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Dieselfloater Transport + Logistik
DIE SERIE
Erfolgreich im Vertrieb
punkten
■ VR 6: Sinkende Diesel-
preise – was nun zu tun ist
■ VR 7: Mehr Umsatz dank
Disponenten erreichen
■ VR 8: Mehr Erfolg – mit einer
starken Unternehmensmarke
Fotolia/ktsdesign
Angesichts der steigenden Fahrerlöhne
ist der derzeit günstige Dieselpreis nur
ein Tropfen auf den heißen Stein für
viele Transporteure
Dieselfloater – jetzt
abschaffen?
V
iele Transportunternehmer trauen
ihren Augen kaum: Weniger als ein
Euro für den Liter Diesel an der
Tankstelle? Damit ist Kraftstoff so billig wie
seit fünf Jahren nicht mehr. Und Großverbraucher bekommen den Diesel noch günstiger. Nach Jahren drückend hoher Dieselkosten also eine gute Nachricht für das
Transportgewerbe, sollte man meinen.
Doch anscheinend profitieren nicht alle
vom billigen Öl. In der Presse ist nämlich
schon zu lesen, dass der Preisverfall bei einigen Speditionen an den Einnahmen nagt.
Der Hintergrund: Rund 80 Prozent aller
Dienstleister haben laut einer Umfrage im
Rahmen des VerkehrsRundschau-Index
mittlerweile einen Dieselfloater in ihre Verträge aufgenommen. Er steigt oder fällt, je
nachdem, wie sich der Ölpreis entwickelt.
Der Knackpunkt: Dieser sogenannte Floater könnte – wenn der Preisverfall weitergeht – auch zu Abschlägen führen, sodass
die Frachtrechnung am Schluss kleiner ausfällt. Ist diese Entwicklung bedenklich?
Und sind Spediteure, die künftig auf den
Floater verzichten, womöglich im Vorteil?
ausmacht. Es bleiben noch Faktoren wie
Löhne oder Wartungskosten und die sind
gestiegen“, betont Adolf Zobel, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundes-
Rund 25 Prozent sind Treibstoffkosten
Grundsätzlich sehen die Marktteilnehmer
das Thema gelassen. „Alle reden davon,
wie gut es der Branche im Moment geht.
Aber man muss auch bedenken, dass
Treibstoff nur rund ein Viertel der Kosten
„Der Dieselfloater ist ein
Nullsummenspiel, ich verstehe
die Aufregung nicht“
Kellershohn
Mittlerweile haben 80 Prozent
der Transport- und Speditionsdienstleister Dieselfloater mit
ihren Kunden vereinbart.
Angesichts des momentanen
Dieselpreis-Verfalls werden
mancherorts bereits Diskussionen laut, den Floater als Instrument aufzugeben. Warum
Experten davon abraten.
WILLI KELLERSHOHN,
Geschäftsführer der Spedition Kellershohn
VerkehrsRUNDSCHAU 6/2015
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Fotolia/Aroitner
Transport + Logistik Dieselfloater
Billig tanken – der
Ölpreis-Verfall
macht‘s möglich
verbandes Güterkraftverkehr, Logistik
und Entsorgung (BGL) in Frankfurt/
Main. Konkreten Handlungsbedarf sieht
die Branchenorganisation derzeit nicht, sie
empfiehlt weiterhin den Einsatz von Zuschlagsklauseln, „das jetzt zu ändern, wäre
tödlich“, findet Zobel.
Ähnlich gelassen wie die Verbände sehen
auch die meisten Unternehmen den Ölpreisverfall. „Für mich ist das Thema völ-
lig irrelevant“, sagt zum Beispiel Willi Kellershohn. Der Spediteur aus Lindlar hat
schon vor Jahren einen Dieselzuschlag in
seine Verträge aufgenommen – auch,
wenn nicht alle Kunden damals davon begeistert waren. Die Umsetzung in der Praxis ist simpel: Jede Woche wird geprüft,
wie hoch der durchschnittliche Dieselpreis
ist, den der ADAC erhebt, und dann der
Zuschlag mithilfe eines Excel-Werkzeugs
TIPPS FÜR DIENSTLEISTER
Argumente für Preisgespräche
Die Dieselpreise sinken – mit welchen Argumenten Transport- und Speditionsdienstleister ihren Kunden bei Preisgesprächen
den Wind aus den Segeln nehmen können:
■ „Treibstoffkosten sind nicht alles.“
Tatsache ist: Die Ausgaben für Diesel machen
bei einer Spedition im Schnitt rund 20 bis 25
Prozent der Gesamtkosten aus. Der Rest entfällt
unter anderem auf Wartung, Reparatur und
Löhne. Vor allem Letztere werden in diesem
Jahr aufgrund des Fahrermangels weiter steigen. Branchenkenner erwarten, dass Bruttolöhne von 3000 Euro und mehr bald Standard
sein werden. Momentan liegt der Durchschnittslohn bei rund 2000 Euro.
■ „Die Dieselpreise steigen bald wieder.
Jetzt neu zu verhandeln lohnt nicht.“
Hintergrund: Auslöser des niedrigen Ölpreises
ist das gestiegene Angebot aus den USA, wo
man verstärkt sogenanntes Schieferöl fördert.
Doch das ist technisch aufwendig und wird
unrentabel, sollte der Ölpreis weiter sinken.
Experten der Ratingagentur Moody’s erwarten,
dass der Rohstoff nicht mehr wesentlich billiger
wird, sondern sich tendenziell wieder verteuert.
■ „Wir können einen Floater vereinbaren,
dann profitieren Sie, wenn der Ölpreis
noch weiter sinkt.“
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6/2015 VerkehrsRUNDSCHAU
Viele, aber noch längst nicht alle Spediteure
haben Zuschlagsklauseln (Dieselfloater) in
ihre Verträge geschrieben. Experten empfehlen dies dringend. Das Prinzip: Auf die gesamten Frachtkosten wird ein prozentualer Aufschlag erhoben, der sich nach der Höhe der
Treibstoffkosten richtet.
Die notwendigen Daten für die Vertragsgestaltung bietet zum Beispiel der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) (www.bgl-ev.de/web/initiativen/
kosten_diesel.htm). Für Verlader bedeuten
Floater: Sie können eventuell sogar mit einem
Abschlag rechnen, sollte der Ölpreis weiter
fallen.
■ „Wir können Ihnen jetzt eine feste Rate
anbieten, die auch bei steigenden
Ölpreisen gleich bleibt.“
Dafür muss der Speditionsunternehmer ein
sogenanntes Absicherungsgeschäft
(Hedging) tätigen. Es wirkt ähnlich wie eine
Versicherung: Steigt der Dieselpreis über das
abgesicherte Niveau, bekommt der Spediteur
die Mehrkosten erstattet. Sinkt der Ölpreis
darunter, muss der Unternehmer den gesparten Betrag in die Absicherung einzahlen. So
bleibt seine Marge immer gleich. Verlader
sind oft bereit, für solche Angebote einen
Aufpreis zu zahlen, weil der Festpreis ihnen
Planungssicherheit bringt. Absicherungszertifikate verkaufen Banken oder spezialisierte
Makler wie Fuelguard. cg
berechnet; von einer monatlichen oder
quartalweisen Anpassung rät Kellershohn
ab, weil so kurzfristige Nachteile für den
Kunden entstehen könnten. Im letzten
Jahr lag der Zuschlag bei gut sieben Prozent auf den Grundpreis, mittlerweile ist
er auf fast drei Prozent gesunken. Mindereinnahmen entstehen dem Spediteur dadurch nicht, schließlich waren ja auch
seine Ausgaben geringer. „Das ist ein Nullsummenspiel, ich verstehe die Aufregung
nicht“, so Kellershohn. Theoretisch wäre
es sogar möglich, dass bei weiter fallenden
Preisen aus dem Zu- ein Abschlag wird,
aber auch das sieht der Transportunternehmer nicht als Problem an.
Verlader wünschen Festpreismodelle
Wie werden die Verlader auf diese Entwicklung reagieren? Unternehmen, die
mit ihrem Dienstleister schon einen Vertrag mit Zuschlagsklausel ausgehandelt
haben, profitieren aktuell von niedrigen
Logistikkosten und haben keinen Handlungsbedarf. Der Rest der verladenden
Wirtschaft könnte den niedrigen Dieselpreis zum Anlass zu nehmen, mit dem
Spediteur neu zu verhandeln. Dann könnte zum Beispiel die Forderung „Wir wollen
einen Festpreis“ auf den Tisch kommen
(siehe Kasten Seite 24).
Wie darauf reagiert werden kann, zeigt ein
Beispiel aus der Luftfrachtbranche, wo
Emirates SkyCargo gerade ein interessantes Angebot vorgestellt hat. Die Golf-Airline bietet ihren Kunden seit dem ersten
Februar eine sogenannte All-in-Rate an:
Kunden zahlen lediglich noch einen Preis
pro Kilogramm. Das ist ein dramatischer
Bruch mit der bisherigen Politik. Die Preise in der Luftfracht haben sich in den letzten Jahren nämlich zu einem sehr unübersichtlichen Wust aus eigentlicher Frachtrate, Treibstoff- und Sicherheitszuschlägen
entwickelt. Nach Einschätzung des DSLV
ist das Umschwenken von Emirates nicht
nur eine Reaktion auf den sinkenden Ölpreis, allerdings dürfte er eine maßgebliche Rolle bei der Entscheidung gespielt
haben.
Protect-Zertifikate zur Absicherung
Können auch kleine Transportunternehmen solche Festpreismodelle anbieten?
Mit der entsprechenden betriebswirtschaftlichen Absicherung ist das durchaus
möglich. „Wer einen langfristigen Vertrag
ohne Floater mit seinem Verlader abgeschlossen hat, sollte sich etwa über ein
Protect-Zertifikat absichern“, empfiehlt
Dieselfloater Transport + Logistik
INTERVIEW
„Es wäre kontraproduktiv, den Floater jetzt loszuwerden“
Warum Transport- und Speditionsbetriebe am Instrument Dieselfloater festhalten sollten,
sagt Philipp Biermann, Logistikexperte bei der Strategieberatung Simon-Kucher & Partners.
Kosten für den Anbieter. Abgesehen davon ist
der Zuschlag beim derzeitigen Dieselpreisniveau in aller Regel noch positiv. Insofern wäre
es kontraproduktiv, den Floater loszuwerden.
Er müsste ja direkt in eine Preiserhöhung überführt werden, damit sich das rechnet. Dass dies
gelingt, ist eher unwahrscheinlich. Und was,
wenn im Laufe dieses Jahres wieder das Preisniveau aus dem Jahr 2012 erreicht wird? Dann
kann ein Dienstleister schlecht den Dieselfloater einfach wieder einführen. Nein, generell ist
der Floater ein faires Preisinstrument für alle
Beteiligten – auch in Zeiten niedriger Dieselpreise.
Andererseits führen eben diese Dieselfloater angesichts der im Moment niedrigen
Dieselpreise auch zu sinkenden Einnahmen. Sollten Transport- und Speditionsdienstleister deshalb nun versuchen, sie
durch Neuverhandlung wieder loszuwerden?
Dass die Einnahmen durch den Floater aktuell
sinken, ist richtig. Allerdings sinken ja auch die
Welche Alternativen gäbe es denn überhaupt zu den Floatern, die Sie empfehlen
könnten?
In Zeiten niedriger Umsätze durch die Treibstoffzuschläge lohnt es sich durchaus, über
alternative Instrumente zur Ertragsoptimierung nachzudenken. Anbieter sollten sich zum
Beispiel fragen, ob sie wirklich alle möglichen
Zuschläge berücksichtigt haben und ihre
Benjamin Berndt, Geschäftsführer von
Fuelguard, Berlin. Das sogenannte Protect-Zertifikat, das sein Haus anbietet,
funktioniert wie eine Art von Versicherung, die alle Zusatzkosten deckt, wenn
der Dieselpreis steigt.
Böse Überraschungen vermeiden
Folgende Beispielrechnung zeigt, wie das
funktioniert: Ein Transportunternehmer
erwirbt ein Zertifikat, das ihm jeden
Monat 50.000 Liter Diesel zum Preis von
1,20 Euro garantiert. Die Laufzeit beträgt
drei Monate, das Zertifikat kostet 4500
Euro. Sinkt der tatsächliche Kraftstoffpreis zum Beispiel auf 1,10 Euro, passiert
nichts – allerdings sind die Kosten für das
Zertifikat dann „untergegangen“. Steigt
der Preis dagegen auf 1,30 Euro an, trägt
die Absicherung die Zusatzkosten von
5000 Euro (50.000 Liter mal 10 Cent). Natürlich können auch Verladerunternehmen solche Absicherungsgeschäfte betreiben.
Gerade mit der Aussicht auf wieder steigende Ölpreise könnte es für Speditionen
interessant sein, ein solches sogenanntes
Hedging zu betreiben. Sie könnten dem
Kunden auf diese Weise einen planbaren
Festpreis anbieten und gleichzeitig ihre
Zusatzleistungen wie Versicherungen, Neuverpackung, Entsorgung proaktiv genug verkaufen und auch entsprechend berechnen. Werden alle Preise regelmäßig, also bei jedem einzelnen Kunden einmal pro Jahr, an die allgemeine Kostenentwicklung angepasst? Werden
Zahlungsbereitschaften in den Preisverhandlungen ausreichend ausgeschöpft?
Transport- und Logistikdienstleister haben also
zahlreiche Möglichkeiten, die Preissetzung zu
verbessern. In Anbetracht
der hohen Aufmerksamkeit, die der Dieselpreis derzeit
genießt, gehört eine
Manipulation am
Floater jedoch eher
nicht dazu. cg
Philipp
Biermann
Simon-Kucher & Partners
Sie sind Logistikexperte bei der Beratung
Simon-Kucher & Partners, die sich unter
anderem auf das Thema Preisgestaltung
spezialisiert hat. Wie sinnvoll sind
prinzipiell Dieselfloater?
Solche Dieselfloater sind absolut sinnvoll, weil
ein Transport- und Logistikdienstleister damit
nicht das Risiko steigender Kosten trägt. Deshalb sollte er zum Beispiel auch die Lkw-Maut
immer als variablen Faktor in den Vertrag aufnehmen. Inzwischen sind bei vielen Dienstleistern diese Vertragsklauseln Standard und lassen sich deshalb in der Regel auch gut am
Markt durchsetzen.
Marge erhöhen. Denn für das Verspre- bestimmten Zeitraum (üblich sind sechs bis
chen, auch in Zukunft keine bösen Über- neun Monate) Treibstoff zu einem festgeraschungen auf der Frachtrechnung zu legten Preis zu liefern. Der Nachteil dabei
finden, sind viele Verlader bereit, einen ist: Das Speditionsunternehmen muss die
Aufpreis zu zahlen. Die nötigen Finanzin- vereinbarte Menge abnehmen beziehungsweise über ausreichend Kapazitäten verfüstrumente (etwa Futures oder Optionen)
gen, um sie einzulagern. Und auch bei diebieten Banken und spezialisierte Makler
an. Wichtig allerdings: Der Spediteur soll- sem Sicherungsinstrument gilt: Fällt der
te dem Kunden klarmachen, dass der Fest- Preis erneut, muss zähneknirschend das
alte Niveau gezahlt werden.
❙❚■
preis auch dann noch steht, wenn die
Kraftstoffkosten weiter sinken sollten.
Constantin Gillies, freier Journalist
Denn für ausgeschlossen halten Experten
das nicht, schließlich waren die Ölpreise im Jahr
2009 noch viel
niedriger als im
Moment.
Transportabwicklung
Lagerverwaltung
Eine weitere MögFuhrparkmanagement
Tourenplanung
lichkeit, um sich
gegen steigende
Ölpreise abzusichern, sind sogenannte DieselKontrakte, wie sie
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VerkehrsRUNDSCHAU 6/2015
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