Bebauungsplan „Chausseewiesen“ in Germersheim ArtenschutzVerträglichkeitsuntersuchung nach § 44 BNatSchG Juni 2015 erstellt von: Dipl. Biol. Matthias Kitt Raiffeisenstraße 39 76872 Minfeld www.biologe-kitt.de im Auftrag von: Pröll-Miltner GmbH Architekten-Ingenieure Am Storrenacker 1 b 76139 Karlsruhe BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim 1 Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung Anlass und Zweck Die Stadt Germersheim will einen vorhabensbezogenen Bebauungsplan „Chausseewiesen“ im Bereich des Bahnhofes in Germersheim erstellen. Weite Teile des Plangebietes liegen auf ehemaligem Bahngelände, ein kleiner Teil umfasst alte Kleingärten. Da im Gebiet mit Vorkommen von seltenen Tierarten zu rechnen ist, hat die Untere Naturschutzbehörde die Erstellung einer Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung gefordert. 2 Rechtliche Grundlagen Neben der Eingriffsregelung (§ 15) bildet im BNatSchG der Artenschutz ein eigenständiges Regelungsfeld. Grundlage dafür sind die neu gefassten §§ 44 und 45 BNatSchG. Nach § 44 (1) BNatSchG ist es verboten, - - - wildlebende Tiere der besonders und der streng geschützten Arten zu fangen, zu verletzen oder zu töten wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten erheblich zu stören Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten zu beschädigen oder zu zerstören Bei nach der Eingriffsregelung zulässigen Eingriffen und bei Betroffenheit von Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie, von europäischen Vogelarten oder solchen Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt nach § 44 (5) ein Verstoß gegen oben genannte Verbote (Zugriffsverbote) nicht vor, wenn die ökologischen Funktionen ihrer vom Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt werden. Dazu sind z.B. vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im Aktionsbereich der lokalen Population möglich (so genannte „CEF-Maßnahmen“ = continuous ecological funcionality). Im Plangebiet kommen Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie wie auch europäische Vogelarten vor. Somit besteht grundsätzlich die Möglichkeit des Eintretens von Verbotstatbeständen des § 44 (1) BNatSchG. Kann das Eintreten von Verbotstatbeständen nicht vermieden werden, erfordert das Vorhaben eine Ausnahme gemäß § 45 (7) BNatSchG. Die Ausnahme kann nur erteilt werden, wenn die sich aus Artikel 16 der FFH-Richtlinie ergebenden Voraussetzungen für die Ausnahme erfüllt sind. Dies sind insbesondere zwingende Gründe des öffentlichen Interesses, die das Vorhaben erforderlich machen und das Fehlen von Alternativen mit geringeren Beeinträchtigungen. Ferner darf der Erhaltungszustand der betroffenen Arten nicht verschlechtert werden. 2 Beschreibung des Plangebietes Das Plangebiet liegt im Nordwesten der Stadt Germersheim, unmittelbar nördlich des alten Bahnhofs zwischen den Bahngleisen im Südwesten und dem Germersheimer Gewerbegebiet im Nordosten. Dorthin wird es begrenzt durch die Straßen „In der Kronenbleis“ und „Am alten Bahnhof“. Nach Norden läuft die Fläche im Gleisbogen spitz aus, nach Süden hin bildet die dortige Bebauung (Hausnummer 33) die Grenze. 2 BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung Es liegt in keinem Schutzgebiet irgendwelcher Kategorie. Etwa 300 m westlich beginnt in Form des US-Army Depots das Vogelschutzgebiet 6715-401 „Offenbacher Wald, Bellheimer Wald und Queichwiesen“. Im Süden liegt das FFH-Gebiet 6715302 „Bellheimer Wald mit Queichtal“ in Form des schmalen Bandes der Queich etwa 500 m entfernt. Das Plangebiet weist auch keinerlei besonders geschützte Biotoptypen auf. Die nächstliegenden schutzwürdigen Lebensräume liegen westlich der Bahngleise in der Lingenfelder Au, ausgebildet als Röhricht, Nass- und Feuchtwiesen. Zwischen den Bahngleisen und der B 35 im Norden finden sich keine schutzwürdigen Biotope. Abb. 1: Plangebiet – nördlicher Teil Im Nordteil grenzt von Osten her ein tief eingeschnittener, langsam fließender Graben an, der Richtung Norden zum „Kleinrheingraben“ hin entwässert. Zwischen diesem Graben und dem durch Aufschotterung stark erhöhten Gelände der Bahnanlagen im Südwesten liegt ein Kleingartengebiet mit zahlreichen, teils völlig verfallenen Gartenhütten und Holzunterständen sowie mit Schutt und Schrott aller Art. Ein angrenzender Spielplatz gehört nicht zum Plangebiet. Das Gelände wurde in den zurückliegenden Jahrzehnten teils als Gemüse- und Obstgarten, teils aber auch als Freizeit- und Grillgelände genutzt. In den vergangenen Jahren verfielen die Hütten zusehends und die Gärten verbrachten. Inzwischen sind sie im Besitz von Herrn D. BRUCH, der die Bebauung anstrebt. Bereits im vergangenen Winter wurden Teile des Gartengeländes gerodet und die Hütten abgerissen. Das angefallene Material wurde – getrennt nach den Materialien Metall, Holz, Steine und Bauschutt – auf der angrenzenden alten Rampe des Bahngeländes gelagert. Diese Rampe überragt das gesamte Gelände und ist teilweise asphaltiert, teilweise geschottert. 3 BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung Abb. 2: Plangebiet – südlicher Teil Im Gartenbereich befinden sich einige größere Bäume (ein Ahorn mit BHD 50, mehrere Nussbäume, Erlen, Fichten) sowie mehrere kleine Obstbäume. An der Grenze zum Spielplatz stehen eine starke Kirsche (BHD 60 cm) und ein Nussbaum (BHD 50 cm), entlang des Grabens weitere schwächere Gehölze wie Robinie, Ahorn, Korkenzieher-Weide, Kirsche, Erle und Holunder. Nach Südosten hin zieht sich entlang der Straße ein geschotterter Lagerplatz mit zwei starken Pappeln und einigen jungen Ahornbäumen. An diesen Platz grenzt ein altes Werksgebäude der DB an. Zur Straßenseite stehen dort 3 starke Kiefern, ein Nussbaum und dichter Gehölzunterwuchs aus Heckenrose, Pfaffenhütchen, Spitzahorn und Brombeere. Das Bahngebäude besitzt ein rundum gut verschaltes Eternitdach, das vereinzelte Beschädigungen aufweist. Das südlichste Ende des Plangebietes ist gegen die Straße durch 4 starke Kastanien (BHD bis 70 cm) abgegrenzt. Es weist Ruderalvegetation magerer Standorte (Schöllkraut, Resede) bis hin zu eutophierten Standorten (Brennesselfluren mit Brombeere) auf und dient als Lagerplatz für Holz, Sandsteine und Bauschutt. In der Nähe des Bahngebäudes sind Betonsteine und Holzpaletten gelagert. Vom Süden her zieht sich zwischen den beschriebenen Flächen, entlang des Bahngebäudes, des Lagerplatzes und der alten Rampe eine mehr oder weniger breite Schotterfläche an den Gleisen entlang nach Norden, abgegrenzt durch einen Kabelschacht in Form von abgedeckten Betonsteinen. Die Fläche ist stark ruderalisiert und weitgehend in Verbuschung begriffen. Es finden sich dichte Bereiche mit Robinien, Hartriegel, Brombeere und Heckenrose, ansonsten Goldrutenbestände, Zaunrübe, Königskerze und Landreitgras. Ein schmaler Streifen Schotters wurde vor kurzem probeweise abgeschoben. 4 BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung Die alte Rampe wies früher zu den Gleisen hin eine Sandsteinmauer auf. Diese Steine wurden in den zurückliegenden Jahren sukzessive entfernt. Jetzt ist dort an offenen Stellen noch der Unterbau aus Sand und Steinen zu erkennen. Auf der Rampe wurde durch den Eigentümer eine Sondierung des Rampenunterbaus vorgenommen und die gefundenen Materialien getrennt gelagert. Offenbar befindet sich unter dem Asphalt eine Schicht aus Kohleschlacken, dann folgt ein Steinsatz und schließlich Kies und Sand. Im nördlichsten Teil des Gebiets ist die Schotterfläche durch regelmäßiges Befahren weit offener ausgebildet, an der Einmündung der Straße „Zur Wörthspitze“ liegt in größerem Umfang Bauschutt. Entlang des angrenzenden Grabens stehen einige Birken sowie mehrere starke Weidenbäume. 3 Beschreibung des Vorhabens Im Nordteil des Plangebietes ist eine Baufläche für Gewerbe vorgesehen mit Zufahrt über die Straße „Zur Wörthspitze“. Die Zufahrt erweitert sich im Gebiet zu einer Straßenverkehrsfläche, die als Wendehammer dient. Beidseits ist eine Bebauung mit PKW- und LKW-Hallen, Bürogebäude und einem Wohnhaus geplant. Zwischen den Hallen werden PKW-Stellplätze errichtet. Der nördlichste Teil dient als private Grünfläche mit Baumpflanzungen. Zum östlich gelegenen Graben hin entsteht ein durchgehender Streifen für „Maßnahmen zum Schutz und zur Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft“, der ein Fahrrecht zur Unterhaltung des Grabens beinhaltet. An der westlichen und südlichen Grenze des Gewerbebereichs wird ein Streifen von ca. 2 m als Grünfläche mit Pflanzgebot ausgewiesen, südlich angrenzend liegt ein Streifen mit Geh- bzw. Fahrrecht. Der südliche Teil des Plangebietes ist als Mischgebiet vorgesehen. Im Bereich der Straße „In der Kronenbleis“ ist eine zweireihige Bebauung mit Einfamilienhäusern mit einer zentralen Erschließungsstraße vorgesehen, entlang der Straße „Am alten Bahnhof“ eine einreihige Bebauung. Auch hier wird im Norden entlang des Grabens ein Grünstreifen mit Fahrrecht zur Grabenunterhaltung eingerichtet. Entlang der Gleise entsteht ein privater Grünstreifen mit Pflanzgebot. Das Gesamtgebiet wird zu den Bahngleisen hin durch eine neu zu errichtende Gabionenwand von etwa 2,5 m Höhe und einer Tiefe von mindestens 0,75 m abgegrenzt. Zur Baufeldeinrichtung ist es zunächst nötig die alte Rampe abzutragen und anschließend wird der nördliche Teil des Gebietes planiert. Der Eigentümer Herr BRUCH plant zunächst nur die Bebauung der Gewerbefläche. Die Bebauung im Mischgebiet wird über mehrere Jahre sukzessive erfolgen. Der Kleingartenbereich ist bereits in Teilen abgeräumt, der Rest der Fläche wird bis zum Herbst 2015 beseitigt werden. 4 Wirkungsprognose Bei Eingriffen und Vorhaben sind grundsätzlich baubedingte, anlagebedingte und betriebsbedingte Wirkungen zu unterscheiden, die sich auch artenschutzrechtlich auswirken können: 5 BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung - baubedingte Auswirkungen treten zeitlich begrenzt nur während der Bauphase auf, das heißt, ihre Auswirkung auf die Schutzgüter ist vorübergehend - anlagebedingte oder betriebsbedingte Auswirkungen treten auch nach Abschluss der Bauphase auf; sie können die Schutzgüter dauerhaft beeinflussen (z.B. Versiegelung von Flächen, Störung durch Gebäude) oder auch nur zeitweise auftreten (z.B. Betrieb einer Fertigungsanlage oder Gaststätte) Mit dem Bauvorhaben sind folgende baubedingte Wirkungen verbunden: - Licht-, Lärm- und Schadstoffemissionen von Baufahrzeugen, Baumaschinen und Personal mögliche Emissionen durch den Einsatz von Bau- und Betriebsstoffen Flächeninanspruchnahme für Baustofflager oder Arbeitsstreifen baubedingte Erschütterungen durch Rüttelmaschinen zur Bodenverdichtung Räumung des Baufeldes (Beseitigung Kleingärten, Beseitigung alte Rampe, Beseitigung von Gehölzsukzession und von Schotterschichten, Auffüllungen) Anlagebedingt können folgende Wirkungen auftreten: - Überbauung von Lebensräumen von Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie sowie von Nahrungsräumen geschützter Vogelarten Betriebsbedingt ist mit folgenden Auswirkungen zu rechnen: - Lärmemissionen durch Bewohner und Befahrung der Zufahrtswege Lichtemissionen durch die bewohnten Häuser und die Betriebsflächen im Gewerbebereich Neben den üblichen Beeinträchtigungen wie Überbauung oder Zerstörung von Lebensräumen kann sich insbesondere Licht auf sehr sensible Vogelarten negativ auswirken. Für die Wirkung von Licht auf Vogelarten sind vor allem die Leuchtdichte (Zahl der Lichtquellen), aber auch der Kontrast zur Umgebung und die Leuchtpunkthöhe bedeutend. Licht kann vor allem zu einer Vorverlegung der Brutzeiten und somit zum Brutverlust sowie einer Veränderung von Tag/Nachtrhythmen führen. Bekannt sind auch Auswirkungen großer Lichtquellen auf den Vogelzug (E. INDERWILDI; http://www.sanu.ch/uploads/kursDoc/02_Inderwildi_Praesentation.pdf). Nach GARNIEL & MIERWALD (2010) sind verschiedene Gruppen von Vogelarten hinsichtlich ihrer Lärm-, aber auch ihrer Lichtempfindlichkeit zu unterscheiden. Auch Fledermäuse können auf starke Lichtquellen reagieren, indem sie ihre Quartiere später verlassen, womit sich eine verringerte Nahrungseffizienz ergibt (E. INDERWILI; s. oben). Zudem werden nachtaktive Insekten von künstlichen Lichtquellen angelockt und verlassen ihren eigentlichen Lebensraum, was sie an Nahrungs- und Partnersuche hindert. Das wiederum kann zu hohen Individuenverlusten führen und sich letztlich auf die Population auswirken (Lichtrichtlinie: Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmisionen - Beschluss des Länderausschusses für Immissionsschutz vom 10. Mai 2000). 6 BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim 5 Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung Lokale Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten Methodik Zur Erfassung von nach § 44 BNatSchG zu schützender Arten wurde das Plangebiet im Jahr 2015 an vier Terminen jeweils 4 Stunden begangen. Dabei wurde besonders nach Vogelarten und relevanten Arten der FFH-Richtlinie gesucht. Begehungstermine waren 12. März, 13. April, 24. April und 7. Mai. Zur Ermittlung relevanter Arten wurde auf die Angaben des räumlich zugeordneten Messtischblattes DTK5 4525452 sowie die TK25 6716 Germersheim (ARTeFAKT) zurückgegriffen. Weiter wurden alle Daten aus dem LANIS Rheinland-Pfalz (www.naturschutz.rlp.de/mapserver_lanis) ausgewertet. In den nachfolgenden Kapiteln werden die Arten des Gebietes aufgeführt, die für die Planungen relevant sein können. 5.1 Vorkommen/potenzielle Vorkommen von Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie Fledermäuse Lebensraumansprüche: Fledermäuse bevorzugen je nach Art ganz bestimmte, strukturreiche Landschaftsbereiche für ihre Jagdflüge. Dabei ernähren sie sich von verschiedensten Insekten. Bedeutend für ihre Ökologie sind entsprechende Winterquartiere, Wochenstuben und Tagesverstecke. Die kalte Jahreszeit überdauern die Fledermäuse im Winterschlaf. Als Winterquartiere dienen den meisten Arten Felshöhlen und Felsspalten, die tief genug sind um entsprechende frostfreie Räume zu gewährleisten. Einige Arten überwintern aber auch in Baumhöhlen (Großer Abendsegler) oder in Spalten von Gebäuden (Zwergfledermaus). Während des Sommers werden die Jungen in so genannten Wochenstuben aufgezogen, die sich meist in Baumhöhlen, Felshöhlen sowie in und an Gebäuden finden. Zudem dienen diese Strukturen auch als Tagesquartier der nachtaktiven Tiere. Verbreitung: Die sommerliche Verbreitung der Fledermäuse in der Pfalz weist einen Schwerpunkt in den klimatisch begünstigten Gebieten des Oberrheins auf, wobei sich die Nachweise auf die Bachtäler und Wälder der Schwemmfächer sowie auf die Rheinauen verdichten. Strukturarme Bereiche der Lößriedel werden offensichtlich selten bis gar nicht genutzt. Der Pfälzerwald ist im Winterhalbjahr von besonderer Bedeutung, da sich dort zahlreiche Höhlen als Überwinterungsquartiere finden. Im Plangebiet wurden die Fledermäuse nicht gezielt untersucht. Anhand von Literaturrecherchen (KÖNIG & W ISSING 2007) und den Daten aus „ARTeFAKT“ der rheinland-pfälzischen Naturschutzverwaltung zuzüglich der Fachdaten des LUWG, die 2011 im Rahmen der Erstellung eines Bewirtschaftungsplanes erhoben wurden und von Daten aus dem Jahr 2008 (Büro SFN) können jedoch folgende Arten für die weitere Umgebung des Plangebietes aufgeführt werden: 7 BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim Art Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung RLD V RLRP 1 FF H IV Fransenfledermaus (Myotis nattereri) 3 1 IV Großer Abendsegler (Nyctalus noctula) 3 3 IV Großes Mausohr (Myotis myotis) 3 2 II IV Kleiner Abendsegler (Nyctalus leisleri) G 2 IV Zweifarbfledermaus (Vespertilio murinus) G 1 IV Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) D 3 IV Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) Ökologie / Vorkommen in der Pfalz zwar selten, aber verbreitet; jagt in Siedlungen, entlang von Gewässern und in lichten Wäldern; in Dachstühlen von Gebäuden; Vermutlich in Sondernheim Art der Wälder und Parkanlagen; in der Regel in Baumhöhlen und Nistkästen. Gelegentlich auch Spalten an Gebäuden; Vorwiegend in Nistkästen in der Hördter Rheinaue an Gewässern, in Wäldern, aber auch in Siedlungen; Quartier in weitgehend freistehenden alten Bäumen aber auch Nistkästen; meist in Nistkästen in der Hördter Rheinaue Wochenstubenkolonien meist in großen Dachräumen, Jagdbiotope sind Wälder und strukturreiche Lebensräume; Große Kolonie in einem Dachstuhl in Germersheim lichte Wälder und Waldränder sowie strukturreiche Säume, auch in Siedlungen; Wochenstuben in Wäldern mit altem Baumbestand, seltener auch in Gebäuden oder Nistkästen; in Nistkästen der Hördter Rheinaue seltene Art in der Pfalz; nistet in Gebäuden und jagt in überwiegend offenen Landschaftsteilen, die mit Gewässern durchzogen sind; nur vereinzelte Rufe in der Hördter Rheinaue bekannt häufigste Art der Pfalz und weit verbreitet; Spaltenbewohner in Gebäuden, Felsen, Baumrindenspalten; oft in Siedlungsbereichen; in allen Siedlungen der Rheinniederung 1 = vom Aussterben bedroht; 2 = stark gefährdet; 3 = gefährdet; V = Art der Vorwarnliste; D = Daten defizitär; FFH = Schutzstatus nach FFH-Richtlinie; W = Waldart; G = Gebäudebesiedler; Die meisten für das Kartenblatt verzeichneten Arten haben ihre Vorkommen im Bereich der großen Auwälder in der Hördter Rheinaue. Einige Arten sind aus den umliegenden Siedlungsbereichen bekannt. Im Plangebiet selbst finden sich keinerlei Baumhöhlen, Nistkästen oder geeignete Gebäude. Es fungiert daher höchstens als Durchzugsgebiet zu den angrenzenden, besser strukturierten Waldrändern und Gebüschzonen in der Lingenfelder Au und dem nördlich gelegenen Lingenfelder Altrhein. Straßenlaternen im bebauten Bereich werden potenziell als Teiljagdgebiet genutzt. Einzig das alte Bahngebäude könnte unter Umständen Quartiere der Zwergfledermaus beherbergen. Dieses ist aber nicht Gegenstand der Untersuchung, da die Fläche im Besitz der Deutschen Bahn verbleibt und nicht bebaut wird. Sollte das Haus einmal zum Abriss anstehen, ist eine ökologische Bauüberwachung während der Arbeiten vorzusehen. 8 BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung Reptilien Mauereidechse (Podarcis muralis) Lebensraumansprüche: Als südeuropäische Art hat die Mauereidechse sehr hohe Wärmeansprüche. Sie besiedelt Gebiete aus einem Mosaik von niedriger Vegetation, völlig freien Gesteinsbereichen und einzelnen Gebüschen, wobei besonders der Faktor Wärme ausschlaggebend ist. Diese Ansprüche binden die Art an das Weinbauklima und lichte Felslandschaften. Für die Überwinterung und als Verstecke müssen Spalten, Fugen und Löcher im Boden sowie im Gestein vorhanden sein. Die Eiablage erfolgt in selbst gegrabenen Löchern in lockerem und besonntem Boden zwischen lückiger Vegetation. Erste Tiere kommen schon im Februar aus ihren Winterquartieren und paaren sich im April, die Eiablage erfolgt ab Ende Mai. Im milden Klima des Oberrheingrabens treten die Jungtiere bereits Ende Juli auf. Die Nahrungsgrundlage für Mauereidechsen sind Heuschrecken und andere Insekten, somit muss im Umfeld ein Mindestmaß an Vegetation vorhanden sein, in der sich genügend Insekten entwickeln können. Die Mauereidechse konnte im Gebiet nur sehr vereinzelt beobachtet werden. Es gelangen Nachweise eines subadulten Exemplars südlich des Bahngebäudes (13.4.) an den dort gelagerten Betonsteinen, eines subadulten Exemplars an Betonsteinen unmittelbar an der südlichen Gebietsgrenze (25.4.) und zweier adulter Exemplare an der Südseite des alten Bahnhofgebäudes (je 25.4. und 7.5.). Zunächst überrascht die geringe Populationsdichte im Bahnhofsbereich, da in ähnlichen Strukturen - z.B. auf dem Bahngelände in Landau – hunderte von Tieren zu beobachten sind, insbesondere auch entlang der Kabelschächte. Zur Verbreitung der Art in der Vorderpfalz geben die Daten aus www.artenfinder.rlp.de einen guten Überblick. Dort ist ein Schwerpunktvorkommen in den Städten und an Bahnlinien zu erkennen, vor allem entlang der Strecken Neustadt-Haßloch-SchifferstadtLudwigshafen und Neustadt-Landau-Herxheim. Vereinzelt existieren Vorkommen im Bahnbereichen bei Bad Bergzabern, Winden und Wörth. Keine Nachweise liegen aus Germersheim und Speyer vor. Dem Verfasser sind Vorkommen vom Sondernheimer Bahnhof bekannt. Die Mauereidechse hat also offenbar im Bereich Germersheim nur eine geringe Populationsdichte. Zauneidechse (Lacerta agilis) Lebensraumansprüche: Sie gilt als Waldsteppenbewohner mit kontinentalen Klimaansprüchen. Die Zauneidechse meidet geschlossene Wälder und intensive landwirtschaftliche Nutzflächen, besiedelt aber Waldränder, Hecken und insbesondere strukturreiches Kulturland. Ihr Habitat muss dabei ein kleinräumiges Mosaik von krautiger Vegetation, exponierten, über das Gelände leicht erhobenen Sonnenplätzen, offenen Eiablagestellen und Tagesverstecken aufweisen. Die Eiablage erfolgt in grabbaren Böden an sonnigen Stellen oder unter Steinen ab Ende Mai, nachdem die Tiere im Laufe des Monats März aus ihrer Winterruhe gekommen sind. Die Jungen schlüpfen ab Mitte Juli. Ende Oktober endet die Aktivitätsphase. Die Zauneidechse ernährt sich zur Hauptsache von Insekten und Weichtieren, selten auch von kleinen Jungtieren anderer Eidechsen sowie von neugeborenen Mäusen oder von Jungfröschen. 9 BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung Während der Begehungen konnte eine ausgewachsene Zauneidechse (7.5.) in einem Steinhaufen unmittelbar nördlich der Straßeneinmündung „Zur Wörthspitze“ beobachtet werden. Dort befindet sich ein alter Betonschacht der DB. Weitere potentielle Vorkommen der Art dürften entlang der Grabenböschung und möglicherweise in den Ruderalflächen im Südteil zu erwarten sein. Aus der Umgebung sind Nachweise unmittelbar westlich der Bahngleise an der K 31 bekannt. Die Zauneidechse ist recht schwer nachzuweisen. Oft liegen die Vorkommen unterhalb der Nachweisschwelle. Trotz mehrfacher Begehungen ohne Funde der Art können Exemplare vorhanden sein. Abb. 3: Punktdaten der Reptilienfunde (rot: Mauereidechse; grün: Zauneidechse; gelb: Schlingnatter) Schlingnatter (Coronella austriacus) Lebensraumansprüche: Die wärmeliebende Art bevorzugt halboffenes, trockenes und sonniges Gelände mit steinigem und somit Wärme speicherndem Untergrund mit zahlreichen Versteckmöglichkeiten wie Felsspalten und Mauerfugen. Dort liegen auch ihre Überwinterungsquartiere. Besonders häufig tritt sie dort auf, wo ein kleinflächiges Mosaik verschiedener Strukturelemente mit abwechslungsreicher Vegetation und teils offenen Bodenstellen vorliegt. 10 BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung Ende März erscheinen die Tiere aus der Winterruhe und paaren sich im April. Erst im September/Oktober gebären die ovoviviparen Nattern ihre Jungen. Der Rückzug in die Winterquartiere erfolgt in den milden Lagen des Haardtrandes meist erst im November. Trotz großer Standorttreue über den Sommer, kommt es im Frühjahr oft zu kleinen Wanderungen innerhalb günstig strukturierter Biotope von mehreren 100 Metern. Die Schlingnatter ist tagaktiv und meist am Boden lebend, seltener in Gebüsche kletternd. Ihre bevorzugte Beute sind Eidechsen und Kleinsäuger, in geringerem Umfang auch Heuschrecken. Während der Begehungen wurden keine Tiere beobachtet. Herr D. BRUCH teilte eine Beobachtung aus dem Jahr 2014 mit. Die Schlange befand sich in einem kurzzeitig zwischengelagerten Steinhaufen im nördlichen Teil des Plangebietes. Weitere Nachweise aus der Umgebung sind nicht bekannt. Die Art dürfte aber vereinzelt im Bereich der Bahngleise und nach Norden hin in daran angrenzenden Sandbiotopen bei Lingenfeld vorkommen. Amphibien Kleiner Wasserfrosch (Rana lessonae) / Teichfrosch (Rana kl. esculenta) Lebensraumansprüche: Der Teichfrosch, auch Wasserfrosch genannt, bildet sich durch Bastardisierung aus den Arten Kleiner Wasserfrosch und Seefrosch, wobei die Bastarde sich weiter mit den Elternarten vermischen. Die Arten sind nicht immer eindeutig zu unterscheiden. Die Art bewohnt Gewässer aller Art, von Weihern und Teichen über Altwasser bis hin zu Überschwemmungsflächen und Gräben. Er hält sich dabei fast ganzjährig im Gewässer oder der unmittelbaren Umgebung auf. Die Überwinterung erfolgt teils im Gewässergrund oder auch an Land. Größere Wanderungen sind oft zu beobachten. Die Vertreter des „Grünfroschkomplexes“ (R. esculenta und R. lessonae) sind in der gesamten Rheinniederung weit verbreitet. Der angrenzende Graben scheint aber nicht besiedelt zu sein. Während der vier Begehungen konnten keine Tiere beobachtet oder gehört werden. Weitere Amphibienarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie sind wegen fehlender Habitate nicht zu erwarten. Käfer Arten des Anhang IV sind wegen fehlender Habitatstrukturen nicht zu erwarten. Libellen Im Plangebiet finden sich keine geeigneten Gewässer für Arten des Anhang IV. Schmetterlinge Fehlende Habitate und Vegetationszusammensetzungen lassen keine Arten des Anhang IV im Gebiet erwarten. Weichtiere Die einzigen Vertreter dieser Tiergruppe, die im Anhang IV gelistet sind leben in Gewässern. Ihre Habitate sind im Untersuchungsgebiet nicht vorhanden. 11 BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim 5.2 Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung Vorkommen europäischer Brutvogelarten Art RL R-P RL D § Status Mehrfach Brutvogel im Bereich der Gärten, des Nordteils und den Gehölzen des Grabens Brutvogel im Siedlungsbereich und Nahrungsgast im Bereich der Gärten Mehrfach Brutvogel im Bereich der Gärten, des Nordteils und den Gehölzen des Grabens Brutvogel im Siedlungsbereich und Nahrungsgast im Bereich der Gärten Brutvogel in den Gehölzen im Nordteil und am Graben Nahrungsgast Brutvogel in den Gehölzen im Nordteil und am Graben Brutvogel im Siedlungsbereich und Nahrungsgast im Bereich der Gärten Brutvogel in einer alten Hütte im Nordteil der Gärten Amsel Turdus merula b Bachstelze Motacilla alba b Buchfink Fringilla coelebs b Blaumeise Parus caruleus b Dorngrasmücke Elster Grünfink Haussperling Sylvia communis Pica pica Cardelius chloris Passer domesticus Phoenicurus ochruros Parus major b b b b Hausrotschwanz Kohlmeise Mönchsgrasmücke Nachtigall Star Zaunkönig Zilpzalp Sylvia atricapilla Luscinia megarhynchos Sturnus vulgaris Troglodytes troglodytes Phylloscopus collybita 3 V b b b b V b Brutvogel im Siedlungsbereich und Nahrungsgast im Bereich der Gärten Brutvogel in den Gehölzen im Nordteil und am Graben Brutvogel in den Gehölzen im Nordteil b Brutvogel im Siedlungsbereich Mehrfach Brutvogel im Gehölzbereich des Grabens b Brutvogel in den Gehölzen im Nordteil und am Graben 2 = stark gefährdet; 3 = gefährdet; V = Vorwarnliste; s = nach BNatSchG streng geschützte Art; b = nach BNatSchG besonders geschützte Art; Anh.I = nach Vogelschutzrichtlinie zu schützende Art Nach der Vogelschutzrichtlinie besonders geschützte Arten waren im Gebiet nicht nachzuweisen. Die vorkommenden Arten können für die Region alle als durchaus häufig und weit verbreitet angesehen werden. Dies gilt auch für die beiden Rote-Liste Arten Haussperling und Star. Die oben aufgeführten Arten lassen sich zu verschiedenen Gilden zusammenfassen: Gilde der Gehölz- und Gebüschbrüter Hierzu zählen die in kleineren bis größeren Gebüschen und Gehölzen brütenden Arten Amsel, Buchfink, Dorngrasmücke, Elster, Grünfink, Mönchsgrasmücke, Nachtigall und Zilpzalp, aber auch der Zaunkönig, der oft gerne in Nischen sein Nest baut. Sie alle besiedeln weitestgehend Gebüschbereiche im Nordteil des Gebietes sowie entlang des Grabens. Gilde der Höhlen- und Halbhöhlenbrüter In diese Gruppe sind Bachstelze, Meisen, Haussperling, Hausrotschwanz und Star einzuordnen. Mit Ausnahme des Hausrotschwanzes, der vermutlich in einer der alten Gartenhütten brütet, liegen die Brutplätze der beobachteten Arten im angrenzenden Siedlungsbereich. 12 BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung Sonstige Beobachtungen erwähnenswerter Arten Am 25. April konnte unter einem Stein im Bereich des nördlichen Gleisschotters ein Eigelege (Oothek) der Gottesanbeterin (Mantis religiosa) gefunden werden. Die Art benötigt trocken-warme Lebensräume, die im Bereich von Bahngleisen in der Oberrheinebene meist gegeben sind. Im Bereich eines zwischengelagerten Sandhaufens nördlich des Bahngebäudes war der Dünen-Sandlaufkäfer (Cicindela hybrida) zu beobachten (7. Mai), eine Art, die besonders an feinsandige Biotope gebunden ist. Offene Sandstellen werden von ihm meist zeitnah besiedelt. An sandigen Stellen waren bei allen Kartierdurchgängen auch zahlreiche Exemplare der Gemeinen Heideschnecke (Helicella itala) zu finden. Diese Art benötigt trockene Standorte im Bereich von Dünen und Schotterflächen. Grundbedingung ist dabei ein kalkhaltiger Untergrund. 6 Mögliche artenschutzrechtliche Verbotstatbestände In den folgenden Kapiteln werden diejenigen Auswirkungen des Vorhabens aufgeführt, die artenschutzrechtliche Verbotstatbestände des § 44 (1) BNatSchG darstellen können. 6.1 Arten, die von Verbotstatbeständen des § 44 (1) BNatSchG betroffen sein können Mauereidechse (Podarcis muralis) Bei Räumung des südlichen Plangebiets zu einer ungünstigen Zeit könnte es zur Tötung von Tieren oder auch Vernichtung von Fortpflanzungsstätten kommen. Mit entsprechenden Vermeidungsmaßnahmen lässt sich dies aber ausschließen. Anlagebedingt kommt es zu einem Verlust an Lebensräumen der Art im südlichen Bereich des Plangebietes, der - angesichts des geringen Umfangs der Population im Bereich des Germersheimer Bahnhofes – ausgeglichen werden muss. Zauneidechse (Lacerta agilis) Die Zauneidechse konnte lediglich im nördlichen Bereich an der Böschung zum Graben beobachtet werden könnte aber potentiell auch am Graben und im Süden vorkommen. Eine Räumung des Gebietes in den entsprechenden Bereichen könnte somit zur Tötung von Tieren oder auch Vernichtung von Fortpflanzungsstätten führen. Mit entsprechenden Vermeidungsmaßnahmen lässt sich dies aber ausschließen. Anlagebedingt kommt es zu einem Verlust an potenziellen Lebensräumen der Art im südlichen Bereich des Plangebietes. Ein Ausgleich sollte vorsichtshalber erfolgen. Hausrotschwanz Bei Abriss der Gartenhütten könnten die Fortpflanzungsstätte sowie Jungvögel des Hausrotschwanzes vernichtet werden. Durch eine entsprechende zeitliche Vorgehensweise ist dieser Verbotstatbestand aber auszuschließen. 13 BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung Gilde der Gehölz- und Gebüschbrüter Bei den Arbeiten zur Baufeldfreimachung kann es randlich zur Beseitigung einzelner Gehölze kommen. Dadurch könnten Brutplätze und Jungvögel von gebüschbrütenden Arten geschädigt werden. Auch hier ist durch ein entsprechendes zeitliches Vorgehen eine Beeinträchtigung auszuschließen. Betriebsbedingt kommt es im unmittelbaren Umfeld des Baugebietes zu einer erhöhten Lärm- und Lichtemission, welche auf die dort in den Gehölzen lebenden Vogelarten einwirkt. Die meisten Vertreter dieser Gruppe und insbesondere die vorkommenden Vogelarten weisen eine geringe Empfindlichkeit gegen Lärm und auch gegen Licht auf. Eine erhebliche Beeinträchtigung ist daher nicht anzunehmen. 6.2 Arten, die von Verbotstatbeständen des § 44 (1) BNatSchG nicht betroffen sind Fledermäuse Im Plangebiet waren keine Quartiere von Fledermäusen nachzuweisen. Geeignete Einzelbäume oder Gebäude sind nicht vorhanden. Lediglich das alte Bahngebäude könnte spaltenbewohnende Fledermausarten beherbergen. Da sich dieses Gebäude im Eigentum der DB befindet ist derzeit keine Einbeziehung in die geplante Bebbauung vorgesehen. Schlingnatter (Coronella austriacus) Die Schlingnatter kann als sporadischer Besucher im Plangebiet angesehen werden. Vollumfänglich geeignete Lebensräume sind im Gebiet nicht vorhanden. Eine Überwinterung ist nicht anzunehmen. Durch die Bebauung des Geländes ist daher nicht mit einer erheblichen Beeinträchtigung zu rechnen. Kleiner Wasserfrosch (Rana lessonae) / Teichfrosch (Rana kl. esculenta) Vorkommen der Art im Plangebiet waren nicht nachzuweisen. Zudem erfolgen keine Eingriffe in dem potenziell möglichen Fortpflanzungsgewässer (dem nordöstlich angrenzenden Graben). Gilde der Höhlen- und Halbhöhlenbrüter Es erfolgt vorhabensbedingt keine Inanspruchnahme der Reviere oder der Brutplätze der Arten. Hinsichtlich Lärm- und Lichtemissionen sind keine Beeinträchtigungen zu erwarten, da einerseits die Vertreter dieser Gruppe eine geringe Empfindlichkeit gegen Lärm und auch gegen Licht aufweisen und andererseits deren Brutplätze in einiger Entfernung im bereits belasteten Siedlungsbereich liegen. 7 Maßnahmen zur Vermeidung des Eintretens von Verbotstatbeständen des § 44 (1) BNatSchG Als Maßnahmen zur Vermeidung sind aufzuführen: Mauereidechse (Podarcis muralis) Zur Vermeidung der Tötung von Tieren oder deren Entwicklungsstadien (Eigelege, Jungtiere) sind die Räumungsarbeiten im Südteil der Fläche nur in den Zeiträumen von Mitte März bis Ende Mai sowie von Mitte August bis Mitte Oktober durch14 BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung zuführen. Dabei sind zunächst alle Materialien (Betonsteine, Holzpaletten etc.) von der Fläche zu entfernen. Anschließende Erdbewegungen sind von der Straße her in Richtung Gleise vorzunehmen. Damit ist eventuell vorkommenden Tieren eine Flucht in die angrenzenden Biotope möglich. Zauneidechse (Lacerta agilis) Um das bestehende Tötungs- und Störungsverbot einzuhalten sind im Süden und im Norden des Plangebietes Vermeidungsmaßnahmen erforderlich. Wenn die Räumungsarbeiten während der aktiven Zeit der Eidechsen und vor der Eiablage (also von Mitte März bis Ende Mai) sowie nach dem Schlupf der Jungtiere (Mitte August bis Mitte Oktober) durchgeführt werden, können die potenziell vorkommenden Tiere auf angrenzende Lebensräume ausweichen. Für den Südteil des Plangebiets ist abzusehen, dass die nötigen Räumungsarbeiten erst in einigen Jahren erfolgen. Im Hinblick auf potenzielle Vorkommen der Zauneidechse ist daher bereist im Vorfeld eine sogenannte „strukturelle Vergrämung“ (PESCHEL et al. 2013) zu empfehlen. Das bedeutet, dass die Tiere einer Fläche durch Entfernung der für sie bedeutenden Strukturen in angrenzende Bereiche vertrieben werden. Dazu muss die vorhandene Vegetation – nach Entnahme der Strukturelemente wie Holzpaletten und Steine - während der Vegetationsperiode regelmäßig gemäht werden. Hausrotschwanz Zur Vermeidung einer Vernichtung der Brutstätte während der Jungenaufzucht sind die verbliebenen Gartenhütten erst ab Anfang August zu beseitigen. Die Vogelart ist sehr nistplatztreu und übernimmt manchmal auch das Nest des Vorjahres. Dennoch kann der Hausrotschwanz problemlos im Folgejahr auf andere Niststandorte im Siedlungsbereich ausweichen. Gilde der Gehölz- und Gebüschbrüter Zur Räumung der Baufläche ist die Entfernung einiger Gehölze nötig. Letztendlich gehen damit Brutplätze für die gebüschbrütenden Arten dauerhaft verloren. Wenn die Rodungsarbeiten allerdings im Winter stattfinden ist eine Beeinträchtigung des Brutgeschäftes ausgeschlossen und es kommt somit nicht zu direkten Beeinträchtigungen genutzter Nester, von Eigelegen oder Jungvögeln. Singvögel nutzen die verlassenen Nester des Vorjahres i. d. R. nicht mehr sondern bauen neue. Für diese häufigeren Arten ist zunächst aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit ein Ausweichen auf andere Standorte der Umgebung möglich. Durch verschiedene Ereignisse (natürlicher Tod, Beutegreifer, Unfälle beim Zug) werden immer wieder Reviere frei, die dann von anderen Individuen besetzt werden. Im Umfeld sind ausreichend Ersatzlebensräume für die Gilde gebüschbrütender Arten vorhanden. 8 Vorschläge für Ausgleichsmaßnahmen Um den kleinflächigen Verlust an Lebensraum für Mauereidechse und Zauneidechse auszugleichen muss an geeigneten Stellen innerhalb des Plangebietes neuer Lebensraum für die beiden Arten geschaffen werden. Dies scheint am einfachsten im Bereich der zu errichtenden Gabionen möglich. Die Gabionen stellen als freistehende Steinmauer keinen geeigneten Lebensraum für die genannten Arten dar. 15 BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung Durch eine Hinterfüllung mit einem Stein-, Kies-, Sandgemisch würden sich die entsprechenden Gaionenabschnitte aber sehr gut als Lebensraum eignen. Einerseits entstehen dadurch Überwinterungsbereiche, andererseits bieten die sandigen Anböschungen Möglichkeiten zur Eiablage. Die Gabionen müssen dazu aber annähernd bis in Kronenhöhe hinterfüllt werden. Dies ist nur in einigen Abschnitten möglich. Es bieten sich dazu die Bereiche im Nordteil des Gebietes, westlich der geplanten Hallen und Parkplätze sowie am Ende des Wendehammers an. Weiterhin können steingeprägte Strukturen im Übergangsbereich des Gewerbebereichs zum Mischgebiet angelegt werden. Dort sind eine Grünfläche und ein angrenzender, mit Gehrecht belegter Streifen geplant, die entsprechend umgestaltet werden können. Zum Aufbau der Gabionenhinterfüllung könnte – wenn keine Belastungen vorliegen – das Material der alten Bahnrampe verwendet werden. Diese wird im Laufe des Sommers rückgebaut und der benötigte Teil des Stein-, Kies-, Sandgemischs könnte im Plangebiet zwischengelagert werden. Durch die vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen kann die ökologische Situation für die genannten, artenschutzrechtlich relevanten Arten aber auch für weitere seltene, trockenheitsliebende und an Sand gebundene Arten verbessert werden. 9 Abschließende Beurteilung Auf die Vorkommen von Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und europäischer Vogelarten innerhalb des Plangebietes ist bei den meisten Arten von keinen Beeinträchtigungen auszugehen. Baubedingt können Auswirkungen auf Mauer- und Zauneidechsen auftreten. Unter den Vogelarten können der Hausrotschwanz und in Gehölzen und Gebüschen brütende Arten beeinträchtigt werden. Dies ist mit den entsprechenden Vermeidungsmaßnahmen auszuschließen. Bei sachgemäßem Umgang mit Baufahrzeugen, Geräten und Betriebsstoffen sind keine Beeinträchtigungen zu befürchten. Anlagenbedingt kommt es zu einem geringen Verlust an Lebensräumen von Mauerund Zauneidechse. Betriebsbedingt kommt es zu einer Zunahme der Lärm- und Lichtemissionen, deren Auswirkung auf die Brutvogelarten des Gebietes aber nicht erheblich ist. Die genannten möglichen Auswirkungen können durch die vorgeschlagenen Verminderungs- und Ausgleichsmaßnahmen verhindert werden. 16 BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim 10 Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung Literatur BAUER, H.-G. & P. BERTHOLD (1997): Die Brutvögel Mitteleuropas: Bestand und Gefährdung .- Aula-Verlag, Wiesbaden. BEZZEL, E. (1993): Kompendium der Vögel Mitteleuropas .- Wiesbaden. BEZZEL, E. (1996): BLV-Handbuch Vögel .- 2. Aufl.; München. BfN - BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ (1998): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. - Schriftenr. f. Landschaftspflege und Naturschutz Heft 55; Bonn. BITZ, A., K. FISCHER, L. SIMON, R. THIELE & M. VEITH (1996): Die Amphibien und Reptilien in Rheinland-Pfalz. - Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 18/19: 864 S.; Landau. BRAUN, M., KUNZ, A. & L. SIMON (1992): Rote Liste der in Rheinland-Pfalz gefährdeten Brutvogelarten. - Fauna und Flora von Rheinland-Pfalz 6, 4; S. 1065-1073, Landau. GARNIEL, A. & U. MIERWALD (2010) in: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr. – 115 S.; Bonn. KUNZ, A. & L. SIMON (1987): Die Vögel in Rheinland-Pfalz; Eine Übersicht.Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz 4,3; Landau. PESCHEL, R., M. HAACKS, H. GRUSS & C. KLEMANN (2013): Die Zauneidechse (Lacerta agilis) und der gesetzliche Artenschutz – Praxiserprobte Möglichkeiten zur Vermeidung des Tötungs- und Verletzungsverbotes nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatschG. – Natur und Landschaft 45 (8): S. 241-247. SFN – SPANG-FISCHER-NATZSCHKA (2008): Einbeziehung der Hördter Rheinaue als Reserveraum für Extremhochwasser in das Hochwasserschutzkozept des Landes Rheinland-Pfalz – Faunistische und vegetationskundliche Bestandserfassungen. – Gutachten i. A. der SGD Süd: Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Bodenschutz; Neustadt W.. SIMON, L., BRAUN, M., GRUNWALD T., HEYNE K.-H., ISSELBÄCHER, T. & W ERNER M. (2014): Rote Liste der Brutvögel in Rheinland-Pfalz. – Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Rheinland-Pfalz [Hrsg.]. 50 S., Mainz. SÜDBECK, R., BAUER, H.-G., BOSCHERT, M., BOYE, P. & W. KNIEF (2009): Rote Liste und Gesamtartenliste der Brutvögel (Aves) Deutschlands, 4. Fassung, Stand 30. November 2007. – In: Bundesamt für Naturschutz [Hrsg.]: Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 1: Wirbeltiere. – Naturschutz und biologische Vielfalt 70 (1): 159-227, Bonn-Bad Godesberg. 17
© Copyright 2024 ExpyDoc