Würden Sie sagen, Sie sind sehr stolz, eher stolz, eher nicht stolz oder
überhaupt nicht stolz?"
in % Stimmberechtigter, die sehr stolz sind, Schweizer/Schweizerin zu sein
64
60
59
58
58
61
54
Links
54
53
51
51
45
39
36
33
32
Mitte
38
34
26
33
33
31
29
30
25
24
16
39
37
34
27
27
52
41
Rechts
18
13
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
24
Parallel zur zunehmenden Gefährdung von innen erhöht sich die Chance, dass
eine Person keinen starken Nationalstolz empfindet, wenn die Polarisierung als
Gefährdung wahrgenommen wird. Hilfreich für den ausgeprägten Nationalstolz
sind umgekehrt der Stolz auf die Uhrenindustrie, den Finanzplatz und auf internationale Firmen sowie auf die Bundesverfassung und das Milizsystem.
Grafik 27
Logistische Regressionsanalyse Stolz Schweizer/Schweizerin
zu sein
"Sind Sie stolz, Schweizer/Schweizerin zu sein? Würden Sie sagen, Sie sind sehr stolz, eher stolz, eher nicht
stolz oder überhaupt nicht stolz?"
Stimmberechtigte
sehr stolz
Rest
Uhrenindustrie (Stolz)
Finanzplatz (Stolz)
Polarisierung (Gefährdung)
Bundesverfassung (Stolz)
Internationale Firmen (Stolz)
Milizsystem (Stolz)
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = 1009), Nagelkerke R2 = .265
Erläuterung: Die eingesetzte Methode der logistischen Regression beschreibt das Vorhandensein des Einflusses von unabhängigen Variablen (in
abnehmender Reihenfolge) auf eine abhängige Variable. Anhand der Farbe lässt sich unterscheiden, ob ein Element eher zu starkem Nationalismus
(blau, sehr stolz) oder eher zu geringerem oder keinem Nationalismus führt (grün, Rest). Nagelkerkes R2 ist ein Pseudo-Bestimmtheitsmass, das
den erklärten Anteil der Varianz der abhängigen Variablen durch alle unabhängigen Variablen im Modell angibt – je näher der Wert bei 1 liegt, desto
grösser ist die Erklärungskraft des Modells. Argumente, welche in der Grafik nicht erscheinen, haben keinen Einfluss.
Bei allen Nuancierungen aus aktueller Sicht, bleibt verbreitete Zuversicht für die
Zukunft: Die Mehrheit geht davon aus, dass es bezüglich Zusammenhalt der
Sprachregionen, der Umwelt und der Zusammenarbeit der wichtigsten politischen Parteien besser als heute sein wird. Umstrittener ist die Frage, ob das
Zusammenleben mit den AusländerInnen besser oder schlechter wird. Kritisch
sind Mehrheiten bei der Altersstruktur der Gesellschaft und bei der Verbreitung
der Armut.
25
Grafik 28
Zustand der Schweiz in 10 Jahren
"Wenn Sie einmal an die Schweiz in 10 Jahren denken: Glauben Sie, dass es der Schweiz in den folgenden
Bereichen viel besser, eher besser, eher schlechter oder viel schlechter gehen wird?"
in % Stimmberechtigter
Zusammenhalt der
Sprachregionen
20
Umwelt/Ökologie
21
Zusammenarbeit der
wichtigsten politischen
Parteien
12
Zusammeleben mit
AusländerInnen
11
Alterstruktur der
Gesellschaft
3
40
1
39
7
eher besser
10
10
34
6
27
15
38
2
19
44
weiss nicht/keine Antwort
9
30
4
28
23
28
9
36
9
Verbreitung der Armut
viel besser
45
20
eher schlechter
viel schlechter
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = 1009)
Zwischen 2011 und 2014 wuchs im Trend der Anteil, der von einer Verbesserung ausging. Dies ist nun lediglich noch bei der Umwelt der Fall. Der Anteil
OptimistInnen nimmt insbesondere beim Zusammenhalt der Sprachregionen,
bei der Zusammenarbeit der Parteien und bei der Altersstruktur ab.
Grafik 29
Trend Zustand der Schweiz in zehn Jahren (Verbesserung)
"Wenn Sie einmal an die Schweiz in 10 Jahren denken: Glauben Sie, dass es der Schweiz in den folgenden Bereichen viel
besser, eher besser, eher schlechter oder viel schlechter gehen wird?"
"viel besser und eher besser"
in % Stimmberechtigter
Zusammenarbeit der
wichtigsten politischen
Parteien
73
69
52
35
37
34
35
30
30
25
23
16
10
2007
2008
37
37
38
32
30
19
17
14
10
2009
53
2010
31
21
55
50
49
52
50
40
41
40
31
33
33
Umwelt/Ökologie
65
29
29
28
28
33
60
51
48
36
Altersstruktur der
Gesellschaft
34
Verbreitung der Armut
10
2011
Zusammenleben mit
AusländerInnen
Zusammenhalt der
Sprachregionen*
2012
2013
2014
2015
*neu seit 2013
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
Noch deutlicher kommen die kritischen Entwicklungen zum Ausdruck, wenn
man die Anteile betrachtet, die explizit von einer Verschlechterung ausgehen.
Vor allem bei der Zusammenarbeit der Parteien und bei den Sprachregionen hat
26
der Pessimismus klar zugenommen. Auch dies verweist darauf, dass Probleme
im Inland wieder stärker wahrgenommen werden.
Grafik 30
Trend Zustand der Schweiz in zehn Jahren (Verschlechterung)
"Wenn Sie einmal an die Schweiz in 10 Jahren denken: Glauben Sie, dass es der Schweiz in den folgenden Bereichen viel
besser, eher besser, eher schlechter oder viel schlechter gehen wird?"
"viel schlechter und eher schlechter"
in % Stimmberechtigter
80
67
67
59
53
87
86
78
84
79
86
Umwelt/Ökologie
70
68
66
65
69
64
62
Zusammenarbeit der
wichtigsten politischen
Parteien
67
55
58
58
56
52
42
47
42
39
33
64
64
55
57
45
48
45
41
61
47
46
46
66
34
24
33
38
32
Zusammenleben mit
AusländerInnen
Altersstruktur der
Gesellschaft
Verbreitung der Armut
23
Zusammenhalt der
Sprachregionen*
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
*neu seit 2013
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
2.4.1 Finanzplatzfragen
In Wirtschaftsfragen markierte die Finanzkrise neben der Abzockerei-Debatte
sowie der Euro-Krise eine von drei wichtigen Diskussionen, welche die wirtschaftliche Identität beeinflussten. Seither sind Fragen zur Zukunft des Finanzplatzes von hoher politischer Relevanz und werden breit diskutiert.
Grundsätzlich sind regulatorische Massnahmen weiterhin breit akzeptiert. 83
Prozent finden eine verbesserte regulatorische Aufsicht sehr oder eher wichtig.
Relevant für 72 Prozent ist allerdings auch die Beibehaltung des Bankkundengeheimnisses im Inland. Damit ist dieses leicht bedeutender als die Einführung
des automatischen Informationsaustausches. Das Regime für systemrelevante
Banken polarisiert stärker, weil dies namhafte 31 Prozent unwichtig finden. 61
Prozent finden aber auch dies sehr oder eher wichtig.
Wichtig sind aber auch neue Optionen für Geschäftsmodelle. Am ehesten bedeutsam erscheint für die Stimmberechtigten die Stärkung des Geschäfts mit
institutionellen Anlegern, aber auch den besseren Zugang zu ausländischen
Märkten und die verbesserte Integration in den EU-Markt finden breite Anteile
relevant. Die Förderung des Rohstoffhandelsplatzes polarisiert etwas stärker,
aber auch hier beurteilt dies eine Mehrheit mindestens als eher wichtig.
27
Grafik 31
Meinung Zukunft Finanzplatz Schweiz
"Seit Beginn der Finanzkrise hat die Schweizer Politik einiges unternommen, um den Schweizer Finanzplatz für
die Zukunft zu rüsten. In der Folge nennen wir Ihnen mögliche weitere Massnahmen. Sagen sie uns bitte für
jede Einzelne, ob diese Ihrer Meinung nach sehr wichtig, eher wichtig, eher unwichtig oder sehr unwichtig ist.
Wenn Sie eine Massnahme nicht kennen, dann sagen Sie das ruhig."
in % Stimmberechtigter
verbesserte regulatorische Aufsicht
33
50
3 10 4
Stärkung des Geschäfts mit
institutionellen Anlegern
37
Verbesserung des Zugangs zu
ausländischen Märkten
Beibehaltung des
Bankkundengeheimnisses im Inland
verbesserte Integration in EU-Markt
Verbesserung des steuerlichen
Umfelds
Förderung des
Rohstoffhandelsplatzes
Regime für systemrelevante Banken
Einführung automatischer
Informationsaustausch
sehr wichtig
wichtig
43
31
6
45
24
2
48
21
27
23
42
26
35
21
3
weiss nicht/keine Antwort
18
8
20
10
6
19
10
20
23
eher unwichtig
7
4
8
36
7
17
5
39
6
15
4
48
8
11
17
sehr unwichtig
© gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = 1009)
Drei Jahre lang schritt die Meinungsbildung in diesen Fragen voran. Nun sind
offenbar andere Themen von höherer Priorität und die Auseinandersetzung und
Meinungsbildung stagniert. Umstrittener sind die Integration in den EU-Markt
und die Förderung des Rohstoffhandelsplatzes, und auch der automatische
Informationsaustausch erhält weniger Support. Stabil mehrheitlich wird die
verbesserte Aufsicht, die Stärkung des Geschäfts mit institutionellen Anlegern
und der verbesserte Zugang zu ausländischen Märkten als wichtig beurteilt.
Grafik 32
Meinung Zukunft Finanzplatz Schweiz
"Seit Beginn der Finanzkrise hat die Schweizer Politik einiges unternommen, um den Finanzplatz für die Zukunft zu rüsten. In
der Folge nennen wir Ihnen mögliche weitere Massnahmen. Sagen Sie uns bitte für jede Einzelne, ob diese Ihrer Meinung
nach sehr wichtig, eher wichtig, eher unwichtig oder sehr unwichtig ist. Wenn Sie eine Massnahme nicht kennen, dann sagen
Sie das ruhig."
in % Stimmberechtigter (sehr wichtig / eher wichtig addiert)
79
81
76
74
71
verbesserte regulatorische Aufsicht
83
82
74
72
71
77 77
72
69 68
66
66
83
80
76
Stärkung des Geschäfts mit
institutionellen Anlegern
73
Verbesserung des Zugangs zu
ausländischen Märkten
69
67
66
Beibehaltung des
Bankkundengeheimnisses im Inland
61
verbesserte Integration in EU-Markt
57
Verbesserung des steuerlichen
Umfelds
Förderung des Rohstoffhandelsplatzes
49
44
Regime für systemrelevante Banken
2012
2013
2014
2015
Einführung automatischer
Informationsaustausch
 gfs.bern, Sorgenbarometer, August 2015 (N = jeweils ca. 1'000)
28
3
Synthese
Die letzten gut zehn Jahre markierten einen Gesinnungswandel in der französischsprachigen Schweiz und bei der politischen Linken. Immer mehr sammelten sich selbst diese gesellschaftlichen Kreise hinter einem mehr oder weniger
klar ausgedrückten Nationalstolz. Früher wurde die Schweiz als Willensnation
bezeichnet. Die Bindung an das Land entstand aufgrund wirtschaftlicher Vorteile im Vergleich zu den Nachbarländern oder anhand des politischen Institutionen-Sets, welches mehr Mitsprache ermöglichte. Mehr und mehr ist aber eine
eigentliche nationale Bindung entstanden. Dieser Nationalstolz ist heute eher
Common Sense.
Dagegen reduziert sich parallel zur wachsenden Schweiz-Verbundenheit, aber
auch aufgrund der erhöhten Mobilität, die Identifikationskraft der Gemeinden.
Die Heterogenität der Schweiz mit Tausenden kleiner "Schweizen" ist heute
weniger gegeben und grössere Räume treten an deren Stelle. Kantone bleiben
aber wichtige räumliche Identifikationsmöglichkeiten und wachsend gibt es
eine sprachregionale Verbundenheit.
Die Wirtschaft musste sich seit 2004 mehreren Herausforderungen stellen. Sie
behielt aber ihre Identifikationskraft wie schon zu Zeiten der "Willensnation",
weil sie seit Beginn mehrere Ebenen der Identifikation erlaubt. Die Finanzkrise
brachte die Finanzwelt unter Druck, und die Debatte über Topsaläre namentlich
bei den Grosskonzernen vergrösserte die gefühlte Distanz zwischen BürgerInnen und der Wirtschaft. Weiterhin erlaubten in diesen krisenbehafteten Zeiten
erfolgreiche KMUs und das Label Swiss Made, das klassisch der Industrie (Maschinen und Industrie) zugeschrieben wird, starke Identifikationsmöglichkeiten
mit der Wirtschaft. Und es blieb bei allen Problemen der Schweizer Wirtschaft
in diesen zehn Jahren dabei, dass diese im Vergleich zum Ausland als wesentlich erfolgreicher wahrgenommen wurde.
Auch die politische Schweiz mit ihrem einzigartigen Institutionen-Set stand
mehrmals vor grösseren Herausforderungen. Wie die Auswertungen zum Vertrauen in die Institutionen, aber auch der Stolz auf diese zeigt, waren alle Herausforderungen der letzten zehn Jahre geeignet, das Vertrauen zu stärken und
die Verbundenheit zum Land zu erhöhen. Typische politische Interventionen,
die diese Sichtweise stützten, waren die Intervention bei der UBS oder auch
der eingeführte Mindestkurs der Nationalbank. Neu zeigt sich aber im Bereich
des Verhaltens im Inland eine gewisse Nuancierung oder eine Rückbesinnung
in Richtung Schweizer Bescheidenheit, die sich beispielsweise bei der politischen Rechten äussert, die heute weniger deutlich einen starken Nationalstolz
zum Ausdruck bringt als noch vor einigen Jahren. Unmittelbar nach Annahme
der Masseneinwanderungsinitiative wurde noch kaum mehr defensives Verhalten der Schweiz gewünscht, nun wächst der Wunsch nach etwas mehr Zurückhaltung. Zurzeit ist die gefühlte Distanz zwischen der Rechten und der Nation grösser als zuvor, der Nationalstolz wird mit mehr Zurückhaltung als bisher
zum Ausdruck gebracht. Es stellt sich nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative gerade rechts stärker die Frage, was die Schweiz ist und wohin sie
geht. Möglich ist eine Entfremdung der Rechten vom eigenen Land.
Die Polarisierung oder der wachsende Egoismus werden heute stärker als Gefährdungen betrachtet, die von der Schweiz ausgehen. Die Befürchtung, der
Zusammenhalt der Sprachregionen könnte leiden oder die politischen Parteien
könnten schlechter zusammenarbeiten, nimmt zu. Zwar werden immer noch
eher Gefährdungen von aussen wahrgenommen, was namentlich auf die Probleme der EU zurückzuführen ist. Dennoch werden heute insgesamt Sorgen zu
Gefährdungen der Identität von innen so breit wie noch nie geäussert. Der Nationalstolz ist heute nuancierter als im Vorjahr und gerade im politischen Bereich ist die Schweiz nun unabhängig vom Verhalten des Auslands gefordert,
ihre Einzigartigkeit und breit geschätzte Neutralität zu verteidigen.
29
Noch 2014 wurde der Swissness-Trend vor allem mit Blick auf die Probleme im
Ausland verstärkt. Im neuen Kontext müssen diese Erkenntnisse überdacht
werden. Dies führt zu einer Adaption unserer Leseweise der Schweizer Identität im Jahr 2015.
These 1 Langfristiger Swissness-Trend
Der Swissness-Trend bewirkte in praktisch allen gesellschaftlichen und kulturellen Kreisen einen eigentlichen Nationalstolz und schaffte eine einheitlichere
Schweizer Identität. Die Bindungen an das Lokale nahmen ab und die Orientierung an globalen Herausforderungen zu.
These 2 Umgang mit Problemen der EU und der Globalisierung als Treiber
Innerhalb von zehn Jahren nahmen internationale Krisen und Probleme namentlich im europäischen Umfeld zu. Die Schweiz musste reagieren. Die Schweiz
bewältigte diese Probleme in der Regel erfolgreich, was die Bindungen an das
Land erhöhte und den Fokus auf Migration als (einzige) Gefährdung ermöglichte. Die Stimmberechtigten wünschten sich eine offensivere und selbstsicherere Schweiz.
These 3 Kurzfristige Orientierungsfragen bei der politischen Rechten
Nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative rücken Probleme namentlich
mit der Migration im Inland in den Fokus. Vor allem auf der politischen Rechten
bestehen Orientierungsfragen und die starke Verbundenheit zum Land wird in
Frage gestellt. Gefordert ist auch politisch gesehen mehr Gemeinsinn und ein
weniger dezidiert offensives Verhalten gegenüber dem Ausland.
These 4 Säulen der Swissness
Die Schweiz bietet vielfältige Identifikationsmöglichkeiten. Kernwerte auf Seiten der Politik sind die Verfassung und die Neutralität, aber auch die starke
Mitbestimmung und Mitgestaltung durch Bürgerinnen und Bürger auf allen
Ebenen. In Bezug auf die Wirtschaft ist der Stolz auf Swiss Made hauptsächlich
dank der Uhren- und der Maschinenindustrie sehr hoch. Zudem stützt der
weltweite wirtschaftliche Erfolg von Grosskonzernen, und dabei auch verstärkt
wieder der Finanzplatz, die wirtschaftliche Identität der Schweizerinnen und
Schweizer.
These 5 Dynamische Identifikation mit Neutralität und Erfolg als Drehund Angelpunkt
Passend zur intensiven Debatte über die Signifikanz der Schlacht von Marigniano, die sich 2015 zum 500. Mal jährt, passen die Erkenntnisse zur dynamischen
Identifikation der Schweizerinnen und Schweizer mit der Schweiz. Die Neutralität und der Erfolg sind Dreh- und Angelpunkte einer dynamischen Schweiz.
Sie muss ihre Rolle als Kleinstaat gegenüber dem Ausland immer wieder hinterfragen und sich dabei neu konstituieren, um den Erfolg zu sichern.
30
4
Anhang
4.1
gfs.bern-Team
CLAUDE LONGCHAMP
Verwaltungsratspräsident und Vorsitzender der Geschäftsleitung gfs.bern, Verwaltungsrat gfs-bd, Politikwissenschafter und Historiker, Lehrbeauftragter der
Universitäten Bern, Zürich und St. Gallen, Dozent an der Zürcher Hochschule
Winterthur, am MAZ Luzern und am VMI der Universität Fribourg und am KPM
der Universität Bern.
Schwerpunkte:
Abstimmungen, Wahlen, Parteien, politische Kultur, politische Kommunikation,
Lobbying, öffentliche Meinung, Rassismus, Gesundheits- und Finanzpolitik
Zahlreiche Publikationen in Buchform, in Sammelbänden, wissenschaftlichen
Zeitschriften
LUKAS GOLDER
Senior Projektleiter, Mitglied der Geschäftsleitung, Politik- und Medienwissenschafter, MAS FH in Communication Management
Schwerpunkte:
Integrierte Kommunikations- und Kampagnenanalysen, Image- und Reputationsanalysen, Medienanalysen/Medienwirkungsanalysen, Jugendforschung und
gesellschaftlicher Wandel, Abstimmungen, Wahlen, Modernisierung des Staates, Gesundheitspolitische Reformen.
Publikationen in Sammelbänden, Fachmagazinen, Tagespresse und auf dem
Internet
MARTINA MOUSSON
Projektleiterin, Politikwissenschafterin
Schwerpunkte:
Analyse politischer Themen und Issues, nationale Abstimmungen und Wahlen
(SRG-Trend, VOX-Analysen, Wahlbarometer), Image- und Reputationsanalysen,
Integrierte Kommunikationsanalysen, Medieninhaltsanalysen, Qualitative Methoden, Gesellschaftsthemen (Jugendforschung, Rassismus, Familien, Mittelschicht)
CLOÉ JANS
Junior Projektleiterin, Politikwissenschafterin
Schwerpunkte:
Abstimmungen und Wahlen, Gesellschaftsforschung, Kampagnen, Analyse
politischer Themen und Issues, Medieninhaltsanalysen, Lehre
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STEPHAN TSCHÖPE
Leiter Analyse und Dienste, Politikwissenschafter
Schwerpunkte:
Koordination Dienstleistungen, komplexe statistische Datenanalytik, EDV- und
Befragungs-Programmierungen, Hochrechnungen, Parteien- und Strukturanalysen mit Aggregatdaten, Integrierte Kommunikationsanalysen, Visualisierung
JOHANNA LEA SCHWAB
Sekretariat und Administration, Kauffrau EFZ
Schwerpunkte:
Desktop-Publishing, Visualisierungen, Projektadministration, Vortragsadministration
SABRINA SCHÜPBACH
Praktikantin, Sozialwissenschafterin
Schwerpunkte:
Datenanalyse, Programmierungen, Qualitative Methoden, Recherchen, Medienanalysen, Visualisierungen
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gfs.bern ag
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