Landschaft offen halten im Mittleren Schwarzwald

Landinfo 6/06
Ländlicher Raum, Landschaft
Mechthild Studinger, Modellprojekt Landschaftserhaltung Schiltach
Landschaft offen halten im Mittleren Schwarzwald
- Das Modellprojekt im Mittelbereich Schramberg
Ende 2002 wurde das Modellprojekt Landschaftserhaltung im Mittelbereich Schramberg ins Leben gerufen. Ziel ist es Wege zur Sicherung der Mindestflur im Mittleren Schwarzwald zu finden und zu prüfen, ob eine feste Organisation vor Ort, z.B. ein Landschaftserhaltungsverband, diesem Ziel dienen
kann.
Ausgangssituation
Die naturräumlichen Voraussetzungen stellen für die Landwirtschaft im Mittleren Schwarzwald,
verglichen mit anderen Regionen,
ungünstige Rahmenbedingungen
dar. Das Bewirtschaften von Steillagen erfordert einerseits einen
hohen Technisierungsgrad mit
Spezialmaschinen,
andererseits
bedarf es eines hohen Aufwands
an Handarbeit.
tung Mittelbereich Schramberg“
ins Leben gerufen. Das Projektgebiet umfasst acht Städte und Gemeinden, die auch Träger des
Modellprojekts sind. Es handelt
sich um die Städte Schiltach und
Schramberg sowie die Gemeinden
Aichhalden, Dunningen, Eschbronn, Hardt, Lauterbach und
Schenkenzell.
Aufgrund der schwierigen Bewirtschaftungsvoraussetzungen und
des dadurch bedingten geringen
Einkommens, müssen immer mehr
Betriebe im Nebenerwerb geführt
oder aufgegeben werden. Die
Wiesen an den steilen Hängen
des Schwarzwalds werden sich
selbst überlassen oder aufgeforstet.
Jedoch sind gerade diese naturräumlichen Gegebenheiten die
Voraussetzung für eine einzigartige Landschaft, die zahlreichen
Tier- und Pflanzenarten Lebensraum bietet und für den Menschen
eine abwechslungsreiche Erholungslandschaft darstellt.
Der über die letzten Jahrzehnte
hinweg kontinuierlich steigende
Waldanteil im Mittleren Schwarzwald bedroht diese Landschaft. In
den engen Seitentälern führt die
starke Bewaldung zur Verringerung der Sonneneinstrahlung und
zum Blockieren der Kaltluftabflussbahnen, was wiederum eine
erhebliche Beeinträchtigung der
Lebensqualität der Bevölkerung
zur Folge hat.
Im Jahr 2002 wurde daher das
„Modellprojekt Landschaftserhal-
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Abbildung 1:
Projektgebiete
Ziele
Im Rahmen des Modellprojekts
sollen Möglichkeiten aufgezeigt
werden, wie die Sicherung einer
Mindestflur erreicht werden kann.
In der Praxis geht es daher konkret
darum Flächen in der landwirtschaftlichen Nutzung zu halten,
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um die Rückführung bereits
brach gefallener Flächen in die
landwirtschaftliche Nutzung,
wenn es das öffentliche Interesse
dringend erfordert jedoch keine
Nutzung mehr erfolgen kann,
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Die Sitzungen der Kerngruppe des Modellprojekts finden im vierteljährlichen
Rhythmus statt. Als Projektträger sind die neuen (Ober-)Bürgermeister der Modellgemeinde entscheidungsbefugt. Die anderen Mitglieder aus den unterschiedlichen Fachbereichen sind beratend tätig („Fachbeirat“).
Die sogenannte „Kleine Arbeitsgruppe“ trifft sich vierwöchentlich. Je nach Thema werden verschiedene Fachpersonen zu den Besprechungen mit hinzugezogen.
um eine Optimierung von Pflegemaßnahmen.
Hierzu sollen modellhafte Ansätze
entwickelt und umgesetzt werden.
Des Weiteren gilt es zu eruieren,
inwieweit eine feste Organisation
vor Ort, z.B. ein Landschaftsentwicklungsverband, der Offenhaltung der Landschaft dienen und
dieses Ziel langfristig unterstützen
kann.
Arbeitsgruppe
Mitglieder:
3 Bürgermeister,
Projektmanagerin
Treffen 4-wöchentlich
CD
Projektverständnis
Das Thema Landschaftserhaltung
ist sehr komplex, da unterschiedliche Ansprüche an Natur und
Landschaft bestehen.
Das Modellprojekt verfolgt daher
einerseits einen integrativen Ansatz. Andererseits stellt das Bottum-up-Prinzip eine tragende Säule dar.
Das Modellprojekt
initiiert Aktionen und Maßnahmen zur Offenhaltung der
Landschaft
dient mit integrativem Ansatz
als Plattform, um Erfahrungen
und Ideen auszutauschen
entwirft gemeinsam mit den interessierten Gruppen und Einzelpersonen vor Ort Lösungsansätze und wirkt aktiv bei der
Umsetzung mit.
Kerngruppe
Mitglieder:
9 (Ober-)Bürgermeister des Mittelbereichs
je ein Vertreter von ALLB, LWA, UNB, LEL, RP,
Forstamt
2 Vertreter der Landwirtschaft
Projektmanagerin
Treffen ¼ jährlich
Erläuterungen zu den Abkürzungen im Schaubild:
RP
Regierungspräsidium, Freiburg
LEL
Landesanstalt zur Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume,
Schwäbisch Gmünd
LWA
Landwirtschaftsamt Rottweil
KBV
Kreisbauernverband
UNB
Untere Naturschutzbehörde
Anregungen von außen
Abbildung 2:
Übersicht zur Projektorganisation
Projektorganisation
Zur konkreten Projektumsetzung
wurde eine Projektmanagerin eingestellt. Das Projekt hat seinen
Sitz in Schiltach.
Als Steuerungsgremium wurde eine so genannte Kerngruppe eingerichtet, die vierteljährlich zusammenkommt. In dieser Kerngruppe
engagieren sich alle Bürgermeister
der Modellgemeinden und von be-
hördlicher Seite Vertreter des Regierungspräsidiums Freiburg, der
LEL Schwäbisch Gmünd und des
Landratsamts Rottweil (Landwirtschaftsamt, Untere Naturschutzbehörde, Forstamt). Der landwirtschaftliche Berufsstand ist durch
den Geschäftsführer des Kreisbauernverbands sowie zwei aktive
Landwirte vertreten.
Des Weiteren gibt es eine so genannte Arbeitsgruppe, die sich aus
drei Bürgermeistern und der Pro-
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jektmanagerin
zusammensetzt
und sich im 4-wöchigen Rhythmus
trifft. Hier wird das aktuelle Projektgeschehen diskutiert und die
Themen für die Kerngruppensitzungen vorbesprochen.
Wie bereits erwähnt, ist der integrative Ansatz ein zentrales Element des Projekts. Für die konkrete Projektarbeit ist es elementar,
dass die oben genannten Steuerungsgremien inhaltlichen Input
von den Leistungsträgern erhalten,
um konstruktiv arbeiten zu können. Ebenso erfolgt auch die Umsetzung gemeinsam mit interessierten und engagierten Personen
und Gruppierungen, insbesondere
den landwirtschaftlichen Ortsvereinen und Landfrauenvereinen.
Von Seiten des MLRs wird die
Umsetzung des Modellprojekts
aus Erträgen der Privatlotterie
Glücksspirale finanziell unterstützt.
Die Stelle der Projektmanagerin
wird zu 100 % aus diesen Mitteln
finanziert. Sachkosten werden zu
70 % gefördert, die übrigen 30 %
werden von den jeweiligen Gemeinden getragen.
Konkrete Umsetzung
Die drei Tätigkeitsfelder im Rahmen des Projekts sind
A) Flächenmanagement
Landschaftspflege,
und
B) Begleitende Maßnahmen zur
Unterstützung der Landwirtschaft,
C) Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation,
Vor Beginn der konkreten Projektarbeit wurde ein Mindestflurkonzept erarbeitet. Dieses stellt die
Gebietskulisse für Mittel nach der
LPR dar und dient als Entscheidungsgrundlage für die Festlegung
von Maßnahmen.
Das Hauptziel des Projekts ist es,
wie bereits eingangs erwähnt, Flächen in der landwirtschaftlichen
Nutzung zu halten. Der Kernaufgabenbereich des Projekts liegt
daher in einem gezielten Flächenmanagement. Zur Umsetzung
wurde ein so genannter Flächen-
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pool eingerichtet. Der Flächenpool
ist ein Instrument zur Erfassung
bereits ungenutzter oder in absehbarer Zeit aus der Bewirtschaftung
fallender Flächen. Diese Flächen
werden an potentielle Nutzer vermittelt. D.h. Eigentümer, die ihre
Flächen nicht mehr bewirtschaften
können oder keinen Nutzer finden,
können hier ihre Flächen melden.
Auf Grundlage dieses Flächenpools werden bei Anfragen von
Flächensuchenden geeignete Flächen ermittelt und der Kontakt
zwischen den beiden Parteien
hergestellt. Gleichzeitig geht das
Modellprojekt aber auch aktiv auf
potentielle Flächennutzer zu und
bietet Flächen an.
Der Datenbestand des Flächenpools erweitert sich Schritt für
Schritt.
Es handelt sich jedoch nicht nur
um die Vermittlung einzelner Flächen, sondern auch um die Schaffung sinnvoller, möglichst großer
Bewirtschaftungseinheiten. Daher
wurde in allen Modellgemeinden
eine Grünlanderhebung durchgeführt. Aufgenommen wurde unter
Anderem der „Ist-Zustand“ der
Flächen, die „Aktuelle Nutzung“,
das „Potential“, der „Handlungsbedarf“ und die „Zielsetzung“ für
eine Bewirtschaftung bzw. Pflege.
Die Daten liegen digital vor und
bieten gemeinsam mit den Daten
des Flächenpools die Grundlage
für ein gezieltes Flächenmanagement.
Zu speziellen Themen (z.B. ehemalige Weidefelder) wurden innerhalb des Projekts auch studentische Arbeiten verfasst.
Alle vorhandenen Daten werden in
einem
Landschaftsinformationssystem verwaltet. Diese Daten
werden auf Nachfrage auch den
Landwirten, z.B. im Rahmen der
Gemeinsamen
Antragsstellung,
zur Verfügung gestellt.
Da das Ziel in der Schaffung sinnvoller und rentabler Bewirtschaftungseinheiten liegt, werden Bereiche in denen Flächen bereits in
absehbarer Zeit, zur Verfügung
stehen sowohl hinsichtlich ihres
Nutzungspotentials (Daten aus der
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Grünlanderhebung) als auch von
den Besitz- und Bewirtschaftungsstrukturen her betrachtet. In Gesprächen mit den aktuellen Bewirtschaftern, sofern noch vorhanden, und Anrainern der Flächen
ergibt sich dann ein Gesamtbild
der Situation. Modellhaft wurden
auch Betriebsbefragungen durchgeführt. Anhand dieser Kenntnisse
kombiniert mit den Kenntnissen
über die Ansprüche der potentiellen Bewirtschafter kann dann für
einen Landschaftsbereich (z.B.
Talzug) ein Gesamtkonzept erarbeitet werden.
Insgesamt konnten seit Beginn
des Projekts ca. 75 ha vermittelt
werden. An dieser Stelle muss jedoch angemerkt werden, dass die
Reformen in der Agrarförderung
bei den Landwirten zu großer Verunsicherung führen. Dies erschwert eine Vermittlung von Flächen erheblich.
Im Rahmen des Projekts wurden
auch viele Landschaftspflegemaßnahmen durchgeführt. Hierbei
handelte es sich vor allem um Flächen, die durch Erstpflegemaßnahmen wie z. B. Enthurstung, für
eine Nutzung vorbereitet wurden
oder deren Bewirtschaftungsmöglichkeiten verbessert werden konnten.
Wenn Landwirte mit freien Kapazitäten vor Ort ansässig sind, erfolgt
eine direkte Vermittlung von Flächen. Dies ist jedoch leider nur
selten der Fall und wird sich
höchst wahrscheinlich in den
nächsten Jahren noch drastisch
verringern.
Wenn keine Landwirte mit Kapazitäten vor Ort sind, müssen Bewirtschafter aus umliegenden Gemeinden (innerhalb und außerhalb
des Modellgebiets) gesucht und
vermittelt werden.
Das Modellprojekt arbeitet hier
u.a. mit einem sogenannten Landschaftspflegehof zusammen.
Der Hofstandort dieses Betriebs
liegt außerhalb des Modellgebiets,
es wurden jedoch bereits ab dem
Jahr 2004 ca. 30 ha an Flächen im
Modellgebiet bewirtschaftet. Dabei
handelt es sich vorrangig um
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„Problemflächen“, die mit unterschiedlichen Tierarten, insbesondere aber mit Ziegen und Schafen,
standortspezifisch bewirtschaftet
werden. Ziel ist es bis zum Jahr
2007 eine Fläche von 60 ha zu erreichen.
Als Problemflächen werden hier
vor allem besondere Grünlandstandorte (Biotopflächen, marginale Standorte), oder auch bereits
verbuschte Grünlandstandorte bezeichnet. Die Bewirtschaftungseinheiten sind teilweise recht kleinflächig, dadurch bedarf es auch
hier eines sinnvollen Flächenmanagements, damit die Bewirtschaftung noch rentabel durchgeführt
werden kann.
Bestreben der Betriebsinhaber ist
es, den Tierbestand mit alten, vom
Aussterben bedrohter Tierrassen
zu erweitern und mittelfristig als
Archehof anerkannt zu werden.
(www.Landschaftspflege-mitBiss.de)
Gemeinschaftliche Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen
Eine weitere Möglichkeit Flächen
in der Bewirtschaftung zu halten
ist die gemeinschaftliche Nutzung
von Flächen. Die Berg- und Talwiesen GbR, im folgenden GbR
genannt, ist ein Beispiel dafür, wie
Flächenmanagement funktionieren
kann, wenn noch Landwirte VorOrt Interesse an einer GrünlandBewirtschaftung haben.
In der GbR haben sich 6 Zu- und
Nebenerwerbslandwirte
zusammengeschlossen und bewirtschaften gemeinsam seit 2005 ca. 60
ha Grünland. Ziel ist es Kosten zu
senken und die Arbeitsbelastung
des Einzelnen zu verringern.
Von den bewirtschafteten Flächen
befindet sich nur etwa die Hälfte
im Eigentum der Gesellschafter.
Die anderen Flächen sind Pachtflächen von Privatpersonen.
Im Zuge der GbR Gründung wurde
ein intensives Flächenmanagement betrieben und Flächen soweit als möglich zusammengelegt.
Mit dem Erfolg, dass nun nahezu
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das ganze Vortal sowie ein Großteil des Kaltbrunner Tals bewirtschaftet wird.
Die Gemeinde Schenkenzell hat
dieses Vorhaben unterstützt und
hat als Bauherrin mit Förderung
aus Mitteln der Landschaftspflegerichtlinie einen zentralen Stall errichtet. Dieser Stall ist langfristig
an die GbR verpachtet
(www.bergundtalwiesen.de)
Verwertung von nicht
landbauwürdigen Flächen
Darüber hinaus gibt es Flächen
auf denen keine Bewirtschaftung
im Sinne von Produktion mehr
möglich ist. Hier ist es Aufgabe
des Modellprojekts die Landschaftspflegemaßnahmen zu optimieren und kostengünstige Lösungen zu finden.
Ein wesentliches Problem ist bei
diesen Maßnahmen die sinnvolle
Verwertung
des
anfallenden
Grünguts, da dieses oft nicht mehr
in der Landwirtschaft verwendet
werden kann. Die beiden wichtigsten verfolgten Ansätze sind hier
die „thermische Verwertung von
Heu“ und die „Pyrolyse von Biomasse“:
Für den Mittleren Schwarzwald interessant erscheint die Pilotanlage
zur thermischen Verwertung von
Heu die von der Landesanstalt für
Landwirtschaftliches Maschinenund Bauwesen an der Universität
Hohenheim auf dem Sonnenbühl
installiert wurde.
Einige Landwirte haben bereits
grundlegendes Interesse an einer
solchen Anlage bekundet.
Um eine Etablierung dieser Technik zu erreichen, sollte sich aus
dem Pilotprojekt ein Leitfaden
entwickeln und dann auch eine
Unterstützung bzw. Hilfestellung
der „Pioniere“ erfolgen.
Es muss jedoch angemerkt werden, dass die thermische Verwertung von Landschaftspflege-Heu
nur einen Teil der Problemflächen
abdecken würde, denn viele Flächen sind sehr nass oder extrem
steil, so dass hier keine Heuwer-
bung möglich bzw. sinnvoll ist. Für
das Material aus diesen Flächen
würde eventuell die Pyrolyse von
Biomasse in Frage kommen. Bei
diesem Verfahren soll das Ausgangsmaterial Gras durch starkes
Erhitzen einem Zersetzungsprozess zugeführt werden, bei dem
kohlenstoffreichere Verbindungen
und schließlich mehr oder weniger
reiner Kohlenstoff zurückbleibt.
In Rahmen einer Diplomarbeit
konnte eine Anordnung entwickelt
werden, bei der im kontinuierlichen
Durchlaufverfahren Biomasse pyrolysiert wird und ein nutzbarer
Reststoff entsteht.
Es konnte aufgezeigt werden,
dass das Verfahren grundsätzlich
möglich ist. Die vorliegenden Ergebnisse liefern die Basis für weitere Entwicklungen.
Begleitende Unterstützung
der Landwirtschaft
Neben der zentralen Aufgabe
“Flächenmanagement“
wurden
auch verschiedene allgemeine
Maßnahmen, die der Unterstützung der Landwirtschaft allgemein
dienen, durchgeführt. Im Bereich
Vermarktung wurde eine Direktvermarkterbroschüre gemeinsam
mit Landwirten des Projektgebiets
erstellt und aufgelegt. Bei Kantinen und Großküchen wurde eine
Umfrage zur Verwendung von
heimischem Rindfleisch durchgeführt. Leider ergab sich hier kein
konkretes Interesse.
Ein interessanter Ansatz zur
Schaffung einer Regionalmarke ist
die Entwicklung eines PremiumProdukts „Schwarzwälder Schinken“. Im Projektgebiet und angrenzenden Bereichen werden bereits von einigen Landwirten Freilandschweine gehalten. Nach
Aussage der Landwirte könnte jedoch bei geeigneten Vermarktungsmöglichkeiten mit nur geringem Aufwand wesentlich mehr
produziert werden. Auf der Suche
nach geeigneten Vermarktungspartnern haben sich erste Kontakte ergeben.
Des Weiteren beschäftigt sich
momentan eine Arbeitsgruppe mit
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der Gründung eines Bauernladens.
Da
die
Milchproduktion
im
Schwarzwald rückläufig ist, wurde
das Beratungsprojekt „Erhalt und
Entwicklung der bestehenden
Milchviehbetriebe“ ins Leben gerufen. Innerhalb dieses Teilprojekts
fanden zahlreiche sehr gut besuchte Veranstaltungen zu unterschiedlichen Themen statt.
An diese Veranstaltungsreihe wird
im Herbst / Winter 2006 mit einer
4-tägigen Seminarreihe angeknüpft.
1. Tag:
Unser Hof und seine
Ressourcen
Ziel ist es die eigene betriebliche
und familiäre Entwicklung in den
Blick zu bekommen und so, etwas
abseits vom vorwärts treibenden
Alltagsbetrieb den Standort und
die eigenen Stärken und Schwächen zu bestimmen.
2. Tag:
Zwischen Kosten- und
Arbeitsfalle
Hier geht es darum, die wirtschaftliche Situation als Familie zu analysieren um bei weiteren Entwicklungsschritten die „Arbeitsfalle“
und die „Wirtschaftlichkeitsfalle“
möglichst zu vermeiden.
3. Tag:
Szenarien für unsere
Zukunft
An diesem Tag geht es darum,
Veränderungen der Rahmenbedingungen
zu
analysieren,
Wunschbilder und Vorstellungen
für die Zukunft miteinander auszutauschen und auf der Grundlage
der eigenen Situationsbestimmung
zu sehen, was davon zu verwirklichen ist.
4. Tag:
Wir entwickeln unser
eigenes Konzept
Anhand der erarbeiteten Szenarien gilt es nun, mögliche erste
Schritte auf ein gewähltes und für
realistisch befundenes Ziel hin zu
planen und anzupacken.
Bei dieser Seminarreihe werden
über die wichtigen betriebswirtschaftlichen Aspekte hinaus vor allem auch die familiären Situationen, landschaftlichen Gegebenhei-
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ten, Fähigkeiten und Interessen
der Familienmitglieder etc. miteinbezogen.
Hilfestellungen bei der täglichen
Arbeit und Synergieeffekte können
genutzt werden.
Ein weiteres intensives Arbeitsfeld
ist die Öffentlichkeitsarbeit/ Kommunikation.
Eine wichtige Funktion nimmt das
Projekt auch bei der Vermittlung in
Konflikten unterschiedlicher Interessengruppen ein.
Die zwei wesentlichen Zielgruppen, die im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Modellprojekts
angesprochen werden sollen, sind
einerseits die allgemeine Bevölkerung, die direkt (z.B. Landschaftsbild, Freizeit und Erholung) und
indirekt (z.B. Kaltluftabflussbahnen) von der offenen Landschaft
profitiert. Andererseits sind dies
die Leistungsträger, die durch ihre
Arbeit zur Offenhaltung der Flächen beitragen und die Entscheidungsträger, die Einfluss auf die
Umsetzung haben.
Hier fanden unterschiedlichste
Veranstaltungen statt um einerseits die Aufmerksamkeit auf die
Besonderheiten unserer Landschaft zu richten und andererseits
die Situation der Landwirtschaft
darzustellen. Z. B. durch:
Informations-Stände / Plakate
Gewinnspiele
Geführte Wanderung in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule
Großspielprojekt
WALDWASSER-WIESE des Jugendund Kinderbüros Schramberg
usw.
Auch zahlreiche Projektpräsentationen, Gesprächen und Diskussionsrunden mit den Leistungs- und
Entscheidungsträgern der Region
fanden statt, die an dieser Stelle
jedoch nicht näher dargestellt
werden können.
Das Modellprojekt steht auch über
die Gebietsgrenzen hinaus mit anderen Gemeinden und an der gleichen Thematik arbeitenden Organisationen bzw. Gruppierungen in
Kontakt. Nach dreijähriger Projektphase ist inzwischen deutlich
sichtbar wie sich hier durch die
kontinuierliche Arbeit ein Netzwerk
herausbildet. Dieses bietet durch
den möglichen Austausch wichtige
Fazit
In den 3 ½ Jahren konkreter Projektarbeit wurden verschiedenste
Teilprojekte angestoßen und erfolgreich umgesetzt.
Neben den mess- und quantifizierbaren Ergebnissen (wie z.B.
Vermittlung von ca. 75 ha Grünland, Sicherung von weiteren 60
ha durch die Berg- und Talwiesen
GbR,
Erstpflegemaßnahmen,
durchgeführte
Veranstaltungen)
lassen sich folgende wichtige Erfahrungen festhalten:
Für die konkrete Arbeit bedarf
es geeigneter Daten, z.B. ein
Mindestflurkonzept, als Planungsgrundlage und Förderkulisse.
In manchen Städten / Gemeinden fand erst durch das Modellprojekt eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema „Offenhaltung“ statt.
Da die Ausgangsvoraussetzungen in jeder Gemeinde, ja
sogar in jedem Talzug, anders
gelagert sind, gibt es keine allgemeingültigen Lösungen. Es
sind jeweils individuelle Lösungen zu finden. Daher sind die
Tätigkeitsschwerpunkte
und
damit auch die Ergebnisse in
den verschiedenen Modellgemeinden auch sehr unterschiedlich.
Ein Teilprojekt lässt sich nur erfolgreich umsetzen, wenn
die geeigneten Partner vorhanden sind bzw. sich in der geeigneten Konstellation zusammenfinden und
das Engagement der Gemeinden und involvierten Behörden
vorhanden ist.
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Dabei ist das zielgerichtete Arbeiten aller Beteiligten von besonderer Bedeutung, insbesondere da
teilweise erhebliche bürokratische
Hürden zu überwinden sind.
Zentrale Aufgabe des Projektmanagements war es, das vorhandene Potential aufzunehmen und mit den interessierten
Personen gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Dies Bedarf
der Akzeptanz und des gegenseitigen Vertrauens.
Für die Vertrauensbildung wesentlich war, dass die Geschäftsstelle vor Ort im Rathaus Schiltach eingerichtet
wurde und ein enger Kontakt
zu den Akteuren, insbesondere
den Landwirten, aufgebaut werden konnte.
Die Kerngruppe mit Vertretern
der Städte/Gemeinden, verschiedener
Behörden
und
Landwirten erwies sich als
wichtiges Lenkungsinstrument.
Abschließend kann gesagt werden, dass der verfolgte integrative
Ansatz und das bottum-up-Prinzip
die wesentlichen Erfolgsfaktoren
darstellten.
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Um diese Prinzipien umzusetzen
bedarf es aber einer zentralen
Stelle. Im Modellprojekt ist diese
Stelle das Projektmanagement,
das die Ideen sammelt, Projekte
definiert und die verschiedenen
Akteure koordiniert.
weiterzuführen. Mit weiteren interessierten Gemeinden ist man im
Gespräch.
Das Modellprojekt konnte sich als
unabhängige Anlaufstelle etablieren und eine breite Akzeptanz
aufbauen.
Die Aufgabenbereiche werden
ähnlich gelagert sein wie in der
Modellphase. Das zentrale Aufgabenfeld stellt auch weiterhin das
Flächenmanagement
und
die
Landschaftspflege dar.
Gleichermaßen gilt es zu sagen,
dass sich viele Akteure in den letzten Jahren sehr intensiv für das
Thema „Offenhaltung“ und die einzelnen Teilprojekte engagiert haben und dem Modellprojekt von
Beginn an mit großer Offenheit
begegnet wurde.
Ausblick
Das Modellprojekt endet im Dezember 2006. Aufgrund der positiven Erfahrungen haben die Städte
und Gemeinde des Modellgebiets
sowie zusätzlich die Stadt Wolfach
beschlossen einen Landschaftserhaltungsverband (LEV) als Folgeorganisation zu gründen, um die
begonnen Arbeiten kontinuierlich
Studie der BfEL in Kiel untersucht Einkaufsverhalten Verbraucher zahlen mehr für
regionale Produkte
innovative Studie der Kieler Forscher eine weit stärkere Aussagekraft als Ergebnisse, die auf Basis
üblicher Willensbekundungen im
Rahmen von Befragungen analysiert werden.
(aid) - Verbraucher sind bereit, einen höheren Preis für Nahrungsmittel zu bezahlen, wenn sie aus
der näheren Umgebung stammen
und die Bauern direkt unterstützen. Dieses Ergebnis der umfassenden Studie des Instituts für die
Ökonomie der Ernährungswirtschaft an der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel (BfEL) am Standort Kiel
fußt auf den Beobachtungen des
tatsächlichen Einkaufsverhaltens
der Verbraucher. Insofern hat die
Zu diesem Zweck wurde eine
neue Milchmarke kreiert. Wer die
"ErzeugerfairMilch" kauft, der zahlt
für die Milch aus der Region einen
Mehrpreis von 5 Cent pro Liter,
der vom Handel über die Molkerei
direkt an die Landwirte durchgereicht wird und damit das Milchgeld erhöht. Die Milchverpackungen sind entsprechend markiert.
Im Verlauf der Studie zeigte sich,
dass sich der Absatz von Milch mit
dem "5 Cent Siegel" deutlich erhöhte, teilweise um bis zu 100 %.
Kurz mitgeteilt
Auch im LEV werden weiterhin der
integrative Ansatz und das bottumup-Prinzip verfolgt.
Den Städten und Gemeinden ist
es besonders wichtig, den Landwirten auch in Zukunft eine unabhängige Anlaufstelle anzubieten.
Weiter ausgebaut wird auch in Zukunft die enge Zusammenarbeit
zwischen Landwirten, Kommunen
und Behörden.
Auch in Zukunft wird im Rahmen
des LEVs die Möglichkeit bestehen flexibel auf sich ändernde
Ausgangssituationen zu reagieren.
Durch die Gründung des LEVs
engagieren sich die Städte und
Gemeinden vorbildlich und zukunftsweisend für den Erhalt und
die Entwicklung unserer Landschaft.
Zudem konnten Neukunden gewonnen werden. "Wir werden diese Marke auch weiterhin pflegen",
unterstrichen Joe Steffen als Vertreter der Meierei Trittau und
Heinz Elfenkämper-Raymann vom
Hamfelder Hof.
"Aus den Ergebnissen unserer
Studie in Hessen und im Norden
ergeben sich völlig neue Vermarktungsperspektiven gerade für die
mittelständische
Milcherzeugerund Vermarkterstruktur", stellen
Dr. Holger D. Thiele und Dr. Henrike Burchardi von der BfEL fest,
"der Verbraucher erhält die Möglichkeit, auf diesem Wege ganz direkt etwas Gutes für die Landwirte
in seiner Region zu tun".
aid PresseInfo 43/06
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