Artenschutzrechtliche Untersuchung

Bebauungsplan „Chausseewiesen“
in Germersheim
ArtenschutzVerträglichkeitsuntersuchung
nach § 44 BNatSchG
Juni 2015
erstellt von:
Dipl. Biol. Matthias Kitt
Raiffeisenstraße 39
76872 Minfeld
www.biologe-kitt.de
im Auftrag von:
Pröll-Miltner GmbH
Architekten-Ingenieure
Am Storrenacker 1 b
76139 Karlsruhe
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
1
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
Anlass und Zweck
Die Stadt Germersheim will einen vorhabensbezogenen Bebauungsplan
„Chausseewiesen“ im Bereich des Bahnhofes in Germersheim erstellen. Weite Teile
des Plangebietes liegen auf ehemaligem Bahngelände, ein kleiner Teil umfasst alte
Kleingärten. Da im Gebiet mit Vorkommen von seltenen Tierarten zu rechnen ist, hat
die Untere Naturschutzbehörde die Erstellung einer Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung gefordert.
2
Rechtliche Grundlagen
Neben der Eingriffsregelung (§ 15) bildet im BNatSchG der Artenschutz ein eigenständiges Regelungsfeld. Grundlage dafür sind die neu gefassten §§ 44 und 45
BNatSchG. Nach § 44 (1) BNatSchG ist es verboten,
-
-
-
wildlebende Tiere der besonders und der streng geschützten Arten zu fangen, zu
verletzen oder zu töten
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen
Vogelarten erheblich zu stören
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders
geschützten Arten zu beschädigen oder zu zerstören
Bei nach der Eingriffsregelung zulässigen Eingriffen und bei Betroffenheit von
Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie, von europäischen Vogelarten oder
solchen Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2
aufgeführt sind, liegt nach § 44 (5) ein Verstoß gegen oben genannte Verbote
(Zugriffsverbote) nicht vor, wenn die ökologischen Funktionen ihrer vom Eingriff
betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang
weiterhin erfüllt werden. Dazu sind z.B. vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im
Aktionsbereich der lokalen Population möglich (so genannte „CEF-Maßnahmen“ =
continuous ecological funcionality).
Im Plangebiet kommen Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie wie auch
europäische Vogelarten vor. Somit besteht grundsätzlich die Möglichkeit des
Eintretens von Verbotstatbeständen des § 44 (1) BNatSchG.
Kann das Eintreten von Verbotstatbeständen nicht vermieden werden, erfordert das
Vorhaben eine Ausnahme gemäß § 45 (7) BNatSchG. Die Ausnahme kann nur erteilt
werden, wenn die sich aus Artikel 16 der FFH-Richtlinie ergebenden Voraussetzungen für die Ausnahme erfüllt sind. Dies sind insbesondere zwingende Gründe
des öffentlichen Interesses, die das Vorhaben erforderlich machen und das Fehlen
von Alternativen mit geringeren Beeinträchtigungen. Ferner darf der Erhaltungszustand der betroffenen Arten nicht verschlechtert werden.
2
Beschreibung des Plangebietes
Das Plangebiet liegt im Nordwesten der Stadt Germersheim, unmittelbar nördlich des
alten Bahnhofs zwischen den Bahngleisen im Südwesten und dem Germersheimer
Gewerbegebiet im Nordosten. Dorthin wird es begrenzt durch die Straßen „In der
Kronenbleis“ und „Am alten Bahnhof“. Nach Norden läuft die Fläche im Gleisbogen
spitz aus, nach Süden hin bildet die dortige Bebauung (Hausnummer 33) die Grenze.
2
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
Es liegt in keinem Schutzgebiet irgendwelcher Kategorie. Etwa 300 m westlich
beginnt in Form des US-Army Depots das Vogelschutzgebiet 6715-401 „Offenbacher
Wald, Bellheimer Wald und Queichwiesen“. Im Süden liegt das FFH-Gebiet 6715302 „Bellheimer Wald mit Queichtal“ in Form des schmalen Bandes der Queich etwa
500 m entfernt.
Das Plangebiet weist auch keinerlei besonders geschützte Biotoptypen auf. Die
nächstliegenden schutzwürdigen Lebensräume liegen westlich der Bahngleise in der
Lingenfelder Au, ausgebildet als Röhricht, Nass- und Feuchtwiesen. Zwischen den
Bahngleisen und der B 35 im Norden finden sich keine schutzwürdigen Biotope.
Abb. 1: Plangebiet – nördlicher Teil
Im Nordteil grenzt von Osten her ein tief eingeschnittener, langsam fließender
Graben an, der Richtung Norden zum „Kleinrheingraben“ hin entwässert. Zwischen
diesem Graben und dem durch Aufschotterung stark erhöhten Gelände der
Bahnanlagen im Südwesten liegt ein Kleingartengebiet mit zahlreichen, teils völlig
verfallenen Gartenhütten und Holzunterständen sowie mit Schutt und Schrott aller
Art. Ein angrenzender Spielplatz gehört nicht zum Plangebiet. Das Gelände wurde in
den zurückliegenden Jahrzehnten teils als Gemüse- und Obstgarten, teils aber auch
als Freizeit- und Grillgelände genutzt. In den vergangenen Jahren verfielen die
Hütten zusehends und die Gärten verbrachten. Inzwischen sind sie im Besitz von
Herrn D. BRUCH, der die Bebauung anstrebt. Bereits im vergangenen Winter wurden
Teile des Gartengeländes gerodet und die Hütten abgerissen. Das angefallene
Material wurde – getrennt nach den Materialien Metall, Holz, Steine und Bauschutt –
auf der angrenzenden alten Rampe des Bahngeländes gelagert. Diese Rampe
überragt das gesamte Gelände und ist teilweise asphaltiert, teilweise geschottert.
3
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
Abb. 2: Plangebiet – südlicher Teil
Im Gartenbereich befinden sich einige größere Bäume (ein Ahorn mit BHD 50,
mehrere Nussbäume, Erlen, Fichten) sowie mehrere kleine Obstbäume. An der
Grenze zum Spielplatz stehen eine starke Kirsche (BHD 60 cm) und ein Nussbaum
(BHD 50 cm), entlang des Grabens weitere schwächere Gehölze wie Robinie, Ahorn,
Korkenzieher-Weide, Kirsche, Erle und Holunder.
Nach Südosten hin zieht sich entlang der Straße ein geschotterter Lagerplatz mit
zwei starken Pappeln und einigen jungen Ahornbäumen. An diesen Platz grenzt ein
altes Werksgebäude der DB an. Zur Straßenseite stehen dort 3 starke Kiefern, ein
Nussbaum und dichter Gehölzunterwuchs aus Heckenrose, Pfaffenhütchen,
Spitzahorn und Brombeere. Das Bahngebäude besitzt ein rundum gut verschaltes
Eternitdach, das vereinzelte Beschädigungen aufweist.
Das südlichste Ende des Plangebietes ist gegen die Straße durch 4 starke Kastanien
(BHD bis 70 cm) abgegrenzt. Es weist Ruderalvegetation magerer Standorte
(Schöllkraut, Resede) bis hin zu eutophierten Standorten (Brennesselfluren mit
Brombeere) auf und dient als Lagerplatz für Holz, Sandsteine und Bauschutt. In der
Nähe des Bahngebäudes sind Betonsteine und Holzpaletten gelagert.
Vom Süden her zieht sich zwischen den beschriebenen Flächen, entlang des
Bahngebäudes, des Lagerplatzes und der alten Rampe eine mehr oder weniger
breite Schotterfläche an den Gleisen entlang nach Norden, abgegrenzt durch einen
Kabelschacht in Form von abgedeckten Betonsteinen. Die Fläche ist stark
ruderalisiert und weitgehend in Verbuschung begriffen. Es finden sich dichte
Bereiche mit Robinien, Hartriegel, Brombeere und Heckenrose, ansonsten
Goldrutenbestände, Zaunrübe, Königskerze und Landreitgras. Ein schmaler Streifen
Schotters wurde vor kurzem probeweise abgeschoben.
4
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
Die alte Rampe wies früher zu den Gleisen hin eine Sandsteinmauer auf. Diese
Steine wurden in den zurückliegenden Jahren sukzessive entfernt. Jetzt ist dort an
offenen Stellen noch der Unterbau aus Sand und Steinen zu erkennen. Auf der
Rampe wurde durch den Eigentümer eine Sondierung des Rampenunterbaus
vorgenommen und die gefundenen Materialien getrennt gelagert. Offenbar befindet
sich unter dem Asphalt eine Schicht aus Kohleschlacken, dann folgt ein Steinsatz
und schließlich Kies und Sand.
Im nördlichsten Teil des Gebiets ist die Schotterfläche durch regelmäßiges Befahren
weit offener ausgebildet, an der Einmündung der Straße „Zur Wörthspitze“ liegt in
größerem Umfang Bauschutt. Entlang des angrenzenden Grabens stehen einige
Birken sowie mehrere starke Weidenbäume.
3
Beschreibung des Vorhabens
Im Nordteil des Plangebietes ist eine Baufläche für Gewerbe vorgesehen mit Zufahrt
über die Straße „Zur Wörthspitze“. Die Zufahrt erweitert sich im Gebiet zu einer
Straßenverkehrsfläche, die als Wendehammer dient. Beidseits ist eine Bebauung mit
PKW- und LKW-Hallen, Bürogebäude und einem Wohnhaus geplant. Zwischen den
Hallen werden PKW-Stellplätze errichtet. Der nördlichste Teil dient als private
Grünfläche mit Baumpflanzungen. Zum östlich gelegenen Graben hin entsteht ein
durchgehender Streifen für „Maßnahmen zum Schutz und zur Pflege und
Entwicklung von Natur und Landschaft“, der ein Fahrrecht zur Unterhaltung des
Grabens beinhaltet. An der westlichen und südlichen Grenze des Gewerbebereichs
wird ein Streifen von ca. 2 m als Grünfläche mit Pflanzgebot ausgewiesen, südlich
angrenzend liegt ein Streifen mit Geh- bzw. Fahrrecht.
Der südliche Teil des Plangebietes ist als Mischgebiet vorgesehen. Im Bereich der
Straße „In der Kronenbleis“ ist eine zweireihige Bebauung mit Einfamilienhäusern mit
einer zentralen Erschließungsstraße vorgesehen, entlang der Straße „Am alten
Bahnhof“ eine einreihige Bebauung. Auch hier wird im Norden entlang des Grabens
ein Grünstreifen mit Fahrrecht zur Grabenunterhaltung eingerichtet. Entlang der
Gleise entsteht ein privater Grünstreifen mit Pflanzgebot.
Das Gesamtgebiet wird zu den Bahngleisen hin durch eine neu zu errichtende
Gabionenwand von etwa 2,5 m Höhe und einer Tiefe von mindestens 0,75 m
abgegrenzt.
Zur Baufeldeinrichtung ist es zunächst nötig die alte Rampe abzutragen und
anschließend wird der nördliche Teil des Gebietes planiert. Der Eigentümer Herr
BRUCH plant zunächst nur die Bebauung der Gewerbefläche. Die Bebauung im
Mischgebiet wird über mehrere Jahre sukzessive erfolgen. Der Kleingartenbereich ist
bereits in Teilen abgeräumt, der Rest der Fläche wird bis zum Herbst 2015 beseitigt
werden.
4
Wirkungsprognose
Bei Eingriffen und Vorhaben sind grundsätzlich baubedingte, anlagebedingte und
betriebsbedingte Wirkungen zu unterscheiden, die sich auch artenschutzrechtlich
auswirken können:
5
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
-
baubedingte Auswirkungen treten zeitlich begrenzt nur während der Bauphase
auf, das heißt, ihre Auswirkung auf die Schutzgüter ist vorübergehend
-
anlagebedingte oder betriebsbedingte Auswirkungen treten auch nach
Abschluss der Bauphase auf; sie können die Schutzgüter dauerhaft
beeinflussen (z.B. Versiegelung von Flächen, Störung durch Gebäude) oder
auch nur zeitweise auftreten (z.B. Betrieb einer Fertigungsanlage oder
Gaststätte)
Mit dem Bauvorhaben sind folgende baubedingte Wirkungen verbunden:
-
Licht-, Lärm- und Schadstoffemissionen von Baufahrzeugen, Baumaschinen
und Personal
mögliche Emissionen durch den Einsatz von Bau- und Betriebsstoffen
Flächeninanspruchnahme für Baustofflager oder Arbeitsstreifen
baubedingte Erschütterungen durch Rüttelmaschinen zur Bodenverdichtung
Räumung des Baufeldes (Beseitigung Kleingärten, Beseitigung alte Rampe,
Beseitigung von Gehölzsukzession und von Schotterschichten, Auffüllungen)
Anlagebedingt können folgende Wirkungen auftreten:
-
Überbauung von Lebensräumen von Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie
sowie von Nahrungsräumen geschützter Vogelarten
Betriebsbedingt ist mit folgenden Auswirkungen zu rechnen:
-
Lärmemissionen durch Bewohner und Befahrung der Zufahrtswege
Lichtemissionen durch die bewohnten Häuser und die Betriebsflächen im
Gewerbebereich
Neben den üblichen Beeinträchtigungen wie Überbauung oder Zerstörung von
Lebensräumen kann sich insbesondere Licht auf sehr sensible Vogelarten negativ
auswirken. Für die Wirkung von Licht auf Vogelarten sind vor allem die Leuchtdichte
(Zahl der Lichtquellen), aber auch der Kontrast zur Umgebung und die
Leuchtpunkthöhe bedeutend. Licht kann vor allem zu einer Vorverlegung der
Brutzeiten und somit zum Brutverlust sowie einer Veränderung von Tag/Nachtrhythmen führen. Bekannt sind auch Auswirkungen großer Lichtquellen auf
den Vogelzug (E. INDERWILDI; http://www.sanu.ch/uploads/kursDoc/02_Inderwildi_Praesentation.pdf). Nach GARNIEL & MIERWALD (2010) sind verschiedene Gruppen von
Vogelarten hinsichtlich ihrer Lärm-, aber auch ihrer Lichtempfindlichkeit zu
unterscheiden.
Auch Fledermäuse können auf starke Lichtquellen reagieren, indem sie ihre
Quartiere später verlassen, womit sich eine verringerte Nahrungseffizienz ergibt (E.
INDERWILI; s. oben). Zudem werden nachtaktive Insekten von künstlichen Lichtquellen
angelockt und verlassen ihren eigentlichen Lebensraum, was sie an Nahrungs- und
Partnersuche hindert. Das wiederum kann zu hohen Individuenverlusten führen und
sich letztlich auf die Population auswirken (Lichtrichtlinie: Hinweise zur Messung und
Beurteilung von Lichtimmisionen - Beschluss des Länderausschusses für Immissionsschutz
vom 10. Mai 2000).
6
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
5
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
Lokale Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten
Methodik
Zur Erfassung von nach § 44 BNatSchG zu schützender Arten wurde das Plangebiet
im Jahr 2015 an vier Terminen jeweils 4 Stunden begangen. Dabei wurde besonders
nach
Vogelarten und
relevanten
Arten
der FFH-Richtlinie
gesucht.
Begehungstermine waren 12. März, 13. April, 24. April und 7. Mai.
Zur Ermittlung relevanter Arten wurde auf die Angaben des räumlich zugeordneten
Messtischblattes DTK5 4525452 sowie die TK25 6716 Germersheim (ARTeFAKT)
zurückgegriffen. Weiter wurden alle Daten aus dem LANIS Rheinland-Pfalz
(www.naturschutz.rlp.de/mapserver_lanis) ausgewertet.
In den nachfolgenden Kapiteln werden die Arten des Gebietes aufgeführt, die für die
Planungen relevant sein können.
5.1
Vorkommen/potenzielle Vorkommen von Arten des Anhangs
IV der FFH-Richtlinie
Fledermäuse
Lebensraumansprüche:
Fledermäuse bevorzugen je nach Art ganz bestimmte, strukturreiche Landschaftsbereiche für ihre Jagdflüge. Dabei ernähren sie sich von verschiedensten Insekten.
Bedeutend für ihre Ökologie sind entsprechende Winterquartiere, Wochenstuben und
Tagesverstecke. Die kalte Jahreszeit überdauern die Fledermäuse im Winterschlaf.
Als Winterquartiere dienen den meisten Arten Felshöhlen und Felsspalten, die tief
genug sind um entsprechende frostfreie Räume zu gewährleisten. Einige Arten
überwintern aber auch in Baumhöhlen (Großer Abendsegler) oder in Spalten von
Gebäuden (Zwergfledermaus). Während des Sommers werden die Jungen in so
genannten Wochenstuben aufgezogen, die sich meist in Baumhöhlen, Felshöhlen
sowie in und an Gebäuden finden. Zudem dienen diese Strukturen auch als Tagesquartier der nachtaktiven Tiere.
Verbreitung:
Die sommerliche Verbreitung der Fledermäuse in der Pfalz weist einen Schwerpunkt
in den klimatisch begünstigten Gebieten des Oberrheins auf, wobei sich die
Nachweise auf die Bachtäler und Wälder der Schwemmfächer sowie auf die
Rheinauen verdichten. Strukturarme Bereiche der Lößriedel werden offensichtlich
selten bis gar nicht genutzt. Der Pfälzerwald ist im Winterhalbjahr von besonderer
Bedeutung, da sich dort zahlreiche Höhlen als Überwinterungsquartiere finden.
Im Plangebiet wurden die Fledermäuse nicht gezielt untersucht. Anhand von
Literaturrecherchen (KÖNIG & W ISSING 2007) und den Daten aus „ARTeFAKT“ der
rheinland-pfälzischen Naturschutzverwaltung zuzüglich der Fachdaten des LUWG,
die 2011 im Rahmen der Erstellung eines Bewirtschaftungsplanes erhoben wurden
und von Daten aus dem Jahr 2008 (Büro SFN) können jedoch folgende Arten für die
weitere Umgebung des Plangebietes aufgeführt werden:
7
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
Art
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
RLD
V
RLRP
1
FF
H
IV
Fransenfledermaus
(Myotis nattereri)
3
1
IV
Großer Abendsegler
(Nyctalus noctula)
3
3
IV
Großes Mausohr
(Myotis myotis)
3
2
II
IV
Kleiner Abendsegler
(Nyctalus leisleri)
G
2
IV
Zweifarbfledermaus
(Vespertilio murinus)
G
1
IV
Zwergfledermaus
(Pipistrellus pipistrellus)
D
3
IV
Breitflügelfledermaus
(Eptesicus serotinus)
Ökologie / Vorkommen
in der Pfalz zwar selten, aber verbreitet; jagt in
Siedlungen, entlang von Gewässern und in
lichten Wäldern; in Dachstühlen von Gebäuden;
Vermutlich in Sondernheim
Art der Wälder und Parkanlagen; in der Regel in
Baumhöhlen und Nistkästen. Gelegentlich auch
Spalten an Gebäuden;
Vorwiegend in Nistkästen in der Hördter
Rheinaue
an Gewässern, in Wäldern, aber auch in
Siedlungen; Quartier in weitgehend
freistehenden alten Bäumen aber auch
Nistkästen;
meist in Nistkästen in der Hördter Rheinaue
Wochenstubenkolonien meist in großen
Dachräumen, Jagdbiotope sind Wälder und
strukturreiche Lebensräume;
Große Kolonie in einem Dachstuhl in
Germersheim
lichte Wälder und Waldränder sowie
strukturreiche Säume, auch in Siedlungen;
Wochenstuben in Wäldern mit altem
Baumbestand, seltener auch in Gebäuden oder
Nistkästen;
in Nistkästen der Hördter Rheinaue
seltene Art in der Pfalz; nistet in Gebäuden und
jagt in überwiegend offenen Landschaftsteilen,
die mit Gewässern durchzogen sind;
nur vereinzelte Rufe in der Hördter Rheinaue
bekannt
häufigste Art der Pfalz und weit verbreitet; Spaltenbewohner in Gebäuden, Felsen, Baumrindenspalten; oft in Siedlungsbereichen;
in allen Siedlungen der Rheinniederung
1 = vom Aussterben bedroht; 2 = stark gefährdet; 3 = gefährdet; V = Art der Vorwarnliste; D = Daten defizitär;
FFH = Schutzstatus nach FFH-Richtlinie; W = Waldart; G = Gebäudebesiedler;
Die meisten für das Kartenblatt verzeichneten Arten haben ihre Vorkommen im
Bereich der großen Auwälder in der Hördter Rheinaue. Einige Arten sind aus den
umliegenden Siedlungsbereichen bekannt. Im Plangebiet selbst finden sich keinerlei
Baumhöhlen, Nistkästen oder geeignete Gebäude. Es fungiert daher höchstens als
Durchzugsgebiet zu den angrenzenden, besser strukturierten Waldrändern und
Gebüschzonen in der Lingenfelder Au und dem nördlich gelegenen Lingenfelder
Altrhein. Straßenlaternen im bebauten Bereich werden potenziell als Teiljagdgebiet
genutzt.
Einzig das alte Bahngebäude könnte unter Umständen Quartiere der Zwergfledermaus beherbergen. Dieses ist aber nicht Gegenstand der Untersuchung, da die
Fläche im Besitz der Deutschen Bahn verbleibt und nicht bebaut wird. Sollte das
Haus einmal zum Abriss anstehen, ist eine ökologische Bauüberwachung während
der Arbeiten vorzusehen.
8
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
Reptilien
Mauereidechse (Podarcis muralis)
Lebensraumansprüche:
Als südeuropäische Art hat die Mauereidechse sehr hohe Wärmeansprüche. Sie
besiedelt Gebiete aus einem Mosaik von niedriger Vegetation, völlig freien Gesteinsbereichen und einzelnen Gebüschen, wobei besonders der Faktor Wärme ausschlaggebend ist. Diese Ansprüche binden die Art an das Weinbauklima und lichte
Felslandschaften. Für die Überwinterung und als Verstecke müssen Spalten, Fugen
und Löcher im Boden sowie im Gestein vorhanden sein. Die Eiablage erfolgt in selbst
gegrabenen Löchern in lockerem und besonntem Boden zwischen lückiger
Vegetation. Erste Tiere kommen schon im Februar aus ihren Winterquartieren und
paaren sich im April, die Eiablage erfolgt ab Ende Mai. Im milden Klima des
Oberrheingrabens treten die Jungtiere bereits Ende Juli auf.
Die Nahrungsgrundlage für Mauereidechsen sind Heuschrecken und andere
Insekten, somit muss im Umfeld ein Mindestmaß an Vegetation vorhanden sein, in
der sich genügend Insekten entwickeln können.
Die Mauereidechse konnte im Gebiet nur sehr vereinzelt beobachtet werden. Es
gelangen Nachweise eines subadulten Exemplars südlich des Bahngebäudes (13.4.)
an den dort gelagerten Betonsteinen, eines subadulten Exemplars an Betonsteinen
unmittelbar an der südlichen Gebietsgrenze (25.4.) und zweier adulter Exemplare an
der Südseite des alten Bahnhofgebäudes (je 25.4. und 7.5.).
Zunächst überrascht die geringe Populationsdichte im Bahnhofsbereich, da in
ähnlichen Strukturen - z.B. auf dem Bahngelände in Landau – hunderte von Tieren
zu beobachten sind, insbesondere auch entlang der Kabelschächte. Zur Verbreitung
der Art in der Vorderpfalz geben die Daten aus www.artenfinder.rlp.de einen guten
Überblick. Dort ist ein Schwerpunktvorkommen in den Städten und an Bahnlinien zu
erkennen, vor allem entlang der Strecken Neustadt-Haßloch-SchifferstadtLudwigshafen und Neustadt-Landau-Herxheim. Vereinzelt existieren Vorkommen im
Bahnbereichen bei Bad Bergzabern, Winden und Wörth. Keine Nachweise liegen
aus Germersheim und Speyer vor. Dem Verfasser sind Vorkommen vom
Sondernheimer Bahnhof bekannt. Die Mauereidechse hat also offenbar im Bereich
Germersheim nur eine geringe Populationsdichte.
Zauneidechse (Lacerta agilis)
Lebensraumansprüche:
Sie gilt als Waldsteppenbewohner mit kontinentalen Klimaansprüchen. Die
Zauneidechse meidet geschlossene Wälder und intensive landwirtschaftliche
Nutzflächen, besiedelt aber Waldränder, Hecken und insbesondere strukturreiches
Kulturland. Ihr Habitat muss dabei ein kleinräumiges Mosaik von krautiger
Vegetation, exponierten, über das Gelände leicht erhobenen Sonnenplätzen, offenen
Eiablagestellen und Tagesverstecken aufweisen. Die Eiablage erfolgt in grabbaren
Böden an sonnigen Stellen oder unter Steinen ab Ende Mai, nachdem die Tiere im
Laufe des Monats März aus ihrer Winterruhe gekommen sind. Die Jungen schlüpfen
ab Mitte Juli. Ende Oktober endet die Aktivitätsphase.
Die Zauneidechse ernährt sich zur Hauptsache von Insekten und Weichtieren, selten
auch von kleinen Jungtieren anderer Eidechsen sowie von neugeborenen Mäusen
oder von Jungfröschen.
9
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
Während der Begehungen konnte eine ausgewachsene Zauneidechse (7.5.) in
einem Steinhaufen unmittelbar nördlich der Straßeneinmündung „Zur Wörthspitze“
beobachtet werden. Dort befindet sich ein alter Betonschacht der DB. Weitere
potentielle Vorkommen der Art dürften entlang der Grabenböschung und
möglicherweise in den Ruderalflächen im Südteil zu erwarten sein. Aus der
Umgebung sind Nachweise unmittelbar westlich der Bahngleise an der K 31 bekannt.
Die Zauneidechse ist recht schwer nachzuweisen. Oft liegen die Vorkommen
unterhalb der Nachweisschwelle. Trotz mehrfacher Begehungen ohne Funde der Art
können Exemplare vorhanden sein.
Abb. 3: Punktdaten der Reptilienfunde (rot: Mauereidechse; grün: Zauneidechse; gelb: Schlingnatter)
Schlingnatter (Coronella austriacus)
Lebensraumansprüche:
Die wärmeliebende Art bevorzugt halboffenes, trockenes und sonniges Gelände mit
steinigem und somit Wärme speicherndem Untergrund mit zahlreichen Versteckmöglichkeiten wie Felsspalten und Mauerfugen. Dort liegen auch ihre Überwinterungsquartiere. Besonders häufig tritt sie dort auf, wo ein kleinflächiges Mosaik verschiedener Strukturelemente mit abwechslungsreicher Vegetation und teils offenen
Bodenstellen vorliegt.
10
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
Ende März erscheinen die Tiere aus der Winterruhe und paaren sich im April. Erst im
September/Oktober gebären die ovoviviparen Nattern ihre Jungen. Der Rückzug in
die Winterquartiere erfolgt in den milden Lagen des Haardtrandes meist erst im
November. Trotz großer Standorttreue über den Sommer, kommt es im Frühjahr oft
zu kleinen Wanderungen innerhalb günstig strukturierter Biotope von mehreren 100
Metern. Die Schlingnatter ist tagaktiv und meist am Boden lebend, seltener in
Gebüsche kletternd. Ihre bevorzugte Beute sind Eidechsen und Kleinsäuger, in
geringerem Umfang auch Heuschrecken.
Während der Begehungen wurden keine Tiere beobachtet. Herr D. BRUCH teilte eine
Beobachtung aus dem Jahr 2014 mit. Die Schlange befand sich in einem kurzzeitig
zwischengelagerten Steinhaufen im nördlichen Teil des Plangebietes. Weitere
Nachweise aus der Umgebung sind nicht bekannt. Die Art dürfte aber vereinzelt im
Bereich der Bahngleise und nach Norden hin in daran angrenzenden Sandbiotopen
bei Lingenfeld vorkommen.
Amphibien
Kleiner Wasserfrosch (Rana lessonae) / Teichfrosch (Rana kl. esculenta)
Lebensraumansprüche:
Der Teichfrosch, auch Wasserfrosch genannt, bildet sich durch Bastardisierung aus
den Arten Kleiner Wasserfrosch und Seefrosch, wobei die Bastarde sich weiter mit
den Elternarten vermischen. Die Arten sind nicht immer eindeutig zu unterscheiden.
Die Art bewohnt Gewässer aller Art, von Weihern und Teichen über Altwasser bis hin
zu Überschwemmungsflächen und Gräben. Er hält sich dabei fast ganzjährig im
Gewässer oder der unmittelbaren Umgebung auf. Die Überwinterung erfolgt teils im
Gewässergrund oder auch an Land. Größere Wanderungen sind oft zu beobachten.
Die Vertreter des „Grünfroschkomplexes“ (R. esculenta und R. lessonae) sind in der
gesamten Rheinniederung weit verbreitet. Der angrenzende Graben scheint aber
nicht besiedelt zu sein. Während der vier Begehungen konnten keine Tiere
beobachtet oder gehört werden.
Weitere Amphibienarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie sind wegen fehlender
Habitate nicht zu erwarten.
Käfer
Arten des Anhang IV sind wegen fehlender Habitatstrukturen nicht zu erwarten.
Libellen
Im Plangebiet finden sich keine geeigneten Gewässer für Arten des Anhang IV.
Schmetterlinge
Fehlende Habitate und Vegetationszusammensetzungen lassen keine Arten des
Anhang IV im Gebiet erwarten.
Weichtiere
Die einzigen Vertreter dieser Tiergruppe, die im Anhang IV gelistet sind leben in
Gewässern. Ihre Habitate sind im Untersuchungsgebiet nicht vorhanden.
11
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
5.2
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
Vorkommen europäischer Brutvogelarten
Art
RL
R-P
RL
D
§
Status
Mehrfach Brutvogel im Bereich der Gärten, des
Nordteils und den Gehölzen des Grabens
Brutvogel im Siedlungsbereich und Nahrungsgast im
Bereich der Gärten
Mehrfach Brutvogel im Bereich der Gärten, des
Nordteils und den Gehölzen des Grabens
Brutvogel im Siedlungsbereich und Nahrungsgast im
Bereich der Gärten
Brutvogel in den Gehölzen im Nordteil und am Graben
Nahrungsgast
Brutvogel in den Gehölzen im Nordteil und am Graben
Brutvogel im Siedlungsbereich und Nahrungsgast im
Bereich der Gärten
Brutvogel in einer alten Hütte im Nordteil der Gärten
Amsel
Turdus merula
b
Bachstelze
Motacilla alba
b
Buchfink
Fringilla coelebs
b
Blaumeise
Parus caruleus
b
Dorngrasmücke
Elster
Grünfink
Haussperling
Sylvia communis
Pica pica
Cardelius chloris
Passer
domesticus
Phoenicurus
ochruros
Parus major
b
b
b
b
Hausrotschwanz
Kohlmeise
Mönchsgrasmücke
Nachtigall
Star
Zaunkönig
Zilpzalp
Sylvia atricapilla
Luscinia
megarhynchos
Sturnus vulgaris
Troglodytes
troglodytes
Phylloscopus
collybita
3
V
b
b
b
b
V
b
Brutvogel im Siedlungsbereich und Nahrungsgast im
Bereich der Gärten
Brutvogel in den Gehölzen im Nordteil und am Graben
Brutvogel in den Gehölzen im Nordteil
b
Brutvogel im Siedlungsbereich
Mehrfach Brutvogel im Gehölzbereich des Grabens
b
Brutvogel in den Gehölzen im Nordteil und am Graben
2 = stark gefährdet; 3 = gefährdet; V = Vorwarnliste; s = nach BNatSchG streng geschützte Art; b = nach
BNatSchG besonders geschützte Art; Anh.I = nach Vogelschutzrichtlinie zu schützende Art
Nach der Vogelschutzrichtlinie besonders geschützte Arten waren im Gebiet nicht
nachzuweisen. Die vorkommenden Arten können für die Region alle als durchaus
häufig und weit verbreitet angesehen werden. Dies gilt auch für die beiden Rote-Liste
Arten Haussperling und Star.
Die oben aufgeführten Arten lassen sich zu verschiedenen Gilden zusammenfassen:
Gilde der Gehölz- und Gebüschbrüter
Hierzu zählen die in kleineren bis größeren Gebüschen und Gehölzen brütenden
Arten Amsel, Buchfink, Dorngrasmücke, Elster, Grünfink, Mönchsgrasmücke,
Nachtigall und Zilpzalp, aber auch der Zaunkönig, der oft gerne in Nischen sein Nest
baut. Sie alle besiedeln weitestgehend Gebüschbereiche im Nordteil des Gebietes
sowie entlang des Grabens.
Gilde der Höhlen- und Halbhöhlenbrüter
In diese Gruppe sind Bachstelze, Meisen, Haussperling, Hausrotschwanz und Star
einzuordnen. Mit Ausnahme des Hausrotschwanzes, der vermutlich in einer der alten
Gartenhütten brütet, liegen die Brutplätze der beobachteten Arten im angrenzenden
Siedlungsbereich.
12
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
Sonstige Beobachtungen erwähnenswerter Arten
Am 25. April konnte unter einem Stein im Bereich des nördlichen Gleisschotters ein
Eigelege (Oothek) der Gottesanbeterin (Mantis religiosa) gefunden werden. Die Art
benötigt trocken-warme Lebensräume, die im Bereich von Bahngleisen in der
Oberrheinebene meist gegeben sind.
Im Bereich eines zwischengelagerten Sandhaufens nördlich des Bahngebäudes war
der Dünen-Sandlaufkäfer (Cicindela hybrida) zu beobachten (7. Mai), eine Art, die
besonders an feinsandige Biotope gebunden ist. Offene Sandstellen werden von ihm
meist zeitnah besiedelt.
An sandigen Stellen waren bei allen Kartierdurchgängen auch zahlreiche Exemplare
der Gemeinen Heideschnecke (Helicella itala) zu finden. Diese Art benötigt trockene
Standorte im Bereich von Dünen und Schotterflächen. Grundbedingung ist dabei ein
kalkhaltiger Untergrund.
6
Mögliche artenschutzrechtliche Verbotstatbestände
In den folgenden Kapiteln werden diejenigen Auswirkungen des Vorhabens
aufgeführt, die artenschutzrechtliche Verbotstatbestände des § 44 (1) BNatSchG
darstellen können.
6.1
Arten, die von Verbotstatbeständen des § 44 (1) BNatSchG
betroffen sein können
Mauereidechse (Podarcis muralis)
Bei Räumung des südlichen Plangebiets zu einer ungünstigen Zeit könnte es zur
Tötung von Tieren oder auch Vernichtung von Fortpflanzungsstätten kommen. Mit
entsprechenden Vermeidungsmaßnahmen lässt sich dies aber ausschließen.
Anlagebedingt kommt es zu einem Verlust an Lebensräumen der Art im südlichen
Bereich des Plangebietes, der - angesichts des geringen Umfangs der Population im
Bereich des Germersheimer Bahnhofes – ausgeglichen werden muss.
Zauneidechse (Lacerta agilis)
Die Zauneidechse konnte lediglich im nördlichen Bereich an der Böschung zum
Graben beobachtet werden könnte aber potentiell auch am Graben und im Süden
vorkommen. Eine Räumung des Gebietes in den entsprechenden Bereichen könnte
somit zur Tötung von Tieren oder auch Vernichtung von Fortpflanzungsstätten
führen. Mit entsprechenden Vermeidungsmaßnahmen lässt sich dies aber ausschließen.
Anlagebedingt kommt es zu einem Verlust an potenziellen Lebensräumen der Art im
südlichen Bereich des Plangebietes. Ein Ausgleich sollte vorsichtshalber erfolgen.
Hausrotschwanz
Bei Abriss der Gartenhütten könnten die Fortpflanzungsstätte sowie Jungvögel des
Hausrotschwanzes vernichtet werden. Durch eine entsprechende zeitliche
Vorgehensweise ist dieser Verbotstatbestand aber auszuschließen.
13
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
Gilde der Gehölz- und Gebüschbrüter
Bei den Arbeiten zur Baufeldfreimachung kann es randlich zur Beseitigung einzelner
Gehölze kommen. Dadurch könnten Brutplätze und Jungvögel von gebüschbrütenden Arten geschädigt werden. Auch hier ist durch ein entsprechendes zeitliches
Vorgehen eine Beeinträchtigung auszuschließen.
Betriebsbedingt kommt es im unmittelbaren Umfeld des Baugebietes zu einer
erhöhten Lärm- und Lichtemission, welche auf die dort in den Gehölzen lebenden
Vogelarten einwirkt. Die meisten Vertreter dieser Gruppe und insbesondere die
vorkommenden Vogelarten weisen eine geringe Empfindlichkeit gegen Lärm und
auch gegen Licht auf. Eine erhebliche Beeinträchtigung ist daher nicht anzunehmen.
6.2
Arten, die von Verbotstatbeständen des § 44 (1) BNatSchG
nicht betroffen sind
Fledermäuse
Im Plangebiet waren keine Quartiere von Fledermäusen nachzuweisen. Geeignete
Einzelbäume oder Gebäude sind nicht vorhanden. Lediglich das alte Bahngebäude
könnte spaltenbewohnende Fledermausarten beherbergen. Da sich dieses Gebäude
im Eigentum der DB befindet ist derzeit keine Einbeziehung in die geplante
Bebbauung vorgesehen.
Schlingnatter (Coronella austriacus)
Die Schlingnatter kann als sporadischer Besucher im Plangebiet angesehen werden.
Vollumfänglich geeignete Lebensräume sind im Gebiet nicht vorhanden. Eine
Überwinterung ist nicht anzunehmen. Durch die Bebauung des Geländes ist daher
nicht mit einer erheblichen Beeinträchtigung zu rechnen.
Kleiner Wasserfrosch (Rana lessonae) / Teichfrosch (Rana kl. esculenta)
Vorkommen der Art im Plangebiet waren nicht nachzuweisen. Zudem erfolgen keine
Eingriffe in dem potenziell möglichen Fortpflanzungsgewässer (dem nordöstlich
angrenzenden Graben).
Gilde der Höhlen- und Halbhöhlenbrüter
Es erfolgt vorhabensbedingt keine Inanspruchnahme der Reviere oder der Brutplätze
der Arten.
Hinsichtlich Lärm- und Lichtemissionen sind keine Beeinträchtigungen zu erwarten,
da einerseits die Vertreter dieser Gruppe eine geringe Empfindlichkeit gegen Lärm
und auch gegen Licht aufweisen und andererseits deren Brutplätze in einiger
Entfernung im bereits belasteten Siedlungsbereich liegen.
7
Maßnahmen zur Vermeidung des Eintretens von Verbotstatbeständen des § 44 (1) BNatSchG
Als Maßnahmen zur Vermeidung sind aufzuführen:
Mauereidechse (Podarcis muralis)
Zur Vermeidung der Tötung von Tieren oder deren Entwicklungsstadien (Eigelege,
Jungtiere) sind die Räumungsarbeiten im Südteil der Fläche nur in den Zeiträumen
von Mitte März bis Ende Mai sowie von Mitte August bis Mitte Oktober durch14
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
zuführen. Dabei sind zunächst alle Materialien (Betonsteine, Holzpaletten etc.) von
der Fläche zu entfernen. Anschließende Erdbewegungen sind von der Straße her in
Richtung Gleise vorzunehmen. Damit ist eventuell vorkommenden Tieren eine Flucht
in die angrenzenden Biotope möglich.
Zauneidechse (Lacerta agilis)
Um das bestehende Tötungs- und Störungsverbot einzuhalten sind im Süden und im
Norden des Plangebietes Vermeidungsmaßnahmen erforderlich. Wenn die
Räumungsarbeiten während der aktiven Zeit der Eidechsen und vor der Eiablage
(also von Mitte März bis Ende Mai) sowie nach dem Schlupf der Jungtiere (Mitte
August bis Mitte Oktober) durchgeführt werden, können die potenziell
vorkommenden Tiere auf angrenzende Lebensräume ausweichen.
Für den Südteil des Plangebiets ist abzusehen, dass die nötigen Räumungsarbeiten
erst in einigen Jahren erfolgen. Im Hinblick auf potenzielle Vorkommen der
Zauneidechse ist daher bereist im Vorfeld eine sogenannte „strukturelle Vergrämung“
(PESCHEL et al. 2013) zu empfehlen. Das bedeutet, dass die Tiere einer Fläche durch
Entfernung der für sie bedeutenden Strukturen in angrenzende Bereiche vertrieben
werden. Dazu muss die vorhandene Vegetation – nach Entnahme der
Strukturelemente wie Holzpaletten und Steine - während der Vegetationsperiode
regelmäßig gemäht werden.
Hausrotschwanz
Zur Vermeidung einer Vernichtung der Brutstätte während der Jungenaufzucht sind
die verbliebenen Gartenhütten erst ab Anfang August zu beseitigen. Die Vogelart ist
sehr nistplatztreu und übernimmt manchmal auch das Nest des Vorjahres. Dennoch
kann der Hausrotschwanz problemlos im Folgejahr auf andere Niststandorte im
Siedlungsbereich ausweichen.
Gilde der Gehölz- und Gebüschbrüter
Zur Räumung der Baufläche ist die Entfernung einiger Gehölze nötig. Letztendlich
gehen damit Brutplätze für die gebüschbrütenden Arten dauerhaft verloren. Wenn die
Rodungsarbeiten allerdings im Winter stattfinden ist eine Beeinträchtigung des
Brutgeschäftes ausgeschlossen und es kommt somit nicht zu direkten Beeinträchtigungen genutzter Nester, von Eigelegen oder Jungvögeln.
Singvögel nutzen die verlassenen Nester des Vorjahres i. d. R. nicht mehr sondern
bauen neue. Für diese häufigeren Arten ist zunächst aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit ein Ausweichen auf andere Standorte der Umgebung möglich. Durch
verschiedene Ereignisse (natürlicher Tod, Beutegreifer, Unfälle beim Zug) werden
immer wieder Reviere frei, die dann von anderen Individuen besetzt werden. Im
Umfeld sind ausreichend Ersatzlebensräume für die Gilde gebüschbrütender Arten
vorhanden.
8
Vorschläge für Ausgleichsmaßnahmen
Um den kleinflächigen Verlust an Lebensraum für Mauereidechse und Zauneidechse
auszugleichen muss an geeigneten Stellen innerhalb des Plangebietes neuer
Lebensraum für die beiden Arten geschaffen werden. Dies scheint am einfachsten im
Bereich der zu errichtenden Gabionen möglich. Die Gabionen stellen als freistehende Steinmauer keinen geeigneten Lebensraum für die genannten Arten dar.
15
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
Durch eine Hinterfüllung mit einem Stein-, Kies-, Sandgemisch würden sich die
entsprechenden Gaionenabschnitte aber sehr gut als Lebensraum eignen. Einerseits
entstehen dadurch Überwinterungsbereiche, andererseits bieten die sandigen
Anböschungen Möglichkeiten zur Eiablage.
Die Gabionen müssen dazu aber annähernd bis in Kronenhöhe hinterfüllt werden.
Dies ist nur in einigen Abschnitten möglich. Es bieten sich dazu die Bereiche im
Nordteil des Gebietes, westlich der geplanten Hallen und Parkplätze sowie am Ende
des Wendehammers an.
Weiterhin können steingeprägte Strukturen im Übergangsbereich des Gewerbebereichs zum Mischgebiet angelegt werden. Dort sind eine Grünfläche und ein
angrenzender, mit Gehrecht belegter Streifen geplant, die entsprechend umgestaltet
werden können.
Zum Aufbau der Gabionenhinterfüllung könnte – wenn keine Belastungen vorliegen –
das Material der alten Bahnrampe verwendet werden. Diese wird im Laufe des
Sommers rückgebaut und der benötigte Teil des Stein-, Kies-, Sandgemischs könnte
im Plangebiet zwischengelagert werden.
Durch die vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen kann die ökologische Situation
für die genannten, artenschutzrechtlich relevanten Arten aber auch für weitere
seltene, trockenheitsliebende und an Sand gebundene Arten verbessert werden.
9
Abschließende Beurteilung
Auf die Vorkommen von Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und
europäischer Vogelarten innerhalb des Plangebietes ist bei den meisten Arten von
keinen Beeinträchtigungen auszugehen.
Baubedingt können Auswirkungen auf Mauer- und Zauneidechsen auftreten. Unter
den Vogelarten können der Hausrotschwanz und in Gehölzen und Gebüschen
brütende Arten beeinträchtigt werden. Dies ist mit den entsprechenden Vermeidungsmaßnahmen auszuschließen.
Bei sachgemäßem Umgang mit Baufahrzeugen, Geräten und Betriebsstoffen sind
keine Beeinträchtigungen zu befürchten.
Anlagenbedingt kommt es zu einem geringen Verlust an Lebensräumen von Mauerund Zauneidechse.
Betriebsbedingt kommt es zu einer Zunahme der Lärm- und Lichtemissionen, deren
Auswirkung auf die Brutvogelarten des Gebietes aber nicht erheblich ist.
Die genannten möglichen Auswirkungen können durch die vorgeschlagenen
Verminderungs- und Ausgleichsmaßnahmen verhindert werden.
16
BP-„Chausseewiesen“ in Germersheim
10
Artenschutz-Verträglichkeitsuntersuchung
Literatur
BAUER, H.-G. & P. BERTHOLD (1997): Die Brutvögel Mitteleuropas: Bestand und
Gefährdung .- Aula-Verlag, Wiesbaden.
BEZZEL, E. (1993): Kompendium der Vögel Mitteleuropas .- Wiesbaden.
BEZZEL, E. (1996): BLV-Handbuch Vögel .- 2. Aufl.; München.
BfN - BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ (1998): Rote Liste gefährdeter Tiere
Deutschlands. - Schriftenr. f. Landschaftspflege und Naturschutz Heft 55; Bonn.
BITZ, A., K. FISCHER, L. SIMON, R. THIELE & M. VEITH (1996): Die Amphibien und
Reptilien in Rheinland-Pfalz. - Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 18/19: 864
S.; Landau.
BRAUN, M., KUNZ, A. & L. SIMON (1992): Rote Liste der in Rheinland-Pfalz
gefährdeten Brutvogelarten. - Fauna und Flora von Rheinland-Pfalz 6, 4; S.
1065-1073, Landau.
GARNIEL, A. & U. MIERWALD (2010) in: Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung: Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr. – 115 S.; Bonn.
KUNZ, A. & L. SIMON (1987): Die Vögel in Rheinland-Pfalz; Eine Übersicht.Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz 4,3; Landau.
PESCHEL, R., M. HAACKS, H. GRUSS & C. KLEMANN (2013): Die Zauneidechse (Lacerta
agilis) und der gesetzliche Artenschutz – Praxiserprobte Möglichkeiten zur
Vermeidung des Tötungs- und Verletzungsverbotes nach § 44 Abs. 1 Nr. 1
BNatschG. – Natur und Landschaft 45 (8): S. 241-247.
SFN – SPANG-FISCHER-NATZSCHKA (2008): Einbeziehung der Hördter Rheinaue als
Reserveraum für Extremhochwasser in das Hochwasserschutzkozept des
Landes Rheinland-Pfalz – Faunistische und vegetationskundliche
Bestandserfassungen. – Gutachten i. A. der SGD Süd: Wasserwirtschaft,
Abfallwirtschaft, Bodenschutz; Neustadt W..
SIMON, L., BRAUN, M., GRUNWALD T., HEYNE K.-H., ISSELBÄCHER, T. & W ERNER M.
(2014): Rote Liste der Brutvögel in Rheinland-Pfalz. – Ministerium für Umwelt,
Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Rheinland-Pfalz [Hrsg.]. 50 S.,
Mainz.
SÜDBECK, R., BAUER, H.-G., BOSCHERT, M., BOYE, P. & W. KNIEF (2009): Rote Liste
und Gesamtartenliste der Brutvögel (Aves) Deutschlands, 4. Fassung, Stand
30. November 2007. – In: Bundesamt für Naturschutz [Hrsg.]: Rote Liste
gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 1: Wirbeltiere. –
Naturschutz und biologische Vielfalt 70 (1): 159-227, Bonn-Bad Godesberg.
17